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Weizen - Gerste - Mais Kann Frankreich den Getreide- üderschub der Donaustaaten ausnehmen? Je näher die Mattaguna des Völker- bundörates rückt, desto fieberhafter ver sucht man, besonders von seiten Frank, reichs, der Tschechoslowakei und der un- teren Donaustaaten, die durch das Proto, koll einer deutsch-österreichischen Zoll, union ins Rollen gekommenen Fragen zu meistern. Zieht man ein Facit dieser Be- streoungen, so läßt sich schon heute sagen, daß nie mals das Gegeneinander von poli» tische« und wirtschaftlichen Ziel- setzuugen schroffer zum Ausdruck gekommen ist, als gerade jetzt. Während sich zuerst das Schwergewicht unter dem Einfluß Briands und Beneschs nach der politischen Seite zu neigen schien, senkt sich gegenwärtig die Schale der wirtschaftlichen Notwendigkeiten immer mehr. Aller Sirenengesang des Auswärtigen Amtes in Paris kann be sonders die unteren Donaustaaten nicht darüber binwegtäuschen, daß ihnen die militärische und unter Umständen Lie finanzielle Verbindung mit Frankreich allein nicht hilft, wenn indessen die Hälfte ihres Exports per Schiss oder Eisenbahn nach Deutschland und Oesterreich rollt. Selbst Herr Briand muß erkennen, daß es sich bei der deutsch-österreichischen Zoll union mit all ihren Folgen aus aridere Länder nicht um eine politische Annähe rung, sondern um eine zwangsläufige wirtschaftliche Bewegung handelt. Was ja von Dr. Curtius und Dr. Schober immer behauptet wurde! Es ist unter diesen Umständen gut, sich das mitteleuropäische Problem, wie es in Genf vorlicgen wird, auch in einer ein fachen wirtschaftlichen Formel vorzustel len. Sie lautet: Weizen — Gerste — Mais. Für diese Getreidesorten bleiben Oesterreich «nd Deutschland anch nach der Zollunion einfnhrbedürftig. An dieser Einfuhr sind aber die angren- zende« Donau-Staaten brenneud interessiert, weil ohne den erheblichen Weizen-, Mais- und GersterExport nach Deutsch land und Oesterreich ihre Volkswirtschaft, grob gesagt, in die Binsen ginge. In Zahlen: Im Jahresdurchschnitt führten die vier unteren Donau-Staaten in den letz ten Jahren durchschnittlich 1,1 Million Tonnen Weizen und Weizenmehl aus. Davon kann die Tschechoslowakei höchstens eine halbe Million Tonnen ausnehmen. Wohin mit dem Nest? Die jährliche Ger steausfuhr allein aus Rumänien beträgt 828 000, die aus Ler Tschechoslotvakci 121000 Tonnen. Hauptabnehmer dafür sind Deutschland mit 1N Millionen und Groß britannien mit 688 000 Tonnen im Jah resdurchschnitt. Das Ausfuhrbedürfnis für Körnermais beträgt bei den vier un teren Donau - Staaten 1,53 Millionen Tonnen im Jahre; die Tschechoslowakei nimmt davon nur ungefähr 300 000 ab. Daß solchen Zahlen gegenüber das politische Hirngespinst einer Do- nau-Konföderation mit Ausschluß von Deutschland barer Unsinn ist, leuchtet gegenwärtig auch in Frank reich ein.' Man versucht es nun auf an derem Wege. Die Rechnung sieht so aus: wenn mau den geldbedürstigen Donau- Staaten neue Anleihen genährt und ihnen außerdem Vorzugszölle für ihre Getreide- Einfuhr nach Frankreich sichert, dann hilft man ihnen nicht nur in ihren finanziel len, sondern anch aus ihren wirtschaftlichen Schmierigkeiten und löst sie von Deutsch land ab. Bedauerlich nur, daß Liese Rech nung nicht stimmt! Man Imt in Deutsch land den Getreideeinfuhrbcdarf Frank reichs nachgerechnet, er beträgt bei Wei zen "/« Millionen Tonnen im Jahres durchschnitt. Hier ergäbe sich für die Donan-Staaten eine Möglichkeit. Frei lich muß man dabei Frachtschwierigkeiten überbrücken, die kaum überbrückbar sind. Bei der Gerste liegt es so, daß Frankreich jährlich nur 47 000 Tonnen braucht. Es kommt als Importland damit kaum in Frage. Und auch bei Mais liegt es nicht anders. Rechnet man einen Jahresbedars von 475)000 Tonnen für Frankreich und einen solchen von 300 000 für die Tschecho slowakei, so sind beide Länder gerade in der Lage, die Hälfte der über 1'^ Millionen Tonnen betragenden Maisausfubr der vier unteren Donau-Staaten auszuneh men. Also auch hier hapert cs mit den Zollvergünstigungen bedenklich! Die yanzen Schwierigkeiten werden allerdings erst klar, wenn man die Frachtpreise pro Tonne Getreide ansteht. Ein gutes Beispiel bietet hierzu das völ lig abgeriegclte Ungarn, der SLeizcn- Hauptexporteur an der unteren Donau. Ungarr? hat schon die größten Schmierig keiten, sein Getreide nach Deutschland zu transpor'ieren. Die Frachtsätze betragen auf der Elbe bis nach Magdeburg pro Tonne Getreide 21^ Matk und auf Ler Donau nach Mannheim 38 Mark, wäh rend die Verfrachtung kanadischen Wei- zens bis zu diesen Orten nur 15F und 19 Mark beträgt. Auch bet einer Berichts, fung des Getreides über Braila liegen die Frachtsätze noch erheblich höher als die Frachtsätze ab Kanada. Aus diesem Grunde und unter dem Einfluß der neuen deutschen Zollmaßnahmen ist der Export von ungarischem Weizen nach Deutschland in den ersten Monaten dieses Jahres ge radezu auf dem Nullpunkt angelangt. Ohne eine Verständigung mit de« bis. herige« deutschen Abnehmer ist Un. gar» einer wirtschaftlichen Katastrophe ausgesetzt. Aehnlich liegen die Dinge aber auch für die anderen Donau-Staaten. Auch Frank, reich kann hier den Donau-Staaten durch aus nicht helfen. Es ist verständlich, daß in dieser schwie rigen Lage die Ausdehnung der Zollunion in irgendeiner Form auch auf die unteren Donau-Staaten der einzige Ausweg ist, der auf die Dauer Abhilfe verspricht. Gegen eine Zollunion selbst haben frei lich diese Staaten allergrößte Bedenken Die angesponnenen Verlmndiungen be wegen sich dafür um die Frage von Vor zugszöllen. Ein rascher Abschluß dieser Verhandlungen ist nicht so bald zu erwar- ten, da die Zustimmung der Länder, mit denen Metstbegünstiguugsverträae laufen, nicht ohne weiteres zu erhalten sein dürfte. Auch spielt hier schließlich jener entscheidende Gesichtspunkt hinein, ohne dessen Klärung die mitteleuropäischen Fragen nur schwer zu regeln sind, -er nämlich: Wie «»erde« sich die große« Uebersee- länder, die vereinigten Staaten, Argen- tinie« und die Südafrikanische Union zu europäischen Vorzugszöllen stellen? Werden sie darauf, wie manche Sachver ständige meinen, mit einem Handelskrieg antworten, oder werden sie mit sich reden lassen? Alle diese Fragen werden bereits in nächster Zeit eine Antwort finden müs. sen. Von ihrem Ergebnis hängt zu einem großen Teil das wirtschaftliche Schicksal Mitteleuropas ab. M «MW lWl IM »kl SlMMWDs Eine Denkschrift gegen die Reichsregierung Vor längerer Zeit hat die Reichsregie rung einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines Reichsverivaltungsgerichts vorge legt. Er sieht vor, daß der Staatsgerichts hof für das Deutsche Reich, der bisher beim Reichsgericht bestand, dem künftigen Reichsverwaltungs gericht angegliedert werde« soll. Dadurch würde sich die Zusammensetzung des Reichsgerichts nicht unerheblich ändern. Bisher war Vorsitzender des Staats gerichtshofes -er Reichsgerrchtspräsident. In Zukunft soll den Vorsitz der Präsident des Reichsverrvaltungsgerichts führen. Der Staatsgerichtshof soll fünf Beisitzer lmben, von denen nur einer Mitglied des Reichsgerichts wäre. Bisher tagte er in Leipzig, sein künftiger Sitz wird voraus sichtlich Berlin sein. Der Staatsgerichtshof hat namentlich in den letzten Jahren eine Fülle politisch hochbedeutsamer Staatsprozesse zu ent scheiden gehabt, Streitigkeiten um die Sitze der Länder im Verwaltungsrat der Reichs bahn, um das Recht von Beamten auf politische Betätigung, der Streit um die Thüringer Polizeikosten, neuerdings Bamrns Klage gegen das Steuervereiu- heitlichuugsgesetz, die Entscheidung über das Verbot der Stahlhelmzcitung: das sind nur ein paar Beispiele von vielen. Es ist begreiflich daß die Richter des Reichs- gerichts eine Abtrennung dieses wick- tige« Gerichtshofes von ihrer Behörde nicht gern sehen. Daher wendet sich jetzt der Richterverein beim Reichsgericht in einer Denkschrift gegen den Gesetzentwurf. Die Denkschrift behauptet, das Reichs gericht werde fast völlig aus dem Staats gerichtshof verdrängt. Es wird für bedenklich erklärt, daß im Staatsgcrichts- hof die Richter des Neichsfinanzhvfs, des Neichöversicherungsamtes und des Ncichs- verforgungsgerichtes mitsitzen sollen. Der Richtern re in meint sogar, daß poli tische Erwägungen die Umgestaltung des Staatsgerichtshofes mitveranlaßt hätten. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehre«, daß die Reichsregierung mit der bisherigen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes nicht einver standen sei. Schon vor längerer Zeit hat Ler ehe malige Neichsgerichtsprästdent Dr. Simons sich in öffentlicher Rede über die „Aus trocknung des Reichsgerichts" beschwert, die durch die Schaffung neuer höchster Ge richtshöfe auf Spezialgebieten sReichs- arbeitsgericht, Reichsfinanzhof usw. er folgt sei und die dem Reichsgericht immer mehr Stoff und Geltungsbereich entziehe. Parteien lasen Warnungen und Wünsche der Volksrechtspartei Der Reichsparteitag der Volksrechtpartei in Leipzig ergab den einmütigen Protest gegen daS Redeverbot gegenüber ihrem Mitkämpfer, dem ehemaligen englischen Generalstabshauptmann Vivian Stranders. Diese Regierungsmaßnahme sei gleichbedeutend mit der wesentlichen Erschwe rung des Kampfes der Partei gegen die Kriegs- schuldlüge und gegen die Entschuldungslüge, den beiden Voraussetzungen der untragbaren Lasten des Voungplanes. Die Unterstützung des Stahl- Helm-Volksbegehrens in Preußen wurde gebil ligt. Die Volksrechtpartei verlange ein Gesetz zur Bestrafung derer, die die deutsche Währung absichtlich zerstört und dadurch das gesamte deutsche Volk dem Prositinteresse des internationalen Kapitals ausgeliefert hätten. Dem Bausparwesen, den Baugenossenschaften, Siedlern, Schrebergärtnern, der Sportbewegung und der Jugendbewegung wolle die Volksrecht partei politische Vertretung sein. Hierzu trete die Gründung eigener Sparkassen des Sparer bundes, um die deutschen Spargelder selbst zu verwalten. Der Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit, also die Lösung der sozialen Frage, dürfe nicht durch den Sozialismus, sondern müsse durch eine Sozialreform erfolgen. Aus kulturellem Gebiet werde ein Shristen» tum der Tat gefordert. Die Volksrechtjugend erklärte, daß sie die durch die Generation ihrer Eltern abgeschlossenen Versklavungsverträge nicht als bindend an erkennt. Forderungen der Christlich-Sozialen Der Landesverband Sachsen im Christ lich-sozialen Volksdienst sCSVTf hieU am 19. Zlpril in Chemnitz seine ordent liche Landesvertretertagung ab. Tie Willensmeinuna der Landestagnng fan- nach eingehenden Vorträgen zu den schwebenden Ta^esfragen durch den Ver treter der Reichsleitung Hülser-Berlin und Kunze-Leipzig in einer Entschlie ßung ihren Ausdruck, in der es heißt: Wir begrüben die Bemühungen der Reichsregierung, den deutschen Osten durch eine Osthilfe zu schützen und zu stützen und in einer Zeit schwerster Wirt schaftsbedrängnis die öffentlichen Finan zen zu ordnen. Bei einem Fortschrciten auf diesem Wege erwarten wir, daß die Förderung der Gesamtwirtschaft nicht zu Lasten der wirtschaftlich schwächsten Volks teile betrieben wird, deren Not dringen der Linderung bedarf. Hauptaufgabe der Außenpolitik mnß sein, unermüdlich die Revision der Tri butverträge un- die Tilgung der für uns unerträglichen Kriegsschuldlüge zu betreiben. Auf weltwirtschaftlichem Gebiete sehen wir in der geplanten Zollunion mit Oesterreich den ersten unerläßlichen Schritt znr Durchbrechung der nnerträg lichen Einengung Deutschlands. Auf kulturpolitischem Gebiet wehren mir uns gegen die sittliche und religiöse Zer setzung, die von der bolschewistischen Gott losen- und der sozialistischen Freidenker bewegung betrieben wird. Der österreichische Sozialisten- sührer Eldersch f , Der Präsident des österreichischen National, i ra s Ma hiao Eidersch ist riestern einem Herz- schlag erlegen. Eldersch wurde nach den Nativ- ' nalratsivahlcn im November 1S30, au» denen die Sozialdemokraten als stärkste Fraktion des Nationalrats hervorgingen, zum ersten Präsi denten gewählt. Er war in seiner Jugend We ber nnd später Ang.stelltcr in Sozialversiche rungsanstalten. Während des Umsturzes war er Staatssekretär für Inneres Er gehörte dem gemäßigten Flügel der österreichischen Sozial demokratie an. Polen hat seine Bahnbau. Anleihe Sonnabend nachmittag wurde in Paris die sogenannte „Bahnbau-Anlethe" zwischen dr, Vertretern des polnischen StaateS einerlei» und der Banque des PayS du Nord sowie dem Konzern Lchneider-Ereu-ot andererseits nach mehrmonatigen Verhandlungen abgeschlossen. Die Franzosen gewähren eine Anleihe vo, einer Milliarde Francs -um Ausbau der Bahn, strecke Sattowitz—Gdingen. Die Gesellschaft, die die LZahnlinte betreiben wird, wird als eine gesonderte französisch-polnische Gesellschaft un- abhängig von der polnischen StaatSbahn arbri- ten. England befreit sich von einem alten Zopf Zur allgemeinen Befriedigung hat das eng- lische Unterhaus das Sonntagsgesetz gestern mit 258 gegen 210 Stimmen allgenommen. Die Parteien hatten ihren Abgeordneten die Abstimmung freigeaeben. DaS neu« Ge setz gestattet, unter Aufhebung einer Verord- nung aus dem 18. Jahrhundert, an Sonntagen Theater, und Kinovorstellungen, sowie sport- liche Veranstaltungen. Kabinettswechsel in Bulgarien Das Kabinett Liaptscheff ist zurückgetreten, um dem König volle Freiheit zu geben, die Meinung der Oppositionsführer über eine Neubildung der Regierung einzuholen, die die Neuwahlen durchzuführen haben wird. Bei der Bildung der kommenden Regierung wird die Meinung des Königs entscheidend fein. Akkordarbeit in Sowjet- rußiand Es ist noch nicht lange her, bah die „kapi talistischen Arbeitsmethoden" kn der Sowjet union einer außerordentlich scharfen Kritik unterzogen wurden. Noch kurz vor der Ein führung des Fünfjahresplanes galt die Akkordarbeit als eine Erflndung des ver ruchten Kapitalismus. ' Nun geht man auch in Sowjetruhland mehr und mehr dazu über, die Akkordarbeit einzuführen, um aus den Arbeitern größere Leistungen herauszupressen. „Wer besser arbeitet, der verdient mehr!", diese Parole wurde jetzt von dem Arbeitskommrstar Zichon aus einer Tagung der Metallarbeiter in Moskau ausgestellt, auf der er zugab, dah die Akkordarbeit sich glänzend bewährt hab«, während dre bisherige Lohnpolitik der Sowjetregierung Schiffbruch erlitten habe. König Alfons wird sich an der Riviera niederlassen In Pari^ verlautet, bah König Alfons die Absicht habe, seinen Wohnsitz nicht nach England, sondern an die Rwiera zu ver legen. Das Sekretariat des Königs in bereits damit beschäftigt, em geeignetes Schloß in der Gegend Vvn Nizza oder Cannes ausfindig zu machen. Für diesen Entschluß werden zwei Gründe geltend gemacht, ein- mal die gröhere Nähe Spaniens, die dem König erlauben werde, die Entwickelung der Dinge bester zu beobachten, und zweitens das gesunde Mittelmeerklima, das besonders für dien kranken Prinzen von Asturien sehr notwendig ser. * Die lpanischen Sozial- demokraien wollen nicht in der Regierung bleiben Der sozialistische spanische Fmanzmrnffter Prieto gab die aussehenerregende Erklärung ab, dah die spanischen Sozialdemokraten nur bis zum Zusammentritt der Nationalver sammlung in der Regierung bleiben würden, da ein längeres Zusammenarbeiten mit bür- gerlichen Elementen ihren Grundsätzen wider spreche. Die Nationalversammlung, die ur sprünglich erst nach sechs Monaten einberufen werden sollte, werde bereits in etwa dm Monaten zusammentreten können, da das spanische Volk sich außerordentlich diszipli niert benehme. Eine letzte Frist für die Aufständischen aus Madeira Der Kommandant deS portugiesischen Expe ditionskorps vor Madeira hat den Aufständischen ein Ultimatum gestellt, den nutzlosen Widerstand aufzugebeu. Für den Fall, daß das Ultimatum nicht angenommen wird, droht er mit einem so fortigen Angriff auf Madeira zu Lande, zu Wasser und auS der Luft, um die Ordnung auf der Insel wiederherzustellcn. Wettervorhersag«. Zeitweise etwas auffrischende Winde aus nördlichen Richtungen. Meist trüb bzw. neblig. Etwas Rückgang der un Tages verlauf wenig schwankenden Temperaturen. Zeitwe-e Biedfrjchlä«.