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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichterrstein-EaEnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Staudesamtsbezirkc:l Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Fernfprs»-- Re. ». Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 41. Sonntag, Sen 17. Februar 1901. Witterungsbericht, ausgenommen am 16. Februar, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 760 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand — 5° 0. (Morgens 8 Uhr — 9" 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 84"/n. Thaupunkt — 7,s° 6. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 6,4 MM. Daher Witternngsaussichteu für den 17. Februar: Trübe mit Niederschlägen, bei lebhaftem Winde aufheiternd. "Waldenburg, 16. Februar 1901. Alt-England sorgt gerade nicht dafür, daß die Welt geschichte durch allerlei freiwillige komische Züge bereichert wird, hat es anch in dieser Zeit nicht gerade nöthig, sich auf die Erfindung solcher Trick's einzulassen, aber am Tage der Parlaments-Eröffnung, bei welcher Eduard VH- mit einem Glanz triumphirte, als seien alle Groß- thaten — nun etwa des Burenführers Tewet, von ihm ver übt worden, hat der Minister Balfour ein wahres Ka- binetsstück von unfreiwilliger Komik geliefert, das für alle Zeiten festgehalten zu werden verdient als ein Be weis für die grenzenlose Naivität britischer Staatsmänner. Man höre und staune! Aus der Mitte der eng lischen Volksvertreter heraus wurde auf die Dauer des Burenkrieges hingewiesen. Da erhob sich Mister Bal four und erklärte mit aller ihm zu Gebote stehenden Würde, man habe nach dem Urtheil der militärischen Autoritäten den Abschluß des Krieges für den letzten Herbst erwartet, aber, nun kommt das große Wort, nicht ahnen können, daß die Guerilla-Kämpfer der Buren so sehr gegen ihr eigenes Interesse handeln würden, den Krieg energisch weiter fortzusetzen. Nämlich, so meint der Minister, wenn die Buren den Kampf eingestellt hätten, so würden sic das Glück, englische Unterthanen zu heißen, schon längst haben genießen können! O Balfour, wie hast du dich blamirt! Darum, daß die Buren von britischer Oberherrschaft nichts wissen wollen, drehte sich ja von Anfang an der Krieg; was muß das für ein Minister sein, der so etwas ausspricht, welcher Dünkel muß in den Köpfen des englischen Par lamentes und Volkes wohnen, die so etwas anhören! Was würde die Welt von Bismarck gedacht haben, wenn er im Herbst 1870 gesagt hätte: „Nach der Katastrophe von Sedan war das Ende des Krieges zu erwarten; wir konnten nicht denken, daß die Franzosen so gegen ihr Interesse handeln würden, den Krieg fortzusetzen?" Das hätte man eine Kurzsichtigkeit sonder Gleichen ge nannt. Aber nun Jobn Bull? Der hält die dünkel hafte Ueberlegenheit gegenüber Anderen für selbstredend. Und nicht etwa nur den Buren gegenüber, es liegen auch anderweitige, wenngleich nicht so krasse Proben vor. Die aus dem britischen Dünkel entspringenden Jllu- sionen sind wahrhaft klassisch! Von dem großen con- centrirten Angriff Lord Kitcheners gegen die Buren mit seinen „reorganisirten" Truppen, wie müssen also die armen Kerle von den Buren mitgenommen gewesen sein! hat man an der Themse Wunderdinge erwartet. Christian Dewet's Schicksal war bereits festgestellt, füsilirt ward er ohne Gnade, das Fangen war ja nur eine Kleinig keit. Und nun zieht dieser vermaledeite Kerl, der sich absolut von seinem hochwohlgeborenen Gegner nicht kriegen lassen will, ein halbes Dutzend britischer Gene rale an der Nase! Schade, daß Se. Excellenz der Herr Minister Balfour nicht noch gesagt hat: „Ich begreife nicht, daß dieser Dewet sich von unseren Soldaten nicht erschießen läßt, einen besseren Tod kann er ja gar nicht haben!" John Bull ist, wir wollen ihn gewiß nicht unter seinem Werth taxiren, ein ausgezeichneter Praktiker; mag man ihn Krämer nennen, schadet nichts, bei der Krämer- wirthschaft ist etwas herausgekommen, wenngleich ja nicht jedem die Geschäfts-Manipulationen, die ange wendet wurden, behagen mögen. Aber daß ihm sein Dünkel so oft den klaren Blick verlieren läßt, das ist nicht erbaulich, und es zwingt vor Allem diejenigen Staaten, die mit England's Freundschaft rechnen möch-" ten, zur großen Vorsicht! Auch der besonnenste deutsche Staatsmann ist nicht im Stande, zu bejahen, daß Eng land im Stande ist, die Bereitwilligkeit sei vorausgesetzt, alle auf seine Leistungsfähigkeit gezogenen Wechsel ein zulösen. Und das möchte zu denken geben! England's historischer Ruhm bedeutet für Gegenwart und Zukunft gar nichts. Die großen Seesiege und der Erfolg von Waterloo, der zudem für neun Zehntel auf Blüchers Rechnung kommt, haben nicht verhindern können, daß es heute in Süd-Afrika anders herumgeht, und wirkliche Thaten, die einer Weltmacht würdig sind, sind in moderner Zeit nicht geleistet. Mit vielem Recht hat man vor einem Vierteljahrhundert, als sich im Kriege mit der Türkei das fadenscheinige Kleid der russischen Schlagfertigkeit zeigte, gesagt: Das Zarenreich sei ein Koloß mit thönernen Füßen. Heute wird man das nicht mehr behaupten können, Rußland hat außer ordentlich viel von dem, was es früher versäumt, wieder gut gemacht, ja es ist am Ende sogar stärker als es scheint. Hingegen England? Es ist stark zur See, aber was nützt ihm diese Kraft? Kommt es einmal zum Krieg mit Rußland, ruft der Zar die Indier und andere von England zwar unterjochte, aber wenig im modernen Sinne behandelte Nationen in Asien zur Selbständig keit auf, dann ist John Bull geliefert! Und darum, weil er von dieser und dementsprechend auch von der französischen Seite Alles zu fürchten hat, von uns aber selbstredend gar nichts, so wird er jenen Thaten zeigen und uns Worte. Das Jahr 1901 ist noch lang, wir werden wohl in ihm schon erkennen, was der Tank Albions bedeutet. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar machte Freitag in Homburg v. d. Höhe den gewohnten Spaziergang. Später hörte Se. Majestät Vorträge. Der für Donnerstag Nachmittag in Aussicht genommene Besuch bei der Kaiserin Friedrich unterblieb. Großherzog Friedrich von Baden leidet an Hals katarrh, der Vermeidung längeren Sprechens erfordert. Der Besuch des englischen Königspaares in Deutschland steht thatsächlich schon für die allernächste Zeit bevor. Die Reise soll zunächst nach Homburg zur Kaiserin Friedrich gehen, deren Gesundheitszustand also den Anlaß zu dem beschleunigten Besuche bietet. Die Budgetcomission des Reichstags bewilligte bei der fortgesetzten Berathung des Militäretats eine Forderung der Regierung betreffs Einführung von Maschinengewehren bei der Armee. Für die Be dienung dieser Maschinengewehre, welche die Abgabe von 300 Schuß in der Minute ermöglichen und dank ihrer Kleinheit namentlich im Gelände von außerordentlicher Bedeutung sind, werden besondere Abtheilungen einge richtet, die allen Truppentheilen beigegeben werden sollen. Diese Maschinengewehr-Abtheilungen sollen je einem Jäger- oder Infanterie-Bataillon in derselben Art an gegliedert werden, wie die Eskadrons Jäger zu Pferde den.Cavallerie-Regimentern angeliedert werden sollen. Aus finanziellen Rücksichten wird die Angliederung all mählich erfolgen und zwar im Jahre 1901 die von fünf Abtheilungen. Außer den Maschinengewehr-Ab theilungen wurde auch der ganze Titel der Besoldungen der Offiziere bewilligt unter Streichung des Commandeurs sür das in Posen geplante, aber Tags zuvor abgelehnte /Regiment Jäger zu Pferde. Beim Capitel Militärärzte ! fragt Ab. Müller-Sagan an, weshalb man nicht jüdische Aerzte als Militärärzte anstelle? Ein Regierungsver treter erwidert darauf, es existire keine Bestimmung, welche jüdische Militärärzte ausschließt. Am nächsten Dienstag wird die Berathung des Militäretats fort gesetzt. Tie Aussichten der Kanalvorlage werden von der „Post" als trübe bezeichnet. Das Blatt erinnert daran, daß bei der Abstimmung vor zwei Jahren der Kanalentwurf mit einer Mehrheit von mehr als 100 Stimmen verworfen worden sei und daß daher, wenn jetzt ein andres Ergebniß folgen soll, die Beschlußfassung auf wesentlich andrer Grundlage erfolgen müsse, daß die Erweiterung der Vorlage diese Grundlage noch nicht geschaffen habe, erhelle aus der Generaldebatte im Plenum mit voller Deutlichkeit. Ter Kaiser von Rußland hat bekanntlich dem Präsidenten der Vereinigten Staaten Mac Kinley zum Zeichen seiner Anerkennung ein Album mit werthvollen Photographien aus seinem Privatleben übersandt. Dieses Zeichen besonderer Werthschätzung ist nach Lage der Dinge nicht anders aufzufassen als vor einigen Monaten der Befehl zum Rückzug der russischen Truppen aus Peking aufzufassen war, der unmittelbar nach der Er nennung des Grafen Waldersee zum Oberbefehlshaber in Tschili erlassen wurde. Politisch haben Rußland und Amerika kaum etwas mit einander zu thun, auch ist niemals etwas von irgendwelchen persönlichen Beziehungen des Zaren zum Präsidenten Mac Kinley bekannt ge worden; die Auszeichnung des letzteren durch den russischen Kaiser kann daher schlechterdings nichts anderes bedeuten als eine russische Antwort auf die Höf lichkeitsacte, die der deutsche Kaiser in England vollzogen hat. Als eine solche ist sie augenscheinlich auch im Berliner Auswärtigen Amte aufgefaßt worden, wo man von russisch-amerikanisch-französischen Unfreund lichkeiten gegen Deutschland in China mehr weiß, als in die große Oeffentlichkeit dringt. Trotzdem ist der deutsche Reichskanzler bemüht, den Draht mit Rußland nicht abzubrechen, in der Voraussetzung, daß die einge tretene Verstimmung lediglich auf Mißverständnissen be ruht. Und so haben denn der Kaiser und sein Kanzler in Homburg den Beschluß gefaßt, den General v. Werder in außerordentlicher Mission nach Petersburg zu ent senden, um durch persönliche Aussprache alle etwa ein getretenen Unklarheiten zu zerstreuen. Hoffentlich gelingt dem General die schnelle Beseitigung der in den deutsch russischen Beziehungen eingetretenen Trübung. Zur Entsendung des Generals v. Werder nach Petersburg bemerkt die „Post", es bleibe abzuwarten, ob der General überhaupt mit einer diplomatischen Mission betraut sei. An Berliner amtlicher Stelle ver sichert man, daß der General v. Werder von dort keine politischen Aufträge erhalten habe. Darauf bemerkt die „Voss. Ztg." sehr richtig, das sei auch nicht nöthig, da der Kaiser und der Reichskanzler in Homburg weilten und von dort aus die bezüglichen Bestimmungen getroffen sein könnten. Wie die Finanzlage des Reiches sich ver schlechtert hat, zeigt eine vom Neichsschatzamt der Budgetcommission des Reichstags vorgelegte Abschätzung des Rechnungsjahres 1900, das am 1. April endigt. Danach wird der Ueberschuß an dem Haushalt des Reiches, also abgesehen von den Ueberweisungen an die Einzelstaaten, in diesem Jahre nur die winzige Summe