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Vtllllgt D lm Süchsil schell Lim-es-Aiyeiger < »eumit ;cr General-AilMger) >. " Sonntag, 3. April 1802. l 8- ' Verlag rVlexauder Wieve tu Chemnitz. — 1 Nr. 78. — 12. Jahrgang. Amtliche Anzeigen. Das im Gr»»db,,che auf de» Namen Friedrich Clemens Nebel eingetragene Gcnndstilck — Haus mit Garte«» — Nr. 35 des Jl»r- buchs, Nr. 58V des Brandcatasters, Folinm 138 des Grundbuchs siir «chöuau, geschätzt a«f 10,«00 Mk., soll a» hiesiger Amtsgerichtrstelle zwangsweise versteigert werden nnd ei ist der tv. April 1802, Bonnittags IVV2 Uhr als Vcrsteigerungstermin, sowie der »0. April 1S0L, Vormittags tt «he als Ternti«« z>» Verkündung des Berth«ilu»«gsPla»>S anberaumt worden. Eine Uebersicht der aus dem Grundstücke lastende» Ansprüche und ihres Nangverliiillnisses kann tu der Gerichtsschreiberei des Unterzeichneten Auits- gerichtcs eingesehe» werden. Königl. A««tSgericht Che,»Nitz, Abth. », am 17. Februar 1892. Böhm e. Vom Landtage. Am 1. April erstattete in der 1. Kammer Herr Oberbürgermeister vr. Georg! Bericht über das Dccret, den Separaisvnds sür das Eiscnhüttenwesen beweisend. Das.HanS schloß sich in alle» Punkte» den Beschlüsse» der zweiien Kannner a». Es wnrde hierauf die Schlnßberathung über eine Anzahl Titel des Etats sür das CultnSministerinm und die Etatscapitel »Neichslagswahlen" und „Vertretung Sachsens im Bnndesrathe" erledigt. Sämmtliche Titel wurden bewilligt. Herr Generalconsnl Thieme rcscrirte hieraus über den Gesetzentwurf, die Aufnahme einer dreiprocentige» Nentenanleihe belr Die Kammer ertheilte den, Gesetzentwurf ihre Zustimmung. Die Herren v. Schön derg nnd Reich erstatteten Bericht über das Dccret, das Umlagcversahren bei der land- und forstwilthschastlichcn Bernssgenossenschast sür daS Königreich Sachsen belr. In Uebereinstimmnng init der 2. Kannner wurde beschlossen, der Beibehaltung des jetzigen Umlageverfahrens dcr land-und sorstwirthschastliche» Bernssgenossenschast beizustimmen, aber daran dieBitte z» knüpfen,die Ncgiernng mochte, je »ach Ermesse»,dem nächsten oder übernächsten Landtage weitere Mit- tlieilnuge» über die Wirkungen des Umlageverfahrcns mache». — Herr Ober^ bürgermcistcr vr. Stübcl referirte über die Ablehnung, ivelchc der Antrag Wecke, die wirksamere Geltendmachung der zum Schutze der Fischerei in sließeden Ge wässern erlassene» gesetzlichen Bestimmungen betreffend, in terzweiten Kammer erfahren hat. Herr Wecke bedauerte, daß sein Antrag von den Herren der zweiten Kammer vielfach falsch verstanden worden sei. Der Berichterstatter der jenseitigen Deputation habe ein furchtbares Halloh erhoben, gleichsam als ob staalsverbrecherische Intentionen mit dem Antrag verknüpft seien. Ober- büigermeistcr Vr. Andrs sprach sich gegen den Antrag ans. Gegen 2 Stimmen beschloß die Kammer, bei ihrem dem Anträge Wecke z»sti»n»endcn Beschlüsse stehen zu bleiben. Ferner wnrde »och beschlossen, auf dem Be schlüsse bezüglich des Antrages des Freiherr» v. Burgk, die Vermehr»»- der Landgensdarmcrie rc. bctr«, zu beharre». Die 2. Kammer trat am 1. April einigen von der ersten Kammer bezüg lich dcS Gesetzentwurfs über die Statuten der Universität Leipzig gefaßten Beschlüssen, welche in einigen unerheblichen Punkten von denen der zweiten Kannner abweichen, bei- Ferner beschloß die Kammer ans Antrag derselbe» Deputation die Petitionen der Genwinde Hennersdols und Genossen »m Erbauung einer Eisenbahn Landesgrenze-Franenstein Dippoldiswalde, sowie des Genieinderathes von Niederwürschnitz um Errichtung einer Halte > stelle in Niederwürschnitz und der Gemeinde» Ober, Mittel- n> d Niedersrohna, den Bau einer Eisenbahn Wüstenbrand-Limbach-Biirgstädt- Miltweida und die Errichtung von Haltestellen dieser Bahn für jene Orte bctr., der Negierung zur Kenntmßnahmc zu überweise». Es folgte die Schlußberathnng über die Petition der Gemeinde Wildbach und Genosse» mn Aushebung des 8 11 des Parochiallastengesetzcs. Während 8 3 desselben die Regel ansstcllt, daß zu den Kirchen-und Schnlanlagen das ganzein Kirchen» und Schulbezirken befindliche unbewegliche Eigenthum verhältnißmäßig beiznziehen sei, macht der 811 dieses Gesetzes eine Ausnahme von diescrNegel hinsichtlich der Rittergüter, indem er bestimmt, daß dieKesttzer der Rittergüter znParochiallasten nnr in derjenigen Parochie beizutragen haben, in welche der Rittergutshos ein- gepsarrt ist. Die Beschwerde- »nd PelitivnS-Depntälion hielt die Aushebung des 8 11 an sich sür erstrebenswerth, aber nur dann sür ausführbar, wem, eine Ausgleichung der gegenseitige» Interesse» der betheiligten Gemeinden ermöglicht wird. In diesem Sinne wurde beantragt, die Petition der Re gierung zur Kenntnißnahme zu überweise». Die Kammer beschloß demgenmß. Dasselbe Botin» wurde bezüglich der Petition der Fceiberger Stadtprediger- Wittwen- nnd Waisenkasse und des Freibergec Specialschnl-Wittnen- und WaisenfisknS, ihre Heranziehung zur Einkommensteuer beir., gefaßt. Die Petition des Herrn vr. Tittrich und Genossen in Reichenbrand, die Normativ bestimmungen bezüglich der Abhaltung öffentlicher Tanzmusiken ans dem Lande bctr.» wurde abgelehnt. — Der Beitritt z» dein von der ersten Kammer aiigcchmmenen Anträge des Herrn Wecke auf wirksamere Handhabung der zum Schutze der Fischerei in den fließenden Gewässer» bestehenden gesetzlichen Bestimmungen wurde ans Antrag der Finanzdeputation L abgelehnt. Gegen 7 Stimmen nahm ferner die Kammer statt des i» der 1. Kammer angenommenen Antrages des Frhrn. v. Burgk, Vermehrung der Landgeusdarmerie und Errichtung einer berittenen Abtheilnng derselben belr-, den Deputat!onsanlrag an, die Regierung zu ersuchen, eine mäßige Ver mehrung der Landgeusdarmerie sür die nächste Finauzpcriode in Erwägung zu ziehe». — Bezüglich des Gesetzentwurfes, die Gchaltsverhältniffe der Lehrer in den Volksschule» belr., blieb die Kannner auf Antrag der Finanzdeputation ä. (Berichterstatter Abg. Steher-Reinholdshain) bei ihren Beschlüssen, insofern sie von denjenigen der 1. Kammer abwciche», stehen. Weiter beharrte das Haus aus dem Beschlüsse, die Petition hcitmann's u. Genossen »m Aushebung bezw. Erniäßignng der Grnndstencr, >01 jeden Antrag des Abg. Colditz». Ge», ans Abänderung des Einkommensteuergesetzes der Regierung zur Kenntiiiß- nahme zu überweisen. De» letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Schlnßberathung über die Petition des Stadtgemeinderaths zu Schöneck in» Wiedererrichtung eines königl. Amtsgerichts daselbst. Diese Petition wurde der Regierung zur Kelintnißnahmc überwiesen. Ins Herz getroffen. Erzählung v. F. Ariiefeldi. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Verstehe schon", erwiderte sie giftig, „in Deine» Auge,, bin ich eine Vogelscheuche." „Tante, Ich schwöre Ihnen —' „Für Euch jungen Leute hat eine Frau über dreißig Jahre keinen Anspruch mehr an das Leben, ja eigentlich kein Recht mehr zum Dasein, wenn Ihr sie nicht zum Werkzeuge Eurer Pläne mache» könnt. Ich bin lhöricht geniig gewesen, mich bisher für Dich in s Zeug zn legen; jetzt ist'- vorbei. Du hast mich bekehrt und curirt." „Liebe, liebe Tante, Verzeihung", bat er. „Sie sind mir schon so lange eine gütige Mutier, daß ich darüber verlernt habe. Sie mit anderen Augen anziisehen, eS kam mir so unerhört und so drollig vor, daß ei» Mann sich um Sie bewerben sollle. Wen» ich Ihnen gcgeiiüberstand, war ich immer noch der kleine Knabe, der Ihrer Güte Alles verdankt." „Still, still", flüsterte sie; es war ihr nicht angenehm, jetzt an diese Musterrolle erinnert zu werden. „Deine Mutier war viel älter als ich." „Das weiß ich", stimmie Anion eifrig zu, „und Tante, daß jch's gestehe, jetzt fallen mir die Schuppen von den Augen; der Ame rikaner hat auch mich sehend gemacht" „Schweig, Schmeichler!" versetzte sie ihn znriickstoßeiid, aber schon i» einem weit sansiercn Ton. „Wahrlich, wäre ich nicht Alexander, so möchte ich Diogenes sein", jtlhr Labarre fort; „ich verstehe den Amerikaner nnd zürne ihm — zürne ihm nicht minder, als hätte er mir Gabriele abwendig gemacht." »Welche Thorbeit, Anton!" „Thorheit? Er raubt mir Ihre Liebe, die ich besessen von Kindheit a», sie war mein kostbarster Schatz, mein Halt, mein Leit- stnn, verlier« ich sie, so versinke ich!" I« seine» Ausdrucksvollen Mienen malte sich ein ansrich- Sächfisches. — Zahlungseinstellungen. Schuhmacher CH. H. Nebel in Zwönitz. — Handschuhfabrikant H. Th. Delling i» Burgstädt. — Stellmachermeister H. C. Fröhlich in HartmanuSdorf. — Firma C. Borrmann in Hainichen. — Neues Kartell, lieber das Zusammengehen der staaiS- erhaltenden Parteien haben die sämmtliche» Abgeordnete» beider Stände- kannner» (mit alleiniger Ausnahme derjenigen, denen ihre Stellung verbietet, einer politische» Parteikundgebiing sich anziischließcli, wie die Prinzen Georg »nd Friedrich August, Bischof Wahl u. s. w., sowie mitAns- nahme der socialdcmokratischen Abgeordneten der Zweiten Kammer) eitle Erklärung veröffentlicht. Dieselbe trägt 103 Unterschriften. Die Erste Kammer zählt im Ganzen 47, die Zweite Kammer 80 Mit glieder, zusammen 127. Es fehlen demnach, einschließlich der als krank von Dresden Abwesende»,'»»!24. Die Erklärung laulet: Im Interesse des öffentlichen Wohles erscheint ein Znsaniniciigehen der staaiser- hallenden Parteien, wie dasselbe im Landtag besteht und stet» sich bewährt hat, auch in dazwischen den Landtogs-Sessionen inneliegende» Zeit dringend geboten. Aus dieser Erwägung erklären die unterjeichncten Mitglieder beider Siäiidekammcr», daß sie »ach wie vor gewillt sind, für Sicherung eines Zusammengehens bei öffentlichen Wahlen einznireten. Die Herren Kammerherr Freiher von Friesen ans Rötha, Geh. Commercien- rath Niethammer in Kriebstein und Generaldirector a. D. Grahl in Dresden habet« sich bereit erklärt, diesen Beschluß znr weileren Aus führung zu bringe». — Welche Meinung ist die rechte? Die Mehrheit der Gesetzgebungsdepntativn der zweiten sächs. Kammer beantragt, die Er- mächtigiing zur Erhebung öffentlicher Klage wegen Beleidigung derzweiten Kammerdurch die „Sächsische Arbeiterzeitting" und drei andere socialdemokratische Blätter zu crtheilen. Die Minderheit der genannten Deputation dagegen empfiehlt die Ablehnung der Ermächtigung. Sie meint, daß die Beleidigungen sich ausschließlich als Schimpfereien darstelle», welche sich selbst richien nnd ans ihre Urheber ziirnckfallen. Danach erscheine es unnöthig und mit der Würde der Kammer nicht vereinbar, die Strasversvlgnng der a» jene» Beleidigungen schuldigen Personen zn begehren. Diese Personen könnten vielmehr der verdienten Vcciirthciiiiiig durch die öffentliche Meinung überlassen werde». — Fahrkavtengiltigkeit zu Oster». Im innere» Verkehr der sächsischen Siaatseisenbcihnen gelten die am 16. April d. I. (Svimabend vor Oster») und am 17. April (I. Osterfeiertng) gelösten Rückfahrkarte», ferner die dreitägigen Nundreisckarten von Alleubnrg durch das Mnldenthal, von Chemnitz über Obcrrittersgrü» und Cran- zohl, von Dresden-Altstadt über Geising - Allenberg und Kipsdorf, vo» Nenmnrk durch das Elsterthal nnd von Schlei; über Gößnitz- Gera bis mit 20. April d. I. Die für den Verkehr zwischen Stationen der sächsischen Staatseisenbahnen einerseits »nd Stationen der preußischen Stacstsbahnen, der Thüringischen Privatbahnen nnd der Dahme-Uckroer Bah» andererseits am 16. sApril (Ostersounabend) gelösten dreitägigen Rückfahrkarten gelten znr Rückfahrt bis mit 19. April d. I. — Panorama iu Leipzig. Die Reisezeit naht, ebenso die Ostermesse, durch welche viele Tausende nach der alte» Li'psia geführt werden. Da erscheint es denn nothlvendig, alle Besucher Leipzigs auf die Thalsachc hinztiweisen, daß durch die am IS. April d. I. erfolgende Wiedereröffnung des Panoramas am Noßplatz eine ganz hervorragende Sehenswürdigkeit geschaffen worden ist, deren Besich tigung Niemand unterlassen darf. Fast schien cs, als sollte das Panorama in Leipzig seinem Zwecke entzogen werden, — da trat mit auerkennenSwerlyer Energie Herr Tietsch für die Erhaltung desselben ein »nd seiner Umsicht ist cs zn danke», daß durch die Erwerbung des von de» Herren Prof. Hüllte» nnd Simmler i» Düsseldorf gemaltc» Cvlossalbildes (1800 Qm. Umfang!) „Gravelotie, Der Sturm der Garden und Sachsen ans St. Privat" nicht nur das Panorama selbst erhalten blieb, sondern voraussichtlich die erste Sehenswürdigkeit Leipzigs gewönne» wurde. Milien hinein versetzt in den Niesenkampf vo» Gravelotie fühlt sich der Beschauer des Bildes, die einzelnen Phase» des Kampses, ja selbst einzelne be sondere Vorkommnisse nnd Heldcnthaien durch die Miikänipser stürmen an dem Auge des Beschauers vorüber und über Angriffscolviinen und Verlhcidiger, über Leiche», Vcrwnndele, brennende Dörfer breitet sich lachend die Nachmtttagssomie. Eine wunderbare Perspective zeigt alle Reize der Gegend »nd die Verbindung der Plastik mit der Malerei ist eine so wahrhaft glückliche, daß Bewunderung über daS Ge^ schaffe,le bei jedem Besucher vorherrschen »»iß. Wir wiederholen: Versäume Niemand bei einem Besuche Leipzigs die Besichtigung deS Panoramas: Gravelotie, Der Stur», der Garden und Sachse» auf St. Privat. —Eisettvahu.JubeliuStoavtrg. AmDoiiiiersiag Nachmittag traf iu Stollderg die telegraphische Nachricht ei», daß die erste Kammer die Würschnitzbahn genehmigt hat. Die allgemeine Freude fand sofort ihre» Ausdruck durch Bölleisschüsse, Flaggeiischmuck und Musik am Nathhause. Abends fand im „Weißen Roß" ein allgemeiner CommerS statt. — Erfroren .aufgefttttdeu wurde an, Sayda-Friedcberger Kirchstei'ge, ungefähr 5 Miiniien von der Stadt entfernt, der SO Jahre alte Schmiedegcselle Karl Heinrich Langer aus Brüderwicse. Fetter. I» Her», sdarf bei Hohenstein brannte da» Oppermanilsche Hans nieder. —IV. BnrkhardtSdorf, l. April. Nachdem schon seit mehrere» Jahren da und dort in verschiedenen Städten unseres Vaterlandes das Herrig'sche Lntherfcstspiel zur Aufführung gebracht und im Herbste des vorigen Jahres auch hier bei einem Familienabcnde durch Vorlescu mit verthcilten Rollen bekannt geworden ist, wurde dasselbe am gcstiigcn, Abende das erste Mal in theatralischer Form hier zu Gehör gebracht. Scit Langem schon hatte ei» Ausschuß von Orlseinwvhnern die nmfänglichsten Vorbereitungen getroffen. Keine Mühe war gescheut worden. Mochten un» auch da nnd dort Zweifel dieser oder jener Art alisgeiaiicht sei» — die gestrige Vorstellung muß sie zerstreut haben. Alle berechtigten Ansprüche, die man gestellt halte, wurden erfüllt. Da entfaltete sich manch buntes Bild, manch er greifender Auftritt. Auge, Ohr nnd Herz der Besucher fanden, Wa ste gesucht. Lage» ja die Rollen der nnsirctendc» Personen in den besten Hände», nnd war doch Alles ans das Herrlichste ansgcstyitet nach Trachten nnd Gcrcithen. So kan» inan denn nur wünschen, daß den treffliche» Leistungen auch in den weileren Vorstellungen durch zahlreichen Besuch vo» Nah und Fern Anerkcnnnng zu Thcil wird. Ist ja die Spielzeit so gelegt worden, daß cs vielen Be wohner» der Umgegend möglich wird, die Züge zn benutzen. Wer ihalabwärts fahren will, hat jeden Abend Gelegenheit, ->/«1l Uhr voll hier abzusahren. Für die auswärts Wohnenden dürfte es ge- ralhen sein» am Soimlage die Nachmittagsvorstellung zn besuche», die um 4 Uhr beginnt, während die Abendvorstellung wie gewöhnlich 11m 8 Uhr ihren Anfang nimmt. tiger Schmerz und die schnell umgcstimmte Tante schlang beide Arme um den Hais ihres Lieblings, drückte seinen Kopf gegen ihre Brust und redete ihm zu, als sei er noch der Knabe, den sie so oft geherzt, geküßt und verzogen hatte. „Sei ganz ruhig, mein lieber Junge," flüsterte sie, „Dir soll darum nichts entgehe», ich sorge für Dich, wie ich es Deiner Mnitcr auf dem Sterbebette versprochen habe. Es soll Dir im Gegentheil noch viel besser ergehen, wenn ich —" sie stockte und überließ es den, Neffen, in Gedanken den Satz zn ergänzen; seine nächste Bemerk,mg bewies, daß er dies vortrefflich verstanden hatte. „Der Amerikaner ist reich?" fragte er. „Er besitzt viele Millionen; es wird eine Kleinigkeit sein, Dich auS allen Deinen Verlegenheiten zu befreien." Anton Labarre ließ einen eigenthümliche» Pfiff durch die Zähne hören, als wolle er andenten, daß die gute Tante Lina diese Ver legenheiten doch geringer anschlage, als sie seien. Sie fuhr eifrig fort: > „Tu sichst »n», daß Du nach allen Seiten die bestell Anssichte» hast, Doctor Richter will Dir wohl; Gabriele liebt Dich." „Wer das glauben könnte," fiel Anton ei». „Verlaß Dich auf wich, ich weiß, was ich weiß; es gefällt mir ^übrigens von Dir, daß Du zaghaft bist und nicht meinst, jedes , Mädchen müsse in Dich verliebt sein." , „Es handelt sich hier nicht um „jedes Mädchen", sondern nm Gabriele." „Schelm." drohte sie. „Aber »u» mache, daß Du fortkommst; ,ich habe noch viel zu thun und möchte auch nicht, daß der Doctor Dich »och im Hanse sieht, er schilt so schon, daß ich zu viel Zeit ^»>it Dir verschwatze." „Soll ich nicht hier bleiben und warien, welchen Bescheid Gabriele bringt?" „Nein," ciilgegnele Tante Lina sehr entschieden, „wen» der Doctor Dich habe» will, so wird er cs Dir im Hospital sage» Mache, daß Tu dahin kommst!" ; „Sie mcincn, er werde mich entladen?" „Er ist zwar unberechenbar, aber ich hoffe es. Gabriele wünscht es, sie wird eS ihm abschmeichel»." ' , „Gabriele wünscht ,S?" „Deutschlands Schwimmende Ansstellnng." Wenn der große Danipfcr „Kaiser Wilhelm", welcher z» dem Zweck gcbant und eingerichtet werden soll, „Deutschlands Schwimmende Ansstellnng" durch die Meere z» frcmdcn Hafenstädten zu tragen, genau dem Modell gemäß ausgeführt wird, das am 26. März den Reichstag-Mitglieder» vorgelegt wurde, so wird das Schiff eine» Anblick gewähren, wie noch kein Fahrzeug, das je zuvor die Salz- flnih durchsnrcht hat. Der Entwurf ist das Werk de- Architekten Schade. DaS Schiff wird durch die Howaldtwcrke in Kiel erbaut. A» dem auf's Zierlichste gearbeiteten großen Modell hat Gladcubeck, von dem der ganz reiche plastische Schmuck anscMhrt ist, eine» wesentliche» Antheil. Durch die Gestaltung und Dekoration von Deck und Bug, wie durch die originelle» Kuppelbauten, die sich über dem Deck erheben, unterscheidet eS sich von allen bekannten Schiffs formen. Da ragt in der Mitte der ganzen Läng« eine Art Palast ans: ein riesiger Mittelbau von elliptischer Form, mit einem flach gewölbte», anf'S Reichste mit broncene» Gurten »nd breite» Rclicf- vrnamciitstreifen belebte», vo» Niindfensterchen im Ringe durch brochenen, metallucn Kuppeldach, im Scheitel mit einer broncene», thronende» Germaniastatne auf hochragendem Sockel gekrönt, welche die eine Hand ans das mächtig« Schwert stützt, in der andere» einen Merknrstnb schwingt. An diesen großen Mittelbau, der zum Concerisaal bestimmt ist, und dessen Boden ein bedeutende» Sliick »nterhaib des Oberdecks liegt, schließe» sich auf zwei Seite» lange Seitenbauten an, die jeder in eine» knvpelgekrönlen Ruildpavillon führen. Sie bilden innerlich wie in ihrer äußere» Gestalt mit dem große» Mitteisaal ein zusammenhängendes Ganze». In gleichen Abstände» voll jenen Pavillons ragt »ach je ein etwas kleinerer, mit einer Flachknppel bedeckter Ba» von ebenfalls elliptischer Form auf, jeder von beide» mit einem Laleriienthnlmcheu im Scheitel gekrönt. Beide Gebäude sind zn Reslanrationssnlen bestimmt, deren tiefer liegender Boden sich in einer Grnndebcne mit dem der Cviiceri« „Ja, ja, kannst Du cs den» nicht oft genug hören? Schnell fort!" Sie drängte ihn znr Thür, er umarmte sie lachend und verschwand. Wohlgefällig sah sie ihm »ach, als die Thür schon hinter ihm in's Schloß gefalle» war. „Ein prächtiger Junge; ein vortrefflicher Arzt", murmelte sie, „ein wenig leichtsinnig nnd flott, aber Jugend muß anstoben; das wird sich schon legen, wenn er hier uiiier den Augen des gestrenge» Schwiegervaters wohnt nnd eine vernünftige Frau hat, den» die Kleine kann bei aller Sanfimuih und Liebenswürdigkeit die Zügel recht straff anziehcn; sie versieht das Hansregimcnt jo trefflich, daß ich mich beinahe überflüssig fühle, seit sie ans der Pensio» zn Hanse ist. Nu», es hat sich ja jetzt Alles zum Besten gefügt; ich brauche nicht als Taiite Lina Oberwart in's Ansgediiigcstübcheii zu ziehe»." Sie schickte sich a», de» Salon zu verlassen, blieb aber erst noch vor dem Pfeilerspiegel stehen, betrachtete ihre Gestalt mit Auf merksamkeit. strich sich mit der Hand über das Gesicht und eilte mit einem zufriedenen Lächeln hinan». Das Spiegelbild zeigte ihr für ihre vlernndvicrzig Jahre ,'» der That noch eine sehr 'hübsche Franenerscheinnng, wen» auch nur den Schatten der Schönheit, welche Lina Obcrwart in ihrer Jugend be sessen. Warum sie trotzdem »»vermählt geblieben, ließ sich schwer sage», man konnle ans sie nur die landläufige Redensart anwenden, daß sie in der Liebe kein Glück habe. Äon alle» Anbeter», die sie gehabt, hat sich keiner in eitlen Freier verwandelt, von allen Träumen vo» Liebe und Eheglück, den.» sie »achgehange», war kein einziger in Erfüllung gegangen. Dennoch hatte sie die Hoffnung noch nicht anfgegeben »nd hielt sich jung i»> Verkehr mit der Jugend. De» ersten Platz in ihrem Herzen »ahm, beinahe so lange er er auf der Welt war, Anton Labarre ein. Er war der Sohn einer jung vcrwiltweten Cousine vo» Fräulein Lina, mit der sie zusammen lebte, und der reich begabte dunkcllockige Knabe hing beinahe mit größerer Zärtlichkeit als a» der Mutter a» der Tante, non der er Alles ertrotzen »nd erschmeicheln konnte. Es schien der Mntt r daher wie ei» Glück für den zehnjährigen Anton, als Tante Lina entfernt ward. Rach dein Wnnsche seiner sterbenden Fran fordert« Doctor Richter Tante Lina als deren Jugendfreundin und entfernt»