Volltext Seite (XML)
74 ist darauf gelegt, dass nicht zu viel Musik und Zerstreuendes geboten werde, damit der gesellige Gedankenaustausch zu seinem Rechte komme. Der gestrige Abend war grossartig und schön, aber am ersten Abend waren wir im engeren Kreise gemütlicher beisammen. Die Form kann den Geist nicht ersetzen; aber wir wollen ja den Geist nur festhalten. Lässt sich denn irgendwann feststellen, dass der Geist aufhört? Ich wünsche, dass recht viel Geister da sind, damit recht viel Geist da ist. Geister müssen da sein, wenn die Geister aufeinander platzen sollen, damit Geist sprühe. Wir wollen ja nur die Anerkennung der Grundsätze als die einzige Art von Zwang. Die Zügel werden nur eine Kleinigkeit fester gezogen. Das Band der Vereinigung ist noch so elastisch, dass wirklich noch viele Arten von Zusammenkünften Platz haben. Wir haben gute Gründe, weshalb wir schon nicht festere sprödere Fesseln anlegen wollen. Wie wenig will doch unser Antrag. Gewohnheitsrechte sollen anerkannt werden. Es bleibt die Geschäftsordnung, die schon besteht. Ist nicht der gewählte Ausschuss schon ein kleiner Zwang? Die Herren, die gegen Zwang ab solut sind, müssen sich auch die Folgen klar machen. Wenn Sie so fest an die alleinige Kraft des Geistes glauben, warum lassen Sie dann überhaupt noch Formen bestehen? Lösen Sie doch alle Turnlehrer und Turnvereine auf, öffnen Sie die Säle und Hallen und warten Sie ab, wer da kommt; dann wollen wir sehen, was geschieht! (Ruf: Katheder frage). Das wäre eine Probe auf das Exempel. Die Freiheit ist ein schönes Gut, aber Freiheit muss mit Ordnung gepaart sein. Die Freiheit wohnt am sichersten bei der Ordnung. Unsere Versammlungen haben sich durch die Praxis entwickelt, so dass man nur wenig hinzuzuthun braucht nnd nur einige Vorschläge hin zuzufügen, um sie zu sichern für die Zukunft und als mustergiltig wo möglich auch für andere entsprechende Versammlungen hinzustellen. Unser Gedanke ist es, dafür zu sorgen, dass die Sache nicht eines Tages aufhört, wenn wir auch auf die bisherigen Turntage mit Befriedigung zurückblicken. Es ist dies keine Kathederfrage, kein Streit um die blosse Form oder um den Geist an sich. Geist muss vor allen Dingen da sein, aber Form nnd Ordnung gehört dazu, wie der Leib zum Geist. — Bei der nun folgenden Abstimmung zeigt sich auf die Aufforderung des Vorsitzenden: „Diejenigen, welche es beim Alten belassen wollen, mögen die Hand erheben,“ eine zweifelhafte Majorität. Das Bureau er klärt einstimmig, das Resultat sei zweifelhaft.