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^ 97, 29. April 1913. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4529 Stadtkommandanten Erz. Krug von Nidda, Herrn Landesgerichtspräsi- dcnten Reinhard, Herrn Amtshanptmann v. Rostitz-Wallwitz, Herrn Reichsbankbirektor Frenkel, Herrn Polizcidirektor Wagler, den Direktor der Akademie für graphische Künste Herrn Prof. Seliger, die Mitglieder des geschäftsfiihrenben Ausschusses der Deutschen Bücherei, den Di rektor an der König!. Bibliothek zu Berlin Herrn Prof. Or. Paalzow, Herrn Geh. Hofrat 1)r. Boysen, Direktor der Leipziger Universitäts bibliothek und den Direktor der Deutschen Bücherei Herrn Ol. Wahl. Wir missen. Eure Exzellenzen, meine hohe» Herren, daß Sic nicht nur unsere Feste mit uns feiern, sondern baß Sie, wo es nottut, uns auch mit Rat und Tat zur Seite stehen: wir wissen aber auch, und Ihr Erscheinen sagt es uns, dass Sic auf uns rechnen, dass Sie Treue um Treue fordern, fordern, daß der deutsche Buchhandel stets seine Pflicht tue. Und das soll ein Wort sein : des zum Zeichen bitte ich Sie, meine Herren, die Gläser zu erheben: Einen Dank Miseren Gästen, einen Gruß unseren Gästen, ein Hoch unseren Gästen! (Dreimaliges Hoch.) Der Börsenverein hat, wie schon eingangs dieses Artikels und besonders in der Begrüßungsrede des Herrn Krehenberg hervorgehoben wurde, gerade in diesem Jahre Ursache gehabt, dankbar der Förderung seiner Interessen durch die Königlich Sächsische Regierung zu gedenken, und empfand es als ein neues Zeichen der Wertschätzung, daß ihr Vertreter Exzellenz Graf Vitz thum von Eckstädt, Minister des Innern, cs sich nicht hatte neh men lassen, durch fein persönliches Erscheinen beim Kantatemahl den guten Beziehungen zwischen der sächsischen Regierung und dem Buchhandel einen den letzteren besonders ehrenden Aus druck zu geben. Sie bildeten auch den Gegenstand seiner Ausfüh rungen, mit denen er sich in Erwiderung der Begrllßungsworte des Herrn Krehenberg namens der Ehrengäste an die Versamm lung wandte: Meine sehr geehrten Herren! Indem ich für die sreunblichcn Worte der Begrüßung danke, die der letzte Herr Redner an die Ehrengäste gerichtet hat, habe ich mich eines Auftrages der Herren Staatsmlnistcr Or. Beck und v. Scydcwitz zu entledigen. Die Herren bedauern lebhaft, daß sie verhindert sind, an der heutigen Feier teilzunchmcn, sic haben mich aber gebeten, Ihnen ihre herzlichsten Grüße zu dem heutigen Tage auszusprechcn. lBravo.) Wenn ich selbst mit den anderen Vertreter» der Staatsregic- rung Ihrer srenndlichen Einladung zu dem heutigen Festmahl besonders gern gefolgt bin, so hat mich dazu der Umstand bestimmt, baß ich, seitdem ich die Leitung des Ministeriums des Innern übernommen habe, noch keine Gelegenheit gehabt habe, dem Börsenvercin der Deutschen Buch händler näherzutreten. Der Wunsch einer persönliche» Berührung mit dieser großen, seit fast drei Menschenaltern bestehenden Organisa tion des deutschen Buchhandels, um die uns andere Völker beneiden, ohne es bisher zu einer gleichartigen Organisation gebracht zu haben, mußte aus meiner Seite um so größer sein, je älter die Beziehungen des deutschen Buchhandels zu unserem sächsischen Vaterlande sind und je größer die wirtschaftliche Bedeutung ist, die der deutsche Buchhandel in unserem Staate einnimmt. Die Beziehungen Sachsens zum deutschen Buchhandel gehen ja bis in die Zeiten der Reformation zurück. Wenn, wie vorhin erwähnt wurde, der deutsche Buchhandel damals den Mittel punkt feiner geschäftlichen Beziehungen von Frankfurt a. M. nach Leip zig verlegte, so war für ihn wohl der Wunsch maßgebend, der in den katholischen Ländern schärfer geübten Zensur zu entgehen, indem er den Buchverlag mit dem Sitze einer Universität verband, um den von den Landesfürsten der Universität gewährleisteten Schutz der freien Forschung auch für die gedruckten Erzeugnisse der Wissenschaft zu ge nießen. Es ist von Ihrem Herrn Vorsitzenden auch mit Recht hervor gehoben worden, daß der Buchhandel diesen Entschluß nicht zu bereuen gehabt hat und daß er sich unter dem Schutz der sächsischen Fürsten zu der Blüte entfaltet hat, die wir bewundern und an der wir uns freuen. Wenn wir heutzutage unter der Pressefreiheit des Deutschen Reiches leben, so tritt die Befürchtung, einer schikanösen Zensur unterworfen zu sein, zurück, »nd die persönlichen Berührungen zwischen Regierung und Buchhandel treten vielleicht öffentlich nicht so in die Erscheinung. Immerhin gibt es doch noch bedeutsame Gebiete, ich nenne nur den Schutz des Urheberrechts, die Zollfrage, die Verhältnisse der Angestell ten, welche Regierung und Buchhandel zu gemeinsamer Arbeit zusam- menschlietzenj aber auch diese Gebiete liegen meist in den Aufgaben des Reichs. Wenn trotz dieser veränderten Verhältnisse der Buchhandel an dem alten Bande, das ihn mit unserem sächsischen Vaterlande verbindet, in Treue festhält, so dürfen wir daraus schließen, daß er sich hier in Leipzig innerhalb der grün-weißen Grenzpfähle wohlfühlt und Wert darauf legt, den geschichtlichen Boden nicht zu verlassen, auf dem er sich entwickelt hat und der die Wurzeln seines Gedeihens nährt. Durch eine bedeutsame Tat hat nun der Deutsche Börsenvercin seine Bezieh ungen zu unserem Vaterlande neu befestigt. Er hat sich entschlossen, sich hier in Leipzig in der Deutschen Bücherei ein Archiv des deutschen Schrifttums und des deutschen Buchhandels zu schassen, dessen Bedeu tung zweifellos von Jahr zu Jahr mehr erkannt werden wird. Der Herr Vorredner hat diese Bedeutung bereits hervorgchoben und in liebenswürdiger Weise der Mitwirkung der sächsischen Staatsregierung gedacht. Ich habe nicht die Absicht, in falscher Bescheidenheit bas Ver dienst des sächsischen Staates und seiner Regierung herabzusetzen. Die Opfer, die der sächsische Staat für die Gründung der Deutschen Bücherei gebracht hat und noch zu bringen gedenkt, sind angesichts der vielen Kulturbediirfnisse, die im modernen Staatsleben von Jahr zu Jahr neu anstauchen, sehr bedeutende und lassen sich der Allgemeinheit gegenüber nur aus der hohen Aufgabe rechtfertigen, die sich der Börsen- vcrein mit der Gründung des Unternehmens zum Ziele gesetzt hat, und nur rechtfertigen angesichts des Vertrauens, das die Negierung Ihnen schenkt und das uns zu dem Glauben veranlaßt, daß Sie, wenn wir Ihnen diese Mittel zur Verfügung stellen, auch etwas Großes und Würdiges daraus machen werden. (Bravo.) Ich freue mich, daß Sie in der heute gefaßten Resolution die Mitwirkung der Staatsregierung in diesem Sinne freundlich ausgesaßt haben. Das Unternehmen, das den schlichten Namen »Deutsche Bücherei« führt, ist in den weiteste» Gebieten deutscher Zunge, insbesondere auch in Deutsch-Österreich und der deutschen Schweiz freudig begrüßt und durch Zusage der Förderung unterstützt worben. Diese Ausnahme be weist, daß man in diesem Unternehmen keine am grünen Tisch er sonnene bnreaukratischc Schöpfung erblickt. Deutsche Buchhändler — in, Jahre 1874 der Ncichstagsabgeordnete Verlagsbuchhändlcr Or. Eduard Brockhaus, zuletzt im Jahre Ivlll Herr Verlagsbuchhändlcr Or. Ehlcrmann, und dazwischen eine ganze Reihe anderer — haben ans die Notwendigkeit einer solche» Anstalt hingewiesen, und eine Reihe deut scher Gelehrten haben den Plan willkommen geheißen, und nun, kann ich wohl sagen, ist die Sache im sicheren Hafen, und durch die Mitwir kung von Stadt und Staat ist der Grund gelegt worden zu einem Unternehmen, das sich hoffentlich als dauernd lebensfähig erweisen wird. Wenn es uns gelingt, was Sie ja alle wünschen, in dem Archiv des deutschen Schrifttums einen lückenlosen Bestand aller buchhändle rischen Erscheinungen in deutscher Sprache zusammcnzustellen, so werden künftige Generationen uns das Dank wissen, denn sie werden in der Lage sein, auch Werke zu Ehren und Nutzen zu bringen, die vielleicht jetzt spurlos verschwinden, weil sie jetzt nicht verstanden werden. Wir werden schaffenden Geistern aller Zeiten die Möglichkeit geben, an die Zukunft zu appellieren und auf ein gerechtes Urteil der Zukunft zu hoffen, wenn die Gegenwart sie noch nicht versteht: und so darf ich hoffen, daß die Zukunst, unter deren Protektorat wir gewissermaßen dieses Unternehmen stellen, auch für uns und für das Unternehmen eine gerechte Richterin sein wird, und daß die Zukunft insonderheit den Männern Tank wissen wird, die ihre ganze Arbeitskraft in den Dienst dieses Unternehmens gestellt haben. In diesem Sinne bitte ich Sie, jetzt mit mir anzustoßen und auf bas Wohl des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler und seines verdienten Herrn Vorsitzenden zu trinken. Sie leben hoch! (Dreimaliges Hoch.) Aber nicht nur die Beziehungen zur sächsischen Regierung sind im letzten Jahre durch die Verhandlungen zwischen ihren Vertretern und dem Börsenvercin anläßlich der Gründung der Deutschen Bücherei engere geworden, auch das Verhältnis der Stadt Leipzig zum Buchhandel, schon von alters her ein gutes, um nicht zu sagen herzliches, hat durch die gemeinschaftliche Ar beit bei der Errichtung der Deutschen Bücherei noch an Festig keit und Wärme gewonnen. Diese Stellungnahme verdankt indes der Buchhandel nicht allein seinen Verdiensten um das Emporblühen Leipzigs und der Erkenntnis unserer Stadtväter, daß das Interesse der Stadt mit dem des deutschen Buchhandels unlösbar verbunden ist: er verdankt sie vor allem auch der liebenswürdigen Persönlichkeit des Stadtoberhauptes Or. Dittrich. Seit einer Reihe von Jahren zu Kantate der Dolmetsch der freundlichen Beziehungen der Stadt zum Börsenvcrein und allzeit bereit, für die Interessen des Buck- Handels einzutreten, hat Oberbürgermeister Or. Dittrich im ver gangenen Vereinsjahr den Buchhandel durch seine Mitwirkung an dem Zustandekommen der Deutschen Bücherei in so tatkräf tiger Weise unterstützt, daß der Vorstand nur den Empfindungen aller Mitglieder Ausdruck gab, als er den Antrag stellte, dem Oberhaupte der Stadt Leipzig die Ehrenmit gliedschaft des Börsenvereins zu verleihen. Inwieweit diese Ehrung seiner amtlichen Stellung oder seiner Person gilt, kann hier schon deswegen unerörtert bleiben, weil sie sich schwer von einander trennen lassen und. das liebenswürdig-entgegenkom mende Wesen des Gefeierten die Grenzen zwischen beiden selbst 586