Volltext Seite (XML)
1526 Börsenblatt f. v. Dlschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. /V 97, 29. April 1913. eben in Erreichung dieses Zweckes, gesagt werden, daß auch dem kllhldenkenden, rechnenden Geschäftsmann sich bei diesen 1 Verhandlungen die Erkenntnis erschloß, wie sehr gerade > die Deutsche Bücherei geeignet ist, Buchhandel und Össent- , lichkeit in einer Weise miteinander in Berührung zu brin gen und zu verknüpfen, die ein gegenseitiges besseres : Verstehenlernen gewährleistet. Denn lein Stand wird seinen Interessen besser dienen können als durch Wahr« i nehmung öffentlicher Interessen, dadurch, daß er sich jederzeit i bewußt ist, ein Recht ans Förderung durch Staat und Regierung nur dann zu haben, wenn seine Arbeit der Gesamtheit zum Nutzen gereicht. Das aber will die Deutsche Bücherei. Wir wollen uns nicht verhehlen, daß die öffentliche Meinung, in Unkenntnis der Schwierigkeiten buchhändlerischer Verhältnisse, verschuldet nicht zuletzt auch dadurch, daß der Buchhandel und seine Vertreter es in vielen Fällen unterlassen haben, die Öffentlich keit aufzuklären, unserem Stande nicht immer die Förderung zuteil werden läßt, die ihm als einem der bedeutendsten Kulturfaktoren im Leben eines Volkes zukommt. Noch ist allerdings das letzte Wort in Sachen der Reorganisation des Vertriebs der Karlen der Kgl. pceutz. Landesauf nahme nicht gesprochen, die bloße Tatsache aber, das; der Staat überhaupt zu einer Ausschaltung des Buchhandels übergehen konnte, wird kaum anders denn als Miß- Irancnsvotum aufgefaßt werden können. Mit um so grö ßerer Freude ist es daher zu begrüßen, daß ihm — zeitlich damit fast zusammenfallend — ein Millionen- gcfchcnk in den Schoß geworfen und damit der Beweis eines so großen Vertrauens seitens der amtlichen Stellen in Sachsen gegeben worden ist, daß wir auf Verständnis für unsere Arbeit nunmehr auch außerhalb der grünweißen Grcnzpfähle rechnen dürfen. So ist vielleicht der moralische Gewinn noch höher ein- zustcllcn, als der materielle, nicht zuletzt, weil in der Förderung und dem Ausbau dieses Unternehmens der denische Buchhandel Gelegenheit hat, seinen Gemeinsam und sein Verständnis für öffentliche Angelegenheiten in einer weithin sichtbaren Weise zu betätigen. Aber nicht nur für das Ansehen des Buchhandels im allge meinen, sondern auch für die Stellung des Börsenvereins nach innen und außen erscheint uns die Deutsche Bücherei beocutungs- voll. Freilich nicht in dem Sinne, daß er — wie dies von einer Seite angcdentet wurde die ihm mit diesem Unter nehmen in die Hand gegebenen Machtmittel in anderer Weise als zur Förderung allgemeiner Interessen benutzen könnte. Vielleicht hätte es zur Zurückweisung dieser absurden Unter stellung nicht einmal der Resolution des Deutschen Verleger vereins bedurft, da die Rolle des Börsenvereins in der Öffent lichkeit in demselben Moment ausgespielt wäre, wo er sich von anderen Grundsätzen als denen unbedingter Objektivität leiten lassen würde. Nein, die Stellung des Börsenvereins in der Öffent lichkeit muß sich ganz naturgemäß festigen, wenn sein Name und Wirken mit einem Unternehmen verknüpft ist, das nicht auf den Kreis seiner Mitglieder beschränkt ist, sondern, im Dienst der Allgemeinheit stehend, jedem für seine Studienzweckc, geschäftlichen oder literarischen Bedürfnisse zugänglich ist. Und wie der Mensch mit seinen höheren Zwecken wächst, so wird auch der Börsenverein, mit seinen Arbeiten, seinem Wirken in einen größeren Kreis hineingestellt, in diesem Sinne wachsen und von höherer Warte aus an die Lösung seiner Aufgaben herantreten können. Denn auch darüber dürfen wir uns keiner Täuschung hingebcn, daß dem Börsenverein heute vielfach Aufgaben zu gewiesen werden, die im Grunde genommen Aufgaben der Kreis« und Ortsvereine oder eines Sortimentervereins wären. Gewiß wird ihm, seiner ganzen Struktur gemäß, nach wie vor die Rolle des ehrlichen Maklers zwischen Verlag und Sortiment zusallen, wen» man sich auch die Voraussetzungen und Formen dieser ver mittelnden Tätigkeit ganz anders denken könnte, als sie heute in Erscheinung treten; seine wesentliche Ausgabe aber wird in Zu kunft doch mehr noch als bisher in der Vertretung der buch händlerischen Interessen in der Öffentlichkeit liegen. Und da ist ein Sieg im Zeichen der Deutschen Bücherei weit eher zu erfech ten, als wenn wir ohne Aar und Halm in der Öffentlichkeit uns dem Urteil der Zeitgenossen stelle?. Es entsprach nur der Bedeutung dieser jüngsten Schöpfung des Börsenvcreins, daß sie überall, sei es in den ernsten Ver handlungen der Hauptversammlung, sei es beim festlichen Mahle am Kantate-Sonntag oder in den launigen Veranstaltungen des darauffolgenden Tages, im Vordergründe des Interesses stand und alle anderen Verhaudlungsgegenstände dahinter zurücktre ten mußten. Damit soll gewiß nicht gesagt sein, daß die Ver- kaufsordnung bei den Verhandlungen zu kurz gekommen wäre. Sic nahm im Gegenteil den breitesten Raum ein, und wenn mau bei der Erörterung dieses Themas nicht mit der gleichen Be geisterung zu Werke ging, so liegt das in erster Linie daran, daß die Dinge hier nicht al kresoo behandelt werden konnten, sondern in feiner Ziselierung die letzte Hand an dieses bedeu tungsvolle buchhändlersche Grundgesetz gelegt werden mutzte. Soll doch mit dieser letzten unserer Ordnungen nun mehr ^auch die Ordnung selbst und damit wieder Friede und Eintracht in den Buchhandel einziehen. Eine Verständigung ist in einer Zeit, wo dem einen nur gegeben werden kann, was dem andern genommen wird, Wohl immer nur im Wege des Kompromisses möglich. Kompromisse aber lösen keine Begeisterung aus und hinterlassen bestenfalls das Gefühl, datz man sich in Ermangelung von Großem ini! Kleinem begnügen mutz. So kann man auch mit Bezug auf die Revision der Verkaufsordnung nicht von Siegern oder Besiegten reden, und das beste Kompliment, das man dem a. o. Ausschuß zur Revision für die Verkaufsordnung, an seiner Spitze I)r. E. Ehlermann-Dresden, machen kann, ist wohl der Hinweis auf die Tatsache, daß sowohl die enragierlen Verfechter der Interessen des Verlags, als auch die des Sortiments mit seiner Arbeit gleichermaßen unzufrieden sind. Gerade dadurch hat er sich jedoch den Dank aller gemäßigten Elemente gesichert, die sich weder der Berechtigung des Verlags auf eine gewisse Bewegungsfreiheit, noch der Forderung des Sortiments: nicht ungünstiger gegenüber dem Publikum gestellt zu sein als der Verlag, verschließen können. Man wird heute,' wo auch inner halb eines Berufsvereins die persönlichen Beziehungen der Mit glieder untereinander den Beziehungen zur Masse gewichen sind, nicht aus der bloßen Tatsache der Zugehörigkeit zu einem Ver ein das Recht auf weitergehende Förderung der eigenen Interesse» herleiten können, als sie sich naturgemäß aus der Förderung der wirtschaftlichen Interessen der anderen ergibt. Was aber auch heute noch von dem einzelnen verlangt werden muß, ist die selbst verständliche Rücksicht auf das Wohl der Allgemeinheit und damit die Anerkennung des Rechtes eines Vereins, im Rahmen der ge setzlichen Bestimmungen die Pflichten und Rechte der Mitglieder untereinander abzugrenzcn. Wir müssen es uns an dieser Stelle versagen, aus die Ände rungen, denen die Verkaussordnung unterworfen wurde, näher einzngehen, da sie den Gegenstand eines besonderen Artikels bilden sollen. Nur darauf sei heute hingewiesen, daß nicht nur eine Reihe Begriffe klarer umschrieben und genauer präzisiert wurde (so namentlich die Definition der so wichtigen Begriffe wie Vereinsbuchhandlung und Antiquariat), sondern auch die den Hauptanlatz der Revision bildenden sogenannten Verlegei paragraphen in einer Weise ergänzt und berichtigt wurden, daß man die Hoffnung hegen darf, die mißbräuchliche Bezugnahme auf diese Paragraphen dadurch in Zukunft wesentlich ein geschränkt, wenn nicht ganz verhindert zu haben. Von besonderer Bedeutung ist auch die Einschaltung eines Ab satzes in Z 9 (jetzt 9, 2), der klarstellt, datz das Verbot des öffentlichen Angebots sich auch auf im Auslände erschienene, im Gebiete des Börsenvcreins angebotene Werke und auf Angebote von im Vereinsgebiete wohnenden Firmen nach dem Auslande erstreckt. Auch das öffentliche Angebot der Frankolieferung nach , dem Auslande, die deutschen Kolonien cingeschlossen, wird einem Rabattangebot gleichgestellt. Diese Rücksichtnahme auf das solide deutsche Exportgeschäft und den deutschen Buchhandel im Aus lands kann als der beste Beweis gellen, datz der Börsenverein sich den Wünschen der deutschen Kollegen im Auslande nicht ver- : schließt, auch wenn er als Realpolitiker zurzeit noch keine Mög - lichkeit steht, den auf die Festsetzung internationaler Verkaufspreis.' - ,m Ausland gerichteten Bestrebungen seine Unterstützung zu leihen. Neben diesen Änderungen und Einschaltungen von prinzipiel-