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H. Dübener: Ist der Heilpflanzenanbau in Deutschland rentabel? Für die Kleinbauern in Thüringen und der Rheinpfalz, die ja mit ihren Angehörigen diesen in= tensivsten Zweig der Landwirtschaf betreiben, wird er immer noch rentabel sein,- aber in unseren gärtnerischen Betrieben, welche mit bezahlten Arbeitskräften arbeiten, können wir wohl nicht mit Gewinn rechnen, zumal wir mittels unserer gärtnerischen technischen Hilfsmittel andere Kulturen gewinn= bringender gestalten können. Als Kuriosum möchte ich aber an dieser Stelle anführen, daß in Bamberg, damals in den guten alten Zeiten, der Gärtnerlehrling, der sein sogenanntes Gesellenstück ablegen wollte, dieses in der tadel= und makellosen Ausgrabung der Süßholzwurzel, Glycyrrhiza glabra, darstellte. Diese Kulturen sind heute aber dort ganz verschwunden, da die Entwicklung der Technik erstens die russische Ware auf den Weltmarkt Hamburg brachte — der 30000 t große Vorkriegsexport Ruß- lands bestand vorwiegend nämlich aus Süßholz und Lindenblüten. Weiterhin 'wurde das Versüßen — eigentlich könnte man sagen Verschönen — der Medizinen mit andern Mitteln erreicht. Nach dem Kriege waren aber Heilkräuter wieder gesucht, und Deutschland versuchte, einen Teil seines Bedarfes im Eigenbau zu decken. Diese Bestrebungen sind aber in den Kinderschuhen stechen geblieben, weil 1. das Ausland infolge seiner niedrigen Arbeitslöhne — ich zahlte in Polen den Ar= beiterinnen 0.80—1.20 Zloty täglich <0.32—0.48 Mark) — billiger produzieren konnte,- 2. kommen Pflanzendrogen zollfrei nach Deutschland. Jetzt zu dieser Zeit kommt das Dumping der russischen Ware hinzu, das sich durch die Belieferung der Weltmärkte Hamburg und Amsterdam mit oft auch sehr schlechter Ware ganz katastrophal auswirkt. Mit dieser Einleitung wollte ich nur dar= stellen, daß die gärtnerischen Betriebe den eventuellen Anregungen, solche Kulturen ein- zuführen, sehr skeptisch gegenüberstehen sollten; denn der Arbeitsaufwand ist in diesen Kulturen ein ungeheurer und daher eventuell nur noch in kleinen landwirtschaftlichen Be= trieben, welche von größeren Familien bewirt- schäftet werden, lohnend. Dies hat sogar Italien erfahren müssen. Nach der Inflation war, wie schon erwähnt wurde, eine große Nachfrage in Pflanzendrogen. Dementsprechend auch in Pfefferminzöl. Die italienische Regierung unterstützte die Bauern in der Poebene, und diese legten nach der Statistik etwa 6000 ha Pfefferminzkulturen (Mentha piperita) zur Ölgewinnung an. Hier muß ich einschalten, daß diese Kulturart sich an sich einfacher gestaltet, als die der Kultur für Pflanzendrogen,- denn es ist in diesem Falle nicht nötig, daß man die Pfeffer= minz im Schatten trocknet, entblättert usw., sondern die Pfefferminz wird gemäht und wie das Grünfutter auf den Wagen geladen und den Destillationsapparaten auf dem Felde zu- geführt (Trockendestillation). Dies wäre wohl eine Arbeitsweise gewesen, welche sich damals auch in Deutschland gelohnt hätte. Seit Aus- bruch des Weltkrieges soll es diesen italienischen Anbauern sehr schlecht gehen, daher kann man es wohl als ein Glück ansehen, daß wir in Deutschland dieses Experiment nicht durch- führten,- denn wir hätten viel schlechter damit abgeschnitten. Hybrid-Begonia „Baardses Favorit".