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Der mittlere Teil, das Mesochil, trägt an den Seiten zwei gewöhnlich hornförmig gekrümmte Aus= wüchse, die bald mehr anliegen, bald mehr nach der Säule hin gerichtet sind. Das Endstück oder Epichil ist verbreitert und an der Spitze oftmals dreiteilig oder dreilappig. Die ganze Blüte erscheint wachsartig,- aber die Blütenblätter sind doch nur blattartig dünn, die abwärtsgerichteten Fortpflanzungsorgane aber ganz und gar fleischig. Fast alle Arten sind Sommerblüher. Die meisten duften stark und aufdringlich, aber nicht un= angenehm, immerhin für das Zimmer oftmals doch zu stark. In Abb. 1 zeigen wir zunächst Stanhopea tigrina, die verbreitetste und bekannteste der Arten. Sie ist heimisch im nördlichsten Teile des Stanhopeengebietes im tropischen Amerika, in Mexiko. Sie ist besonders auffallend gefleckt und bringt auch die größten Blumen. An den breiten Sepalen fließen die braunroten Fleche derart ineinander, daß von der gelblichweißen Grundfarbe kaum etwas freibleibt außer den Spitzen. Bei den schmaleren und etwas gewellten Petalen sind diese Flecke kleiner und werden nach der Basis hin allmählich größer. Lippe und Säule sind feiner gefleckt, hier sind die Basals teile und die Spitzen ebenfalls ziemlich frei von Flecken,- nur die untere (im Bilde obere) Hälfte des Hypochils ist dunkelbraunrot wie die Flecke der Blütenblätter. Die Hörner des Mesochils sind sehr kräftig entwickelt und reichen etwa ebensoweit abwärts wie das Epichil. St. tigrina ist ein sehr dankbarer Blüher. Die Blütenstände erscheinen meistens zu mehreren, sind aber etwas armblütiger als bei einigen anderen Arten, indem sie nur 2—4 Blumen bringen. Eine zweite, ebenfalls recht häufige und dankbare mexikanische Art ist Stanhopea oculata. Die Einzelblüten sind etwas kleiner als die von tigrina, aber die Blütentriebe tragen bis zu sieben Einzel- blumen. Auch hier ist die Grundfarbe ein helles, weißliches Gelb, auf dem sich feine, braunrote Flecke, einzeln oder ringförmig angeordnet, herausheben. Nur das Hypochil ist mit zwei oder vier breiten Flecken kräftiger geäugt. Die Hörner des Mesochils sind feiner, aber stark gebogen und deutlich nach der Spitze der Säule gerichtet. Die beiden in Abb. 3 und 4 dargestellten Arten, Stanhopea graveolens und St. Wardii, ähneln sich sehr in der Farbe der Blüten. Die erstere ist wahrscheinlich in Südamerika heimisch, die andere dagegen schließt mit ihrem Gebiet an die mexikanischen Arten an. Es beginnt in Guatemala und erstreckt sich, wohl mit Unterbrechungen, bis Venezuela. St. graveolens pflegt armblütige Blütenstände zu bringen, ist reicher fein punktiert, hat aber keine großen Augenflecke am Hypochil, die Säule ist sehr lang geflügelt, aber nur mittelbreit,- der Duft ist am wenigsten angenehm im Ver= gleich zu dem der übrigen genannten Arten. St. Wardii hat reicher besetzte Triebe mit bis zu 7 Einzelblüten,- die Blüten sind meistens ziemlich sparsam punktiert, haben aber zwei dunkelbläuliche große Augenflecke am Hypochil. Der breit geflügelte Endteil der Säule ist zugespitzt eiförmig. Reicher ausgefärbt, glänzend hellgelb in der Grundfarbe, mit zumeist ringförmig angeordneten feinen Flecken auf den Blütenblättern und strichartigen auf der Säule, ist Stanhopea insignis, in Peru und wahrscheinlich auch noch in den Wäldern der angrenzenden Teile Brasiliens heimisch- Das Hypochil ist besonders kräftig ausgebildet und bis zur Mitte, außen fast bis zur Spitze, hellviolett gefärbt mit ganz dunklen Punkten in diesem Augenfleck. Die Hörner des Mesochils sind nur kurz, fast gerade, mit plötzlich herumgebogener Spitze, und nach der Spitze der schmal und kurz geflügelten Säule gerichtet. Die Kultur der Stanhopeen ist einfach und ohne besondere Schwierigkeiten. Als Pflanzmaterial nimmt man den üblichen Orchideenkompost aus gleichen Teilen Farnwurzeln und Moos, vielleicht mit Vorteil die ersteren etwas reichlicher. Im Sommer hält man sie im temperierten Haus bei ausreichender Luftfeuchtigkeit und reichlich Wasser bis zum Beginn des Abschlusses des Wachstums. Als Kultur= gefäße sind Lattenkörbe am geeignetsten wegen der geschilderten Eigenart der Blütentriebe. Töpfe müssen flach sein und große Seitenlöcher besitzen, damit die Blütentriebe einen Ausweg finden. Während des Wachstums vertragen die Pflanzen in gesundem Material einige leichte Dunggüsse aus vergorener Rinderjauche. Nach Abschluß des Triebes hält man die Pflanzen den Winter hindurch kühl und trockener, aber möglichst hell.