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r s i 1 i i h e s i n e 1 n r s e • n Der „Tausendjährige Rosenstock" 1 Die Haupttriebe mit Altersbezeichnungen. fang haben dürfte. Der kalte Winter 1928/29 ist spurlos an dem Rosenstock vorübergegangen, obwohl wir eine Temperatur von unter 30° C feststellen konnten. Der Tausendjährige Rosenstock bedeckt heute an der Chorapsis des Domes eine Wandfläche von 10 m Breite und 7 m Höhe. Er steht auf dem Annenfriedhof, auf dem noch heute die Domherren begraben werden. Dieser Friedhof ist nach der inmitten dieses Quadrum stehenden Kapelle St. Anna major benannt, als Friedhofskapelle 1322 errichtet. Dieser wundervolle Hof wird durch zwei übereinanderliegende Kreuzgänge von drei Seiten umschlossen, während die vierte Seite vom Dom gebildet wird, an dem der Rosenstock sich emporwindet. Dieser Friedhof dürfte mit zu den schönsten zählen, unzähligemal von Künstlern dargestellt und in Poesie und Prosa .verherrlicht. Zu erreichen ist der Rosenstock nur durch den Dom. Er grünt und blüht z. Z. sehr prächtig. Im Herbst zieren die vielen roten Früchte. Wie er aussieht, zeigen einige von mir gemachte Aufnahmen. Man kann nicht gut über den Tausendjährigen Rosenstock schreiben, ohne wenigstens eine der Sagen um ihn kurz anzuführen. Diebekannteste ist wohl die, die von der Gründung des Domes erzählt. Ludwig der Fromme jagte einmal in der Gegend, in der jetzt Hildesheim liegt. Auf einem Hügel (dem Hügel, auf dem heute der Dom steht) im Walde hatte er sein Zelt aufgeschlagen. Er ließ hier die heilige Messe lesen. Die Reliquien aus der königlichen Kapelle seiner Residenz hatte er mitnehmen lassen. Als der Kaiser nach seinem Hofe zurückgekehrt war und das Meßopfer gefeiert werden sollte, fehlten die Reliquien. Dem Hofkaplan fiel ein, daß er sie im Walde vergessen hatte. Er machte sich auf den Weg zu der Lagerstelle und fand das Reliquiengefäß an einem Rosenstrauch hängend. Es war das alte unserer Lieben Frauen Hilgedom. Wie erstaunte er aber, als er versuchte, das Gefäß von dem Zweig abzunehmen! Es war ihm nicht möglich. Der Rosenstrauch "hielt die Reliquien fest. Als der Kaiser von diesem Wunder hörte, erkannte er die Offenbarung des göttlichen Willens. Er erbaute an dieser geweihten Stätte eine Kapelle zu Ehren Marias. Der Rosenbusch wurde sorgfältig geschont und umspannte mit seinen Zweigen die Muttergotteskapelle. Diese wurde später ein Bestandteil des Domes, der bekanntlich von Bischof Hezilo <1054—79) als romanische Basilika erbaut wurde. An der tausendjährigen Apsis dieses Baues rankt und blüht heute auch noch der „Tausendjährige Rosenstock". Wer ihn einmal sah, wird auch mit tausendfältigen Erinnerungen an die alte und bunte Stadt Hildesheim verlassen und gerne dahin zurückkehren,