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Z4S4 «SU-oblat, s. d. DlschN- Suchh-nd-l. Nichtamtlicher Teil. K4. 18. März 191L Nichtamtlicher Teil. Kunst und Kunsthandel. 11. Wie aus der kürzlich gemeldeten Gründung eines Kunst ausstellungsverbandes für Sachsen hervorgeht (vgl. Bbl. Nr. 47). werden die Bestrebungen, das Interesse der Allge meinheit, ja selbst das der Landbewohner immer mehr und mehr für die Kunst zu gewinnen, noch immer mit einer fast bewunderungswürdigen Zähigkeit und Ausdauer fortgesetzt. Nun, man kann wohl sagen, es ist schon viel Gutes erreicht worden, und es wird unter der Mitarbeit zielbewusster Män ner auch noch viel erreicht werden. Wie der Kampf gegen die Schundliteratur in den letzten Jahren ja schon großartige und beglückende Erfolge aufzuweifen hat, so hat auch der Kampf gegen das Schlechte in der Kunst schon viel Gutes gezeitigt. Daß die Gründung dieses sächsischen Kunstausstellungsver bandes ohne Zweifel ein segensreicher Plan ist, wird gern zu gegeben werden. Und auch der Kunsthandel, der ja das meiste Interesse daran hat, daß Gleichmut und Interesselosigkeit der Kunst gegenüber durch ehrliche, freudige Begeisterung ver drängt werden, wird alle derartigen Unternehmungen freudig begrüßen. Neu ist ja der Gedanke, durch einen ständigen Aus- stellungskreislauf von Gemälden und plastischen Werken das Verständnis des Volkes und die Liebe zur Kunst zu heben und zu fördern, keineswegs. Nur hat man gelegentlich hören und lesen müssen, daß die angestellten Versuche bald wieder eingeschlafen sind, weil der gewünschte Erfolg sich nicht so schnell einstellte, wie man dachte. Hier muß man freilich dar auf Hinweisen, daß die Erziehung zur Kunst eine mühsame, beschwerliche Arbeit ist, der nicht immer gleich der sichtbare Lohn beschieden ist. Ausdauer und Geduld sind hier die wich tigsten Faktoren, die mitzusprechen haben und allein den Er folg gewähren. Wie es dem Kunsthändler ergeht, der mitten in der Praxis steht und genau weiß, wie schwer es ist, das Publikum vom geschmacklosen Zeug, von der Afterkunst abzu- bringen und der wirklichen guten Kunst zu gewinnen, so wird es auch allen zunächst ergehen, die sich in den Dienst der guten Sache stellen. Eine besondere Gelegenheit, dies zu tun, bil den die hohen Feste, und natürlich wieder besonders Ostern und Weihnachten. Gerade zu Ostern ist sie hervorragend günstig, denn da steigert sich der Bedarf nach Kunstblättern in hohem Matze, und man hat noch immer die Gelegenheit, zu sehen, wie das haarsträubendste Zeug, der elendeste Kitsch das Gute ver drängt, und der Kamps des Guten Wider das Böse in krasse ster Form in die Erscheinung tritt. So kann man es an und für sich sehr freudig begrützen, wenn auch in kleineren Städten und Landgemeinden sich Leute finden, die auf ihre Weise dem Volke den Sinn für das Gute zu erschlietzen versuchen. In Württemberg hat man schon recht gute Resultate erzielt, und die freudige Arbeit von Lehrern und liberal gesinnten Geistlichen und auch anderen, denen es ernst ist um die Dinge der Kunst, hat schon recht gute Früchte getragen. Das Volk versteht und liebt die Bilder eines Uhde, Gebhardt und Stein haufen und hat endlich einsehen gelernt, datz das verlogene Zeug, das man ihm jahrelang vorgesetzt hat, nichts mit Kunst gemein hat. Es ist selbstverständlich, daß dabei keine Gewalt angewandt werden kann. Weder der Lehrer noch der Geistliche kann mit einem Male dem beschränkten Horizont seines Ge meindemitgliedes die hohen Schönheitswerte der Moderne plausibel machen. Und noch weniger kann der Kunsthändler, der ja in erster Linie Geschäftsmann ist, mit einem Male all den alten Krempel hinauswerfen, um auf Kosten seiner ehr lich gemeinten Propaganda für die wirkliche gute Volkskunst zu verhungern. Aber nach und nach läßt sich ein Erfolg Wohl erreichen, läßt sich ohne geschwätzige Aufdringlichkeit das Auge des sehenden Menschen vom Schlechten auf das Gute hinüberlenken. Die von dem sächsischen Verband geplanten Vorträge sind auch für Schwaben nichts Neues mehr. Es ist in den letzten Jahren so viel getan worden, und vor allem ist eine stille, ganz abseits der Öffentlichkeit liegende Wirksamkeit für die Kunst am Werke gewesen, daß man schon zugeben mutz: man hat getan, was man zu tun schuldig war. Ausstellungen von Künstlersteinzeichnungen, Kunstbüchern, Beispielen des guten und schlechten Geschmackes im Kunstge werbe und demonstrierende Worte dazu haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Das Interesse für derartige Veranstaltungen ist relativ groß, ja bewundernswert groß, und der Segen, wenn er auch nicht gleich offenkundig zutage tritt, wird nicht ausbleiben. Sehr wünschenswert wird es sein, datz von diesem Segen vor allem die jüngeren Künstler etwas genießen. Bet aller Hochachtung vor dem, was die Alten, was die großen leben den Künstler und die der jüngsten Vergangenheit geschaffen haben — muß man denn immer auf ihnen herumreiten? Muß man sie kniefällig und unter schweren Opfern um das betteln, was die anderen eben auch so gut machen und gern und freudig hergeben bei bescheidenen Forderungen? Hier liegt nach meiner Ansicht noch ein großer Krebsschaden, der einen wertvollen Beitrag zu dem Kapitel Kunst und Künstlerüber- schätzung bilden würde. Vor den großen berühmten Meistern kriechen die Kunstverleger im Staube, von ihnen lassen sie sich terrorisieren und alle Bedingungen diktieren; den kleineren, wenn sie schon überhaupt wagen, von ihnen etwas zu bringen, nehmen sie durch unbillige Behandlung den Mut und die Lust zur Kunst und zur Arbeit. Und mit den Kunstausstellungen unserer Tage ist es auch so. Mit den großen Namen wird paradiert, ihnen wird gehuldigt, der junge aufstrebende Künst ler aber kann sehen, wo er bleibt und wie er sich aus dem wenig erfreulichen Zustande des An-die-Wand-gedrückt-seins herausfindet. Hier gerade wird jede neue Kunstvereinigung das schönsteFeld wirklich kunstfreundlicher und sozialerBetäti- gung finden, wird sie der Kunst unserer Tage zum Helfer wer den können. Sehr angebracht wäre es aber, wenn Kunstver- bände der Art, wie es der sächsische einer zu fein scheint, offen und ehrlich ihr Programm entwickeln würden, um nicht ein seitig geleitet (denn das ist allzu oft der Fall) nur persön lichen oder Parteiinteressen, sondern der Kunst als Allgemein heit zu dienen. Datz die Schätze der Galerie Weber-Hamburg inzwischen in alle Weltteile verstreut worden sind, wurde hier schon ge meldet. Und gemeldet wurde auch, datz der Gesamterlös 41/2 Millionen Mark betrug und für eine Madonna von An drea Mantegna 590 000 Mark bezahlt wurden. Man wird, wie immer in solchen Fällen, die Köpfe geschüttelt, wird gestaunt und geflucht haben. Am glücklichsten ist aber sicher der, der mit gutem Humor sich darüber hinwegsetzt und lacht, lacht, aus vollem Halse, daß die Wände wackeln, lacht über den fabelhaf ten Blödsinn, dessen Menschen des lg. Jahrhunderts noch fähig sind. Nun aber zu den Neuigkeiten an Kunstpublikationen. An erster Stelle dürfte hier das großartige Werk stehen, das dem genialen Rudolf Alt gewidmet ist. Das k. k. Mini sterium für Kultus und Unterricht in Wien selbst hat es unter nommen, dem Künstler in dieser Form ein Denkmal zu setzen, das gewiß schöner und eindrucksvoller ist als solche aus Erz . und Stein und die Erinnerung an einen der größten öster- ! reichischen Meister des 19. Jahrhunderts wachhalten wird. Nicht nur der älteren Generation von Sammlern und Kunst- ! freunden, auch den jüngeren sind die Bilder des bis ins höchste