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V r^k 64. 18. März 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 3499 verdiene ein künstlerisches Gewand. Insbesondere werde man sich hüten müssen, in den Fehler zum Beispiel der französischen Bibliophilie zu verfallen, die sich leider stark in Äußerlichkeiten verloren habe. Jedes Jahr wird die Wiener Bibliophilengesell- schaft an ihre Mitglieder eine nicht im Buchhandel erscheinende, würdig ausgestattete und inhaltlich wertvolle Publikation zur Verteilung bringen, wobei sie vornehmlich aus dem Gebiete des deutschösterreichischen Schrifttums schöpfen wird, außerdem Vor träge und regelmäßige gesellige Zusammenkünfte veranstalten. Der Jahresbeitrag wurde nach einer längeren lebhaften Debatte für das laufende Jahr mit sieben Kronen festgesetzt. Auch außerhalb Wiens und Österreichs Wohnhafte können satzungsgemäß Aufnahme in die Gesellschaft finden. Eine der nächsten Aufgaben der neuen Vereinigung wird darin bestehen, der Weimarer Gesellschaft der Biblio philen, die Heuer ihre Haupttagung zum erstenmal außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches, und zwar Ende September in Wien abhalten wird, einen würdigen Empfang zu bereiten. Die einstimmig unter lebhaftem Beifalle vorge nommenen Vorstandswahlen hatten folgendes Ergebnis. Es wurden gewählt: zum ersten Vorsitzenden Hofburgschauspieler Hugo Thimig, zum zweiten Vorsitzenden Schriftsteller Hans Feigl, weiter die Herren Hofrat Professor vr. Richard M. Werner, Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Engelbert Pernerstorfer. Universitätsprofessor vr. Alex R. v. Weilen (Schriftführer), Kustos vr. Rudolf Payer v. Thurn, vr. Ottokar Mascha (Schatzmeister), Professor Or. Michael Rabenlechner und außerdem — als sinnfälliges Zeichen der ideellen Gemeinsamkeit mit der Weimarer Schwestergesellschaft — der Sekretär dieser Gesellschaft Professor vr. Karl Schüddekopf vom Goethe- und Schillerarchiv in Weimar. — Beitrittserklärungen nimmt der zweite Vorsitzende der Gesellschaft. Hans Feigl, Schriftsteller. Wien, IV., Johann Straußgasse Nr. 38, entgegen. »K. Bom NeichSgericht. Konkurrenzkampf im Klavierhandel. (Nachdruck verboten.) — Die T.sche Musikalienhandlung in B. hatte gegen den Verband Deutscher Klavierhändler, E. G.. in Leipzig eine Klage wegen un lauteren Wettbewerbs erhoben, die jetzt vor dem Reichs gericht verhandelt wurde. Die Klägerin treibt einen umfang reichen Handel mit Klavieren, die sie teils selbst herstellt, teils in fremden Fabriken anfertigen läßt. Durch Ausschaltung des Zwischenhandels rühmt sich die Klägerin in der Lage zu sein, möglichst billig liefern zu können, und verbreitete in Privat beamten- und Lehrerzeitungen dementsprechende Inserate. In einem solchen gab sie auch ein »Extra-Vorzugs-Sonderangebot« mit 30 Prozent Rabatt bekannt, wobei sie ihren für 560 ^ käuflichen Prima - Salon - Pianinos »Meteor« verschiedene Vor züge hinsichtlich der Stimmhaltung. Tonfülle. Bauart usw. nachrühmte, die aber nach einem von dem beklagten Verbände verbreiteten Flugblatte durchaus nicht der Wahrheit entsprachen. Der Verband verfolgt den Zweck, Auswüchse im Klavierhandel zu bekämpfen. Der Verband gab in dem Flugblatte bekannt, er habe zwei dieser T.schen Pianinos direkt ankaufen und auf die ihnen nachgesagten Vorzüge hin durch zwei angesehene Fach leute M. und St. prüfen lassen. Dabei habe sich herausgestellt, daß diese Vorzüge keineswegs vorhanden seien. Bezüglich der Stimmhaltung hätten die Sachverständigen erklärt, daß eins der Instrumente bereits nach vier Wochen verstimmt gewesen sei, obwohl es gar nicht gespielt worden sei, nach drei Monaten sei die Stimmhaltung ganz mangelhaft gewesen; der Ton dieser Pianinos beleidige fast, entgegen der gerühmten »größten, edlen und vollrunden Fülle«, das musikalische Ohr; die Mechanik sei nicht schlecht, aber zu reizlos; auch die Angaben der Klägerin über die Elastizität und die Bauart seien nicht den Tatsachen entsprechend. Wegen dieser und anderer in dem Flugblatte des Verbandes enthaltenen »Richtigstellungen« durch die Sachver ständigen beantragte die Klägerin, dem Verbände derartige Verbreitungen wie in dem Flugblatte zu untersagen. Das Landgericht Leipzig hatte nach Prüfung des Falles ent schieden, daß einzelne Angaben des Flugblattes zu weit gingen, während das Oberland.esgericht Dresden zwar noch weitere Ausdrücke der Klägerin in Schutz nahm, die Ilnterlassungsklage in tato aber als unbegründet abwies. Der Verband verfolge, so hatte das Berufungsgericht ausge- führt, den Zweck, Auswüchse im Klavierhandel zu verhindern. Deshalb habe der Verband auch das Recht gehabt, sich der markt schreierischen Reklame, wie sie die Klägerin betrieben habe, zu erwehren. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß der Mangel der Ernstlichkeit ihrer Behauptungen nicht habe verkannt werden können. Alle ihre in den Preislisten und Angeboten enthaltenen Angaben seien so gehalten gewesen, daß sie als ernstliche Angaben tatsächlicher Art hätten verstanden werden müssen. Was die Behauptung des Flugblattes anlange, der Verband habe zwei direkt gekaufte Pianinos der Klägerin durch angesehene Sachverständige prüfen lassen, so genüge, daß der Verbandsvorstand diese Sachverständigen für unparteiisch genug habe halten dürfen. Eine Parteilichkeit der Sachverstän digen könne nicht schon daraus gefolgert werden, daß St. dem Verbände selbst angehört habe. Einzelne Behauptungen des Flugblattes, wie z. B. »der Ton beleidige das musikalische Ohr«, seien übertrieben und unzutreffend, und diese Angaben müsse der Beklagte unterlassen. Im allgemeinen sei aber die Unter lassungsklage nicht begründet. Die Revision der Klägerin machte dagegen geltend, das Urteil beruhe auf den Aussagen von Sachverständigen, die als Angehörige des Verbandes parteiisch seien. Außerdem sei das Flugblatt so gehalten gewesen, daß damit alle Fabrikate der Klägerin als minderwertig hätten er scheinen müssen. Das Reichsgericht erklärte aber diese Einwände für unbegründet und wies die Revision zurück. (Aktenzeichen II 505/11.) Die Einweihmug der Bibliothek in der Billa Olschki. — In jenem neuen Stadtteile von Florenz, der in den letzten Jahren am Mugnone entstanden ist. am Fuße der freundlichen Hügel von Fiesole, hat auch unser Kollege Leo S. Olschki vor kurzem sein eigenes Heim aufgeschlagen. Schon von ferne lenkt die in strengem altflorentinischen Stile erbaute Villa die Blicke des Vorübergehenden auf sich. Durch seine schönen Ver hältnisse. die Farbenfreudigkeit des edlen dazu verwandten Ma terials. die das Dach abschließende Loggia und die reizvollen Einzelheiten hebt der Bau sich äußerst wirksam ab von den ihn umgebenden einfachen Wohnhäusern, umsomehr, als ein hübscher Garten ihn von der Straße trennt. Dem gediegenen Äußern ent spricht die künstlerische innere Einrichtung. Ein Seitenflügel wird von der Bibliothek eingenommen. Der festlich schöne Saal bildet einen durch zwei Stockwerke ge henden weiten offenen Raum, mit flacher Holzdecke, in deren Mitte ein weites Glasdach flutendes Licht herabsendet, das, durch farbige Scheiben gemildert, eine eigenartige goldige Be leuchtung hervorbringt. Vom Garten aus tritt man zuerst in eine Vorhalle von wo weite, mächtige Bogen in den Bibliotheks saal führen. Von zwei Seiten läuft oben eine reizvolle offene Galerie, die auf Säulen ruht. Längs der Mauern, die den Hintergrund der luftigen Halle abschließen, reihen sich Regale an Regale, die mit Büchern angefüllt sind, in verschiedenartigen Einbänden, meist aus alter Zeit, was einen harmonischen Ein druck hervorruft. Im Saale selbst sind zwei Wände ganz mit großen Schrän ken besetzt, die, künstlerisch gearbeitet, hinter Glastüren mit far biger Füllung literarische Kostbarkeiten aller Art bergen. Es würde uns zu weit führen, auch nur die größten Schätze unter den Inkunabeln hervorzuheben, oder die prächtigen Holzschnitt werke und die vielen unschätzbaren illuminierten Handschriften, die hier ruhen. In mehreren reich geschnitzten Vitrinen liegen eine Anzahl von Frühdrucken aus. auch Holzschnittbücher und eine an Seltenheiten der Ausgaben überaus reiche Dante-Samm lung zeigen sich unfern Blicken. Hier liegen aufgeschlagen einige ganz hervorragende illuminierte Handschriften, dort erblicken wir Prachtexemplare der kostbarsten Einbände aus dem Cinque cento, solche aus der Bibliothek der Dogen von Venedig, Lyoner Einbände, einen Canevari-Einband und vieles andere mehr. Der ganze Bibliothekssaal ist farbig ausgeschmückt, die Flächen unterbrochen durch sinnvolle, auf den Zweck des Ortes hinweisende Sentenzen aus lateinischen Dichtern. Der bunte venezianische Mosaikfußboden, die schöne Decke in gebeiztem Holz mit Oberlicht, die dekorativ wirkenden Kronen aus Schmiede eisen für die elektrische Beleuchtung, die weiten Bogen, über die 466*