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natürliches", das schwächt, degeneriert, schließlich zum Stillstand der betreffenden ganzen Familie führt. Nun endlich erinnere dich an dich selbst. Würdest du deine Schwester, deinen Bruder heiraten? Das juristische „Ge setz" im modernen Kulturstaat verbietet es streng. Worauf beruht dieses Gesetz? Auf Moralanschauungen, die unendlich viel älter sind als alle unsere modernen Staaten, ja älter als unsere ganze Kultur. Wilde Völker ohne Staat und Gesetzes paragraphen und fast jenseits aller Kultur halten die Ge- schwisterehe oder die Ehe zwischen Eltern und Kindern für ebenso verwerflich wie wir. Sind diese Anschauungen, die älter und eherner zwischen uns stehen als Pyramiden, Religionen und Kronen bloß eine mystische Schrulle der Menschheit? Der Arzt, dessen Moralkodex die Statistik ist, sagt: Nein. Er zeigt dir in Ziffernreihcn, daß die größte Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß Inzucht bis zum Inzest bei den Menschen genau so gefährlich ist wie bei den Schweinen. Die Nachkommen aus Bruder-Schwesterehen oder Vater-Tochterehen u. s. w. de- generiern hier wie dort. So sagt dir wenigstens eine er drückende Majorität von Ärzten, wollen wir einschränkend sagen. Die Sache wird aber geradezu „furchtbar wahrscheinlich", wenn du bedenkst, daß der Mensch nur ein Spezialfall im Reich des Lebendigen ist und daß die Verurteilung der Inzucht wie ein brausender Sturm aus den Reihen alles pflanzlichen und tieri schen Lebens über ihm zusammonschlägt. Was bedeutet das alles? Darwin sagt dir: ein Natur gesetz. Ein Naturgesetz im Lebendigen widerstreitet der Inzucht. Der oberste Ausdruck ist unsere Aversion gegen Geschwisterehen. Dem untersten nahe wäre etwa jene Aversion der schwärmenden Teilzellen bei der Alge, die wir beobachtet haben, gegen Verschmelzung mit Bruderzellen derselben Teilkolonie. Und als ersten symbolischen Ausdruck hätten wir unsere Zwergen geschichte, die den wahren Urzustand spiegeln soll. Du siehst in der Zwergengeschichte selbst: ich habe dir die Sache etwas plau-