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Pulsnitzer Mckenblatt Sonnabend, s. August UM. Sie neue preuM-lMentsche HlasseniMrie. Preußen hat bekanntlich, wie gemeldet, mit den süd- deutschen Staaten Bayern, Württemberg und Baden, die bisher noch keine eigene StaatSlotterie hatten, einen Ver trag abgeschlossen, demzufolge vom 1. Juli 1912 ab die drei genannten Staaten der preußischen Lotteriegemeinschaft beitreten. Die drei Staaten erhallen aus der Kaffe der preußisch-süddeutschen Lotterie Gewinnanteile, und zwar beläuft sich der Anteil Württembergs auf 785 000 Mark, der Bayerns aus 2 215 000 Mark und der Badens auf 690 000 Mark. Der Vertrag ist vom 1. Juli 1912 bis zum 30. Juni 1927 geschloffen; er gilt jedesmal für fünf Jahre verlängert, wenn er nicht mindestens ein Jahr vor Ablauf seiner Geltungsdauer von einem der vertragsschlie ßenden Teile gekündigt wird. Der Vertrag bedarf selbst- verständlich noch der Genehmigung seitens der Parlamente der kontrahierenden Staaten, woran indessen nach Lage der Verhältnisse nicht gezweifelt werden kann. Wie man vernimmt, ging die Initiative zur Errichtung der preu- ßisch-süddeutschen Klaffenlotterie nicht von Preußen, son- dern von den süddeutschen Staaten aus, denen durch ihren Anschluß an die preußische Staatslotterie eine neue Ein nahm, quelle erschlaffen wird, die sie bislang noch nicht besaßen und welche Bayern, Baden und Württemberg jähr- lich einen immerhin nicht unbeträchtlichen Gewinn ein- »ubringen verspricht, wie aus den oben mitgeteilten Ziffern erhellt. Die Nachricht von dem bevorstehenden JnSleben- rufen der preußisch-süddeutschen Klaffen lotterte hatte zu dem in einem Teile der TageSpresse verbreiteten Gerücht Anlaß gegeben, der Anschluß auch Sachsens und Hamburgs mit ihren Staatslotterien an die preußisch-süddeutsche Lotte- rie sei nur noch eine Frage der Zeit, man befinde sich also in Deutschland auf dem besten Wege zu einer Reichs- lotterie. Demgegenüber wird jedoch jetzt von unterrichte- ter Dresdner Seite erklärt, was das Königreich Sachsen anbelange, so denke eS garnicht an einen solchen Anschluß. Die sächsische Regierung beabsichtige durchaus nicht, die eigene Lotterie in der preußischen aufgehen zu lassen, außer- dem sei ihr von Preußen bislang kein derartiger Vorschlag unterbreitet worden. Sachsen —schließt die erwähnte Dresdner Erklärung — sei einmal mit seinem Lottertege- schäft durchaus zufrieden, zum andern könne von einer Konkurrenz de.r preußischen StaatSlotterie schon deshalb keine Rede >ein, weil der Vertrieb fremder Lose in Sach sen gesetzlich verboten-sei. Demnach hätte es mit der Schaffung eines einheit- lichen deutschen Lotteriewesens in Gestalt einer Reichslotte- rie noch gute Wege, was allerdings schon aus finanziellen Gründen ganz plausibel klingt; denn die Bundesstaaten mit StaatSlotterien müßten dann auf ihre bisherigen Einnahmen auS dieser Einrichtung verzichten, waS z. B. für das Königreich Sachsen allein den Verlust von 4»/, Millionen Mark jährlich bedeuten würde, während für Preußen die finanzielle Einbuße infolge eines etwaigen AufhörenS seiner staatlichen Klaffenlotterie zugunsten ei ner Reichslotterie noch erheblich größer wäre. Das be vorstehende JnSlebentreten einer preußisch-süddeutschen Meitage zu Ur. 93. Klassenlotterie kann also noch nicht als der Vorläufer einer RelchSgemeinschaft im Bezug auf das Lotteriewesen betrachtet werden, eine derartige Einigung findet sich offen bar noch in wettm Felde. Schließlich würde es auch weit wichtigere und dringlichere Objekte für eine Gemeinsamkeit der deutschen Bundesstaaten geben, als eine Lottertege- meinschast. Noch haben wir in Deutschland keine Einheit im Eisenbahnwesen erzielen können, — wenn man von der Güterwagengemetnschaft absieht und ebensowenig ist das Postwesen keine einheitliche nationale Institution, so lange Bayern noch sein eigenes Postwesen besitzt. Sicherlich aber sind ein einheitliches Reichseisenbahnwesen, welches alle deutschen Staatsbahnen umschließt, und ein einheitliches Postwesen weit erstrebenswerter, als es eine deutsche Lotte riegemeinschaft sein würde. OertNckes und Sückflscdes. — (Ueber die Gurkenernte) wird aus dem Spreewalde, wo alljährlich gewaltige Mengen Gurken ge erntet werden, folgende» geschrieben: Um die Gurken ernte ist eS in diesem Jahre sehr traurig bestellt. Die Preise für Gurken sind deshalb sehr hoch, sodaß die Groß händler sich kaum getrauen, zu den hohen Preisen Ein legegurken zu kaufen. DaS Schock Gurken wird mit vier Mark bezahlt. Bei diesen Preisen kann später die ein zelne Gurke kaum unter 15 Pf abgegeben werden. — (Eine Reserve.Feldartillerie.Abtei- lung) in Stärke von etwa 300 Unteroffizieren und Reservisten ist beim 12. Armeekorps aufgestellt worden. Sie wird bis zum 15. August einschließlich Exerzier- und Schießübungen auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück abhalten. Radeberg, 4. August. (Festnahme.) Der au» Radeberg stammende wegen Fahnenflucht verfolgte Ein- jährig.Gefreite vom 101. Regiment, Rud Liebscher, ist wegen DiebstahlloerdachtS in Zürich sestgenommen wor- den. Er reiste unter den Namen Rudolf Beck und Willy Trepte. — (Der Arbeiterausschuß) für den im Mai d. I. in Dresden veranstalteten Marceritentag hat bei dem Rat um Genehmigung nachgesucht, in gleicher Weise wie in diesem Jahre im Frühjahr 1912 einen Blumen, und Jugendhilfstag zugunsten des Verbandes für Jugend hilfe und der zu diesem Zweck angeschloffenen Vereine kbhalten zu dürfen. Nachdem sich der Ausschuß für da» Armenwesen gegen eine derartige Veranstaltung im näch sten Jahre ausgesprochen und sein Gutachten dahin ab gegeben hat, daß auch bei Wiederholungen in größeren Zwischenräumen zu empfehlen sei, auf den derartigen Sammlungen ursprünglich zugrunde liegenden Gedanken des einfachen Verkaufs von Blumen ohne größere fest liche Veranstaltungen zurückzukommen, tritt der Rat der Stadt Dresden diesem Gutachten bei und lehnt die Er- reilung der nachgesuchten Genehmigung für das Früh jahr 1912 ab. Radeburg (Waldbrand.) In Abteilung 7 und 8 des fürstlichen Forstreviers (sog. Tongruben bet Würsch- nitz) enrstand am Dienstag nachmittag gegen 4 Uhr, 63. Jahrgang. wahrscheinlich infolge fahrlässigen Gebahrens leichtsinniger Personen, ein Waldbrand, der eine Fläche von zirka 4 ka mit jüngeren und älteren Beständen vernichtete. Dem energischen Vorgehen der schnell erschienenen Feuerwehren von Radeburg, Cunnersdorf und Ottendorf, sowie dem tätigen Eingreifen der Ortseinwohner der der Brandstelle benachbarten Orte Boden, Würschnitz und Kleinnaundorf gelang eS gegen abend das Feuer zu bewältigen. Stolpe«, 3. August. (Von einer eigenartigen Verletzung betroffen) wurde in einem Restaurant ein hier beschäftigter Herr R. au§ DürrröhrSdors. Eine Wespe war in ein GlaS Bier hineingeslogen und wäh. rend der Herr da» Bier antrank, schlüpfte ihm das In- sekt zwischen die Oberlippe und Oberkiefer und noch ehe der Gast es verhindern konnte, hatte ihm das Tierchen bereits eine nicht unerhebliche Stichwunde beigebracht. MW der großen Hitze. Seit Montag wütete im Neißetal bei Zittau ein großer Waldbrand. Da bei nichtanhaltendem Eingreifen eine noch weitere Ausdehnung des Feuers zu befürchten war, wurde Militär aus Zittau herangezogen. — Vom Hitzschlage betroffen wurde am Donnerstag nachmittag eine fremde Frau, die einen Au-flug nach der Bastei unternommen halte. Auf dem Wege kurz vor dem Hotel brach sie zusammen. Auf Anordnung der Arzte- wurde sie dem Krankenhause zu Pirna zugeführt, wo sie vom Tode ereilt wurde. Es handelt sich um eine Frau Hager aus Auerbach, die mit ihrem Manne und ihrer Nichte einen Ausflug nach der Sächsischen Schweiz unternommen hatte, der so traurig enden mußte. — In Köln wurden am Mittwoch drei Personen durch Hitzschlag getötet, vier erkrankten so schwer infolge HitzschlagS, daß sic ms Hospital geschafft werden mußten. Eine andere Person wurde infolge der Hitze wahnsinnig. Der allge mein herrschende Futtermangel und die Maul- und Klauenseuche bewirken ein rasche» Abschlachten des Jung. viehS. ES wird mit einem enormen Anwachsen der Fleischpreise im Frühjahr gerechnet. Nicht weniger al» vier Brikettlager im Vorgebirge sind infolge der trockenen Hitze in Brand geraten. Die Löschversuche hatten nur geringen Erfolg — Trotz des Zurückgehens der Hitze auf 29 Grad O kamen am Mittwoch im niederrheini- schen Bezirk vier Todesfälle und ein WahnstnnSsall vor. Auch das Baden im Rhein erforderte wieder mehrere Opfer. Alle Feldfrüchte haben stark gelitten; nur der Stand der Weinberge ist recht befriedigend. An ver schiedenen Stellen brachen Waldbrände aus. Im Hohen Venn entzündeten sich von selbst ausgedörrte Moorflächen. — In der Nacht zu Freitag wurde Süd-Hannover und das Eich - feld von schweren Gewittern mit wollen- bruchartiyem Regen und Hagelschlag heimgesucht. Im Leinetale wurden mehrere Gehöfte durch Blitzschlag ein- geäschert, ohne daß glücklicherweise Personen zu Schaden kamen. — Zwischen Bremen und Geestemünde war ein großer Heibebrand ausgebrochen, dem bi- jetzt 2000 Morgen Heide mit 1000 Morgen Tannenpflanzungen zum Der stiLLe See. Roman von H. CourtHS-Mahler. 1« (Nachdruck verboten. »Ich möchte so g«n dein Freund sein, Ruth. Ist e« dir so schwer, mw Vertrauen entgegenzubringen? Sicher hältst du mich für «men leichtsinnig.», unzuverlässigen Menschen?" Sie sah vor sich hin, ich weiß, daß du gütig, zuverlässig und ver ständig blst". Er wurde rot. Sonderbare, Weis« freute ihn di« Aner. kennung au» ihrem Munde wie «ine besondere Aulzkichnung. Und doch schenkst du mir so wenig Vertrauen?" Da» ist ein Irrtum von dir. Ich kenn« keine» Menschen, dem ich mehr vertraue al« dir. Ich bin nur schwerfällig und kann nicht zum Ausdruck bringen, w°« ich möchte. Du mußt Geduld mit mir haben. Ich will m» m allem Mühe gebe», deine Zufriedenheit zu erringen.- ....... . . Ihre Demut rührt« ihn. Lee sah gewiß selbst ein, daß st« zu unbedeutend für ihn war, und er begegnete lhr so o.t mit einer leichten Ironie. Da« gab »hr wohl ein Gesiiy der Unsicherheit ihm gegenüber. Er nahm sich, wtt so on, wenn «mit ihr zusammen war, vor, nachsichtiger zu sein. Er mußte sich mit ihrer Art abfindrn und war ein Tor, daß er mehr von Hr verlangt« al« st, g.ben könnt«. Hätte er ihr nicht auch vrel schuldig bleiben müsse», wenn sie mit berechtigten Fords:angen an ihn herangetnten wär« ? Er bemühte sich, «in leicht,« Gespräch in Gang zu bringen, und Ruth kam ihm dabei entgegen. Al« er sie nach einer Stunde wieder nach Hause begleitete, war er für hrute mit sich »«frieden. Hilde Sontheim hatte dt« Tag, j» verzweiflungsvoller Stimmung verbracht. Lie war außer sich daß fi« sich ihre glänzende Zukunft verscherzt hatte, und dtk Vorwürfe, mit denen di« Mutter sie nun wieder überhäufte, verschärfte» ih« Pein. Ihre Liebe ,u Wendling war nicht stark genug, um ihr Trost ,« gewähren. Wendling hatte ihr einen Brief geschrieben, in welchem er fi« m«i, «m Verzeihung bat, daß er nicht stark genug gewesen war, fi, »o, Leid zu schütze». Seine Liebe sei aber so heiß und so tief, daß er ihr gegenüber machtlo« sei. Er gehe in die Verbannung — mit schwerem, traurigem Herzen. Vergrssen könne er fi« nie. Sie hatte ihm nicht einmal darauf geantwortet. Wa« könnt« ihr seine Liebe nütze»? An «ine Heirat war mit ihm nicht zu denken bei den bestehenden Verhältnisse«. Daß sie sich durch di« heimlichen Zusammenkünfte mit Wendling gegen Kracht vergangen hätte, darüber machte ihr di« Mutt«r k«inen Vorwurf, nur darüber, daß sie nicht vorsichtige, gewesen sei. Dieser Standpunkt kennzeichnete die Generalin zur Genüg«. Aber all dies« Vorwvrf« änderten nun nicht« an der Tat sache, daß e» vorbei war mit der glänzenden Zukunft Wenn «» auch nicht bekannt wurde, daß e« ihretwegen zwischen Kracht und Wendling zum Duell gekommen war, ei» neuer Freier würde sich sobald nicht für sie finde». Wenigsten« hier nicht in dieser kleinen Residenz, wo einer von den Verhältnissen de« anderen unterrichtet war. Und zum Reisen fehlt« da« Geld. Wenn fi« doch wenigsten« die erst« Zeit nach der Bekannt gabe ihrer Entlobung von der Bildfläche hätte verschwinde« können. E« mußte furchtbar sein, jedem Rede und Antwort stehen zu müssen über die Auflösung ihrer Verlobung. Aber e« gab unglaublich taktlose Menschen. In dieser trostlosen Stimmung fand Han« Rochu» dir Da men Sie saßen sich stumm gegenüber. Hilde hatte verweinte Augen und ei», zornig« Falt« auf d«r Stirn, und ihr« Mutter sah au« wie die verkörperte Empörung. Han» Rochu» kam sogleich mit seinem Vorschlag heran« und lud die Dame» ein, nach RochSberg zu kommen. »Ihr könnt ruhig bi» Ende Oktober draußen bleiben. Meine Hochzrit findet am 15. November statt. Bei dieser Gelegenheit könntet ihr zum erstenmal wieder mit der Gesellschaft in Be- rührung komme«. Bi« dahin ist die Angelegenheit längst in Vergessenheit geraten." Di« Generalin stimmte freudig zu, und Hilde stand auf und umfaßte seinen Arm. „Han, Rochu» — da« vergesse ich dir nicht." Er sah fie ernst an. Aber sein Her, blieb ruhig, obgleich fie sich voll rührender Innigkeit an ihn schmiegt«. »Wir find doch Verwandte, Hilde. E« ist doch selbstver ständlich, daß ich euch helfe, wo ich kann." .Du bist wein einziger Trost jetzt. De» Gedanken, un« »ach Rochsberg rluzuladrn, hat dir der Himmel eingegebrn." Er lächelte. »Ruth kann fich für diese« Vergleich bei dir bedanke». Sie hat mich zuerst darauf gebracht." Hilde trat von ihm zurück. Ihr Gesicht verlor den weiche» Au»druck. .So — Ruth hat dir da« eingegeben? Am Sude bist du dann selbst gar nicht erbaut von unserem Besuch." .Aber Hilde, rede doch nicht so töricht, Han« Rochu» müßt« doch krin Rochüberg sein, wenn er nicht verstünde, Gastfreund schaft zu gewähren," rief die Generalin in ärgerlicher Sorg«, daß Han» Rochu« sein Anerbieten zurückziehen könnte. „Du weißt, gnädigste Tante, daß ihr mir willkommen seid. Wenn auch Ruth »« war, di« mich auf d«n Trdank«» bracht«, so hab« ich ihn doch sofort voll Freud« ausgenommen. Wann darf ich euch erwarten?" Di« Generali« sann nach. .Ende dieser Woche — sage» wir Sam«tag. Ist e« recht so?" „Gewiß, gnädigste Tante. Ich schicke euch den Wagen Herrin." „Danke dir." .Ruth läßt dich fragen, Hilde, ob fie dir sonst irgendwie nützen könnte." Hüde machte eia schmollende« Gesicht »nd seufzte. „Nein — fie kann mi, nicht helfe» — kein Mensch kann r«. Ach. st« hat «» gut, deine Braut, sie ist die Tochter eine» reichen Manne« und braucht sich nicht um den elenden Mam mon zu quälen. — Weiß sie, daß — daß Kracht mir den Ring zurückgeschickt hat?" .Nein — fi« braucht e« auch »i« zu «rfahren, so wenig wie andere Leute. Sir glaubt, du habest die Verlobung rück gängig grmacht." Hild« nickte. „E« ist gut so, ich danke dir." Sie reicht« ihm die Hand, di« er artig an die Lipp«, führte. Dabei fühlte er sich wie befreit von einer lange«, quä- lenden Krankheit. Hilde« Zauberbann war gebrochen. Er hatte