Volltext Seite (XML)
Oertliches und Sächsisches. *— Der nahende Herbst erinnert auch an den Herbst des Lebens. Und wenn wir darauf zu sprechen kommen, wünschen wir allen denen, die ihn vor sich sehen, den Frieden und den Frohsinn eines leuchtenden Abends in der Natur, besonders, wenn Jahrzehnte voll uner müdlichen Schaffens und zähen Ringens um die Existenz ihm vorangegangen sind. Um so näher geht es uns, wenn auch im Greisenalter unerfreuliche Zwischenfälle nicht ansbleibcn, die unverschuldet an einen ehrwürdigen Mann heran treten. Dann heißt es, die Zähne zusammen beißen; aber nicht jeder schwingt sich auf zu dem bekannten römischen antiken Wort: „Wenn auch der Erdball zerschmettert versinkt, den Furcht losen tragen die Trümmer!" Unser Graf Zeppelin ist ein Römer antiker Kraft mit deutschem Herzen, der so denkt. Durch ein Versehen oder eine Fahrlässigkeit ist ihm der fünfte Lenkballon zer stört worden. Dieser wie die vor einigen Mo naten im Teutoburger Wald und vor einem Jahr bei Weilburg im Wettersturm gescheiterten Ballons waren ja nicht mehr sein Eigentum, er erleidet also keinen persönlichen Verlust; aber dem alten Herrn ist doch wohl zu Mute ge wesen, als sei ihm ein lieber Angehöriger ent rissen, bis er sich dann wieder aufschwang zur alten, festen Zuversicht für die Zukunft. Und das kann er, denn er weiß, das deutsche Volk steht in seinem Vertrauen hinter ihm. Die vielen Fahrten des soeben verbrannten Passagier ballons, die von ausgezeichnetem Erfolge be gleitet waren, haben gezeigt, daß die Führer des Luftschiffes mit Wind und Wetter jetzt fertig zu werden wissen. Gegen eine persön liche Unvorsichtigkeit kann nur die größte Vor sicht helfen; für den Wert des Systems beweist cs nichts. Sonst dürften ja nach dem Brüsseler Brande auch keine Ausstellungen mehr gebaut werden. * — Wetteraussicht für Sonntag, den 18. September: Nordostwiud, wolkig, kühl, schwacher Mederschlag. * — Vom neuen Winterfahr plan. Nach dem neuen, am 1. Oktober in Kraft tretenden Winterfahrplan der Kgl. Sachs. Staatseisenbahnen kommen auf der Linie Dresden-Chemnitz-Reichenbach folgende Verän derungen zur Einführung. Der erste Früh schnellzug nach Reichenbach i. V., der jetzt 5 Uhr 37 Min. Vorm, vvn Dresden Hauptbs. abgeht, wird künftig auf der Strecke Dresden- Chemnitz entfallen und wie früher während der Dauer des Winterfahrplans erst von Chemnitz aus abgelassen werden. Reisende von Dresden, die den Schnellzug 7 Uhr 16 Min. srüh ab Chemnitz Hauptbs. nach Reichenbach i. V.—Hos benutzen wollen, er reichen den Anschluß mit dem 4 Uhr 10 Min. früh von Dresden Hauptbf. abfahrenden Per sonenzug. Der Schnellzug 8 Uhr 45 Min. vorm. ab Dresden Hauptbs. und 10 Uhr 15 Min. vorm. ab Chemnitz Hauptbf. nach Rei chenbach i. V. kommt in Wegfall. Der Per- souenzug 9 Uhr 16 Miu. vorm. ab Chemnitz Hauptbf. nach Reichenbach i. V. wird ab Zwickau zeitiger gelegt; er verläßt Zwickau statt 11 Uhr 16 Min. vorm. bereits 10 Uhr 54 Min. und kommt in Reichenbach i. V. schon 11 Uhr 29 Min. an, wo er Anschluß an die Schnellzüge nach Hof und Eger er reicht. Die Sonntagszüge 2 Uhr 51 Min. nachm. ab Chemnitz Hauptbf. nach Glauchau, sowie 11 Uhr 5 Min. abends ab Chemnitz Hauptbs. nach Hohenstein-Ernstthal kommen ab 1. Oktober in Wegfall. Der Schnellzug 10 Uhr 45 Min. abends ab Dresden Hauptbs. und 12 Uhr 15 Min. nachts ab Chemnitz Hauptbs. nach Hof (München) verkehrt künftig nur bis Reichenbach i. V. (Ankunft daselbst 1 Uhr 25 Min. nachts). Reisende nach Mün chen, welche diesen Zug benutzen, können dann entweder mit dem Luxuszug 2 Uhr 10 Min. nachts ab Reichenbach i. V. oder mit dem Berlin—Leipzig—Münchener Schnellzug 2 Uhr 52 Min. früh ab Reichenbach i. V., der auch durchlaufende Wagen Dresden—München und Breslau—Lindau aufnehmen wird, weiterfah ren. In der Gegenrichtung wird der jetzt 2 Uhr 40 Min. früh von Reichenbach i. V. nach Dresden verkehrende Schnellzug während der Dauer des Winterfahrplanes nur bis Chemuitz abgelassen, wo er, wie bisher, 4 Uhr 8 Min. früh eintrifst. Reisende in der Richtung nach Dresden, die diesen Zug benut zen, können auf den 4 Uhr 17 Min. früh von Chemnitz Hauptbf. nach Dresden vorgesehenen Personenzug übergehen. Ferner kommt der jetzige Schnellzug 9 Uhr 38 Min. abends ab Hof, 10 Uhr 55 Min. abends ab Reichenbach i. V. und 12 Uhr nachts ab Chemnitz Hauptbf. nach Dresden vom 1. Oktober an in Wegfall. Dasselbe ist der Fall mit dem 10 Uhr 4 Min. abends Glauchau verlassenden und 11 Uhr 10 Min. abends auf dem Hauptbahnhofe Chemnitz ankommenden Sonntagszug. * — Neue Stationsbezeichuungcu. Der an der Linie Dresden—Reichenbach i. V. gelegene Haltepunkt Grüna erhält künftig die Bezeichnung „Grüna (Sachsen) Hpt." und der an der Linie Limbach—Wüstenbrand gelegene Bahnhof Ober gruna die Bezeichnung „Grüna (Sachsen) ob. Bf." * — Landes-Lotterie. Die Ziehung der 5. Klasse der 158. König!. Sächs. Landes-Lotterie beginnt am 5. Oktober d. I. * — Abschiedsmahl. Zu Ehren des scheiden den Kreishauptmanns Herrn v. Burgsdorfs wird am Mittwoch, den 28. d. M., in den Räumen der Kasinogesellschaft zu Chemnitz ein Festmahl veranstaltet werden, zu dem im Inseratenteil der heutigen Nummer unserer Zeitung eingeladen wird. Wir verweisen auf die Veranstaltung auch an dieser Stelle und geben der Hoffnung Aus druck, daß der Einladung recht zahlreich ent- sprachen werden wird. Ist doch Herr Kreishaupt mann v. Burgsdorff während der ganzen Zeit, in der es ihm vergönnt war, an der Spitze der Chemnitzer Kreisbehörde zu stehen, bestrebt gewesen, die Interessen auch unseres Bezirks zu fördern. * — Die ersten Nachtfröste stehen be vor. Sie können in drei Tagen, aber auch erst in drei Wochen eintreten; geraten ist es jeden falls, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen, damit Hab und Gut keinen Schaden erleiden. Be sonders Kunst- und Gemüsegärtner, aber auch Besitzer von Hausgärten können durch eine einzige kühle Nacht um gerade die edelsten Gewächse und Früchte kommen, wenn sie sich zu lange der Hoffnung hingeben: „Es werde wohl so schlimm nicht werden." Hier heißt es: besser vorgesehen, als nachbedacht! * — Die Seife wird teurer. Aus den Kreisen der hiesigen Seifenindustrie erhal ten wir folgende Zuschrift: „Seit Jahresfrist kämpfen die Seifenfabriken infolge fortgesetzter Preissteigerung der Rohstoffe, namentlich aber der Fettwaren, einen schweren Kampf. Ame rikanisches Schmalz erreichte wegen Mangels an Schweinen einen so hohen Preisstand, daß die Einfuhr nicht mehr lohnt. Als Ersatz kommt nun neuerdings Kunstspeisesett in gro ßen Mengen in den Handel. Die Speisefett industrie benötigt Fettstoffe, wie Kokosöl, Palmkernöl, Baumwollsaatöl und dergleichen, die früher nur zur Herstellung von Seife dien ten. Die Folge hiervon ist, daß die Fette einen ungeahnt hohen Preisstand erreicht ha ben und andre Fettwaren mit in die Höhe treiben. Der Seisenfabrikant sah sich demzu folge gezwungen, die Preise seiner Fabrikate ebenfalls zu erhöhen. Mit dieser Tatsache müssen sich die geehrten Hausfrauen abfinden. Eher ist eine weitere Preissteigerung als ein Preisrückgang anzunehmen." * Hohenstein-Ernstthal, 17 Sept Eine nach Hunderten zählende Menschenmenge strömte heute mittag kurz nach 1 Uhr zum hiesigen Bahnhof, um der Verladung der für das Ma növer in der Stollberg-Zwickauer und Schwarzen berger Gegend bestimmten Fußartillerie zuzu sehen. Kurz vor 2 Uhr traf, von Glauchau kommend, der erste Transport, bestehend aus Offizieren, Mannschaften und Pferden, hier ein. Zum Einpfaug waren etwa 25 Husaren und Ulanen anwesend, die aus Mitteldorf, Reins dorf und Stollberg, wo sie gestern bezw. heute verquartiert gewesen, augeritten waren. Die Ulanen und Husaren sind teilweise der Fuß- artillerie als Meldereiter zugeteilt, teilweise stelle» sie für die Berittenmachuug der Fuß artillerie-Offiziere — die ohne Pferde sind — die nötigen Reittiere. Wohin die Fußartillerie ins Quartier kommt, war den Begleitmann schaften nicht bekannt, da seit dem 15. September alle diesbezüglichen Befehle bis zum letzten Augenblick möglichst geheim gehalten werden. Die Truppen dürften jedoch bestimmt in der Oelsnitz-Stollberger Gegend vorläufig ciuquartiert werden und von dort aus au den Manöver» tciluchmeit. Gegen 3 Uhr traf ein weiterer Transport ein und zählen beide zusammen 22 Offiziere, 364 Mannschaften, 18 Geschütze und Fahrzeuge. Die Truppenteile, je 1 Kompagnie des MagdeburgerFußartillcrie-Regiments Nr. 4,des Thorner Fußartillerie-Regiments Nr. 11 und des Spandauer 1. Garde-Fußartillerie-Regimeuts, werden voraussichtlich am 21. September vom hiesigen Bahnhof aus wieder verladen. Dieselben nahmen heute ihre Marschrichtung nach dem Miilsengrunde zu. *— Turnerisches. Bekanntlich hatten die beiden hiesigen Turnvereine „Turnverein Altstadt" und „Turucrschaft" die Absicht, sich zu einem Verein zu verschmelzen und dann gemein sam in einer geplanten großen Halle zu turueu. Der Turnverein Altstadt hatte deshalb seine jetzige, im Hüttengrund befindliche Halle der Stadt zum Kauf angeboten, doch wurde das Augebot in einer der letzten Stadtvcrordneten- sitzungen mit der Begründung abgelehnt, daß, solange nicht der Bebauungsplan für den Hütten grund fertiggcstellt sei, auf deu Ankauf städtischer- seits verzichtet werden müsse. Der Altstädtcr Verein hatte die Bedingung gestellt, daß der Kauf bis 1. Oktober abgeschlossen sein müsse und daß auch die Vereinigung bis dahin zu erfolgen habe. In seiner letzten Sitzung beschloß der Verein, von einem Verkauf abzusehen und die Halle für sich zu behalten. Aus der geplanten Vereinigung dürfte deshalb vorläufig kaum et was werden. Aus diesem Grunde hat sich eine heute abend im Logenhause stattfindende Ver sammlung der „Turnerschaft" mit der Angelegen heit zu befasse«. Jedenfalls wird es zu einer Verlängerung des Vertrages mit dem Besitzer des bisherigen Hallengrundstückes kommen, da eine andere Lösung für die „Turnerschaft" nicht gegeben ist. *— Eine Ausstellung von Garteuerzeug- nissen veranstaltet am Sonntag und Montag der hiesige Naturheilvereiu in seiner Vereinshalle. Wie wir erfahren, wird die Ausstellung, zu deren Besuch alle Kreise unserer Einwohnerschaft cingeladen sind, eine sehr reichhaltige werden. Sie soll gewissermaßen die Vielseitigkeit auch des kleinsten Stückchens Land dem Besucher vor Augen führen. b Kino-Salon. „Des Zufalls Walten" be titelt sich ein hochspannendes Drama, das in diesen Tagen im Kino-Salon zur Vorführung gelangt. Die Firma Gcbr. Braune hat damit wieder eine Programmnummer erworben, die allein einen Besuch wert ist. Zudem siud «och einige humoristische Schlager, eine herrliche Naturaufnahme, sowie ein Tmibild aufgestellt, welche die Besucher in steter Spannung halten «'erden. Wer sich also einige vergnügte Abend stunden bereiten will, dem sei ein Besuch des Kino-Salons aufs wärmste empfohlen. ». Elektro-Biograph. Ein erstklassiges WeltstadtprvHramm wird von Sonnabend bis Montag gezeigt. Hochinteressant in geschichtlicher Belehrung und von historischem Wert. Das Neueste vom Tage, aktueller Wochenbericht, bietet die neuesten Weltereiguisse. Familie Lehmann im Luna-Park, amüsant zum Wälzen. Ganz be sonders zu erwähnen ist der Kunstfilm „Estral- lita, eine Episode unter Kaiser Napoleon I. zur Zeit des französischen Einfalles in Portugal 1807, eine sehr spauuendc Begebenheit, ein fesseln des, tiefergreifendes Kriegsbild von Anfang bis Ende. „Das Ende einer Dynastie," ein Brudcr- drama zu Beginn der Hohenzollern-Epvche, und „Der Führer", ein Drama nach einer wahren Begebenheit in den Alpen. Beide Dramen zeigen ebenfalls eine fesselnde und ergreifende Handlung. Das Tonbild und die neuesten humoristischen Schlager vervollständigen noch das Ganze. So nnt sei darauf hingcwiesen, daß diesmal ein Besuch im Elcktro-Biographen ganz besonders lohnend ist. * Burgstädt, 16. Sept. Ueber die Ueberführung des Burkersdorser Raubmörders Gründig durch drückende Beweise, welche dem Mordbuben nach langem Kreuzverhör das Ge ständnis abzwangen, wird dem „Bürgst. Anz." folgendes mitgeteilt: Schon bei der Verneh mung Gründigs in der H.schen Wohnung am Brühl, woselbst seine Geliebte Montag nacht niedergekommen war, verwickelte er sich so in Widersprüche, daß sich der gegen ihn vorliegende Verdacht so verdichtete, daß die Herren Stadtwachtmeister Rothe und Obe» gendarm Langhammer-Rochlitz zu seiner Ver haftung schreiten mußten. Bei dem späteren Verhör vor dem Kgl. Staatsanwalt, Herrn Poller, leugnete er zunächst, wurde aber von einem Sandarbeiter bei Gegenüberstellung mit Sicherheit als jener Mann erkannt, der am Montag in der Gaststube gesessen hat. (Grün dig ist übrigens auch am Abend des genann ten Tages daselbst anwesend gewesen, was von zwei jungen Mädchen, die ebenfalls mit zu gegen waren, bezeugt wurde). Alle diese Be weise und das scharfe Verhör, wie die ein dringlichen Worte des Herrn Staatsanwaltes, wohl auch der vorherige Anblick seiner Opfer, mochten ihn endlich bewogen haben, ein volles Geständnis abzulegen unter den Worten „sei nem Mädchen nichts davon zu sagen" — der bedauernswerten jungen Mutter des soeben geborenen Kindes! — — — Die grausige Tat hat Gründig in der bereits geschilderten Weise ausgeführt. — Hinsichtlich des geraubte« Gel des hat der Räuber keine größere Summe vor gefunden und, da er arbeits- und ver dienstlos war, Geld vor dem Morde wohl auch nicht besessen. Er hat für sich aber an diesem Tage noch einen Anzug, Schuhe und einen Hut, und für sein Mädchen Federn, Kissenbe züge und Erstlingswäsche gekauft, die Kosten hierfür und ein noch im Besitze Gründigs vorgefundener Betrag dürften Wohl den be reits erwähnten, leer aufgefundenen Porte monnaies entnommen worden und die einzige Beute seines Raubmordes gewesen sein. (Der Mörder soll übrigens am Dienstag abend un ter der aufgeregten Menschenmenge mit gewesen sein, welche das Göllersche Grundstück um- lagerte.) Zwei unschuldige Menschen sind also dieser geringen Geldsumme wegen hinge- mordet worden. — Die Beerdigung der auf so furchtbare Weise ums Leben gekommenen Göllersche« Eheleute fand gestern nachmittag statt. Außerordentlich zahlreich war die Trauerversammlung, die sich vor der Fried hofshalle, wo die Verablebten aufgebahrt wa ren, sehr groß die Menschenmenge aus nah und fern, auf der Straße und vor dem Fried- Hofe, um Augenzeuge der so ernste« Feier zu sein. Lorbeerkränze und Blattpflanzen sowie brennende Kerzen auf schwarz drapierten Kan delabern umgaben die Särge der so jäh aus dem Lebe» Geschiedenen. Unter Glockengeläute und Gesang des Chorals: „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende" durch die Kantorei wur den die beide» Särge in die mit Tarmenrei- sern und Blumen ausgeschmückte Gruft ver senkt. Die Grabrede, die ihren Eindruck bei den Zuhörenden nicht verfehlte, hielt Herr Archidiakonus Thalwitzer. In ebenfalls tief- ergreifenden Worte» sprach Herr Oberpfarrer Bohne das Schlußgebet und den Segen. Vie- lerseits wurden den in die Gruft Versenkten noch Blumen als letzter Scheidegruß nachge- worse» und nur langsam verließen die ernst gestimmten Teilnehmer die Stätte des Frie dens und der Ruhe. — Annähernd 10 000 Mark in bar und Sparkassenbüchern wurden bei der Aufnahme des Nachlasses der Göller- sche» Eheleute vorgefunden. * Chemnitz, 16. Sept. Unter der An klage der gefährlichen Körperverletzung stand der frühere städtische Schutzmann Max Fromm hold. Bei einer Balgerei mit einem Arbeiter Sch. hatte F. den Gegner derart kräftig in den linken Zeigefinger gebissen, daß dieser versteift ist und entfernt werden muß. F. war am 23. Juli dienstfrei und in Zivil, als er in angetrunkenem Zustande über den Leip ziger Platz ging, den auf dem Platze stehen de» Korb des Sch. ergriff und die darin be findliche Ware — Handschuhe, die Sch.'s Frau bearbeitet hatte und Sch. abzulicfern im Be griff stand — in die Anlagen warf. Sch. ging nunmehr mit Schimpfreden auf F. zu, und faßte ihn an, dieser wehrte sich, es kam zur Balgerei, bei der dann der verhängnis volle Biß erfolgte. F. mußte sofort seine Stellung aufgeben. Das Schöffengericht ver urteilte den „bissigen" Angeklagten nur wegen einfacher Körperverletzung zu 50 Mark Geld strafe, weil cs das mciischliche Gebiß als ei» gefährliches Werkzeug nicht anerkennen konnte. Strafmildernd wurde angesehen, daß F. von Sch. erst angegriffen wurde und sich in Ver teidigung befand, und weil er durch den Ver lust seiner Stellung schon schwer gestraft sei. * Altmittweida 17. Sept. Gestern nach mittag in der 2. Stunde wurde der Mitte der vierziger Jahre stehende Grundbesitzer Richard Berthold von seinem erst seit einigen Tagen im Dienst befindliche Knecht Gerstenberger, der 26 Jahre alt ist und aus Koldau bei Rochlitz stammt, durch drei Messerstiche verletzt. Zwei der Stiche gingen in die Schulter, einer in den Rücken. Die Verletzungen sind nicht tödlich. Nach der Tat sprang Gerstenberger durchs Fenster und flüchtete, wurde aber am Abend auf der Dorfstraße angetrofsen und von der Polizei verhaftet. Die Ursache zur Tat dürfte in einem Streit zu suchen sein. Die Wunden des Verletzten wurden kurz nach der Lat von einem Arzte verbunden. * Dresden, 16. Sept. Die Stadtverord nete» »ahmen in ihrer gestrigen ersten Sitzung nach den Ferien nach längerer Debatte ein stimmig drei Anträge an, die sich mit der Fleischteuerung beschäftigen und geeignete Schritte zur Behebung fordern. Stadtverord neter Reichstagsabgeordneter Stresemann wünschte Einberufung des deutschen Städte tages, damit dieser gemeinsam Schritte er wäge. Oberbürgermeister Dr. Beutler sagte zu, eine Einberufung des Städtetages zu be antragen, versprach sich aber keinen praktischen Nutzen davon. — Schwere Verletzungen zog sich am Donnerstag der Hilfsarbeiter Vater in der Maschinenfabrik von I. M. Lehmann in der Freiberger Straße zu. Er wurde, als er einem Dreher beim Umdrehen einer Walze behilflich war, von dem Schraubenfutter der dahinter befindlichen Drehbank erfaßt und in die Höhe geschleudert. Der unglückliche Mann wurde im Unfallwagen nach dem Kranken hause gebracht. * Blasewitz, 16. Sept. Der Gemeinderat beschloß in nichtöffentlicher Sitzung, denjenigen Kriegsveterauen, die nur ein Einkommen bis 1600 Mark habe», ei»e einmalige Ehrengabe von 25Mark z» überreichen »nd sie vvmJahre 1911 ab von der Gemeindccinkommenstcuer zu befreie«. * Leipzig, 16. Sept. Zur Verteidigung der Gebrüder Koppius in Leipzig, die des Doppel mordes, mehrfachen Raubmordvcrsuches, des Raubes uud der Erpressung augeklagt sind, hat das Gericht die hiesigen Rechtsanwälte Dr. An schütz uud Dr. Konrad Jungk bestimmt. Da die Angeklagte« fast durchweg geständig siud, dürfte die Verhandlung, die gegen Ende Oktober vor dem Schwurgericht stattfiuden wird, nur eiuige Tage in Anspruch nehmen. * Döbeln, 16. Sept. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich gestern nachmittag in Kleinbauchlitz. Der Laudwirtschafts-Voigt Max Irmer aus Kötzschenbroda, in Diensten auf Rittergut Kleinbauchlitz, unternahm mit eine«! jungen Pferd eine Feldfuhre. Das Pferd wurde vor einem Automobil scheu und schlug deu vom Wagen abgesprungenen Irmer an den Kopf. Irmer stürzte uud wurde vom schweren Wagen überfahren, sodaß der Tod auf der Stelle eintrat. * Stossen, 17. Sept. Gestern war der 10. Todestag des Prinzen Albert von Sachsen, der während des Manövers tödlich verunglückte. Der Prinz hatte seine« Vater, de« damaligen König Georg, in Dresden besucht und beuütztc vvu hier aus zur Fahrt nach dem Manöverquartier eiu Geschirr, dessen Pferde in Bodenbach scheute«. Der Pri«z wurde aus dem Wagen geschleudert und tödlich verletzt. * Pirna, 16. Sept. Die Cholera ist allem Anscheine nach glücklicherweise als erloschen an- zusehcn. Neue Fälle siud nicht gemeldet worden. Die getroffenen Vorsichtsmaßregeln werde« aber noch aufrechterhalten, da man immerhin mit einem neue« Aufflammeu der Seuche rechueu muß. Der Jahrmarkt in Pirna wird voraus sichtlich nbgehalten werden können. * Löbau, 16. Sept. Wegen Ermordung ihres vor kurzem michclich geborenen Kindes ist in Spittel bei Breitcndorf die laiidmirtschaftliche Arbeiterin Mitrach verhaftet worden. Die Leiche hatte sie im elterliche« Obstgarten vergrabe«. * Kamenz, 16. Sept. Die 23jährige Frau eines hiesigen Feldwebels öffnete sich in einem Anfälle von Schwermut die Halsschlagader und verblutete. * Mühltroff, 16. Sept. In der ver gangenen Nacht ist das dem Bäckermeister Töpfer gehörige Wohnhaus durch Feuer zer stört worden. Leider hat dabei auch ein jun ges Menschenkind den Tod in den Flammen gefunden. Das Dienstmädchen des mit in dem Hause wohnenden Kaufmanns Schweizer hatte gestern abend, als es mit der 11jährigen Tochter ihrer Dienstherrschaft die Schlafkam mer aufgesucht hatte, noch eine» Brief geschrie ben. Als das Dienstmädchen sich dann ins Bett legte, vergaß es, die Lampe auszulöschen. Diese explodierte später auf bisher unaufge klärte Weise und setzte das Bett und die Kammer in Brand. Infolge des sich ent wickelnden Qualms erwachte das Dienstmäd chen, vermochte aber nur noch sich selbst zu retten, während die Tochter der Dienstherr schaft den Tod fand. Nachdem das z^aus niedergebrannt war, fand man die verkohlte Leiche des Kindes unter den Schuttmassen auf. Depeschen vom 17. September. BsyMp. (P r i v a t-T e l e g r a m m) In der vonoer Stadt Wilmersdorf für Jsolier- zwecke eingerichteten ehemaligen Schulbarackc wurde heute vornüttag der Architekt Perlich unter Choleravcrdacht eingcliefert. Seine Braut soll uuter choleraverdächtigen Erscheinuugeu auf Charlottenburger Gebiet heute uacht gestorben sein. Berlin. (Privat-Telegramm.) Heute