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Es könne davon keine Rede sein, daß eine neue Militärverwaltung in Sicht sei. Nach unerheblicher weiterer Debatte wurde der Etat angenommen- * * 252. Sitzung vom 8. Mai. Auf der Tagesordnung steht zunächst die kurze Anfrage der Abgg. Muller-Meiningen (Vpt.) und Liesching (Vpt.): „Ist es richtig, daß zur Verhütung von Ehen von christlichen Negermädchen mit nichtchristlichen Männern auf gewissen Missionsstationen Deutschostafrikas die Verhängung der Prügelstrafe gegen „grö ßere", d- h- heiratsfähige Mädchen angewendet wird, und was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diesem Mißstand ein Ende zu machen." Direktor im Reichskolonialamt Gleim: Von den in der Anfrage behan delten Vorfällen ist amtlich nichts bekannt. Nach Zeitungsnachrichten soll auf einer Mis- sionsflation in Ostastika dieser Vorgang sich in der in der Anfrage angedeuteten Form ab gespielt haben. Es sollen Prügelstrafen cm ein geborenen Mädchen vollzogen worden sein. Nach derselben Quelle sollen die zuständigen Behörden dagegen bereits eingefchritten sein, lieber die Angelegenheit ist von dem Gouver neur in Dar-es-Salaam Bericht eingefordert worden. Sollte sich die Behauptung bewahr- beiten, dann würden Maßnahmen erlassen werden, die einer Wiederholung solcher Ver stöße gegen die gesetzlichen Vorschriften vor beugen. Auf die Anfrage der Abgg. Wendel (S^.) und Weill (Soz.) wegen der Theatervorstel lung des Hilfsbundes gegen die Fremden legion, bei der pantomimisch ein Soldat in der Fremdenlegionsuniform erschossen worden sein soll, erklärt Ministerialdirektor Lewald: Aus einem Wohltätigkeitsfest des .Hilfsvereins gegen die Fremdenlegion haben bei einem va terländischen Ausstattungsstück einige Mann schaften freiwillig mitgewirkt. Angestellte des betreffenden Lokals haben dabei eine der Frem denlegion ähnliche Uniform getragen. Die Reichsregierung hat schon früher darauf hin gewirkt, daß bei öffentlichen Aufführungen die Verwendung derartiger zu bedauerlichen Miß verständnissen Anlaß bietender Uniformen unter bleibt. Das wird jetzt erneut und ganz allge mein geschehen. Die französische Regierung hat analoge Maßnahmen hinsichtlich der Ver wendung deutscher Uniformen in Frankreich getroffen. Die Anfrage Mumm (Wirtsch. Vgg.) we gen Aufbesserung der Altpensionäre wird zu rückgezogen. Sodann wird die zweite Beratung des Militäretats fortgesetzt. Abg. Gothein (Vpt.): Die Presseabtei lung ist ein Bedürfnis, nur sollte sie mit einem inaktiven Offizier besetzt werden. Die Kriegs- minister wechseln, die Chefs des Militärkabi netts bleiben. Die Ernennung der Offiziere wird nicht vom Kriegsminister, sondern von den letzteren gegengezeichnet. Das Recht, auch in diese Dinge hineinzureden, lassen wir uns nicht nehmen. Mit Schneidigkeilt, Herr Kriegs minister, ist es nicht getan! Eine unverant wortliche Stelle darf sich nicht zwischen die Verwaltung und das Parlament schieben. Sonst werden wir einmal das ganze Militärkabinett streichen. Jüdische Reserveoffiziere gibt es auch heute noch nicht. Die Auskunft des Bundes rats darüber war so stolz, daß es für sie kaum einen parlamentarischen Ausdruck gibt. Die verantwortlichen Stellen, die die Verfas sung zu wahren haben, der Reichskanzler und der Kriegsminister, haben ihre Pflicht nichl getan. (Vizepräsident Dove bittet den Redner um Mäßigung.) Der Reichstag hat die hei lige Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Ver fassung erfüllt wird, und daß Recht und Ge rechtigkeit im Volke walten. (Beifall links.) Abg. Westarp (kons.): Die Sozialdemo kratie will die monarchische Grundlage des Heeres beseitigen. Bei der Ernennung und Verabschiedung von Offizieren gibt es keine Mitwirkung des Parlaments oder Verantwort lichkeit des Kriegsministers. (Sehr richtig! rechts.) Das sind Rechte des Königs allein. Die Kafernenpropaganda der Sozialdemokratie ist nur aus Vorsicht aufgegeben worden. Dem Rekruten soll die Freude am Militär verekelt werden. (Sehr richtig! rechts.) Es ist hoch erfreulich, daß es gelungen ist, in der Für sorge für Mannschaften und Unteroffiziere Fortschritte zu machen. Die Mißhandlungen müssen verschwinden. Das Heer muß rein bleiben von der Sozialdemokratie. (Sehr rich tig! rechts.) Auch unsere anderen Behörden haben die Pflicht der Abwehr. Was soll man dazu sagen, wenn Rosa Luxemburg jetzt nach ihrer Verurteilung im Lande Propagandarei sen macht? Wir müssen die Jugendbewegung fördern. An den Kriegervereinen werden sich die Sozialdemokraten noch die Zähne aus beißen. (Beifall rechts.) Kriegsminister v. Falkenhayn: Ich habe lediglich die Heeresverwaltung verteidigt gegen Versuche, sie zur Einwirkung auf den Wehrverein zu gebrauchen. Wir haben nur deutsche Soldaten keine Polnischen. (Sehr richtig! rechts.) Unser Heer beruht auf dem Hmiptmerkmal der Miliz, daß jeder waffen fähige Mann waffenpflichtig ist zur Verteidi gung des Vaterlandes. In gewissem Sinn haben wir also eine Miliz, nur ist sie unseren Verhältnissen angepaßr. Die Mobilmachung muß bei uns schneller erfolgen als in der L-chweiz, weil wir schnelle entscheidende Schläge im feindlichen Lande führen müssen. Infolge seiner geographischen und politischen Lage muß Deutschland jeden Krieg mit blitzschneller Of fensive führen. Ein Experiment mit dem Schweizer System müßte unheilvoll werden. Wer das Wohl des Ganzen im Auge hat, darf das Vaterland in seiner Wehrhaftigkeit nicht beeinträchtigen. (Lebhafte Zustimmung rechts, Unruhe bei den Soz.) Um ihren Ein fluß zu heben, legt die Sozialdemokratie die Axt an die Wurzeln der Macht. (Erneuter Beifall rechts, lebhafter Widerspruch bei den Soz ) Pas ist verwerflich. (Große Unruhe bei den Soz.) Gerade jetzt ist ein solches An- sinnen geradezu unbegreiflich. Allerdings ver treten Theoretiker und Fanatiker manchmal unbegreifliche Dinge. (Unruhe bei den Soz., lebhafte Zustimmung rechts.) Der Tag wrrd kommen, an dem das deutsche Volk mit diesen Hirngespinsten aufräumen wird. Daß die Israeliten darüber klagen', wenn seit langen Jahren kein israelitischer Soldat Reserveoffizier wurde, ist zu begreifen, und ich beklage diesen Zustand auch. Daß er verfaß, suugswidrig ist, muß ich zugebeu. (Hort, hort, links.) Aber daß er durch verfassungstmdrrge Maßnahmen veranlaßt und erhalten wird, oe- streite ich. Ein sozialdemokratischer Abgeord neter meinte, es wäre besser, ich wäre vor IM Jahren geboren. Ich verstehe den Wunsch und teile ihn. (Große Heiterkeit ) >zch h^tte lieber vor 100 Jahren zu Füßen Fichtes ge sessen und seinen von glühender Vaterlands liebe durchwehten Reden gelauscht, als jetzt Reden anzuhören, denen nicht nur diese Eigen schaft fehlt, um schmackhaft zu sein. (Erneute Heiterkeit, Zustimmung rechts, Unruhe bei den Soz.) Ich wäre lieber mit Körner und der deutschen Jugend hinausgezogen zum Kampf gegen den Dämon, der unser Vaterland zu erdrosseln suchte, als jetzt Redeübungen zu halten, die keinem unangenehmer sind als mir. (Stürmische Heiterkeit.) Wenn eines mir heute Freude macht, ist es die Jugendbewegung. Sie fühlt, daß hier ein zerstörender Dämon an der Arbeit ist, der ihr die Kraft zur Verteidigung des Vaterlandes aussaugen und unsere deut schen Ideale hämisch in den Staub ziehen will, der Dämon des verschwommenen Welt bürgertums, des Rationalismus und Materia lismus! (Lebhafter Beifall rechts.) Die Ju gend macht von dem Naturrecht der Freude am Vaterlande Gebrauch und verlacht die fal schen Propheten der internationalen Verbrüde rung auf Kosten der Stärke des eigenen Lan des. Sie ist auf dem Weg. zu den alten deut schen Idealen, zur Armee. Diese Jugend wol len wir erhalten. In ihrer Gesundheit und Frische, in ihrem nationalen Fühlen und Den ken gehört sie zur Armee, wie die Armee zu ihr gehört. (Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Schöpft in (Soz.): Das Material gegen Stöcker hat die Kölner Polizei geliefert, die in letzter Zeit recht unliebsam von sich reden machte. Wir hassen nicht das Heer, sondern nur den Militarismus. Graf Westarp sprach in antisemisischer Weise, hat aber bei der Wahl in einem offenen Brie e an einen Juden in Meferitz jede antisemitische Neigung a. geleugnet. Redner polemisiert gegen die Junker und meint, die Soldatenschinder hör ten aus den Worten des Kriegsministers nicht den Abscheu, sondern nur die Entschuldigung heraus. Abg. Müller-Meiningen (Vpt.): Die rein neaative Tätigkeit der Militärbehörde in Sachen der jüdischen Reserveoffiziere genügt nicht. Für den Kriegsfall werden jüdische Offiziersaspiranten bereitgestellt. Wenn man ernstlich will, müssen die Mißhandlungen ver schwinden- Wir behalten uns einen Antrag vor auö Bildung einer Kommission zur Unter suchung des Verhältnisses des Kriegsministers zum Militärlatinett. Die Kriegsminister sind nur die parlamentarischen Prügelknaben; erst zeigen sie einen Löwenmut, dann werden sie stiller und stiller. Auch^Sie sind kein Löwe, Herr Kriegsminister, Sie kommen garnicht zum Beißen. Wir wollen nicht schöne Worte von Ihnen, sondern Taten. Abg. Gröber (Zir.): Die Tatsache, daß wir seit den 80er Jahren keinen jüdischen Re serveoffizier mehr haben, beweist mehr als alle Einzelfälle, daß hier nicht alles in Ordimng ist. Ebenso benachteiligt werden aber die Ein jährigen, von denen man nicht weiß, wie sie zu dem Duellzwang stehen. Ernennungen von Offizieren sind Regierungsasie, die der mini steriellen Gegenzeichnung bedürfen. So ist es in Bayern und Sachsen; nur in Preußen nicht. Und ist das Treueverhältnis der säch- sischeu und bayerischen Offiziere weniger gut, weil der Kriegsminister gegenzcichnet? Es ist keine Spielerei, wenn wir einen verantwort lichen Minister verlangen. Kriegsminister v. F a l l e n h a Y n : Ein Geheimerlas; zur Ergänzung der jetzigen Vor schriften über deu Wa fengebrauch besteht nicht, lieber die Stellung des Kriegsministers zum Militärkabinett haben sich schon viele Juristen den Kopf zerbrochen. Ich habe mich durch den Wust nicht hindurchgefunden. (Unruhe.) Die Grundlage der preußischen Armee ist die Perfassungsbestimmung, die dem König freie Befugnis über das Heer innerhalb der Ge setze gibt. Von diesem Standpunkte werde ich nicht zurückgehcn. (Beifall rechts.) Die allgemeine Aussprache schließt, das Ministergehatt wird bewilligt. In der Einzel beratung wurde der Antrag auf Einrichtung einer Pressoabteilung abgelehnt. Abg. Häusler (Ztr.) betont, daß dem Heere infolge der rückständigen Einrichtungen unserer Intendanturen große Gefahren droh ten. Infolge des verfehlten Systems sei das Verhältnis der Beamten zu einander frostig. Das System müßte von Grund aus geändert werden, denn die Erhaltung des guten Geistes im Kriege hinge in erster Linie von der gu ten Verpflegung der Heeresmassen ab. Die Weiterberatung wurde schließlich auf Sonnabend 12 Uhr vertagt. fettigen Herren-^vrüge öZrc? WZ-, z-r -,z^z^-, ^n§wcr/zZ sZ/^ Z^-zz-^-z Zw^F-z, Z^^z/z^-z cZc?/z 7^-,ws/zzzZ^Z^/z /v^zzcZzzz. ZZZi? ^Z-zc/c'-z LH c?z'-z--zcr/ z'zz (^zzrr/zZcrZL-^-,Z^zZ, k/rr-z-z z-z rZ?--z /ZsZZ^-z LVZ^ n-rr/ ,7zzZ^Z z/z ä^/Z^^-z /^z'§wÄ-,r/zF^z'Z. LH zz-zä'^z' Z^z'z, 7E/ LH 7ÜMZ cZ^ /vz'^/zZz^^z'Z ^7 -" ^-ZFsZz'-Z- MM 28"« 33"« 38"« 48«" M,48°« 54«° 58«« Kross« LstnnKslriliiKjkoit! 19"° 29"' 39" 49" Lorie I Lorie V Lerie VI K85 »795 kür jeäo irio-ur pssoonä Lorie II Lerie lll Lorie IV 6ebr. Dianes Avntrkükiuio: dlürnborg. — Tveiggosebäklv in fßoiprig, Plauen, Oor», Lookum, Pürtll, ^nsbiwk, Urüsorolautorn, Ha^routk, kambsrg.