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ÄUMHohkii-kii-kiiiIitWItt Amngn Tageblatt. Freitag, de« il Juli 1VLS 4V. Jahrgang Rr LS8 «WMIWMND Sie deutsche Türmet. In der alten Pteißestadt Leipzig herrscht ftölftiches Treiben. Am Sonnabend dieser Woche beginnt dort das 12. Deutsche Turn fest, an dem Turnvereine aus dem ganzen Reiche teilnehmen werden. Oesfentliches Probe turnen der Leipziger und ein Wettuenen der höheren Schüler der Stadt haben das Fest bereits in würdiger Weise eingeleitet. Ganz Deutschland schaut mit S olz und Freude auf die fröhlichen Scharen, die dort zum fried lichen Wettkampf vereinigt sind. Die Turnerei beschränkt sich heute ja nicht mehr aus enge Vo-llskreise, Schüler, Jünglinge und Männer, Mädchen und Frauen jedes Standes huldigen ihr. Die großartige Entwicklung, die das Tur nen in deutschen Landen genommen, spiegelt sich am Vesten in den Zahlen der Teilnehmer an den bisherigen deutschen Turnfesten wieder. 1860 waren es auf dem ersten deutschen Turn fest in Koburg. 970 Teilnehmer, 1861 in Ber lin 4000, 1868 in Leipzig 20 000; dann ging es leider wieder abwärts: 1872 zählte Bonn nur 3500, Frankfurt a. M. 8 Jahre später 9800, 1885 Dresden 19 000, ebensoviele 1889 München, 1894 Breslau 11 500. Dann ging es flott in die Höhe. 1898 vereinigte Ham burg aus seinem Turnfest 26 400, 1903 Nick» bcrg 30 000, vor fünf Jahren Frankfurt a. M. 55 000 Turner. Und jetzt wird das alte Leip zig, das in dem Jubiläumsjahr die würdigste Stätte für das Deutsche Turnfest ist, 80- bis 100 000 deutsche Turner in seinen Mauern zählen. Wir preisen diese glückliche Entwicklung, denn von allen sportlichen Betätigungen ge bührt denr Turnen in gesundheitlicher wie er ziehlicher Beziehung der erste Platz. Ja, es überragt die übrigen Arten des Sports der maßen, daß man es im Grunde genommen gar nicht als Sport bezeichnen sollte. Mit die sein aus dem Auslande herübergekommenen Namen verbindet man unwillkürlich eine Menge kostspieliger Aeußerlichkeiten und erblickt in dem Sport ganz besonders die Erzieluug von Hör st leistungen. Man denke an die Sechstagerennen der Radfahrer und manche andere Auswücl e, die ein umständliches Training zur Vora is- sctzung haben, die Kräfte über die Maßen m- spannen und daher niemals ans, die harmo nische Ausbildung des ganzen Körpers, s m- dern immer nur auf die Stählung einzelner Muskeln und die Erlangung von Sichert-eit und Gewandtheit in ganz speziellen Vernch tungen abzielen. Die deutsche Turnerei verfolgt wesentlich andere und höhere Ziele. Sic will nicht nur a <e Glieder des Körpers gleichmäßig träft» cn und dwcn Gewandtheit heben, sondern auch die Tätigkeit der Luugen und des Herzens för dern und im besten Sinne an dem höchste» Gute eines Volkes, an seiner Gesundheit, Mit arbeiten nach dem Grundsatz: Nur in einem gesunden Körper kann eine gesunde Seele woh neu. Daher ist es nicht genug zu begrüßen, daß der Turnunterrichl und das Turnen, die nach des Turnvaters Jahn Tagen in Verges senheit geraten waren, wieder mit Ester ge pflegt werden. Das Turnen ist heule eine Schulstunde wie jede andere. An einer gro e» Mehrzahl der Schulen Deutschlands sind die Turnspiele an einem freien Nachmittag jeder Woche ständige Einrichtung. Aus dem Schul turnen erwächst das Jugendturnen, un; da auch in den Mädchenschulen die Turnerei gepflegt wird, nicht nur das der männlichen, sondern auch das der weiblichen Jugend. Un cre Männerriegen weisen Grau- und Weißb rte auf, die noch im Gerät- wie im Freituruen ihren Mann stehen. Möge zum Heile unseres Polkes die deutsche Tnrnerei auf ewige Zeilen wachsen, blühen und gedeihen, und das frisch, froh, fromm und frei der Wahl- und Wahr- jpruch des deutschen Volkes sein. Der Turnscst-SoimW ms der Mermtimalcn Baufach - Abstellung. Am Sonntag wird, wie gmz Leipzig, so auch die Jnternaüonale Baufach-Ausstellung im Zeichen des Turnkreuzes stehen. Aus allen Teilen der Welt strömen in diesen Tagen die deutschen Turner in Leipzig zusammen, um an der Stätte des großen Völkerringens vor 100 Jahren, bei dem so mancher Turner, der dem Ruse seines Königs gefolgt war, sün Leben lassen mußte, in friedlichem Wettkampf zu zeigen, daß auch heute noch der rechte, echte Turnergeist in ihnen lebt. Wie nun seitens des Magistrats und der Bürgerschaft Leipzigs alles getan wird, um den Turnern den Auf- entbalt so angenehm wie möglich zu machen, so hat auch die Leitung der großen Weltaus stellung für Bauen und Wohnen ihnen zu Ehren ganz besondere Veranstaltungen vorge sehen, da bestimmt zu erwarten ist, daß die Turner in ihrer freien Zeit besonders die Alts stellung besuchen werden, in der auch dem Turnen, dem Sport und dem Spiel ein brei ter Raum gewährt worden ist. Für den kom menden Sonntag ist aus Anlaß des Turn festes bereits für die Vormittagsstunden ein Promenadenkonzert angesetzt worden, das vom Königlich Preußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 55 in Naumburg unter Leitung des Kö niglichen Obermusikmeisters C. Bührig ausge- sülrt werden wird. Auch das Wissenschall- liche Theater, das so großem Beliebtheit bei allen Ausstcllungsbemchern sich erfreut, hat sein Programm dem Turnfest angepaßt und bringt neben anderen bemerkenswerten Vor führungen eine wohlgelungene Filmaufnahme über daS Turnen in Frankreich anläßlich des Kongresses für physische Erziehung in Paris. In den Nachmittags- und Abendstunden wird zu Ehren der Turner ein großes Doppelkonzert stattsinden, das von 4 bis 11 Uhr ununter brochen von dem offiziellen Ausstellungs- orchestcr Willy Wolf und der Kapelle des Ar tillerie-Regiments Nr. 55 ausgeführt werden wird. Außerdem werden am Sonntag wie immer Straf ensänaer in Alt-Leipzig und eine Bauernkapellc abwechselnd im Dörfchen, im Vergnügungspark und in der Lustigen Ecke ihre Weisen erklingen lassen, am Abend wer den wieder sämtliche Ausstellungsbauteu in prächtiger Kontnrenbeleuchtung erstrahlen und non j^lO bis f^11 Mu die Leuchtfontäne ihre schimmernden Wastergarken zum Abend- Himmel senden. Selbstverständlich wird man Labyrinth des Lebens. Roman von M. Kncschlc-Schönau. -II. Forts, u. Schluß. (Nachdruck verboten.) .Nein, Cedrik, so leicht darfst Du mir es nicht machen." fleht Gabriele, aber er reißt sie jetzt unwiderstehlich zu sich empor und schließt ihr den Mund mit heißen Küssen. .Mein Weib, mein teures Weib!" ruft er immer wieder, ihr glückselig in die Augen sehend und liebkosend über ihr Haar und die gefurchte Stirn streichend. Die Spuren des Grames in ihrem immer noch schönen Antlitz bemerkend, klagt er: „Armes, armes Kind, was mußt Du gelitten haben!" .lind Du erst, Cedrik, Du! Wenn ich »ur Dein graues Haar ansehe, könnte ich vor Reue und Schmerz vergehen. Aber das aller- schwerste, was ich mir selber nie vergeben kann, ist die Härte, die Verblendung, in der ich unser Kind an Fremde verschenkte, Dich mich und auch Dolores beraubend. Cedrik, darum mußt Dil mich ja verachten!" .Quäle Dich nicht so mit diesen Selbst- vorwür^en, Geliebte, ich kann das nicht mit aiüehen," bittet Cedrik wieder. „Aucki das wird sich mit Gottes Hilfe wieder in die rech ten Bahnen lenken lassen." Gabriele schütlkelt traurig das Haupt. „Aenßerlich vielleicht, Cedrik, aber innerlich schwer. Ich hall's empfunden. Sie hängt mit ganzer Seele an ihren Pflegeeltern und liebt ihre Heimat über alles. Versuch's, sie loszu reißen, und Du wirst die Unmöglichkeit sehr bald einsehen." .Kommt Zeit, kommt Rat," tröstet Cedrik. „Gräme Dich jetzt darum nicht. Sobald sie erst weiß, daß sie unser Kind ist, wUd sie leichter zu erobern sein und dann, Gabriele, die Bande des Blutes sind kein leerer Wabn! Ich habe das vor einigen Tagen selbst ersah ren. Wie fühlte ich mich wsort zu Dolores hingezogcn, gleich beim ersten sehen. Also laß die trüben Gedanken und suche Trost in dem Bewußtsein, daß wir alles schwere, was nun noch über uns kommen mag, gemeinsam tragen und daß der Allgütige, der uns jo gnädig wieder vereinte, auch die Macht hat, ein Kmdcrlcrz zu lenken. Laß uns zu ihr geben, willst Du?" .Ja, Cedrik," nickt Gabriele, „aber erst will ich Hermine benachrichtigen, die draußen Wache steht, daß niemand meine Beichte stören sollte. Wie soll ich Dir danken, daß Du sie mir so leicht gemacht!" Cedrik nimmt die Fragende fest in die Arnie und küßt sie innig: „Durch unwandel bare Liebe und Treue, Gabriele, bis zum Tode!" sagt er bewegt. „Gelobst Du mir das?" „Ja mein Cedrik, bis zum Tode!" haucht Gabriele und schmiegt sich fester an seine Brust. Noch lange steht das wiedcroereinte Paar fest umschlungen und tiefbewegt beieincmdcr und beide erneuern in ihrem Herzen das Ge lübde, -'as sie dereinst vor dem Bürgermeister auf Hsgoland ablegten, beide fühlen die Weihe dieser Stunde und daß sie nun in der Tat nichts mehr von einander scheiden wird, als der Tod. Arm in Arm verlassen sie das Gastzim mer, bleiben aber freudig überrascht aus der Schwelle stehen, denn vor ihnen, im weißen Festlileidchen, einen Blumenstrauß in den Hän den, steht Dolores. auch an allen Stätten, die dem Vergnügen und der Erholung gewidmet sind, nach Kräf ten bemüht sein, den Besuchern den Aufent halt so angenehm wie möglich zu machen, und es ist demgemäß zu erwarten, daß die Tur ner rechr angenehme Stunden in der Ausstellung verleben und den besten Eindruck von ihr be kommen werden. Eine goldene Uhr für den millionsten Besucher der Internationalen Banfach-Ausstellung Leipzig 1913. In der Zeit vom Donnerstag bis Sonn abend dieser Woche ist zu erwarten, daß der millionste Besucher die Weltausstellung für Bauen um Wohnen in Leipzig passieren wird. Die Ausstellungsleitung hat beschlossen, diesen Beju.üer durch Stiftung einer goldenen Ta- swcnuhL besonders zu ehren. Da nun 4 Ein- a nge zur Ausstellung bestehen, so ist mit Be- sammt'-üt nicht festzustellen, welcher Besucher »un in der Tat der Glückliche ist. Es ist daher mit behördlicher Genehmigung beschlossen worden, den Prämienempfänger durch das Los zu bestimmen. An dem Tage, an dem die cste Million voll werden wird, erhält jeder Besucher, der eine Einlaßkarte löst, einen be sonderen Schein, auf dem zweimal ein und dlls.ßlc Zahl gedruckt ist. Die eine Hälfte der starte wirg vom Kontrolleur abgetrennt und in eine Blechbüchse geworfen, die andere Hälfte bekommt der Karteninhaber. Am Abend die ses Tages wird dann der Inhalt der 4 Blech büchsen in einem Behälter vereinigt. Nach ge höriger Mischung wird ein Mitglied des Di rektoriums eine Nummer aus diesem Behälter zielen. Der Inhaber des entsprechenden Num- merschcines wird die kostbare Prämie erhalten. Kleine Utzr'rsnM.. * Unwetter. Nach Meldungen ans Madrid wurden die Felder und Gärten der Umgebung von Valencia in weitem Umkreise dnrch ein furchtbares Unwetter verwüstet. Die Ortsbewohner flüchteten sich in die Kirchen. * Flicgcrabstürze. Bei Krefeld stürzte der Flieger Arns ab nnd wnrde schwer verletzt. Der Apparat ging völlig in Trümmer. — Bei Bukarest stürzte ein Äcroplan ab, dessen Motor explodierte. Das Flugzeug sing Feuer und verbrannte. Der Pilot erlitt schwere Brandwunden, dec Passagier blieb unverletzt. * BootSunglkck. Auf dem Plattensee (Ungarn) vergnügte sich eine Gesellschaft bei einer Kahn partie. Hierbei kenterte der Kahn, drei Personen ertranken. * Eine furchtbare Familicntragödie spielte sich ans der Groß-Hesselohcr Brücke (Bayern) ab. Eine 40 Jahre alte Fran sprang mit ihrer 4 Jahre alten Tochter in die Tiefe. Bald darauf stürzte sich auch der Vater mit dem Sohne von der Brücke herunter. Während die Frau tot liegen blieb, rissen die Fluten den Vater mit dein Sohne fort. * «traßenbahnunglück. In Kassel versagte an einem Wagen der elektrischen Straßenbahn die Bremse, und der Wagen rollte in rasendem Lauf die steile Bahnhofsstraße hinab, bis er ent gleiste nnd auf den Bürgersteig stürzte. Vier Passagiere und der Wagenführer wurden verletzt! drei der Verletzten mußten ins Krankenhaus ge bracht werden. * Zwei Bergleute verschüttet. In Mengede bei Dortmund wurden gestern nachmittag ans Zeche „Adolf von Hansemann" zwei Bergleute von plötzlich hereinbrecheiidcn Kohlenmassen über rascht und verschüttet. Sic konnten nur als Leichen geborgen werden. * Feuer in einer Kathedrale während des Gottesdienstes. In der Jsaakskathedrale in Petersburg brach während des Abendgortcsdienstes infolge einer Unvorsichtigkeit Feuer aus. Sämtliche Feuerwehren wurden alarmiert; es gelang in kurzer Zeit, den Brand zu löschen. * Schweres Unglück auf einer Drahtseilbahn. Auf der nach der Sradt Capri führenden Draht seilbahn riß am Dienstag abend das Drahtseil und der vollbesetzte Wagen stürzte in die Tiefe, wo er zerschmettert ankam. Die Bremsen hatten versagt. Zwei Fahrgäste wurden getötet, zwei wurden schwer nnd acht leicht verletzt. * Entgleisung eines Gütcrzuges. In der Nähe von Saratow ist ein Gütcrzug entgleist. Elf Wagen wurden zertrümmert. Drei Mann vom Zugpersonal wurden getötet, sieben ver wundet. * Tie empörende Mißhandlung von Schiffs junge» aus dem dcmschenKauffartcischiff „Nereide", die, wie erinnerlich, G genstand der Erörterung im Reichstage war, stand vor der Bremer Straf kammer zur Verhandlung. Der schuldige Matrose wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die Jungen wurden bei der kleinsten Verfehlung aufs roheste geschlagen. Bei der „Acgnator- Tanfc" mußten sie acht Pillen verschlucken, die aus Teer, Pfeffer, Leinöl und Petroleum zu- sammengenüscht waren, „aus Spaß" goß man ihnen auch flüssigen Teer in den Mund. Der Kapitän ist leider straffrei ausgegnngen. * Bon einem Schutzmann in der Notwehr erschossen. In Gronau wnrde der holländische Arbeiter ten Wolde» von einem Polizeibeamten, der bei einer Streilschiichtung von ihm angesallen nnd schwer verletzt worden war, dnrch einen Nevolverschuß getötet. * Beraubung einer badischen Ttationskasse. In Emmendingen bei Freiburg i. Bc. drang nachts ein vermummter Unbekannter in das Fahrdienst- zimmcr des Stationsgebäudes . und verlangte unter Bedrohungen Geld. Der Beamte gab ihm sein Wechselgeld. Der Räuber, der auf seine Verfolger schoß, entkam. * Kirchcnräubcr. Ein schwerer Kirchendieb- stahl wurde wieder einmal in Russisch-Polen verübt. Aus der katholischen Kirche raubten Einbrecher eine goldene, mit Diamanten besetzte Krone sowie andere Gold- und Silbergeräte und 600 Rubel in bar. Außerdem richteten sie durch Vernichtung von Heiligenbildern erheblichen Schaden an. Die Diebe wurden in Czenstochau, dem berühmten polnischen Wallfahrtsort, ver haftet. * Todessturz aus dem Fenster. In Frankfurt a. M. stürzte sich die 33jährige Ehefrau eines Moskauer Kaufmanns aus dem Fenster eines Hotels. Die Frau wurde schwer verletzt ins Hospital gebracht, wo sie kurz darauf verstarb. * Auf der Jagd zu Tode gekommen. In Zcyern im Frankenwald blieb der Jagdpächter Neblich beim Anstand auf Nchböcke an einem Etwas befangen, aber doch mit freudestrah lenden Augen kommt sie auf Gabriele zuge eilt, »ml alst sie und agt: „Meine liebe Mutter!" Diese drei Worte berühren Gabriele nüe eine Himmclsbotschaft. Mit einem Freuden rufe reißt sie das Kind an sich, es leiden schaftlich herzend und küssend. Mit feuchten Augen blicken Cedrik und Hermine auf die Gruppe. Dann erhebt sich Gabriele, umfaßt Dolores, führt sie Cedrik zu und sagt in tie fer Bewegung: „Hier, Cedrik, bringe ich Dir Dein Kind!" Während Kronberg das hocherglühende Mäd chen in seine Arme schließt, streckt Gabriele beide Hände der allen Hermine entgegen, der die Tränen unaufhörlich über die runzligen Wangen rollen. „Hermine, wie soll ich Dir danken, Paß Du das Kind gelehrt hast, mich Mutter zu nennen! Du ahnst ja nicht, we che Last Du mir dadurch von der Seele genommen hast, denn vor dieser Aussprache hat mir gebangt!" Sie küßt der alten Frau die Tränen von den Augen. Doch diese stammelt abwehrend: „Laß, laß Gabriele, ich wollte doch auch etwas Gu tes stiften, nachdem ich durch meine Unbeson nenheit so viel Unheil angcstiftet habe. Ver gib mir in dieser Stunde — — —" „Nichts von Vergeben!" erwidert Gabriele. „Nur Dank für all Deine Treue!" „Weinen Sie nicht, Frau Hermine," sagt auch Cedrik, die Hand der Alten fassend. „Sie waren ja nur ein Werkzeug, dessen sich der All mächtige bediente, um uns für manchen Fehl tritt zu strafen und unsere Liebe, von allen Schlacken gereinigt, zu neuer Blüte erstehen zu lassen. Und zagen Sie nicht, das Kind, das Sie und Ihre Kinder uns so treu erzogen, soll nicht von Ihnen getrennt werden. Sie kommen alle drei niit in meine Heimat und dort wollen wir als eine Familie leben und Sie sollen sich mit uns an unserem wieder erstandenen Glück freuen." Hermine schlägt die Hände zusammen vor freudiger Ueberraschung, dann aber greift sie schnell in die Tasche und zieht den Kasselten schlüssel, den ihr Cedrik gestern übergebe», her vor. „Hier, Herr Söderström, nehmen Sie Ihren Schlüssel zurück, Gabriele wollte keine Beweise." „Nein, sie brauchte keine Beweise," ruft Gabriele, dem Gatten tief in die Augen sehend, „sie glaubte Dir so. Alles Mißtrauen zerstob wie Nebelgewölk vor der siegenden Sonne, als ich von der Wallfahrt horte, die Du alljährlich zu einem gewissen Grabmal getan." „O Gabriele, das Kreuz am Gardasee! Was tu» wir mit ihm?" ruft Cedrik, die Ge liebte imng a» sich drückend. „Wir lassen es stehen, als ein Denkmal unserer Irrungen und Gottes Vatergüte," sagt Gabriele leise. „Die Gabriele von damals ist ja auch tot." „Nein, nein," wehrt Cedrik ab. „Es wäre ein ewiges Memento mori. Das Kreuz mag bleiben, aber die Inschrift wird geändert. Und wenn Du so denkst wie ich, so setzen wir den Spruch darauf, der mir seit gestern nicht aus dem Sinn will und den ich einst als Koufir- mationsspruch erhielt: „O, welch' eine Tiefe des Reichtums, beide, der Weisheit uno Er kenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!" - Ende. —