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12 wollen übt, und leitende Vorbilder, deren Nach eiferung zum Scharfsinn, zur Umsicht, zur Geistes gegenwart und zur Geschicklichkeit führt, sich sein Leben selbst zu gestalten, ohne dabei von der Herablassung anderer abhängig zu sein! Und Winnetou ist nicht blofs Jugendideal, sondern noch weit mehr. Er wurde doch eigentlich für die Er wachsenen geschrieben, zur Lösung eines völker psychologischen Problems, der sich die Gegenwart kaum mehr entschlagen kann. „In Summa: Umindianergeschichten schreiben zu können, mufs man erstens den Stoff vollständig beherrschen, zweitens die nötige Begabung dazu besitzen und drittens sich der ungeheuren Ver antwortung bewufst sein, die man der Jugend gegen über auf sich nimmt. Vor allen Dingen ist das Geschick, psychologische Persönlichkeiten zu bil den, unumgänglich, nötig. Und selbst wenn man das alles hat, wird das, was man schreibt, doch nur etwas Gewöhnliches sein, wenn die Haupt sache fehlt, nämlich der innerliche — Beruf!“ Ich bin dem Verfasser dieser Zeilen dankbar, dafs er den Abdruck an dieser Stelle erlaubte und wünschte nur, dafs er seine Kreise nicht so eng, sondern weiter gezogen hätte, nämlich weit über die sogenannten „Indianergeschichten“ und auch weit über die sogenannte „Jugendliteratur“ hinaus. Denn heute hat man doch wohl endlich ein gesehen, dafs Karl May wohl eher alles andere, aber nur kein „Jugendschriftsteller“ ist und dafs er seine hochinteressanten „Menschheitsfragen“ wohl in die orientalische Wüste und in den indischen Urwald versetzt, nie aber etwas geschrieben hat, was als gewöhnliche „Indianer“- oder „Beduinen geschichte“ bezeichnet werden dürfte. Jedermann weifs, dafs unter dem „ich“, welches alle seine Er- •zählungen beherrscht, nicht etwa er selbst, sondern