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sprengen lassen und rief dadurch unter den Passa gieren und dem Schiffepersonal eine schreckliche Panik hervor. Schließlich marschierte der rasende Held mit seinen Soldaten unter Trommelwirbel wieder in die Stadt zurück. Er wird sich wegen seine» nächt lichen Kriegszuge« demnächst vor dem Kriegsgericht zu verantworten haben. ch Der Hund als Kronzeuge. Der seltene Fall, daß der Hund in einem Strafprozesse al» Hauptzeuge auftritt, ereignete sich, wie die „Boh." erzählt, dieser Tage beim Bezirkegericht Weinberge- Prag. Der Maschinenmeister Dastych wurde in Wroschwitz gebissen. Er behauptet, infolge diese« Bisse« eine Zeit lang arbeitrunfähig gewesen zu sein, erstattete gegen den Besitzer de« Hunde« die Straf- anzeige und machte Ersatzansprüche geltend. Der Hund war vorher vom Tierarzt Denk untersucht und al« gesund befunden worden. Zu der Ver handlung erschienen außer dem staat«anwul!schast- lichen Funktionär al« öffentlichem Ankläger der Maschinenmeister al« Privatbeteiligter, der ange klagte Besitzer de« Hunde«, der Tierarzt Defensy als Sachverständiger und der Hund al« Kronzeuge. Es handelt sich nämlich um die Sicherstellung der Tatsache, ob der Hund ein bissiger sei oder nicht. Im Verhandlung«saale machte der Tierarzt mit dem Hunde alle möglichen Versuche; er reizte ihn, schlug ihn, der Hund aber blieb ruhig und verkroch sich erst, al« ihm da« Experimentieren lästig wurde, unter einem Sessel. Da» Gutachten de» Tierarztes lautste: „Der Hund ist ein lammfromme«, gut dressierte« Tier, da« nur unter außergewöhnlichen Verhältnissen fremden Leuten gegenüber bissig werden kann." Der Maschinenmeister wendete daraufhin ein, der Hund sei im Gerichtrsaale nur darum brav, weil er seinen Herrn vor sich sehe und verstehe, daß er sich in einer Gesellschaft befinde, die seinen Herrn kenne. Man möge den Hund in» Publikum lo»laffen, und da werde man gleich sehen, wie ander« er sich ge- berden werde. Der Richter ging aus diesen Vor schlag ein; der Hund, der sich im Verhandlungs zimmer ohne Maulkorb produziert hatte, bekam seinen Korb und wurde, während sein Herr im Saale zurückblieb, auf dem Korridor hinausgelassen, wo sich viele Leute befanden. Er nahm von keinem Fremden Notiz, auch dann nicht, al« der sachverständige Tierarzt ihn von neuem zu reizen und zu schlagen begann. Mit dem Schwänze wedelnd, reichte er dem Tierärzte eine Pfote nach der andern, und al« der Tierarzt ihn barsch von sich wie«, lief er zum Richter und stellte sich bittend auf die Hinterbeine. Diese Szene war geradezu rührend. Der Richter hatte nun die Urberzeugung gewonnen, daß er keinen bissigen Köter vor sich habe, der jeden ohne Anlaß anfallen würde, sondern tatsächlich einen lammfrommen Hund, sprach den Besitzer de« Hundes von der Anklage frei und wie« den Maschinenmeister mit dessen Ersatzansprüchen aus den Zivilrecht«weg. * Der von einer Bielefelder EakeSfabrik auf die beste Verdeutschung de« Worte« Cake» auf gesetzte Prei« von 1000 Mark fiel 102 Bewerbern für da« Wort „Knusperchen" zu. Wer e« nicht schön findet, der muß in einer Stunde zehn Pfund „Knusperchen" verzehren. Ein Abenteuer in einem Bergwerk. Aus Nom wiro berichtet: Wenige Menschen haben dem Tod näher ins Auge geschaut, als der Pariser Ingenieur M. Lavier, der vor einige» Tagen in Varese erschien, um ein aufgegebene« Bergwerk zu erforschen, das er vorher teilweise geprüft hatte, da« seit Menschengeoenken aber nie völlig erforscht worden war. Lavier ging ohne Führer. Nachdem er ein beträchtliche» Stück in der Grube vorgedrungen war, fiel er plötzlich kopfüber in einen Brunnen, sodaß seine Lampe erlosch und seine Streichhölzer ver dorben wurden. Zum Glück war sein Revolver brauchbar geblieben, und er feuerte zwei Schüsse ab, ohne jedoch die Ausmerksamkeit aus sich zu ziehen, er beschloß drei Tage auszuhalten und sich dann selbst noch mit den im Revolver bleibenden Patronen zu löten, falls kei„e Rettung kam. Zwei Tage vergingen. AI« Lavier schon fast wahnsinnig vor Verzweiflung war, hörte er plötzlich den Klang menschlicher Stimmen. Zufällig halte ein anderer Pariser Ingenieur, der auch schon vor drei Jahren die Erforschung de» Bergwerk« ver sucht hatte, einen anderen Versuch gemacht, und in Begleitung zweier Führer hatte er gerade diesen Tag zum Besuch der Grube gewählt. Al« der zweite Führer einen Hilferuf hörte, schritt er mit dem Revolver in der Hand bi» zum Rand de« Brunnens vor und entdeckte den furchtbar erschöpften Lavier. Der Gerettete wurde beim Anblick der Hilfe ohnmächtig und schließlich nach Varese getragen, wo er nach seinem Abenteuer noch völlig entkräftet darniederliegt. ch Präsident Roosevelt- Tochter Alice ist nervös geworden und muß sich ein Jahr lang schone». Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß die junge Dame in den letzten fünfviertel Jahren 171 Bälle, 271 Empfänge, 408 Mittagessen, 680 Tee- gesellschasten mitmachcn, 1618 Besuche abstatten und 32 000 Händedrücke wechseln mußte. Da« halte der Teufel au»! p Eine sozialistische Uhr hat ein Pariser Blatt bei einem Altwarenhändler im Odeon-Viertel zu Paris entdeck!. Die hübsch gearbeitete Slutzuhr ist mit einem Zettel beklebt, welcher die Inschrift trägt: „Sozialistische Normaluhr, geht jeden Tag nur acht Stunden!" s Eine romantische Liebesgeschichte teilt daö Neue Wiener Tageblatt mit. In dem hart an ungarischem Gebiet liegenden rumänischen Dorfe Lahonigra hatte sich vor Jahren Nilolai Macedon, ein schöner Bursche, als stärkster Mann der Gegend weit und breit geachtet und gefürchtet, mit der hübschen Ravika vermählt. Nikolai liebte seine Gattin, diese aber, die nur dem Zwange ihrer Eltern gehorcht hatte, blieb ihm gegenüber kühl. Erst als sie einen Knaben zur Welt brachte, schien mit diesem über der trüben Ehe die Sonne aufzu gehen. An seinem dritten Geburtstag verschwand der Knabe spurlos. Da fiel eines Tages Frau Ravika in eine schwere Krankheit. Schon betete man für ihr Seelenheil, als Plötzlich das hitzige Fieber brach. Sie winkte ihren Mann heran und legte eine erschütternde Beichte ab. Sie hatte einen armen Burschen namens Wassil geliebt, der am Tage ihrer Hochzeit verschwunden war, nachdem sie sich ihm geschenkt hatte. Er war der Vater ihres Sohne- und er hatte sich ihn geholt. Nikolai verzieh seiner Gattin, um ihr die letzten Lebenslage nicht zu trüben. Aber al» ob das Geständnis ihres Geheimnisses sie erleichtert hätte, fühlte sich die Kranke von jener Stunde an Wohler und kam lang- sam zu Kräften. Eines Tages öffnete sich die Tür und herein trat ein walachischer Klosterbruder, an der Hand einen schönen Jünglmg. Sie schritten beide an daS Bett RavikaS heran und küßten sie. Die beiden Verschwundenen waren eS: Wassil und sein Sohn. Macedo» wollte dieser treuen Liebe nicht länger im Wege stehen, nahm seinen Schafspelz aus dem Schranke, setzte die Mütze auf und verließ mit einem Segensspruch sein Haus. Frau Ravika genaS und nun war endlich strahlende Fröhlichkeit ständig in ihren Augen. Von ihrem Gatten erhielt sie nur noch die Mitteilung, daß er sie frei gebe und er sich ins Kloster zurückgezogen habe. Bald war denn auch die Lösung der alten und die Schließung der neuen Ehe durchgeführt und niemand dachte mehr an den starken Nikolai. Als Ravika aber dieser Tage in ihren Garten hinausging, fand sie unter einem Rosenstrauchs die Leiche eines Mönches, in dem sie ihren ersten Gatten erkannte . . . 1- Die wiederanfgefundene Weste. Die deutsche Londoner Zeitung „Hermann" erzählt: Black- pool ist das fashionable Seebad der Kohlenbergleute de« englischen Norden», die im Lause de» Jahre» genug ersparen, um sich eine zweiwöchige Erholung am Seegestade zu gönnen und den Kohlenstaub im Wellenbade vom Leibe zu waschen. Kommt da im vorigen Jahre ein Förderer der schwarzen Diamanten mit seiner Gattin nach Blackpool und läßt es am letzten Tage seine« Aufenthalt« sein Erstes sein, ein Seebad zu nehmen. Während dieser Prozedur harrt die Frau der Wiederkehr de» Gatten am Strande. Endlich sieht sie ihn au» der Bademaschine heraus- trelen und näherkommen. Der gute Mann sieht aber furchtbar traurig drein und ist dermaßen niedergedrückt, daß die liebende Gattin sich nicht länger der Frage entschlagen kann: „Was ist ge schehen, wa» ist mit Dir passiert?" Traurig kommt die Antwort zurück: „Ich habe meine Weste ver loren!" „Unmöglich!" ruft die Frau. „Es ist, wie ich Dir sage. Und ein Sovereign war auch noch darin!" Der Jammer der Frau und die Niederge schlagenheit de« Manner wuchsen. Die Frau blieb dabei, daß e« nicht sein könne, und der Mann er klärte schließlich, daß die Weste in» Wasser gefallen sein müsse und nun den Fischen zur Nahrung diene, die nicht einmal wüßten, was sie mit dem Sovereign anzufangen hätten. Er jammerte und klagte, daß er nun wochenlang keine Pfeife Tabak und kein Gla« Bier sich zu kaufen vermöge und würde noch lange lamentiert haben, wäre nicht die Zeit der Ab fahrt d"« Zuge« bedenklich näher gerückt. — Und wieder kam der Monat Juni und mit ihm die Bade reise, und wieder nahm der Bergmann sein Seebad, und wieder wartete die Frau am Strande der Rück- kehr de« Gatten. Er kam auch richtig wieder zurück, strahlte dietmal aber vor Freude. „Was ist denn los?" fragte die Frau erwartungsvoll. „Ich habe meine Weste und meinen Sovereign wieder!" sagte er bewegt. „Wat?" ruft die Frau erstaunt und ungläubig. „Ja, ich habe sie gesunden!" „Gefunden, wo denn?" „Unter meinem Hemd!" ch „Hatschi, hatschi" ging'« dieser Tage in der Zimmecstraße zu Berlin in einem fort. Aus einem Trantportwagen war ein großer Glasbehälter mit Salmiakgeist geplatzt; natürlich blieb kein Auge trocken. Handels-Nachrichten. osrUo, 10. Juli. (Wechsrl-EourS.) VIsvont Amsterdam .. ST per 100 st. ti. LM Brüssel und Antwerpen ., 8 T pr. 100 Francs. SM Italienische Plätze pr. 100 Lire 2M Schmelz. Pl. 100 Frc. 4 10 T London 8 T pr. 1 Lstrl. 4 -IM Madrid und Barcelona -- 14 L pr. 100 Pesetas uM Paris ,, SL pr 100 Franc UM Petersburg 9 T pr. 100 Rubel '3M Warschau 100 Rubel 5'/, 8 L Wien 8 T per 100 Kr. ö W. ""UM Reichsbank 8'/,°/°, Lomb.-Z Mart 91 50 U 102,15 (1 01 BO (i 102,20 (1 00.20 u 00,70 0 95,0O 0 100,60 I! 100,25 (4 101,75 ll 00,10 O 07,70 « 108.50 » 105,20 « 101,00 I! 104,50 II 4'/,°/°. Nvxckodurx, 10. Juli, Koruzuckec cxcl. 88'/„ Rsn- dem:M 8,85—9,15. Rachproducte cxcl. 75' <> Rendemcnt 6,80—7,00. Stimmung: Stetig. Krystallzucker 1 20,05. Brodraffinade 129,15. Gem. Raffinade mit Faß 29,45. Gem. Melis 28,95. Rohzucker I. Product Trans, f. n. B. Hamburg per Juli I5,7OGd., 15,85 Br., 00,00 bcz., per Aug. 15,90 Gd., 15,95 Br., —,— bez., per Oklober-Dezbr. 17,25 Gd., 17,85 Br., per Jan.-März 17,85 Gd., 17,15 Br., per Mai 17,90 Gd., 18,00 Br., —bez. Stimmung : Schwächer. Wochenumsatz: 85 000 Zentner. Unwburz:, 10. Juli. Weizen behauptet, Holsteinischer u. Mecklenburger 162—167, Hard Winter 182. Roggen befestigt, südrufs. 97—101, Holsteinischer und Mecklenburger 186—141. Mais fest, amerik. 101 108. Hafer stetig, Gerste stetig. Wetter: Wolkig. Vrvmon, 10. Juli. (Baumwolle). Tendenz: Anziehend. Upl. middl. loco 64 Pfg. Liverpool, 10. Juli. (Baumwolle.) Muthmaßlicher Umsatz: 601.0 B. Stimmung: Stramm. Import: 8 000 B. Preise 10 24 Punkte höher. Umsatz: 7000 Ballen, da von für Speculation und Export IOSO Ballen. Ameri kaner fest, 18 Punkte höher, Egypter ruhig, Brasilianer 16 Punkte, oslindische 1/16 höher. Lieferungen: Stetix. Juli 6,82, Juli August 6,81—6,32, Seplbr.-Oklober 5,85 bis 5,86, November-Dezbr. 5,32, Jan.-Febr. 5,24—5,25. Zahlungseinstellungen. Franz Loewenthal, Berlin. Siegfried Salomon, Berlin. Otto Herrmann, Bernburg. Oskar Wessel, Bremen. Karl Max Bach, BurkerSdvrf-Burgstüdl. R. Armbrust, Elbing. Hugo Richard Uhlig, Ellefeld. Con- stanz Röcken, Frankfurt a. M. Friedrich Ernst Clauß nitzer, Obercolmnitz-Freiberg (Sa.) Bodom L Desaive, Freiburg i. B. Otto Hirschfeld, Fürstenwalde. Grupe und Wolpert, Hamburg. Heinrich Christian Gaabo, Hamburg. Karl Friedrich Weichelt, Neustadt i. S. M. Floerchinger, Pirmasens. Adolf Unfricht, Pirmasens. August Richard Wunderlich, Plauen. Bezirksliste sächsischer Erfinder. Mitgeteilt vom Patentbureau O. Krueger L Co., Dresden, Schloßstr. 2. F. Schotola, Schönheiderhammer: Doppeltiegel schmelzofen mit Vorwärmung der Verbrennungslust und des Schmelzgutes durch die Abhitze des einen Ofens. — C. A. Schwotzer, Zwönitz: Beweglicher Seifenbehälter. — Windmüller u. Wagner, Chem nitz: Hobelvorrichtung für Drehbänke, Horizontal bohr- und Fräsmaschinen. — Sächsische Webstuhl fabrik, Chemnitz: Maschine zum Trocknen von Webketten. — F. Luderer, Chemnitz: Kartengang für Webstühle u. dgl. — H. Schaarschmidt, Lim bach: Unterjacke mit stehkragenartigem Abschluß am Hals. — N. Reich, Öberfrohna: Wäsche schleuder niit sich gegenseitig anreibenden Schleuder trommeln. — Chemnitzer Wirkwaren-Maschinen fabrik, Chemnitz: Gewirkter Handschuh mit spur- maschigen Anschlußnähten. — M. Hutschenreuter, Zwota: Mehrhöriges Akkordeon. Dr. Schönherr und Curt Schönherr, Furth: Staubabsangungs- vorrichtung an Schleifmaschinen. — P. Schönherr, Chemnitz: Schützenschlagsicherung. Die Blüte des Bagno. Roman von Goron und Emile Gautier, o. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Anfangs hatte er geleugnet, aber als man ihn seinem Helfershelfer g-genüber stellte, als er sich über die Herkunft von 10 000 Francs, die man in seinem Zimmer gefunden, nicht ausweisen konnte, und als der Restaurateur, bei dem er mit seinem Mitschuldigen diniert hatte, ihn wiedererkannte, da hatte er eine sehr kluge Komödie gespielt. „Wenn ich gestohlen habe," sagte er, „so war es nicht für mich, sondern, um einen Kameraden vor dem Untergange zu bewahren." Er appellierte an seine Vorgesetzten und an seine Mutter, aber niemand antwortete auf seine Bitten. Da änderte er von neuem seine Taktik und gestand alles. Von diesem Augenblicke an strebte seine ganze List nur nach einem Ziel: Flucht. Er erwog alle Mittel, um der Justiz zu ent- schlüpfen und ihr einen Streich zu spielen. Er war der unterwürfigste aller Angeklagten und antwortete weitschweifig auf die Fragen des Untersuchungsrichters, der mit seiner Angelegenheit betraut war. Nur über einen Punkt schwieg er beharrlich: Jedesmal, wenn der Richter ihn fragte, wo der Rest des geraubten Geldes wäre, behauptete der junge Dieb, daß er alles verschleudert habe und daß ihm nichts mehr übrig geblieben sei. Jeden Tag gab es nicht endenwollende Besprechungen über diesen Punkt im Zimmer des Untersuchungs- richteis. Dieser war trotz aller Energie nicht im stande, den Angeklagten zu Widersprüchen zu ver- lriteu oder ihm die Wahrheit zu entreißen. Der Beamte blieb Besiegter. Immer schlug sich Rozen verzweifelt auf die Brust, schwur, daß er die Summe ganz auSgegeben habe, verteidigte sich Schritt vor Schritt, erfand eine ganze Abrechnung, zum Be weise dessen, was er sagte. Doch der Beamte glaubte ihm nicht; mit der Macht der Geduld hoffte er end lich ein Geständnis zu erlangen und verlängerte Rozens Untersuchungshaft. Aber daS war es ge rade, was der Schwindler wollte. Er gewann Zeit für seine Flucht. Während ihn ein Municipalgardist an der Handschelle die Gänge des Gerichtsgebäudes entlang führte, besah er sich genau die Oertlichkeit und merkte sich jedesmal ein Detail der Lage des Hauses. Eines Tages sagte er zu dem Richter, der ihn befragte: „Herr Richter, alles, was ich Ihnen bisher er zählt habe, ist falsch ... Ich sehe ein, daß ich unrecht hatte, so lange zu leugnen. Das war kindisch ... Ja, ich habe einen großen Teil des Erlöses aus den Diamanten verborgen, ich habe einige 50 000 Francs an sicherem Orte untergebracht, ober ich kann Ihnen noch nicht sagen, wo die Summe ist . . ." Und mit seltsamem Lächeln fügte er hinzu: „Morgen oder übermorgen werde ich Ihnen mein Versteck bekannt geben." Der Richter wußte aus Erfahrung, daß man nichts dabei gewinnt, wenn man einen Untersuchungs gefangenen erzürnt, und ließ sich vertrösten. Er war schon mit dem erlangten Resultate zufrieden, nach dem er so lange gestrebt. „So sei es," erwiderte er, „ich werde bis morgen warten." Anderen Tages, als der Gerichtsdiener ihn in das Zimmer des Untersuchungsrichters führen wollte, stellte sich Rozen plötzlich krank, wand sich wie von inneren Schmerzen gepeinigt und erreichte es, daß man ihm die Handfessel abnahm und ihn in einen kleinen Raum zur Erholung brachte. Rozen, einen Augenblick allein geblieben, schloß die Tür desselben zu, ohne daß der Gardist im Gange es bemerkte. Als der Untersuchungsrichter, über das lange Aus- bleiben des jungen Mannes beunruhigt, hinzukam und man die Tür aufsprengle — war der Raum leer, und das kleine Fenster stand offen. „Kreuzdonnecwetter," rief der Gardist, „er hat sich aus dem Staube gemacht!" Man stieg die vier Etagen hinab — das Zimmer des Untersuchungs richters lag beinahe unter dem Dach des Justiz palastes — aber Rozen hatte wohl eine der Seiten- treppen gewonnen und blieb unausfindlich. Am folgenden Tage aber empfing der Richler einen Brief folgenden Inhalts: „Verehrter Herr Untersuchungsrichter! Ich bedauere es unendlich, von einem ebenso liebenswürdigen wie nachsichtigen Herrn Abschied genommen zu haben, und bin betrübt, zuvielleicht etwas gewagten Mitteln genötigt gewesen zu sein, um meine Beziehungen mit Ihnen abzubrechen; es geschah der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe . . . Der Genasführte war der Gardist, und vielleicht waren auch Sie cs ein wenig, mein verehrter Meister. Indem ich auf kein Wiedersehen hoffe, grüße ich Sie in aller Ergebenheit. Vao vioUs! Rozen, flüchtiger Angeklagter. ?. 8. Ich wäre außer mir, wenn ich ein Versprechen nicht halten würde. Ich hatte mich verpflichtet, Ihnen heute zu sagen, wo sich der Rest der aus den Diamanten gewonnenen Summe befindet. Also: diese Summe befindet sich gegen wärtig in meinem Portefeuille. Seien Sie nicht böse, daß ich Ihnen nicht meine neue Adresse mitteile." Der Staatsanwalt, der mit der Affaire von Broautö betraut war, interessierte sich mehr und mehr für die Abenteuer dieses wahrhaftigen Rocam« bole. Er vergaß seine eigene Untersuchung, während er die Einzelheiten über die Flucht deS jugendlichen Verbrechers weiterlas. Rozen war am Dachkanal entlang bis zu einem halbgeöffneten Fenster geklettert. Er blickte in eine raucherfüllte Küche hinein. Eine Dienstmagd stand am Herde und blies mit aller Kraft, zorncot, in die Kohlen, die nicht brennen wollten. Rozen stieß das Fenster ganz auf, sprang sehr leicht auf den Küchenboden und noch ehe das Mäd chen seiner gewahr wurde und begriff, was vorging, saß es schon gefesselt und angeknüpft auf einem Stuhl — wozu er sich der Wäschestücke, die in der Küche hingen, bediente. „Verzeihen Sie mir, bitte," sagte Rozen, „aber, nicht wahr, mein Fräulein, ich verfuhr so zart wie nur möglich?" Da das kleine Dienstmädchen in seinem Schrecken nichts besseres gefunden hatte, als ohnmächrig zu werden, beschäftigte er sich nicht mehr mit ihm und suchte sich zu orientieren. Zunächst horchte er auf merksam : In der Wohnung war im Augenblick nur das wie ein Kälbchen gefesselte Mädchen anwesend, das noch nicht zum Bewußtsein zurückgekehrt war. (Fortsetzung folgt.) Kirchen-Nachrichten. St. Frinitaiis-Aarochie. Am 5. Sonntag nach Trinilatis, den 12. Juni, früh 7 Utzr Beichte und heil. Abendmahl. Borm. 9 UM Prcdigtgottcsdicust. Apostclg. 5, 34—12. Hcrr U. Schmidt. Kollekte zum Besten für dcn Bau ciner Kirche in Bretnig b. Pulsnitz. AbcudS halb 8 Uhr Jungsrauenvcrein im Gcmcindc hau». Abends halb 8 Uhr Jünglingsbercitt im Gemeinde Hans. Wochenamt: Hcrr Pastor Schmidt. Aarochie St. tzhristopyori. Am 5. Sonntag nach Trinitatis, vorm. 9 Uhr Haupt- gottcsdicnst, Prcdigl iibcr Apgcsch. 5, 3l 42. Hcrr Pfarrer Albrecht. Borm. 9 Uhr Prcdigtgottcsdicust im Bctsaalc der Hütten grnndschule. Kellckle für dcn Kirchcubau zu Bretnig. Nachm. bald 2 Uhr kirchliche Unterredung mit dcn konsirm. Jungfrauen. Kollekte für den Kirchcubau zu Brctuig. Ev.-lulh. Jnngfrauenveretn abends V,6 Uhr im Bcr ciuslvkal. Cvang.-luth. Jnnglingsvcrein abends 8 Uhr im Bcr eiuslokal: BortragSabcnd. Cvaug. lulh. Arbeiterverein abcuds halb 9 Uhr im BcrciuSlvkal. Wochcnamt: Hcrr Pfarrer Albrecht. Aon Göerkungwitz. Dom. .5 p. Trin., 12. Jttli, vormittag '/,9 Uhr Predigt gollcsdiciist. Hcrr k. Zeißig. Daraus Beichte und heil. Abendmahl. Herr ?. Werner. Anmeldung in der Sakristei vor dem Gottesdienst. Nachmittags 5 Uhr Missivusstunde in der oberen Kirche. Hcrr ?. Werner. Wochcnamt: Hcrr ?. Werner. Aon Gersdorf. Am 5. Trinitatisfonntag, dcn 12. Jnli, früh halb 9 Uhr Beichic nnd nach der Prcdigl Kommnnion. Herr Hilfs geistl. Ranft. Kollekte für den Kirchcnban in Bretnig. Nachmittag bald 2 um Kindcrgottcüdtenst. Abends halb 8 Uhr Jungsrancnvercin. Montag, den 13. Jnli, abends 8 Uhr Francnvcrein in „Tcntonia". Dienstag, den 14. Jnli, abends 8 Uhr Bibclstunde. Die Woche für Tanscn nnd Trauungen hat Hcrr HilfSg. Ranft, für Hanskommnnioncn und Bcgräbnisse Hcrr Pastor Böllgcr. Aon Arsprnng. 5. Sonntag post Trinilatis, am 12. Jnli, früh 8 Uhr Prcdigtgottcsdicust. Am Schlnsse des Gottesdienstes wird eine Kollekte znm Besten siir den Kirchban in Bretnig bei Pnlsnitz in der Oberlausitz eingcsammett werden. Nächsten Sonntag, am 19. Juli, findet im BormittagS- gottcSdienslc Feier deS heiligen Abendmahls, sowie nach mittags bald 2 Uhr Unterredung mit der konfirmiert«» Jngcnb statt. Aon Langenchnrsdorf mit Jalken. Am 5. Trinilatissonnlag, dcn 12. Jnli 1903, früh halb 9 UM Beichte. Bormittags 9 Uhr Prcdigl und hcilg. Abendmahl. Abends 5 Uhr Missionsstnndc. Kollekte für den Bau einer Kirche in Bretnig bei Pnlsnitz. Aon Langenberg mit Meinsdorf. Am 5. Sonntag nach Trinitatis, 12. Jnli 1903, früh 9 Uhr Hauplgottcsdicusl mit Predigt über Apostelgeschichte 5, 34 bis >2. Nachmittag halb 2 Uhr Betstunde. Donnerstag, den I6. Jnli, Wochcnlommunion. Aon Aernsdorf. Am 5. Sonntag nach Trinilatis, dcn 12. Jnli, vormittag 9 UM Hanplgottcsdicnst mit Predigt über Apostclgefch. 5, 31 bis 42. Kollekte für dcn Kirchcnban zn Brctnig bci Pnlsnitz. Aon Miistcnvrand. Am 5. Sonntag nach Trinilatis, dcn >2. Jnli 1903, vor mittag 9 Ubr Prcdiglgvttcsdicnst. Kollekte sirr dcn Kirchcnban zn Brctnig bci Pnlsnitz. Die LBcksskßliiM.U garantirt von der Gemeinde "WU verzinst alle Spareinlagen mit 8 2 Pvoeent und expedirt an ulten Werktagen Vormittags 8—12 und Nachmittags 2—6 Uhr. Die bis zum 4. jeden Monats bewirkten Einlagen werden für den vollen Monat verzinst. Verawworlltcher Redakteur: Emil Horn. — Druck und Verlag: Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal.