Volltext Seite (XML)
Und so wenig man die Greuel vergessen wird, die den gegenwärtigen Thronwechsel ermöglichten, so bedingungslos wird man doch nach allem, was König Peter bisher gesagt und getan, die Ueber- zeugung der großen Mehrheit aller Serben teilen dürfen, daß es in dem schwer geprüften Lande nun endlich einmal Ruhe werden wird. Man braucht kein Virtuose zu sein, um einen Stümper in Schatten zu stellen. So braucht auch Peter I. nur Mittel mäßiges zu leisten, um das ganze klägliche Regiment seines Vorgängers zu übertrumpfen und es besser zu machen als jener. Das mag für den König ein Trost sein in den Stunden, da ihm die Un behaglichkeit seiner Lage in vollem Umfange zum Bewußtsein kommt. Die provisorische Regierung überreichte dem König programmgemäß, sobald dieser den Eid auf die Verfassung geleistet hatte, ihre Entlassung. Gleich zeitig händigte sie ihm eine Denkschrift aus, in der die Tötung des Königspaares als bedauerlicher Zufall hingestellt und entschieden in Abrede gestellt wird, daß ein Mord beabsichtigt war. König Peter hat nun ein amtliches Dokument in den Händen, auf Grund dessen er jedes Verlangen nach einer Bestrafung der Mörder zurückweisen kann. Anspruch auf Wahrheit erhebt das Dokument natürlich nicht, es soll nur eine Handhabe zur Verhütung peinlicher Verwickelungen bieten. Belgrad. Das Amtsblatt veröffentlicht einen Armeebefehl des Königs Peter, der folgenden Wort laut hat: „Mein liebes Heer! Indem ich den Boden meines Vaterlandes, meiner und meiner Väter Wiege betrete, begrüßt mein Herz zuerst dich, die Hoffnung des serbischen Volkes, mein teures, heldenmütiges Heer. Den Thron meiner glorreichen Vorfahren besteigend, übernehme ich auch den Oberbefehl über das gesamte serbische Heer, das unter Führung meines unsterblichen Groß vaters Karageorgs durch seine Tugenden und militärischen Erfolge die Welt in Staunen versetzte und auch später in den nachherigen Kriegen für die Befreiung des serbischen Volkes so viel Be weise seiner militärischen Vorzüge geliefert hat, daß ich mich glücklich fühle, daß mir der Oberbefehl von Gott vergönnt und von dem serbischen Volke anverlcaut wurde. Meine Herren Offiziere, Unter offiziere und Soldaten ! In dem feierlichen Augen blick, da ich den Oberbefehl über euch übernehme, begrüße ich euch mit den Worten: „Golt mit euch, ihr Falken des serbischen Volkes !" Meine Heeren Offiziere! Ich bin glücklich in dem historischen Augenblick, da ich den Oberbefehl über das Heer übernehme, euch alle vereint um meinen Thron und durchdrungen von Treue und Ergebenheit gegen mich und die Ideale unseres Vaterlandes zu sehen. Ich werde bestrebt sein, diese Einmütigkeit zu er halten, indem ich euch alle und jeden Einzelnen nur nach den militärischen Diensten und Tugenden würdigen und schätzen werde. Ihr seid mir alle gleich lieb und ich verlange bloß, daß ihr euch herzhaft dem Beruf, den ihr gewählt habt, hingebt und mir verhelft, euch den Pfaden der Ehre und des Ruhmes zuzusühren. Und so rufe ich aus: „Es lebe die Hoffnung des serbischen Volkes, das Heer!" Belgrad. Als Erster antwortete auf die Noti fikation König Peters von seiner Thronbesteigung der Deutsche Kaiser. Seine in französischer Sprache abgefaßte Depesche hat in deutscher Uebersetzung folgenden Wortlaut: „Ich habe die Anzeige, durch welche Eure Majestät mir die Mitteilung von Ihrer Thronbesteigung machten, empfangen und nehme von dieser Mitteilung Notiz. Ich hege die Hoff nung, daß Eure Majestät Ihre Bemühungen darauf richten werden, daß die guten Beziehungen, welche seither zwischen Deutschland und Serbien geherrscht haben, in Zukunft aufrecht erhalten und sich weiter entwickeln werden. Ich gebe dem Wunsche Aus druck, daß die Regierung Eurer Majestät eine Periode des Friedens und des Fortschrittes für Ihr Königreich inaugurieren möge. Wilhelm." Belgrad, 27. Juni. König Peter war außer ordentlich erfreut über die Depesche des deutschen Kaisers als erste Antwort auf die Notifizierung der Thronbesteigung und äußerte, daß er auf das Wohlwollen des deutschen Kaisers das größte Ge wicht lege. Die „Franks. Ztg." meldet aus Belgrad. Im Laufe des Sommers wird der König eine Rund fahrt durch das Land machen, um mit dem Volke in nähere Berührung zu kommen. Der gestrige Armeebefehl wurde von der Presse und den Offi zieren beifällig ausgenommen. Belgrad, 27. Juni. Der an der Verschwörung beteiligte Oberst Maschin wurde zum General er nannt. Bukarest, 27. Juni. In Hoftreisen wird versichert, daß, wenn König Peter keine Bestrafung der an dein Königsmord beteiligten Offiziere vor nimmt, er nur dann anläßlich seines Antrittsbesuches von den Mächten empfangen werden wird, wenn er ohne Militär kommt. Nach einem Telegramm der „Vossischen Ztg." aus Belgrad befand sich unter den Papieren des ermordeten Königs Alexander ein von seiner Hand geschriebener und von Draga mit Randbemerkungen versehener Entwurf zu einem serbisch-österreichischen Handelsvertrag. Draga wollte unter allen Um ständen an fremden Höfen empfangen werden, da für sollten fremden Mächten Konzessionen einge räumt werden. Auch soll in dem Entwurf vorge sehen gewesen sein, daß Serbien ohne Zustimmung der Nachbarmächte sich keine militärischen Maß nahmen erlauben darf. — Der König teilte der Exkönigin Natalie mit, daß alles, was sich im alten Konak befinde, ihr gehöre. — Die Skupsch- tina wurde gestern geschlossen. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 27. Juni. *— Für unsere Leser, welche bisher bei der Post auf unser Blatt abonniert waren, tst es jetzt die höchste Zeit zur Neubestellung für die folgenden Monate, wenn am ersten Juli keine Unterbrechung in der Zustellung eintreten soll, die natürlich in der jetzigen bewegten Situation doppelt unliebsam empfunden wird. In den letzten Quartals-Tagen häuft sich bei den Postanstalten eine solche Menge von Arbeit auf, daß die sichere Fortlieferung der Zeitunqsnummern nach dem neuen Quartal-Beginn nur bei rechtzeitiger Bestellung gewährleistet werden kann. Für den Landwirt, dem die Sommerwochen allerdings Arbeit in Hülle und Fülle bringen, bleibt doch trotzdem die Zeitungs-Lektüre eine wirkliche Notsache; er hat bei den Reichstagswahlen sein brennendstes Interesse für unsere Wirtschaftspolitik bewiesen, und im Verhältnis haben die ländlichen Wähler erheblich zahlreicher und pflichtgelreuer ge wählt, wie d'e städtischen. Da ist es denn auch selbstverständlich, das „Nachspiel" zu den Reichs tagswahlen, das für die Zukunft lehrreich ist, zu verfolgen und wichtig, die Weiter-Entwicklung un serer wirtschaftspolitischen Pläne zu beobachten, für die es keine sommerliche Stille gibt. So kann denn von der sonst üblichen Sauren-Gurken-Zeit, wir hatten sie eigentlich schon seit manchem Jahr nicht mehr, 1903 keine Rede sein, zumal im Aus lande vieles, was feststehen sollte, wackelt und schwebt. Die letzten Wochen haben zur Genüge in dieser Beziehung Beweise gebracht. Alle unsere bisherigen Leser aber in Stadt, wie in Land, bitten wir um Erhaltung der alten Freundschaft, des bisherigen Abonnements-Verhältnisfes, und um weitere Empfehlung. So sagen wir: auf Wieder sehen im neuen Quartal! *— Der heutige Siebenschläfcrtag, von dem eine alte Bauernregel sagt: „Regnets am Sieben schläfertag, so regnets noch sieben Wochen alle Tag", war vom schönsten Wetter und hellsten Sonnenschein ausgezeichnet. Wenngleich der alte Aberglaube, daß das Wetter dieses Tages be stimmend auf die nächsten sieben Wochen wirke, durch die Erfahrung längst widerlegt ist, so gibt es doch noch viele, die fest daran glauben. * — An Festlichkeiten, die morgen in einigen Nachbarorten stattsinden, werden auch hiesige Ver eine sich lebhaft beteiligen. U. a. fahren vom Sängerverein heute abend zwecks Teilnahme am erzgeb. Sängersest in Burgstädt 20 Mann nach dort ab, während morgen eine noch größere An zahl nachfolgt. Auch der Männeraesangverein Oberlungwitz wird, wie wir hören, beim Burg städter Sängerfest ziemlich stark vertreten sein. — Von den hiesigen Militäroereinen werden sich eine größere Anzahl Mitglieder morgen mit dem 10 Uhr-Zuge zur Theilnahme an der Jubiläumsfeier des dortigen Brudervereins nach Meerane begeben. — Der Neustädter Turnverein unternimmt eine Gauturnfahrt nach Heinrichsort, zu deren Teilnahme sich gleichfalls eine große Mitgliederzahl gemeldet hat. — Die Teschin-Schießgesellschaft nimmt nach mittags an dem im „Waldschlößchen" statlfindenden Preisschießen teil. — Hoffentlich ist chas Wetter günstig, damit die Teilnehmer an den Ausflügen auch den rechten Genuß von ihrer Reise haben. * — Das königl. Ministerium des Innern hat kürzlich ein Gesuch der Gewerbekammer Plauen, sich für Offenhalten der Schaufenster an Sonn- und Festtagen außerhalb der Zeit des Gottes dienstes zu erklären, abgelehnt. Damit ist der weitergehende Wunsch vieler Gewerbetreibenden, ihre Schaufenster auch während der Stunden des Gottesdienstes offen hallen zu dürfen, als voll kommen aussichtslos zu betrachten. * — In einer Versammlung von Bürger meistern der Kreishanptmannschaslen Chemnitz und Zwickau wurde einstimmig beschlossen, dem nächsten Gemeindetag die Frage der Errichtung einer Landespensionskasse für Gemeindebeamte zu unterbreiten. * — Erntcberichterftattung. Nach dem Bun- desralsbeschlusse vom 19. Januar 1899 hat im Juui dieses Jahres die Ermittelung der Anbau flächen von den für die Ernteberichterstattung in betracht kommenden Frucht- und Kulturarten zn erfolgen. Die Ausführung der Erhebung ist Sache der Ortsbehörden, denen die erforderlichen Formu lare bereits zugegangen sind. Die Gemeinde- und Gutsvorstände sind angewiesen, diese Formulare mit der größten Genauigkeit auszufüllen und bis spätestens znm I.Juli an die zuständigen Behörden einzusenden. * — Eine Umgestaltung des sächsischen Eiscnbahnrats sucht eine Bewegung anzubahnen, die sich nach dem „Jnnungsboten" in den Kreisen der Handwerker, kleinen Gewerbetreibenden und Innungen geltend macht. Man meint, daß die Verordnung vom 30. August 1902, wonach ein Vertreter einer Handels- und Gewerbekammor, vier Vertreter von Handelskammern und nur zwei Ver treter von Gewerbekammern ständigen Sitz im Eisenbahnrate haben, eine offenbare Bevorzugung der Handelskammern und der von ihnen vertretenen Kreise der Handel- und Gewerbetreibenden und eine Zurücksetzung der Gewerbekammern und der in diesen vertretenen Kreise des Handwerks und Kleingewerbe bedeute. Der bevorstehende sächsische Jnnungsverbandslag soll sich mit der Frage be schäftigen und es ist zu erwarten, daß er eine Ein gabe an die maßgebende Stelle der Staatsregierung um Abänderung der Verordnung vom 30. August 1902 richten wird. In dem Artikel des Jnnungs boten wird gesagt: „Vielleicht hat die Meinung, daß die in den Gewerbekammern vertretenen Kreise des Handwerks und Kleingewerbes nicht in dem Maße, wie die Fabrikindustrie und der Großhandel an der Regelung des Eisenbahnverkehrswesens und an der Festsetzung der Personen- und Frachttarife beteiligt seien, den Inhalt der Verordnung vom 30. August 1902 bestimmt. Allein diese Meinung wäre nicht zutreffend. Kommt es der Fabrikin dustrie und dem Großhandel darauf an, wohlfeile Frachten für ihre Waren zu erlangen, so muß dem Handwerk daran liegen, daß in den Erzeugnissen, welche es für den heimischen Markt herstellt, nicht durch Herabsetzung der Frachten der Fabrikindustrie der Wettbewerb ermöglicht werde." Auch den landwirtschaftlichen Kreisoereinen gegenüber fühlen sich die Handwerker und Kleingewerbetreibenden in der Besetzung des Eisenbahnrates zurückgesetzt. Schließlich hält man auch die Tatsache, daß die Gewerbekammer Leipzig allein einen ständigen Vertreter in den Eisenbahnrat senden darf, während die anderen Gewerbekammern dies Recht nicht haben, für ungerecht. * — Das Meistgewicht der Postpakete nach und aus Nordamerika beträgt vom 1. Juli ab nur noch 4 Pfund; die Taxe wurde auf 1,40 M. fest gesetzt Die Uankees hoffen dabei ein gutes Ge- ichäft zu machen, denn bisher versandte Deutsch land mehr und schwerere Postpakete nach Nord amerika, als es von dort empfing. Es geht doch nichts über — gu e Freundschaft! * — Zwei Millionen Mark sind in Sachsen auf einem früheren Landtage zur Unterstützung für gewerbliche Genossenschaften bewilligt worden. Die Genossenschaften können aus diesen Mitteln Dar lehen zu sehr billigem Zinsfüße erhalten. Gebrauch gemacht haben von dieser wohltätigen Einrichtung auch Genossenschaften, die sich für den Betrieb des landwirtschaftlichen Gewerbes gebildet haben, aber in Handwerkerkreisen scheint wenig Bedürfnis vorzu liegen, von einer solchen staatlichen Vergünstigung Nutzen zu ziehen, und doch ist ihnen noch durch den letzten Landtag die Benutzung der staatlichen Vorschüsse sehr erleichtert worden. Dies geschah durch einen Beschluß, den die Erste und die Zweite Kammer gleichlautend gefaßt haben: „Die König liche Staatsregierung zu ermächtigen, aus dem zur Gewährung von Darlehen an gewerbliche Genossen schaften bestimmten Fonds nicht nur durch Ver mittlung derartiger Genossenschaften Darlehen an Gewerbetreibende zu gewähren, sondern solche Dar lehen auch durch Vermittlung von Gemeinden, welche die Gewähr für Rückzahlung und Verzinsung übernehmen, oder aber den Gemeinden selbst zur Förderung gewerblicher Anlagen vorzuschießen." * — Aus Anlaß der bevorstehenden Reise zeit wird eisenbahnamtlich auf die Behandlung allein reisender Kinder hingewiesen. Die Bahnbe amten sind dadurch verpflichtet, sich solcher Kinder init größter Liebe anzunehmen. Bei Zug- oder Begleitpersonalwechsel sind die Kinder dem neuen oder dem Ablösungspersonal zu übergeben. Am Reiseziel sind die Kinder den sie Abholenden zuzu führen, bez. die „Adressaten" von dem Eintreffen des Kindes in Kenntnis zu setzen. Des ferneren dürfen die Kinder Mittelspersonen nicht anvertraut werden. Kann ein Kind am Reiseziel nicht den Verwandten usw. zugeführt werden bez. weigern sich diese, das Kind anzunehmen, so ist es der Polizeibehörde zur weiteren Veranlassung zu über weisen. * Dresden, 26. Juni. In Dresdner poli tischen Kreisen ist, wie den „Leipz. Neuest. Nachr." geschrieben wird, das Gerücht verbreitet, daß der Staatsminister v. Metzsch sich mit der Absicht trage, sein Amt niederzulegen, und daß er auch dahin gehende Wünsche bereits an maßgebender Stelle ausgesprochen habe. Indessen soll der König durch aus nicht geneigt sein, das Portefeuille zurückzu nehmen, aus dem einfachen Grunde, weil die Schwierigkeiten, gegenwärtig einen Nachfolger zu finden, zu groß seien. Man ist jedoch überzeugt, daß der Rücktritt des Staatsministers erfolgen wird, sobald die bevorstehende Landlagssession er ledigt ist. * Dresden, 25. Juni. In der Wohnung des Kutschers Grellmann, der verdächtig ist, den Bau schüler Fritz Schubarth ermordet zu haben, ist, wie der „Dr. Anz." meldet, nunmehr die Weste auf- gesunden worden, an welcher der an der Mord stelle im Kornfelde gefundene Westenknops fehlt. Die Haussuchung hat ferner auch die Tatsache zu Tage gefördert, daß Grellmann ein Kaninchendieb in großem Maßstabe gewesen ist. In seiner Be hausung fand man gegen 40 Kaninchen aller Rassen auf. Unter diesen befanden sich auch einige seltene Exemplare, auf deren Herbeischaffung der Kanin chenzüchterverein zu Plauen eine Geldbelohnung ausgesetzt hatte. Es geht ferner das Gerücht, daß im Besitze Grellmanns ein sechsläufiger Revolver gefunden worden ist. In diesen Revolver sollen die Projektile, die vor einigen Monaten bei einem Einbruchsversuche in Gittersee nachts auf einen dortigen Bäckermeister geschossen wurden, passen. * Dresden. Der Rat hat soeben neue und verschärfte Bestimmungen zur Verhütung der Ver breitung ansteckender Krankheiten durch Barbiere und Friseure erlassen. Diese Vorschriften erstrecken sich auf die Bedienung der Kundschaft in den Ge schäftsräumen, auf die Reinhaltung der Geschäfts räume, auf das Bedienungspersonal, Reinhaltung der Hände, Fmger und Anlegung von Ueberkleidern, auf die Ausschließung anscheinend mit ansteckenden Krankheiten behafteter Personen, ferner Vorschriften bei Bedienung der Kunden in- und außerhalb der Geschäftsräume, Gerätschaften und deren Rein haltung, Ausübung der niederen Chirurgie usw. * Dresden, 26. Juni. Die Infanterie-Regi menter 106 und 107 sind gestern mittag nach ihrer Garnison Leipzig mittels Extrazügen zurückgekehrt. Heute gegen mittag trafen die Regimenter 102 und 103 hier ein, welche ebenfalls das Regimenls- und Bngade-Exerzieren auf dem Dresdner Üebungs- gelände erledigen. * Dresden, 26. Juni. Das „Radebeul. Tgbl." hält seine Behauptung aufrecht, daß ein Komplott gegen das bestehende Reichstagswahlrecht zugunsten einer Art Pluralsystem geschmiedet werde. Es war wegen dieser Frage von dem hiesigen konser vativen „Vaterland" dementiert worden und er klärt nunmehr, daß es im Besitz des Druckstückes sei und auch Namen von Männern kenne, die hier für Beiträge gezeichnet hätten. Es ersucht daher den Redakteur des „Vaterl ", seine das „N. Tgbl." beschuldigenden Worte zurückzunehmen und sich auf dem Redaktionsbureau von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen. * Dresden, 27. Juni. Der Protest gegen den Wegfall der beschleunigten Personenzüge zwischen Leipzig und Dresden nimmt eine lebhafte Gestaltung an, Der Eingabe der Dresdner Handelskammer haben sich eine Reihe wichtiger Körperschaften und eine Anzahl von Behörden angeschlossen, u. a. der Stadtrat von Königstein, Oschatz und Dahlen, der Gemeinderat von Pötzscha, die Dresdner Gewerbe kammer, der Verein zur Förderung deS Fremden verkehrs in Dresden, die Dresdner Kaufmannschaft, der Gewerbeverein Wurzen, die Gewerbevereine zu Großenhain und Oschatz, der städtische Verein Oschatz, der Verband reisender Kaufleute Deutschlands (Sektion Leipzig) und die Dresdner Sektion desselben Ver bandes. Von weiteren Verbänden und Körper schaften steht gleichfalls der Anschluß an diesen Protest in Aussicht. * Chemnitz, 27. Juni. Auf einem Neubau der Agnesstraße stürzte gestern vormittag der 15- jährige Maurerlehrling Wenzel Biebl vermutlich infolge eines Fehltritts 4 Stock hoch herab und war auf der Stelle eine Leiche. Biebl stand auf der Giebelwand und sah der Befestigung des Hebe baumes zu, da heute Hebeschmaus stattfinden sollte. * Burgstädt, 25. Juni. Seinen Verletzungen erlegen ist am Mittwoch nachmittag jener unglück liche Mann, welcher in der hiesigen Porzellanfabrik in die Transmission geriet. Der Verstorbene war wohnhaft in Taura, hinterläßt eine sich gegen wärtig im Wochenbett befindliche Frau und ein 1'/Jähriges Kind; er wird als braver Arbeiter geschildert, der auch in Freundeskreisen sehr beliebt war. * Glauchau, 25. Juni. Gestern wurde plötz lich der Schankwirt Breterwitz, Inhaber der Restauration zur „Stadt Weltin" hier, gegen den bei der Zwickauer Staatsanwaltschaft wegen ver botswidrigen Glücksspiels eine Sache anhängig ist, verhaftet. Die Maßregel ist, wie man hört, des halb erfolgt, weil er sicy der Flucht verdächtig ge zeigt hat. * Crimmitschau, 25. Juni. Heute abend ging in einfacher aber würdiger Weise die Weihe des „Lutherhofes", des neuen Heims unserer Ge meindediakonie, vor sich, bei der Herr Pfarrer Schink die Weiherede hielt. * Werdau, 25. Juni Von der Firma Gebr. Paul, bei der vor zirka 8 Wochen 28 Former die Arbeit niederlegten, sind am Montag die Streiken den bis ans einzelne bedingungslos wieder in die Fabrik ausgenommen worden. * Aue t. S, 25. Juni. Beim Spielen auf der Straße hatte am Dienstag vormittag der elf jährige Sohn des in Bockau stationierten Straßen wärters Hermann Trümer eine geladene Spreng patrone gefunden, welche er durch Aufschlagen auf Steine zur Entzündung zu bringen suchte. Die Patrone explodierte und zerriß dem Knaben die Finger der linken Hand, so daß dieselben amputiert werden müssen. * Schönheide, 26. Juni. Völlig niedergebrannt ist gestern die Bürstensabrik von Leistner hier. — Die Entstehungsursache ist unbekannt. * Plauen i. B, 26. Juni. Das Königliche Ministerium des Innern hat heute die Einver leibung der Landgemeinden Reusa, Tauschwitz, Sorga und Kleinsriesen in den Stadt- und Schul bezirk Plauen genehmigt. Die Einverleibung er folgt vom 1. Juli d. I. ab, der feierliche Einver leibungsakt und die Uebergabe findet am 2. Juli statt. * Plauen i B., 26. Joni. Ein blutiges Familien-Drama spielte sich heute früh im Stadt teil Haselbrunn ab. Der Maurer Fritzsche war mit seiner Ehefrau in Streit geraten. In seiner Wut ergriff er sein Rasiermesser, ging damit auf seine Frau los und versuchte, ihr die Kehle zu durchschneiden. Die Frau ergriff noch im rechten Augenblicke die Flucht, hatte jedoch bereits nicht unerhebliche Verletzungen an der Kehle davonge tragen. Darnach legte Fritzsche Hand an sich selbst. Zunächst durchschnitt er sich mit dem Rasiermesser die Kehle; da der Tod aber nicht sofort einlrat, versuchte er sich an der Türklinke zu erhängen. Die Bewohner des Hauses eilten in die mit großen Blutlachen bedeckte Stube und befreiten Fritzsche von der Schlinge. Lebensgefährlich verletzt wurde der Mann ins Krankenhaus gebracht. Eine Pätere Meldung besagt: Der Maurer Fritzsche ist ein dem Trünke ergebener Mann, der seiner arbeitsamen Frau die Sorge um die fünf noch unerzogenen Kinder allein überließ. Frau Fritzsche hatte am Mittwoch die Ehescheidungsklage eingereicht, und der Mann war deshalb bereits von seiner Frau und seinen Kindern fortgezogen. Seit einigen Tagen schon war der Plan in ihm gereist, seine Frau und sich zu töten. Heute morgen, als die Kinder zur Schule gehen wollten und die Mutter an der Nähmaschine arbeitete, drang Fritzsche in die Wohnung ein, um die Tat zur Ausführung zu bringen. Die Verletzungen der Frau, die Stiche und Schnitte am Hals und im Gesicht erhalten hat, sind nicht tätlich, die des Mannes dagegen gefährlicher Art. * Annabcrg, 27. Juni. Auf der hiesigen Wolkensteiner Straße ereignete sich gestern abend gegen 7 Uhr ein eigentümlicher Unglücksfall. Aus noch nicht genau ermittelter Ursache scheute das Pferd eines leichten Kutschwagens aus Marienberg. Das Pferd stürzte auf das Trottoir, während der Kutscher durch den Anprall vom Bocke geschleudert wurde und im Bogen durch die große Fensterscheibe eines Fleischergeschäfts in den Laden flog. Der Passagier konnte rechtzeitig abspringen. Der Kut scher, der nur an der Hand verletzt war, schirrte erst noch das Pferd aus und brachte es in einen Stall, bevor er sich zu einem Arzt begab. Der Vorgang rief große Aufregung hervor. * Mölkau bei Leipzig, 25. Juni. In den letzten Tagen fiel der siebenjährige Sohn des Gärt ners Buschbeck hier in einen Wasserbehälter und ertrank. Der Kummer der Eltern ist um so größer, als der Ertrunkene das einzige Kind seiner Eltern war. * Großhartmannsdorf, 25 Juni. Heute morgen kurz nach 2 Uhr brannte hier das der verw. Seifert gehörige Anwesen gänzlich nieder. Die Besitzerin erleidet bedeutenden Schaden, da sie nicht versichert hat. Das Vieh konnte glück licherweise gerettet werden. Böswillige Brand legung wird angenommen.