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Koch ist gegen letztere Beschlußfassung, da dieser Punkt nicht auf die Tagesordnung g setzt worden sei und über die Zulässigkeit event. die Kreishauptmannschaft zu entscheiden habe. Herr RedSlob ist der Ansicht, daß einer diesbe züglichen Beschlußfassung schon heute nichts im Wege stehe. Herr Layritz kommt auf eine frühere Aussprache im Collegium zurück, wonach Anträge noch zur Verhandlung kommen können, wenn dieselben vor Eintritt in die Tages ordnung bekannt gegeben werden. Nachdem Heer RedSlob Abstimmung beantragt hatte, erklärte Herr Koch, daß er sich der Abstimmung enthalten müsse, da er Kenntniß erhalten habe von einem Brief, den er als einen „Bange- machen-Brief" bezeichnen müsfe. Herr RedSlob als Empfänger dieses vermeintlichen Briefes erklärt, daß der Inhalt deS von Herrn Bürgermeister vr. Polster er haltenen Briefe- durchaus nicht seine Wiederwahl zu be einflussen geeignet sei und stellt denselben dem Collegium zur Verfügung. Der Vorsitzende billigt die Erklärungen Koch's in öffentlicher Sitzung nicht und hätte es lieber gesehen, wenn sich Herr Koch an ihn direct gewandt hätte. Herr Stadtrath Claus ist auch im Besitze von Briefen des Herrn Bürgermeisters, die nur lobenSwertheS enthielten und die er ebenfalls gern zur Verfügung stellen würde. Herr Layritz empfiehlt die Wiederwahl auf Lebens zeit und Herr Schellenberger beantragte geheime Abstimm ung. Von den 26 Stimmen lauten 23 auf „ja", 2 auf „nein," während einer unbeschrieben war. Der Vorsitzende Herr Stadtrath Zeißig giebt seiner Freude über dieses Resultat Ausdruck und wünscht, daß die Wahl der Stadt zum Segen gereichen möge. Hierauf sollte in die Berathung der GehaltSscala eingetreten werden. Herr Stübner bemerkte hierzu, daß eS dazu noch Zeit habe, nachdem sich vorher darüber einmal ausgesprochen worden sei. Herr Stadtrath Börner er sucht den Vorsitzenden, von seinem Rechte nach 8 10 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen und die Oeffentlichkeit auszuschließen, was auch geschieht. Es folgt darauf geheime Berathung. Wie man vernimmt, soll im Collegium eine Einigung auch nach dieser Seite hin zu erwarten sein, sodaß dem Herrn Bürgermeister die Fortgehgedanken schwinden werden. Die Stadt aber kann mit dem Beschluß ihrer Vertretung nur einver standen sein, da dadurch ein Mann an der Spitze der Stadtverwaltung gehalten wird, der freudig an sein Amt herantritt und für jeden Einwohner zugänglich ist. Möge auch die fernere Wirksamkeit des Herrn Bürger meister vr. Polster in unserer Stadt von bestem Erfolge begleitet sein! — Anwachsen der Ausgaben im Sächsischen Etat. Durch das fortgesetzte Anwachsen des Sächsischen ContingentS in Folgederfortschreitenden Heeresorganisation sind naturgemäß die fortdauernden ebenso wie die-ein maligen Ausgaben erheblich gestiegen: der sächsische Etat für 1901 weist gegen 1891 in den fortlaufenden Aus gaben ein Mehr von 13 294 416 Mark auf. Ein malige Ausgaben sind in diesem Zeitraum erforderlich gewesen: 89 057 085 Mk. Auch hier findet dieses er hebliche Anwachsen seine naturgemäße Erklärung cines- theils in der bedeutenden Heeresverstärkung und anderer seits in den zahlreichen Neubauten, welche dadurch nöthig wurden. Die Stärke der Sächsischen Armee ist in den 10 Jahren von 1891 bis 1901 erheblich angewachsen; der Etat weist ein Mehr von 386 Officieren, 8 638 Mann, 36 Aerzten, 39 Beamten bei den Truppen, 1 288 Dienstpferden nach. — Dem „L. T." wird über eine neue Sparsam keitsmaßnahme der sächsischen Staatsbahnver waltung in Folgendem berichtet: „Bisher waren auf den sächsischen Bahnen die Zugführer bahnseitig mit einer guten richtig gehenden Uhr ausgestattet. Ab 1. August werden diese sogenannten CurSuhren eingezogen und haben die Zugführer von diesem Zeitpunkte ab, wie die anderen Bediensteten der Staatseisenbahnver- waltunq, richtig gehende Eigenthumsuhren selbst zu be- schaffen und im Dienste bei sich zu führen. Die Dienst uhren werden an kauflustige Eiscnbahnbedienstete, in erster Linie an Zugführer und Schaffner, bestmöglich veräußert." — MiUtäranwärter. Im Interesse der Erlangung und Erhaltung einer tüchtigen Unterosfizierkorps in der sächsischen Armee wurde angestrebt, das Militäranwärter wesen, d. h. diejenige Einrichtung, durch welche Inhaber des Civilversorgungsscheine« — insbesondere Unteroffi ziere nach 12jähriger aktiver Dienstzeit — eine geeignete Civilanstellung erlangen können, möglichst zu Gunsten der Militäranwärter aurzugestalten und zu verbessern. Im Einvernehmen mit den anderen Ministerien gelang e» neuerdings, den Militäranwärtern eine gegen früher wesentlich größere Anzahl, namentlich der besseren Be amtenstellen im Civilstaatsdienst zugängig zu machen und ihnen die Bewerbung um solche Stellen zu erleichtern. Die Ausführung dieser weitgehenden Fürsorge für Militär anwärter wird durch die staatlichen Aufsichtsbehörden überwacht und durch die einzelnen Ministerien geprüft. — Ist das Inventar einer Restauration als Zubehör des Grundstücks anzusehen? Diese für Gastwirths. und Brauereikreise interessante Frage be- schäsligte kürzlich das Reichsgericht, welches dieselbe im bejahenden Sione entschieden hat. Der Sachverhalt ist folgender: Der Pilsener Aktienbierbrauerei in Pilsen war ein dem Schankwirth B. in Dresden gehörende» Grund- stück hypothekarisch verpfändet, dasselbe besteht aus Erd geschoß und 4 Lteckwerken. Im Erdgeschoß und dem Keller, sowie in zwei Zimmern des ersten Stockes wurde von B. die Schankwtrthschaft betrieben, auf Grund einer Schank, und Gasthofsgerechttgkeit, welche auf da» Grund buchblatt des Grundstücke» eingetragen ist. Die übrigen Räume de« Hause« waren als Wohnungen vermiethet. Da» zum Wirthschaftsbetrieb bestimmte, in den Restau- rationsräumen befindliche Inventar ist Eigenthum des B. Dieser war in Concur« gerathen. Als nun der Concur«- verwalter auch dieses Restaurationsinventar versteigern lassen wollte, erhob die Pilsener Akttenbrauerei Einspruch mit der Begründung, daß das Inventar Zubehör des Grundstückes sei. Infolge der in diesem Sinne eingc- leiteten Klage erreichte die Klägerin (die Pilsener Aktten brauerei) eine einstweilige Verfügung, wonach jede Weg schaffung und Veräußerung von Jnventarstücken unter- sagt wurde. Der vom Concursverwalter erhobene Wider spruch wurde vom Landgericht Dresden zurückgewiesen. Auf die vom Concursverwalter eingelegte Berufung hat aber das Oberlandeigericht Dresden die einstweilige Ver fügung aufgehoben, weil die überwiegende Einrichtung des Hauses zu Miethrräumen dieses al» Wohnung-ge- bäude charakterifire, in dem zugleich eine Restauration betrieben werde, deren Räume einen verhältnißmäßig so kleinen Theil de» Gebäudes umfaßten, daß das Restau. rationsinventar nicht als Zuhörer des Grundstücke» im Sinne der 88 97, 98 des Bürgerlichen Gesetzbuches an zusehen sei. Gegen dieses Urtheil legte die Brauerei Revision beim Rnchsgericht ein, welche auch Erfolg hatte, indem der fünfte Civilsenat diese» höchsten Gerichtshofes das Urtheil der Oberlandesgerjcht« aufhob und unter Zurückweisung der Berufung das Urtheil des Landge- richts Dresden wiederherstellte. Aus den Gründen des Reichsgerichts ist zu erwähnen: Zu Unrecht gehe das Berufungsgericht von der Ansicht au«, daß die dauernde Einrichtung eines Hause« zu einem Gewerbebetriebe sich nicht daraus folgern lasse, daß in einzelnen dazu einge richteten Räumen das Schankgewerbe betrieben werde und daß dadurch dem Gebäude selbst ein besonderer Charakter aufgedrückt worden sei, der dazu berechtige, das Restaurations-Inventar als zum Dienste des wirth- schaftlichen Zweckes des Hauses bestimmt anzusehen. Die angewandte Auffassung der 88 97 und 98 des Bürger lichen Gesetzbuches beruhe auf rechtsirrige Voraussetzungen. Schon in einem früheren Urtheil hat das Reichsgericht auf Grund des Preuß. Allgem. Landrechts entschieden, daß, wenn ein Grundstück auch nur zu einem Theil zum Betrieb eines Geschäfts oder Gewerbes dauernd einge richtet ist, die dem Betriebe dieses Geschäfts oder Ge werbes zu dienen bestimmten Sachen, welche zu dem Grundstück in ein ihrer Bestimmung entsprechendes räum liches Verhältniß gebracht sind, Zubehör dieses Grund- stückes sind. Der durchschlagende Grund für die Zube- hörigkeit beruht darin, daß das, was dem Brstanvtheil eines einheitlichen Ganzen dient, der Natur der Sache nach auch dem Ganzen dient und den Werth des Ganzen erhöht. Dieser Grund trifft auch für da» Bürgerliche Gesetzbuch zu. Bei einem Gebäude erfordert dasselbe für die Zubehöreigenschaft des Gewerbeinventars n-chtS weiter, als daß das Gebäude für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet sei, daß sein Verwendungs zweck bei der Einrichtung als ein unabänderlicher geplant gewesen sein müsse, ist nirgends bestimmt. Was aber für ein Gebäude als Ganzer gilt, das muß wegen der Einheitlichkeit des Zubehörbegriffs auch für einen Theil des Gebäudes gelten. — Die Verantwortung des Vermiethers. Eine bedeutsame Entscheidung hat jüngst das Reichsgericht gefällt. Der Eigenthümer eines Grundstücks hatte das letztere an einen Restaurateur vermiethet, der durch Veranstaltungen von Gartenconcerten und ähnlichen Vergnügungen die Ruhe der Nachbarschaft in so be deutendem Maße störte, daß die Miether der benachbarten Grundstücke ihren Hauswirthen gegenüber Beschwerde führten und im Falle weiterer Störungen mit dem Rücktritt vom Vertrage drohten. Einer der benachbarten Grundstücks-Eigenthümer erhob hierauf gegen den Besitzer des Grundstücks Klage auf Abstellung jenes Lärms, der über das gewöhnliche Maß des Gastwirths- lärms weit hinausginge. Das Landgerichtin erster Instanz und auch das Berufungsgericht wies die Klage ohne Weiteres ab, da nicht der Eigenthümer, sondern höchstens der Miether als „Störer" zu betrachten sei. Das Reichsgericht jedoch hat diese Rechtsauffassung für irrig erklärt. Wenn der Vermiether auch berechtigt ist, sein Grundstück nach Belieben zu benutzen und dem Miether auch nicht versagen darf, die Miethsräume in dem seinem Gewerbe entsprechenden Maße zu verwerthen, so stellt doch jener übermäßige Lärm einen Mißbrauch der Miethsräume dar, der dem Vermiether das Recht giebt, nach vergeblicher Abmahnung des Miethers sogar die sofortige Räumung der Miethsräume zu verlangen. Macht der Vermiether von diesem Rechte nicht Gebrauch, sondern duldet die Fortsetzung des die Nachbarschaft belästigenden Treibens, so macht er sich zum Mitschuldigen und ist gleichfalls dem Nachbar, der in seinem Eigen thumsrecht unbedingt gestört ist, verantwortlich. — Eine Versammlung thüringischer und sächsischer Großindustrieller, welche am Sonntag in Eisennach tagte, beschloß, nach dem Vorgang des Vereins pommerscher Industrieller, bei der Reichsregierung und dem BundeSrath wiederholt um die Zulassung der Be schäftigung ausländischer Arbeiter in Privatbetrieben zu ei suchen. Dresden, 30. Juli. Das hiesige König!. Schöffen gericht verhandelte heute gegen den verantwortlichen Re dakteur der „Dresdner Rundschau", Rudolf Quanter, wegen Beleidigung. In dieser Sache waren sieben Zeugen vorgeladen. Dem Angeklagten wurde beigemeffen, durch Aufnahme eine« Artikel« in die Nummer 25 vom 22. Juni d. I. der „Dresdner Rundschau" den Dr. med. Schaumann und Fräulein Kirsten, beide hier wohnhaft, dadurch beleidigt zu haben, daß darin wahrheit-widrig behauptet wird, Beide hätten theil« in der Sprechstunde des Arztes, theil« in einer ermietheten Wohnung, theil« auf der Reise unlauteren Umgang gehabt. Quanter konnte in keiner Weise für die in dem inkrtminirten Artikel ausgestellte Behauptung den Beweis erbringen, der Angeklagte hat denselben nur auf anonyme Mit- theilungen zum Abdruck gebracht und nicht einmal für nöthig gehalten, in Bezug auf die schweren Anschuldig ungen Erkundigungen einzuziehen. Das Urtheil lautete auf 1 Jahr 9 Monate Gefängniß. Dresden, 30. Juli. Die „Dresdner Nachrichten" melden: In der heutigen gerichtlichen Gläubiger-Ver- sammlung der Aktiengesellschaft vorm. O. L. Kummer u. Co. erstattete der Concursverwalter Justizrath Dr. Mittasch einen längeren Bericht, nach welchem einem AktivenBestand von 5 545 922 Mark eine Passiven- Schätzung von 12189 447 Mark gegenübersteht. Eine einigermaßen bestimmte Angabe über die ConcurSdividende läßt sich noch nicht machen. Es wurde ein Gläubiger- Ausschuß gewählt. — Gegen die Erhöhung der Getreidezölle hat der Gewerbeverein des Plauenschen Grundes in Deuben bei Dresden einstimmig eine Resolution angenommen. Die Mitglieder deS Gewerbcvereins zählen «n ihrer Mehrzahl zur conservaiiven Partei. In der DiScussion schloß sich der Vorsitzende deS conservativen Wahlausschusses bei der letzten LandtazSwahl, Fabrikdirector Grützner, ebenso wie der konservative Vorsitzende des Verbandes der evangelischen Arbeitervereine im Plauenschen Grunde, Schlossermeister Günther, den Ausführungen deS Referenten gegen die drohende Getreidezoll-Erhöhung an und empfahl eine geharnischte Resolution, die auch den beiden Abgeordneten des Kreises zur Kenntnißnahme zugehen soll. — Eine in Chemnitz wohnhafte ledige Plätterin versuchte ihr 12 Wochen altes Kind durch Gift zu tödten. Eine Frau, die das Kind in Pflege hatte, wurde bald auf den Vorfall aufmerksam, da das Bett von der ätzen den Flüssigkeit in Mitleidenschaft gezogen war. Das Kind fand im Krankenhause Aufnahme, während die Mutter verhaftet wurde. Neumark, 30. Juli. Heute früh '/,5 Uhr ist auf der hiesigen Station der Bahnrevisor Popp von einem Personenzug der Linie Zwickau-Plauen überfahren und sofort gelödtet worden. Vermischtes. * Mitgift, Liebe und — Leipziger Bank. Weil er noch ohne Stellung und ohne Vermögen war, wie« vor einiger Zeit eine RentierSwittwe in München einen jungen Architekten schnöde ab, der sich um die Hand ihrer Tochter bewarb. Die Thränen de» eigenen Kinde» rührten ihr Herz so wenig, wie die Bitten der fremden Jünglings; sie suchte und fand alsbald eine passende Partie für die Tochter. Ein auswärtiger Kaufmann sollte sie heimsühren, und mit ihr außer der Ausstattung noch eine Mitgift im Betrage von 35000 Mark, zahlbar sechs Wochen vor der Hochzeit. Die Verabredung wurde genau inne gehalten, pünktlich erhielt der Bräutigam die Summe in Aktien der Leipziger Bank. Er quittirte ge schäftsmäßig: 35 000 Mark in Wertpapieren habe ich am heutigen Tage als Mitgift von Frau Brichtig er halten. ' Pünktlich reiste er auch zur Vermählung nach München, und am festgesetzten Tage fand Morgens 9'/, Uhr die Eheschließung auf dem Standesamts statt, der im Laufe des Vormittags die kirchliche Trauung folgen sollte. In der kurzen Zwischenzeit aber erfuhr der Bräutigam, daß die ihm übergebenen Aktien in Folge des Concurse» der Leipziger Bank werthlos geworden seien. Daraus verlangte er von der Schwiegermutter, sie solle ihm sofort noch vor der Fahrt in die Kirche den Schaden ersetzen. Als diese antwortete, da« sei ihr unmöglich, erklärte er als vollkommener „Gemüthsmensch", er habe das Mädchen nur der Mitgift wegen gefreit, um sein Geschäft erweitern zu können, wenn ihm also der Verlust nicht ersetzt werde, sei auch er nicht in der Lage, sein Wort einzulösen. Da Frau B. thatsächlich nicht nochmals Geld geben konnte, entfernte sich der liebevolle Schwiegersohn mit der Bemerkung, er werde schriftlich von sich Nachricht geben. Ec legte den Frack ab, ließ Braut und Hochzeitsgesellschaft einfach sitzen, fuhr in die Heimath und sandte von einer Station unterwegs ein Telegramm, daß er, da die Schwieger mama da« Abkommen nicht eingehalten, nicht gesonnen sei, ihre Tochter als Frau in sein Haus einzuführen. Mutter und Tochter reisten ihm nach, fanden aber ver schlossene Thüren. Sie kehrten unverrichteter Sache nach München zurück. Inzwischen hatte der Architekt von dem Schicksal seiner Geliebten erfahren, er erneuerte seine Bewerbung und fand jetzt auch bei der Mutter ge neigte« Gehör. Man sah die beiden Liebenden de« öfteren zusammen. Kaum erfuhr hiervon der lieben«, würdige Ehemann, als er gegen seine Frau eine Ehe-