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sich dieser Schädling in unserem Klima durch die geflügelte Reblaus weiter vermehrt. Den an den Wurzeln der Rebstöcke lebenden Insekten ist natürlich durch die Vögel nicht beimkommen. Wie ist es nun möglich den Bestand der so überaus nützlichen Vögel in den Weinbergen zu heben? Wir fassen zunächst die Verhältnisse im Rheingebiet ins Auge, hier muß vor allen Dingen durch Aufklärung unter den Bewohnern gewirkt werden. Es ist ein uraltes Recht der Be völkerung, Waldstreu aus den benachbarten Wäldern holen zu dürfen, da nach altem Aber glauben der Heu- und Sauerwurm eine Zwischen entwickelung im Waldboden durchmacht. Man glaubt durch Sammeln der Waldstreu gleichzeitig den Schädling zu bekämpfen; in Wirklichkeit vernichtet man aber das Unterholz im Walde und damit eine Unmenge Vogelbruten. Man achtet deshalb auch nicht allzu sehr auf die Vogelnester. Ta man sie im Walde zufällig mit vernichtet, nimmt man auch keinen Anstand, sie mutwillig zu zerstören. Namentlich geht der Jugend vielfach das rechte Verständnis für die Nützlichkeit der Vogelwelt ab. Ein durchgreifender Erfolg ist nur durch Anlegung von Zwischenkulturen möglich. Man muß die Hecken, die einst an den Rändern der Wege und Weinberge und an den Ufern der Flüsse standen, wieder Herstellen, die Böschungen der Hohlwege und Dämme mit Strauchwerk bepflanzen und die Straßen wieder mit Baum reihen besetzen. Die Furcht vor dem Schatten muß weichen; man muß ein kleines Übel in den Kauf nehmen, wenn man dadurch einem größeren steuern kann. Durch Strauchwerk und Bäume erhöht man die Sicherheit der Meiien- arten, die nur im äußersten Notfälle über offenes Gelände fliegen, die kahlen Weinberge also möglichst meiden. Ausgezeichnete Erfolge hat man damit in den Wembergsfluren der Gemarkung Hochheim zu verzeichnen, und zwar bereits im ersten Jahre, seit man dort Vogelschutz treibt. Die baumleeren Weinberge wurden früher fast gar nicht von Vögeln beflogen, namentlich mieden die Meisen das ihnen keinerlei Schutz bietende Gelände. Nach Anlegung von Vogelschutzgehölzen, An bringung von 1500 Nisthöhlen und Einrichtung einer ausgiebigen Fütterung an etwa 80 Plätzen, die man zum Anlocken und Eingewöhnen der Vögel auch auf den Sommer ausgedehnt hat, ist der Vogelreichtum bedeutend in der Zunahme begriffen. Um die Zuleitung in die Weinberge zu fördern, werden die Vögel vorläufig nur noch dort, nicht mehr in den Ortschaften gefüttert. Man geht jetzt an vielen andern Orten, namentlich auch in den Weinbergen der preußischen Domänen im Nahetale usw. systematisch mit der Pflege des Vogelschutzes vor; es ist auch höchste Zeit,' daß man auf diese Weise einen gründlichen Kampf gegen den Heu- und Sauerwurm auf nimmt; der Schaden, den dieser Schädling den Rebkulturen alljährlich zufügt, beziffert sich auf ungezählte Millionen. Es ist ferner zu empfehlen, nicht nur in den Weinbergen selbst, sondern auch von Gemarkung zu Gemarkung Zwischenkulturen anzulegen, die den Vögeln ausreichende NfftgAegenheiten bieten, man errichtet dadurch natürliche Schutzdämme gegen die Schädlinge. Sehr gut eignen sich die Nordseiten der Weinberge hierzu, da diese ja ohnehin nur Wein geringerer Qualitäten hervor zubringen vermögen. Bei n cht sachgemäßer Anlegung der Zwischen kulturen und Vogelschutzgehölze ist die Herauf beschwörung einer weiteren Gefahr nicht ganz ausgeschlossen; denn manche Schädlinge, z. B. der Traubenwickler, können eine Zwischenentwickelung in den Hecken durchmachen, um daun aufs neue in noch größerer Zahl in den Weinberg zurück zukehren. Aber bei sorgfältiger Auswahl „der Pflanzen für die Hecken kann man dieses Übel wohl oerhüten. Man vermeide alle beeren tragenden Straucharten und verwende zu den Hecken an erster Stelle Nadelhölzer, vor allen Dingen Wacholder*) oder Fichte, sehr gut eignet sich auch Hainbuche. Sind die Vögel erst in großer Anzahl ange siedelt, so werden sie auch in den Zwischen kulturen bald mit dem Ungeziefer aufräumen. Es ist nun allgemein bekannt, daß zahlreiche Jnfektenarten dem Heu- oder Sauerwurm, sowie anderen Schädlingen als natürliche Feinde gegen überstehen; es sind dies die Raub-oder Schmarotzer insekten, namentlich die Schlupfwespen. Wie verhalten sich nun die Vögel zu diesen? Ver nichtet man mit einem planmäßigen Vogelschutze auch die natürlichen Feinde der Rebschädlinge? Nach den Beobachtungen vr. Rörigs ist diese Frage zu verneinen. Die Raubinsekien haben fast durchweg einen den Vögeln unangenehmen Geruch und sind auch imstande, sich ausgezeichnet zu verbergen, was wohl ihre Raubtätigkeit mit sich bringt. Wenn wir also den Vogelschutz fördern, führen wir wohl einen Kampf gegen die Kultur schädlinge, vernichten aber keineswegs damit auch unsere Verbündeten aus der Jnsektenwelt, die nützlichen Raubinsekten. In den Weinbergen *) Hier möchte ich besonders den virginischen Wachol der empfehlen, der unser Klima ausgezeichnet vertrügt und von den Vögeln sedr gerne als Niststütte angenommen wird. Der gemeine Wacholder ist zwar auch ein gesuchter Nistplatz für Freibrüter, er hat aber die unangenehme Eigenschaft, daß seine trockenen, scharfen Nadeln in die mit Eiern besetzten Nester fallen und diese darum von den Vögeln verlassen werden. Der virginische Wacholder dagegen hat weiche Nadeln. Wk" Köstverkaufs- und HermiLLetungsstelle des Landes-