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119 Baumes und hat deshalb im Laufe der Zeit eine Kultursteppe geschaffen. Es wird auch schwer hatten, die Bevölkerung völlig von dieser Kulturmelhode abzubringen. Die insektenfressenden Vögel, die eifrigen Verbündeten des Menschen im Kampfe gegen den Heu- und Sauerwurm und andere tierische Schädlinge hat man durch Beseitigung von Bäumen und Gesträuch ihrer Nistgelegenheiten beraubt. Die völlige Vertreibung und Ver nichtung der Vogelwelt führte schließlich die Be kämpfung von ksroQosxoru mit Schwefel und Kupiervilriollösung herbei. Durch die Spritz- flüssigkeit wurden nicht nur Eier und Brut der Vögel im Neste zerstört, der Genuß vergifteter Insekten führte auch den Tod fo manches Vogels herbei. Die einstigen Charaktervögel der Weinberge, Girlitz und Hänfling, die früher häufig im Efeu der Weinbergsmauern, ja oft auch in den Weinstöcken selbst nisteten, kommen heute dort kaum mehr vor, höchstens findet man einmal ein Nest oben im Spalier, wo die Spritzflüssigkeit nicht hinreicht. Die Bekämpfung von keronosporu durch Kupfervitriol wird jedenfalls auf absehbare Zeit durch kein anderes Mittel ersetzt werden können, da nach den angestellten Versuchen weder ein natürlicher Rückgang zu erwarten, noch eine biologische Bekämpfung möglich ist. Zur Bekämpfung der tierischen Rebschädlinge hat man neuerdings, veranlaßt durch die günstigen Erfolge, die man im Forstbetriebe damit erzielte, die Vogelwelt systematisch heranzuziehen gesucht Daß dies keine leichte Sache ist, ergibt sich aus den geschilderten ungünstigen Verhältnissen. Hier ist besonders das Weinbaugebiet Hochheim am Mam mustergültig vorgegangen; auch haben die Weinbauschulen keinerlei Mühe gescheut, den Erfolg herbeizuführen. Man hat nun zuerst die Frage zu beantworten gesucht, welche Vögel als Vertttger der Reb schädlinge an erster Stelle in Frage kommen, damit man diesen zunächst ausgiebigen Schutz angedeihen lassen kann. Zuerst wären hier der Kleiber (oder Spechtmeise) und die anderen Meisenarten zu nennen. Namentlich ist der Kleister der beste Verbündete des Winzers; er bearbeitet die Weinstöcke systematisch, einen nach dem andern; er ist auch imstande, die Rinde des Weinstockes etwas aufzureißen, um die Puppen des Sauerwurmes darunter hervorzuholen. Der Kleiber kann einen Weinberg gründlich vom Heu- und Sauerwurm befreien. Allerdings kommt er nur in den Weinbergen vor, die dicht an Wälder oder Gärten grenzen; er ist also in den Weinbergen am Rhein, die sich an kahlen Hängen hinziehen, gar nicht, oder doch nur höchst selten, zu finden. Die Meisen gehen zwar in jeden Weinberg, am liebsten jedoch auch nur in solche, die Baumschutz in der Nähe haben; ihre Arbeit ist jedoch durchaus nicht so gründlich, als die des Kleibers. Abgesehen von der Kohlmeise, sind sie auch nicht imstande, die Rinde des Weinstockes zum Hervorholen der Puppen aufzuhacken. Immerhin ist aber die Tätigkeit der Meisen durchaus nicht etwa zu unterschätzen. Großen Nutzen stiften sie vor allen Dingen in den Weinbergen, wo die Weinstöcke unter Kopferziehung stehen. Der Sauerwurm, der sich nicht gern direkt an der Erde verpuppt, setzt sich bei dieser Kultur am Kopfe der Rebe fest, was den Meisen das Ab suchen erleichtert. Viele andere Vogelarten sind dem Weinbau ebenfalls nützlich, allerdings meist nur durch V-rtilgung der zufällig gefangenen Schädlinge. Hier wären besonsters der Wendehals und die Fliegenschnäpperarten zu erwähnen. Nicht zu unterschätzen ist die Vertilgungsarbeit, die die Schwalben, namentlich die Rauchschwalben, leisten. Am Rhein kann man beobachten, wie die Schwalben stundenlang über die Wingertsfluren fliegen und eifrig Jagd auf Motten abhalten. Bei regnerischem Wetter, wenn sich die Mmwn an den Wein-. stöcken festsetzen, fliegt die Schwalbe gegen die Blätter und jagt die Insekten auf. um fie dann im Fluge zu erhaschen. Dieselben Beobachtungen hat man auch anderwärts an Obst- und Wald- stäumen gemacht. Von den körnerfressenden Vögeln ist der Girlitz und der Hänfling zu erwähnen, aller dings kommen sie nicht allzu sehr zur Geltung. Direkten, zuweilen sehr großen Schaden richten die Sperlinge, die Wanderstare im Herbste und die Amseln, wenn sie zu stark auftreten, im Weinberge an. Durch Auhacken der Trauben sind sie oft die Urheber des Essigstiches, der die ganze Traube, ja den ganzen Aller verseuchen kann. Man hat deshalb den Winzern schon längst die Vertreibung dieser Arten durch blinde Schüsse zugestanden. Den Gioll gegen die Wansterstare kann man den Winzern nicht allzu sehr verargen, da diese in ganz anderen Land strichen brüten, ihre Jnsektenvertilgungstätigkeit also einer anderen Gegend zugute kommt, während sie bei ihrem Auftreten im Weinberge nur Schaden anrichten. Viele Schädlinge, namentlich die Motten des Traubenwicklers, fallen zur Nachtzeit den Fledermäusen zum Opfer. Diese Pseudovögel sind des Nachts mindestens ebenso nützlich, wie es die Schwalben am Tage sind. Die Vogel schutzvereine haben die Fledermäuse deshalb auch schon längst unter ihre Schützlinge ausgenommen. Ob die Reblaus mit Hilfe der Vögel bekämpft werden kann, ist eine offene Frage, da man zurzeit noch nicht mit Bestimmtheit weiß, ob