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Zeitschrift für Obst- und Gartenbau. Agan üv Lmi>e;-HllbliDelm; sm dar InigniH SsHsen. Älchtundzwanzigster Jahrgang. Neue Folge. Redakteur: Gartenbau-Inspektor Kark Wraunbavt in Meißen, Geschäftsführer des LandeS-Obstbauvereins für das Königreich Sachsen, unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner. Monatlich erscheint eine Nummer. — Preis pro Jahr 3 Mark inkl. Porto, einzelne Nummern 30 Pf. Inserate sür die gespaltene Petitzeile oder deren Raum 25 Pf. — Beilegcgebühr für 1000 Exemplare 10 Mark netto. Alle für die Redaktion bestimmten Zuschriften sind zu richten an Herrn Gartenbau-Inspektor CarlBraunbart in Meißen, Bismarckstraße 17. Anzeigen-Geschäftsstelle und Expedition: C. Heinrich, Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung in Dresden-N., kl. Meihnergasse 4. Inhalt: Aufsätze: Entfernt die alten Bäume, die euch nichts mehr versprechen. — Landes-Obstsortiment für daS Königreich Sachsen. — Bericht über die Bermittelungsstelle für Obstverkauf in Dresden für das Jahr 1901. — Aus den Vereinen. — Aus den Lehranstalten. — Kleine Mitteilungen: Hochstamm oder Halbhochstamm. — Anzeigen. Entfernt die alten Bäume, die euch nichts mehr versprechen. Im Kuhstall versteht es heute der Bauer meist ausgezeichnet zu wirtschaften. Sobald er glaubt, eine Knh gebe ihm zu wenig Milch oder ver werte ihm das Futter zu schlecht, so wird sie ausrangiert. Weniger gut versteht im allge meinen der Landwirt in den Obstanlagen zu wirtschaften, er hängt meist zu sehr an den alten Bäumen. Wie jedes Geschöpf eine Zeit der Entwickelung, eine Zeit der vollen Kraft und eine Zeit des Abnehmens und schließlich Erlöschen der Kräfte hat, so ist es auch beim Obstbaum. Solch überlebte Exemplare, die kaum mehr Kraft haben, ihre Äste und Zweige alle zu ernähren, die hohl sind und seit Jahren wenig getragen haben und zum Schaden des Besitzers vegetieren, sieht man oft noch im größern Teil unserer Obstanlagen. „Er hat erst noch getragen und er hätte eben eine gute Sorte und es geht gar lange, bis ein junger nachgewachsen ist"; das sind gewöhnlich die Worte, die man für das Stehenlassen solcher Bäume einlegt. Wir sind weit entfernt, jemandem empfehlen zu wollen, alle alten Bäume zu ent fernen, denn die großen Bäume liefern die großen Erträge, aber wenn solch ein alter Geselle nur noch selten trägt, kleine, krüppelhafte Früchte liefert und durch das schlechtenwickelte Blattwerk und Absterben von Zweigen und Ästen alle An zeichen da sind, daß von ihm nichts mehr zu erwarten ist, so entfernt man einen solchen Baum je eher desto besser. Weder durch Zurück schneiden noch Düngen kann ihm die Lebenskraft wieder gegeben werden, denn auch für Obstbäume giebt es keinen Jungbrunnen. Der Holzwert ist dann auch bedeutend größer, als wenn die Bäume morsch und selbst bereits dürr geworden sind. Viele Baumbesitzer wollen solch alte, hohle Bäume noch durch Umpfropfen ausnutzen. An fänglich hat man dabei noch anscheinend gute Erfolge, aber im allgemeinen geht man auch hier viel zu weit. Ich war früher auch der Ansicht, das Umpfropfen lohne sich noch in den meisten Fällen, aber die Erfahrung hat mich eines Bessern belehrt. Solch umgepfropfte Bäume machen an fänglich ganz befriedigende Holztriebe und tragen das ersten Mal schöne große Früchte, dann geht es aber meist rasch abwärts. Die Früchte werden immer kleiner und mit dem Trieb ist es fertig. Es sind nun eine Reihe Jahre verflossen, während welcher Zeit ein Jungbaum herangewachsen wäre. Wir müssen immerhin in Betracht ziehen, daß es bei einem veredelten Baume im günstigsten Fall drei Jahre geht, bis er Früchte trägt und daß das Umpfropfen Geld kostet, weshalb man genau prüfen muß, ob sich ein Baum noch zum Umpfropfen lohnt oder nicht lohnt. Sobald ein Baum gesund ist und eine günstige Formation der Krone aufweist, so wird sich das Umpfropfen lohnen, auch wenn er groß und alt ist. Ich rede