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Qnsikulilig uncl äock gericbret. Im Mittelalter betrieb man oft genug eine mehr wie seltsame Justiz. — Die Frau eines Bürgers in Nürnberg, Marie Schönin, trank öfters über den Durst,' und im Zustand der Trunkenheit be-? schuldigte sie sich selbst eines Kinds- i Mordes und behauptete gleichzeitig, die! Dorothea Harlin aus Nördlingen sei! ihre Mitschuldige. Das Gericht schenkte dieser Selbstanklage sofort Glauben und unterzog die Härlin einem Verhör, in welchem disse jedes Mitwissen und jede Mitschuld an einem Kindesmord energisch in Abrede stellte. Jetzt drohte ihr der Richter mit der Folter, wenn sie nicht i als wahr bekenne, was die Schöni« ausgesagt, und diese Drohung erschreckte! die arme Frau derartig, daß sie aus i Angst vor den Folterschmerzen diese lieber gar nicht an sich herankommsn ließ, sondern sofort alles zugestand, was die Anklage ihr zur Last legte. Damit war die Sache spruchreif, und beide Frauen wurden zum Tode durch das Schwert verurteilt, Am Tage der Hin richtung zog mit den Verurteilten eine Menge Volk zum Rabenstein hinaus. An der Richtstätte vor dem Frauentor angekommen, betrat Marie Schönin zuerst das Schafott und nahm auf dem Armensünderstuhle Platz. Hier, im letzten Augenblick, als schon der Scharf-! richter das Richtschwert entblößt hatte,! begann sie laut zu weinen und rief dem ihr Trost zusprechenden Priester die Worte zu: „Es ist ja gar nicht wahr, daß ich ein Kind ermordet habe, darum kann ich nicht sterben, bevor ich Absolu- Äon dafür empfangen habe, daß ich durch eine falsche Anzeige eine so große! Sünde auf mich geladen habe." Deru Priester begab sich zu dem die Exekution! leitenden Richter und teilte ihm mit,! was sich auf dem Schafott abspielte. Dieser trug ihn auf, die Härlin zu be fragen, die unten am Schafott stand. Sie konnte natürlich auch nur ihr Un schuld nochmals beteuern. Droben auf dem Schafott benimmt die weinende Schönin dem Schafrichter die Kaltblütig keit und Fassung: drunten murrt und drängt das Volk: der Richter ist ratlos und schickt schließlich einen reitenden Boten in die Stadt, läßt den Vorfall Mitteilen und anfragen, was weiter unter diesen Umständen geschehen solle. Die Ratsherrn aber halten sich an den! gefällten richterlichen Spruch und schicken ! den gemessenen Befehl zurück, die beiden Hinrichtungen sofort ausführen zu lassen. Wie befohlen, so geschah es, und so staroen die beiden Frauen den Tod unter Henkershand für ein Verbrechen, das gar nicht begangen worden war. — - Aus fernen Zonen. ^Lrkiscke ScbwLlbenIcgcncie. Die Türken erzählen folgende Fabel: war einmal ein König, der halb Mensch, halb Fisch war. Dieter König wollte eines Tages wissen, welches von allen Tieren das süßeste Blut hätte, und schickte die Insekten hierhin und dorthin, um das auszukundschaften. Die Moskitofliege kam zuerst wieder und brachte den Bescheid, nach ihrem Ge schmack sei unstreitig das Blut der Menschen das angenehmste. Der König, der die Menschen nicht gut leiden mochte, war entzückt von dieser Kunde und be fahl alsbald, man sollte ihm ein Bad von Menschenblut bereiten, einen See, in dem er umherschwimmen und wohnen könnte. Da schoß die Schwalbe, die alles mitangehört hatte, auf ihn her- niedex und biß ihm mit solcher Gewalt in die Zunge, daß er von Stund an stumm war. Als er in seinem Grimme fie fassen wollte, war sie davongeflogen, von der Höhe des Himmels rief sie ihm zu: „Von nun an will ich bei den Menschen wohnen, die ich gerettet habe, und du wirst es nicht wagen, mich dahin zu verfolgen!" Oie lböcsen Ues Oey. Miß Brougtbon. eine englische Reisende und Schriftstellerin, erzählt in einem ihrer Werke „Sechs Jahre in Algier", folgendes: Während der Audienzen, welche der Den von Algier gab, lagen immer einige junge Löwen um ihn herum und dienten ihm als Fußschemel. Zur Zeit Achm.et Paschas genoß ein Löwe diese Ehre, welcher erst in späterem Alter dazu verwendet wurde. Er war schon beinahe ausgewachsen, und mein Vater bemerkte Seiner Hoheit, welche Gefahr damit verbunden sei. Diese lebendige Fußbank hatte merkwürdiger weise einen auffallenden Widerwillen gegen meinen Vater. So oft der Löwe einen Blick auf die scharlachrote englische Uniform desselben warf, brach er in ein lautes Brüllen aus und floh aus dem Gemache. Als er einst bei dem Eintritt meines Vaters plötzlich sich erhob, fiel der Den, dessen Füße auf seinem Rücken ruhten, rücklings um. Lachend erhob sich Achmet wieder und sagte zu meinem Vater: „Sir sehen, daß selbst Löwen vor einer englischen Uniform erschrecken!" Allerlei Wissenswertes. Berufskrankheiten kennt man von jeher. So sind die Bergarbeiter der Wurmkrankheit ausgesetzt, die Schorn steinfeger machen eine Kniekehlenent zündung durch, di? Zwirndreher leiden an Schindsucht, und die Setzer werden oft von Bleivergiftung bedroht. Da ist es nun ein wahrer Trost zu wissen, daß es auch gesunde Berufe gibt, die geradezu vorbeugender Natur sind. Allen voran sind da gerade die Seher, die Epidemien gegenüber vielfach gesichert sind. Wenig stens fiel der großen Choleraepidemie in Hamburg nicht ein Setzer zum Opfer, und als Chile von der Seuche heim gesucht wurde, erkrankte nicht ?in Mit glied des Buchdrucker- und Setzeroer bandes. Dieselbe Bemerkung wurde in Lissabon unb bei einer Epidemie in Valparaiso gemacht. Nach den Angaben einiger Gelehrten enthält das Eiweiß und Dotter von 1200 Hühnereiern das Körpermateriol eines 68 bis 70 Kilogramm schweren Mannes. Dieselben geben auch an, daß ein zu einer Flüssigkeit verwandelter Mann von Mittelgröße fast 78 Kubik meter Leuchtgas und daneben genug Wasserstoffgas zur Füllung eines Ballons liefern würde, der 70 Kilogramm und noch Vs Hektoliter Wasser tragen könnte. * In der Textilindustrie Japans werden in grobem Umfange Frauen beschäftigt, die einen Tageslohn von 60 Pfennig erhalten. Die anspruchsvolleren Männer beziehen den fürstlichen Lohn von 78 Pfennig für den Tag. Schneider, Maurer, Holzarbeiter und dergleichen verdienen wöchentlich 5 bis 7 Mark. Buchdrucker find noch schlechter dran: sie müssen sich mit einem Wochenlohn von 4 Mark begnügen. * . Das Feueranmachen durch „Bohren" wird bei den Naturvölkern auch unserer Kolonien noch vielfach angewandt. Aber die Methode wird immer seltener. Erstens wird das Feuer ängstlich gehütet, und zweitens läuft ein Negerweib lieber zu guten Nachbarn und holt sich dort Feuer, wobei zugleich gute Gelegenheit zu einem Schwätzchen — die Frauen sind eben überall gleich —, und drittens dringen auch die Zündhölzer als Tausch artikel immer weiter vor. Das Feuer bohren selbst dauert nur ein bis zwei Minuten, je nach der Geschicklichkeit. * Der waldreichste Staat in Deutsch land ist Württemberg. Dort beträgt die gesamte Waldfläche über 600 000 Hektar, das sind etwa 31 Prozent des ganzen Landareals. Noch ausgedehntere Forsten gibt es allerdings, aber nur in einzelnen Provinzen. So zum Beispiel besitzt die Mark Brandenburg 33 Prozent ihrer Fläche Waldbestand, die preußische Pro vinz Hessen-Nassau 35 Prozent. Gesundheitspflege. OnrweckmäKige liincicr^irnmer. Wie oft entsprechen die Kinderzimmer nicht den mäßigsten Anforderungen in ! gesundheitlicher Beziehung. Die Wände sind mit einer dunklen Papiertapete ! beklebt, die möglichst viel Licht verschluckt j und einen geeigneten Ablagerungsort 1 für Staub, Krankheitskeime usw. dar- ! stellt. Eine waschbare Tapete oder ein i einfacher Anstrich wären gar nicht viel teurer, dafür aber der Gesundheit dien licher. Eine ganze Menge schwerfälliger dunkler Möbel mit scharfen Kanten und dicken Polstern tragen dazu bei, den Staub zu erhalten, das Licht zu ver schlucken. Eine gründliche Reinigung des Fußbodens wird durch gespannte dicke Teppiche unmöglich. Das Kind, das sich während seiner Kriechperiode fortwährend auf dem Boden aufhält und auf dem Teppich stets mit dem Staub und den an ihm haftenden Krankheits- keimen in Berührung kömmt, ist auf diese Weise einer ganzen Reihe von An steckungen ausgesetzt. Auch auf die Spiel sachen sollte geachtet werden. Einfache, dauerhafte, leicht waschbare Spielsachen sind gewiß zweckmäßiger als Tiere mit Fellen und Festungen und Soldaten mit giftigen Anstrichen. Die Temveratur des Zimmers muß 17 bis 20 Grad Celsius betragen. Die Federn sind aus dem Bett zu entfernen. Das Kind soll auf Roßhaarpolstern schlafen und mit einer leichten Decke zugedeckt werden, die durch Klammern oder durch Bänder in der richtigen Lage sestgehalten wird. "VorNckt in cler kücke. Durch Fleisch, das an einzelnen Stellen schon in Fäulnis übergegangen ist, können leicht Vergiftungen hervor- - gerufen werden. Wenn das Fleisch ge kocht ist, übt es selten noch böse Wir kungen aus. Wohl aber vorher bei der Behandlung in der Küche. Es muß um so mehr zur Vorsicht gemahnt werden, als die fauligen Stellen oft klein und dem Auge verborgen sind. Zur Ver giftung gehört auch nur ein Atom, das in ein winziges Ritzchen der Haut ein dringt. Tritt Stechen, Anschwellung und Entzündung ein, so ist die Stelle sofort mit Karbolwaffer auszuwaschen, ferner sind Umschläge mit Karbolwasser oder übermangansaurem Kali zu machen. Tritt bei Schonung der Hand nicht Besserung, sondern etwa Fieber oder Anschwellung der Achseldrüsen ein, fs ist ernstlich Gefahr vorhanden und die Zu ziehung eines Arztes vonnöten. Der Arzt kann überhaupt nicht früh genug bei solchen Zufällen geholt werden.