Volltext Seite (XML)
Nr. 23 u. 24 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 91 lung des Kaufvertrages nicht mehr zugemutet werden kann. Dies ist aber ganz besonders bei dem gegenwärtigen I Kriege der Fall. Seit seinem Ausbruch sind 34 volle Mo- I nate verstrichen. Man wird also davon auszugehen haben, daß alle vor dem Kriege abgeschlossenen Kaufverträge, so weit sie durch den Kriegsausbruch in ihrer Erfüllung ge- I hindert wurden, durch Zeitablauf aufgehoben sind. Es i kann dem Verkäufer nicht zugemutet werden, auf Grund der alten Bedingungen noch zu liefern, wenn er wieder in den Besitz der gehandelten Ware gelangt. Die Preise für das Rohmaterial, und deshalb auch für gewonnene Erzeug nisse, sind inzwischen gestiegen und werden auch nach dem Kriege noch auf einer verhängnisvollen Höhe blei ben. Der Verkäufer würde also schwer geschädigt wer- i den, wenn er bei Wiedereintritt der Lieferungsmöglichkeit noch an die alten Vertragsbedingungen gebunden sein sollte. Die lange Dauer des Krieges hat ihn seiner Ver- I bindlichkeit enthoben. So hat auch ein Urteil des Ober landesgerichts Hamburg (III. 250/16. vom 17. Okt. 1915) ausgesprochen, daß sich heute doch noch gar nicht ab sehen lasse, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse j nach Friedensschluß gestalten würden. Wenn die Erfül lung nach Beendigung des Krieges überhaupt noch gefor dert werden könnte, so hätte sie doch unter Verhältnissen ■ zu erfolgen, die gegenüber den für die damalige Verein barung maßgebend gewesenen völlig anders sein würden, so daß der wirtschaftliche Inhalt des Vertrages derartig ! geändert würde, daß eben ein ganz anderer Vertrag ent stände. Wenn die Erfüllung solange unmöglich sei. daß man nicht absehen könnte, wann dieser Zustand ende, so i stelle sie sich als dauernd unmöglich dar und be freie den Lieferungspflichtigen. Aber auch wenn die Un möglichkeit der Lieferung während des Krieges eingetre ten ist, wird der Vertrag auf gehoben, wenn sie eine längere Zeit anhält. Das Reichsgericht hat in einem Falle bei einer Unmöglichkeit der Lieferung in einer Dauer von 7 bis 8 Monaten angenommen, daß eine Befreiung von der Lieferung eingetreten sei, da der Inhalt des Vertrages eine vollständige Aenderung erfahren habe. 2. Lieferung an Kunden im Ausland. Hier gelten im großen und ganzen nach den Entscheidungen des Reichsgerichts dieselben Rechtsgrundsätze. Abschlüsse mit Kunden im Ausland, die nicht ausgeführt werden kön nen, weil das Rohmaterial oder die Ware selbst beschlag nahmt wurde, oder die Ware wegen Mangels an Arbeits kräften nicht ausreichend vorgezogen werden konnte, oder ein Verbot die Ausfuhr verhinderte, oder wenn Bannware in Frage kommt, die wegen der Gefahr der Beschlagnahme und Erklärung als gute Beute nicht verschifft werden kann, haben als aufgehoben zu gelten. Der Kunde im Aus land kann auch nach Beendigung des Krieges nicht ver langen, daß ihm geliefert wird. Ein Aufleben der Liefe- ; rungsverpflichtung des deutschen Exporteurs findet nicht statt, soweit nicht eben ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, der den Verhältnissen, die nach dem Kriege eintre ten, entspricht. In beiden Fällen aber trifft den Lieferanten die Ver- ; pflichtung, sobald er die Unmöglichkeit der Erfüllung seiner Verpflichtung erkennt, dem Käufer unver züglich davon Mitteilung zu machen, daß er wegen Unmöglichkeit der Leistung den Vertrag aufheben muß. Unterläßt er dies, so kann er-zwar auch nicht mehr zur Lieferung gezwungen werden, wohl aber ist er dem I Kunden gegenüber, den er im Unklaren gelassen hat, zum Schadenersatz verpflichtet. (OLG. Hamburg vom ' 13. Mai 1901 in Seuff. Archiv 56, S. 392, zitiert von Neu- kamp in Leipz. Zeitschr. 1914, S. 1830.) Wo es sich übrigens in den oben erwähnten Fällen um das Ausland handelt, ist es völlig gleichgültig, ob es sich um neutrales oder feindliches Ausland handelt. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Kunde im Aus land etwa deutscher Staatsangehöriger ist oder nicht. , 0 Praxis und Wissenschaft pj ================ Randbemerkungen zur Entwicklung gartenkünstlerischer Schöpfungen. Vcn A. Janson, z. Zt. im Felde. In den Jahren 1897 und 1898, kurz nachdem ich die Kgl. Lehranstalt in Proskau verlassen hatte, kam ich als junger Gehilfe nach Frankreich. Ich hatte das Glück, einen dem Deutschtum gegenüber sehr vorurteilslosen Ar beitgeber zu bekommen. Das will viel sagen in einer Zeit, da die Dreyfusangelegenheit spukte und das Deutschfeind- tum Orgien feierte. Und noch eins wurde mir günstig. Der Umstand, daß Frankreich wenig technisch - wissenschaftlich gebildete Gärtner hat. Mein Arbeitgeber, Schüler der einzigen Gar tenbauschule in Frankreich, die sich annähernd mit Proskau, Geisenheim, Dahlem messen kann, gab mir blut jungen Anfänger in Ermangelung einer französischen ge eigneten Hilfskraft Arbeiten in die Hände, die weit über meine Erfahrungen hinausgingen. Ich habe, was sonst einem jungen Menschen von wenig mehr als 20 Jahren nur sehr, sehr selten beschieden ist, ohne jede Beihilfe in jenen zwei Jahren eine Reihe von privaten und öffentlichen Parkanlagen mit allem Dr um und Dran, mit allen V orberei- tungsarbeiten geschaffen. Ich bin seitdem noch zweimal in Frankreich auf Stu dienreisen gewesen, 1906 und 1910, und habe damals diese Jugendarbeiten nur zum allerkleinsten Teile wiederge sehen. Jetzt, da ich als Soldat im Westen bin und mehr fach hei umkam, sah ich auch meine damals ausgedehnteste Arbeit wieder. Sah, was aus ihr in genau 20 Jahren ge worden ist. Man wird es mir nachfühlen, wenn ich darüber hin weggehe, was ihr an Verzügen, was an Mängeln eigen ist; aber das wird man mir glauben, daß es der Anfänger sünden unglaublich viel sind gegenüber den wohl stets und von jedem zu lobenden Vorzügen. Wovon ich hier reden möchte, sind di e Fehler, welche allgemein begangen werden, deren Nachwirkung man täglich und bei unendlich viel gartenkünstlerischen Aufgaben findet. Fehler, die gewissermaßen Berechnungs- fehler sind. Hinzufügen muß ich, daß man damals von der gegen- wärtigen geometrisch-architektonischen Gestaltung wenig wußte und daß meine Betrachtungen sich deshalb auf die freie, landschaftliche Gestaltung beziehen. Der offenkundigste Fehler ist die Unterschätzung der Entwicklungsmöglichkeit des Pflanzenwuchses. Manpflanztzueng! Nichts osehrinner- halb der geschlossenen Pflanzungen, son dern vornehmlich in Hinsicht auf das Aus- maßderbeabsichtigtenBilderl Durchblicke, die für die Gliederung der Gesamtanla gen von grundlegender Bedeutung sind, sind infolge des Ueberwachsens der Kulissenbäume völlig verwachsen. S i e s i n d e i n f a c h n i c h t m eh r da! Es wäre leicht, das mit einem Verschulden des Park pflegers zu entschuldigen. Man fordert ja immer, daß der Pfleger durch Ausholzungen die Absichten des Schöpfers unterstütze und sie erst recht zur Geltung bringe. Ich habe aber immer gefunden, daß selbst da, wo der Schöpfer auch der Sachwalter war, dieser Fehler bestanden hat. Und er erklärt sich menschlich so sehr einfach daraus, daß der Sachwalter sich nur erst entschließt, wenn Ausholzungen dringend, ja unumgänglich notwendig geworden sind; und zu diesem Zeitpunkt stellt siel dann fast stets heraus, daß die prächtig entwickelten Randbäume, die nun fallen müßten, unter dem Druck verkrüppelter, kahl gewordener Besen von Hintermännern stehen, die man der Mitwelt nicht zeigen mag und kann. So. unterbleibt das dann, und