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Nr.49 u. 50 DER HANDELSGÄRTNER. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 195 erziehen. Allerdings haben größere Firmen diesen Grund satz schon von jeher befolgt, aber in manchem kleineren Betrieb hat er nicht selten keine Beachtung gefunden. Die Erziehung des Publikums zur Würdigung einer Ware ist aber das beste Mittel, um die Erzeugung dieser Ware und ihre Verarbeitung lohnend zu gestalten. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist auch der Wegfall der Masseneinfuhr von Blumen aus dem Süden ein Vorteil nicht nur für den Gärt ner, sondern auch für das Blumengewerbe. Das Publikum ist infolgedessen jetzt an höhere Preise gewöhnt, zahlt diese auch durchschnittlich ohne großes Murren, und es ist nun Sache beider Interessentengruppen, dafür zu sorgen, daß die Preise nicht auf den früheren Tiefstand zurücksinken. Das ist aber nur möglich, wenn sich auch der Blumenhandel für die Zeit nach dem Kriege zu einem kräftigen Einfuhrzoll auf südländische Schnittblumen bekennt. Daß es ganz ohne die Blumen aus dem Süden geht, ist durch Erfahrungen der Kriegszeit bewiesen. Warum sollte es später nicht wenigstens zu erreichen sein, durch Zölle von entsprechen der Höhe den deutschen Blumenerzeuger davor zu behüten, sein eigenes Erzeugnis unter dem Selbstkostenpreis los schlagen zu müssen, nur, um es auch fernerhin den franzö sischen und italienischen Firmen zu ermöglichen, den deut schen Markt mit ihren Produkten zu Schleuderpreisen zu überschwemmen? Dem Schreiber dieser Zeilen liegt nichts ferner, als die Schürung des nationalen Hasses. Aber schon vom deutschen Standpunkt aus sollte der Blumenhandel sich der Ueberzeugung von der Notwendigkeit eines wirksamen Schutzzolles auf Blumen aus dem Süden nicht länger ver schließen. Wird auf diese Weise den deutschen Gärtnern wirtschaftlich der Rücken gestärkt, so werden sie auch in der Lage sein, die Ansprüche des Blumenhandels voll zu befriedigen. Daß dieses jetzt im Kriege nicht im ganzen Umfange möglich ist, erklärt sich aus den bekannten Uebel- ständen. Es wird ganz bestimmt anders werden, wenn erst die Dinge wieder ihren geordneten Lauf gehen. K. T. in H. =========-=== Praxis und Wissenschaft 19 ================= Neue Pfade. Es ist eine unabweisbare Notwendigkeit: Unser Beruf braucht, um wirtschaftlich stetig vorwärts kommen zu können, mehr exakte, praktisch-wissenschaftliche Versuchs arbeit. Wir schweben mit vielen Dingen zu sehr in der Luft, richten uns nur allzuhäufig nach persönlichen, zwar gut ge meinten, aber deshalb doch einseitigen Urteilen. Allerdings, wir haben in Preußen die drei Königlichen Gärtnerlehran stalten, haben auch in Bayern und Württemberg staatliche Fachschulen und eine Anzahl weiterer Lehranstalten, teils in Privatbesitz, teils im Besitz der Landwirtschaftskam mern. Aber wie wenig exakte Versuche werden von al! diesen Instituten angestellt! Gewiß muß es anerkannt wer den, daß auch in dieser Hinsicht Dahlem, Geisenheim und Proskau auf gutem Wege wandeln. Gerade im „Handels gärtner“ ist das gelegentlich der Besprechung der letzten Jahresberichte dieser Lehranstalten auf das bereitwilligste anerkannt worden. Es ist auch sicher zu erwarten, daß die Leiter dieser Lehranstalten auf dem betretenen Pfade fort schreiten werden. Aber das genügt nicht für die große Praxis des Berufs. Wir brauchen mehr Zusammenhang der Fachlehranstalten mit der Praxis, ein Netz wissenschaft lich-praktischer Arbeit, welches die Berufsangehörigen des ganzen Reiches umspannt und auch die großen Berufsver bände umfaßt. Der Zweck dieser Organisation soll sein: Praktische Versuchsanstellung auf wissenschaftlicher Grundlage nach denselben Grundsätzen, die in der Land wirtschaft für die Anbau-, Fütterungs- und Düngungsvel- suche üblich sind. Die Anregung zu diesen für die Praxis sehr wichtigen Dingen könnte teils von den Lehranstalten ausgehen, teils von den Männern der Praxis. Aber die . Praktiker müßten gehalten sein, ihre Ideen einer der Lehr- ' anstalten mitzuteilen, und deren Aufgabe würde es dann I sein, die Idee zu organisieren und dafür zu sorgen, daß der I Versuch so angestellt wird, daß er den Anforderungen der ■ Wissenschaft entspricht und nach einwandfreier, für die j Praxis nutzbarer Methode vor sich geht. Einerlei, von wem ! also die ursprüngliche Anregung ausgeht, die Lehranstalten । und auch die hoffentlich noch zu begründenden gärtne- ! rischen Versuchsstation, deren erste zu Bonn bereits das Licht der Welt erblickt hat, bleiben die organi satorischen und wissenschaftlichen Brennpunkte der ganzen Einrichtung. Sie haben auch die Aufgabe, durch Mitteilung an die Fachpresse, an die Fachverbände und durch Flug blätter dafür zu sorgen, daß die Ergebnisse der Versuche Gemeingut möglichst zahlreicher Berufsgenossen werden. Was alles könnte denn nun von dieser neu zu schaffen-, den Berufsorganisation in den Kreis ihrer Tätigkeit einbe zogen werden? — Nun, die Aufgaben sind so vielseitig, wie unser Beruf selbst es ist. An erster Stelle würde stehen die Ausprobung de Anbauwertes neuer Sorten von Gemüse und Obst unter den verschiedensten Anbaubedingungen. Gewiß werden ja auch jetzt schon von den Lehranstalten und auch von manchen strebsamen Fachleuten auf eigenes Risiko derartige Versuche angestellt, und in der Fachpresse sowie in den Jahresberichten wird gelegentlich darüber Rechenschaft abgelegt. Aber das, was wir nötig haben, ist die Einleitung derartiger Versuche unter den verschieden sten klimatischen und Bodenverhältnissen, jedoch unter Zugrundelegung gleichartiger Kulturbedingungen. Die Er gebnisse dieser Versuche müßten dann von der betreffenden Zentralstelle (Lehranstalt oder Versuchsstation) bearbeitet und in übersichtlicher Form tabellarisch zusammengestellt werden. Dann erst wäre es dem praktischen Gärtner möglich, aus den Ergebnissen solcher Anbauversuche wirklichen Nutzen zu ziehen. Wenn heute z. B. ein solcher Versuch etwa nur in Proskau gemacht wird oder etwa nur von einem Gemüsegärtner des Spreewaldes, so ist damit für viele an dere außerdem noch in Betracht kommende Anbaugebiete mit ganz anderen Boden- und Klimaverhältnissen nur sehr wenig gewonnnen. Selbst wenn dieselbe Gemüseneuheit gleichzeitig an zehn oder zwanzig Orten ausprobiert und ; dann darüber berichtet wird, so genügt das noch nicht . strengen Anforderungen, wenn nicht Vorfrucht, Düngung, Bodenbearbeitung, Herkunft des Saatgutes, verwendete i Saatmenge, Pflanzweite, Bewässerung usw. in allen Fällen .gleich sind. Verschieden dürfen und sollen sogar sein die Bodenart und das Klima, aber alles andere muß überein- stimmen. Dieses alles in die Wege zu führen, wäre eben die Aufgabe der den Versuch leitenden Zentralstelle. Was soeben für die Nutzpflanzen gefordert wurde, könnte natürlich auch mit Neuheiten von Topfpflanzen, Freilandzierpflanzen aller Art, Schnittblumen usw. durch geführt werden. Fast noch wichtiger wären exakte Düngungsversuche mit den verschiedensten Nutz- und Ziergewächsen. .Es soll zwar sehr gern zugegeben werden, daß auf diesem Gebiete in den letzten Jahren vor dem Kriege sehr eifrig gearbeitet worden ist. Aber man vergleiche einmal die ungeheueren Arbeitsleistungen, welche gerade in dieser Hinsicht die Landwirtschaft mit ihrer verhältnismäßig sehr geringen An zahl von Kulturpflanzen vollbracht hat, mit dem Wenigen, was für den gesamten Gartenbau mit seiner Riesenzahl an gebauter Pflanzengattungen, Arten und Kulturrassen bisher auf diesem Gebiete getan wurde. Niemand soll daraus ein Vorwurf gemacht werden, aber es wird wirklich Zeit, daß auch bei uns System in die Sache kommt, daß nicht jeder auf eigene Faust planlos experimentiert, sondern daß durch j vergleichende Versuche die weitesten Kreise des Berufes für die Angelegenheit interessiert werden. Das dritte wichtige Hauptgebiet, wo wir die neuen ! Pfade wandeln könnten, wäre die Anstellung von Ver-