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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Aoimaßnahme Polens Allgemeines Wareneinfuhrverbot erlaffen. Ore angeblichen Absichten Italiens Die englischen und französischen Blätter ergehen sich in allen möglichen Vermutungen über die abessinischen Pläne Italiens. Dem Pariser „Oeuvre" genügt es, wenn Italien sich lediglich bereit fände, als französische Belange die Eisenbahnstrecke Addis Abeba—Dschibuti und als eng lische Belange die Nilquellen und den Tana-See zu ach ten. Italien werde in Abessinien keine großen Streitkräfte, sondern nur Polizeitruppen unterhalten und alle Einge borenen entwaffnen. Es werde keinen neuen Negus ein setzen. Es werde den einzelnen Stämmen eine gewisse Selbständigkeit lassen und Abessinien als Kolonie einem faschistischen Gouverneur unterstellen. Internationale Verpflichtungen hinsichtlich Abessiniens werde Italien aber nicht übernehmen, sondern seine Maßnahmen in voller Souveränität, also ohne Rücksicht auf den Völkerbund, treffen. Auf wirtschaftlichem Gebiet werde sich der Duce um die französische und englische Mitarbeit be- Leon Blum befürwortet die Sanktionen Ebenso wie die englische Arbeiterpartei befürworten auch die französischen Sozialisten die Aufrechterhaltung der Sanktionen. Unter der Ueberschrift „Frankreich wird die Sanktionen in Genf unterstützen", veröffentlicht der „Daily Herald" in großer Aufmachung eine Unterredung seines Sonderberichterstatters mit dem Führer der fran zösischen Sozialisten Leon Blum. Blum erklärte in dieser Unterredung u. a.: Es würde ein Trauerspiel sein, wenn Großbritannien diese große Sache der kollektiven Sicher- Rechte aus den Verträgen von St. Germain, Trianon uns Neuilly sicherzustellen. Die Kleine Entente habe sich wiederholt zu dem Grund satz der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Römischen Block und mit Deutschland bekannt. Der polnische Ministcrrat hat eine Verordnung er lassen, mit der die Einfuhr sämtlicher Waren verboten wird. In einer amtlichen Verlautbarung wird erklärt, daß dieses Werk lediglich eine technische Maßnahme darstelle. Sie beinhalte praktisch keine neue Beschränkung des Außenhandels und bedeute nicht, daß die Einfuhr aller Waren unmöglich fei. Die Verordnung schaffe vielmehr ein wirksames Mittel zur Kontrolle der Einfuhr in Ver bindung mit der kürzlich in Kraft getretenen Devisen kontrolle. Die Importeure von Waren, deren Einfuhr grundsätzlich verboten ist, können im Rahmen der auto nomen und der vertragsmäßigen Kontingente nach Maß gabe des bisher für verbotene Waren gehandhabten Ver fahrens Einfuhrgenehmigungen erhalten. Die Verord nung sieht eine Anzahl von Ausnahmen vor, namentlich hinsichtlich des Verfahrens, wie es das deutsch-polnische Abkommen aus dem Jahre 1922 bezüglich Oberschlesien bestimmt. Unmittelbar am Vorabend von Gens wird Italien der Welt seine Entscheidung über das Schicksal Abessiniens Mitteilen. Der Faschistische Große Rat ist für Sonnabend abend um 10 Uhr zu einer außerordentlichen Sitzung ein- berufcn worden. Sofort im Anschluß wird der Minister rat zusammcntretcn. Nach der amtlichen Mitteilung wer den die Beschlüsse der beiden Körperschaften dem italieni schen Volk unmittelbar nachher vom Balkon des Palazzo Venezia herab verkündet werden. Diesen beiden uner wartet einberufcnen Sitzungen wird in ganz Italien mit allergrößter Spannung cntgegengcsehcn. Man erwartet, daß der Duce hierbei eine endgültige Entscheidung über das künftige Schicksal Abessiniens treffen wird. Der König von Italien hat Mussolini in Privat- audicnz empfangen und ihm das Groß kreuz des Militärordens von Savoyen verliehen. Das Ver- leihungsdekret enthält folgende Begründung: „Als Wehrmachtsminister bereitete er den größten Kolonialkrieg vor, führte und gewann ihn, einen Krieg, den er als Re gierungschef des Königs für das Prestige, das Leben und die Größe des faschistischen Vaterlandes wollte." mühen, aber nicht zugunsten anderer Länder das Regime der ofsenen Tür anwenden. Mussolini dürfte dem fran zösischen Botschafter vorgeschlagen haben, daß Italien, England und Frankreich alle Fragen, die sich aus dem Dreiervertrag über Abessinien von 1906 ergeben werden, auf diplomatischem Wege oder auf einer neuen Dreierkonferenz behandeln sollen. Englische Teilungswünfche? Vernon Bartlett schreibt im „News Chronicle", es bestehe aller Grund, anzunehmen, daß eine starke Gruppe der britischen Kabinettsmitglieder dafür eintrete, sich mit Italien die abessinische Beute zu teilen, und zwar auf der Grundlage des zwischen Großbritannien, Frankreich und Italien abgeschlossenen Vertrages von 1906. Mussolini jedoch sehe nicht ein, warum Italien nicht die ganze Beute haben solle. Die Aeußerungen Mussolinis, daß der Vertrag von 1906 als Grundlage für eine Regelung nicht in Be tracht komme, da Abessinien heute italienisch sei, habe in Paris größeres Aufsehen erregt als in London. Der Negus heute in Jerusalem. Der britische Kreuzer „Enterprise", aus dem sich der Kaiser von Abessinien befindet, traf am Donnerstag früh in Suez ein. Dem Kriegsschiff wurde der sofortige Eintritt in den Kanal gestattet. Besucher wurden nicht an Bord gelassen. Der Kaiser von Abessinien wird am heu tigen Freitag im Sonderzuge von Haifa kommend in Je rusalem erwartet. Im englischen Oberhaus fragte bei der Aussprache über die Frage der Völkerbundserneuerung der Arbeitervertre ter Lord Ponsonby die Regierung, ob sie dem Völker bund eine grundsätzliche Revision des kollektiven Sicher heitssystems Vorschlägen wolle. Der Artikel 16 müsse aus den Völkerbundssatzungen entfernt werden. Bemerkenswer terweise forderte Lord Ponsonby die Aufhebung der Sanktio ns maßnahmen, die keine wären, und stellte sich damit in Widerspruch zu der Aufastung der arbeiter parteilichen Unterhausfraktion-, die Sanktionen besäßen keinen Sinn mehr, nachdem der Krieg gegen Abessinien zu Ende sei. Lord Lothian schloß sich dem Einwand Lord Pon sonbys gegen den Begriff der kollektiven Sicherheit an. Nach seiner Ansicht sei der Völkerbund als Idee nicht zusammen gebrochen, zusammengebrochen sei vielmehr der in dan Artikeln 10 und 16 enthaltene Grundsatz, daß die Völker bundsmitglieder eine allgemeine automatische Verpflichtung übernehmen, jeder gewaltsamen Aenderung des Status quo durch Methoden Widerstand zu leisten, die nur durch Mit tel des Krieges wirksam gemacht werden könnten. Je früher es sich England klarmache, daß es diese unbegrenzte Ver pflichtung nicht einhalten wolle, umso eher konnte sich die Diplomatie den wirklichen Friedensproblcmen in der Welt zuwenden. Der konservative Lord Rennell erklärte ebenfalls, daß der kollektive Sicherheitsbegriff in seiner jetzigen Form erledigt sei und daß der Völkerbund reformiert werden müsse. Das Haupthindernis, das her europäischen Einigkeit und in großem Maß der Wirksamkeit des Völkerbundes im Wege gestanden habe, sei das beinahe unüberwindbare Mißtrauen zwischen Frankreich und Deutschland. Wenn Frankreich und Deutschland auf eine Linie gebracht und das gegenseitige Vertrauen wiederherge stellt werden könnte, dann würde jene starke Solidarität in Europa Zustandekommen, die die westliche Zivilisation und den wirtschaftlichen Wiederaufschwung sichern würden. Das englische Volk habe sich endgültig dafür entschieden, daß die vom deutschen Kanzler als Grundlage eines fünf- undzwanzigjährigen Friedens und einer freundschaftlichen Zusammenarbeit vorgebrachten Vorschläge eine große Gele genheit bieten, deren Ablehnung beklagenswert wäre. Diejenigen, die zu einem Besuch Deutschlands Gele genheit hätten, hätten einen großen Eindruck von der neuen Demokratisierung des deutschen Volkes und der neuen sozia len Einigkeit davongetragen, die Hitler zustande gebracht habe. Er glaube, daß das englische Volk bereit sei, die aus gestreckte Hand zu ergreifen. Auch in Frankreich gäbe es eine große und wachsende Anzahl von Menschen, die in freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschland leben wollen. Der Deutsche wünsche nichts von Frankreich als guten Wil len und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das französische Volk wünsche nur die Sicherung des Friedens. Die englische Garantie für Frankreich sei unverletzbar und erwecke keine Befürchtungen in Deutschland. England, so schloß Lord Rennest, habe eine große Rolle als Vermittler zu spielen und versuche, eine Versöhnung herbeizuführen. Englands Rückfragen Dem Reichsaußenminister überreicht. Berlin, 7. Mai. Der britische Botschafter Sir Eric Phipps suchte am Donnerstagvormittag den Reichsminister des Auswärti gen Freiherr», von Neurath auf und überbrachte ihm die Rückfragen der englischen Negierung zu den deutschen Frtcdensvorschläacn. Anhalten der Eoldslmtst In einer Woche über eine Milliarde Francs Goldverlust Mit dem Goldverlust von 1160 Millionen Francs, den die Bank von Frankreich allein in der Woche vom 24. April bis zum 1. Mai aufweist, ist der Abzug des Goldes noch nicht zum Stillstand gekommen. Die Wirtschastszeitung „L'Jnformation" erwartet für die laufende Woche einen noch höheren Milliardenverlust, obwohl die Diskonterhöhung die Flucht aus dem Franc fühl bar hemmt. Dem Blatt zufolge haben die großen Verschie Das Schicksal Abessiniens Vor der Entscheidung des Duce bungen ausgehört, während die kleinen Sparer ihre Francscheine an schwarzen Börsen zu sehr u n g ü n- stigen Bedingungen gegen Goldstücke und Devisen verkaufen. Die im letzten Ausweis der Bank von Frankreich bekanntgegebene Verminderung der Golddeckung des Franc von 66,47 v. H. auf 64,85 v. H. veranlaßt das Blatt zu der Bemerkung, daß der Franc zwar noch immer stark gedeckt fei, daß aber der Goldrückgang um 1,68 v. H. innerhalb einer Woche die voll^ Aufmerksamkeit der Regierung ver diene. Beschlüsse der Kleimerbmder Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland Am Schluß der Besprechung der Außenminister der Kleinen Entente wurde eine amtliche Verlautbarung be kanntgegeben, in der es heißt, daß sich die Kleine Entente mit der größten Entschiedenheit gegen eine Aende rung des jetzigen Zustandes in 'Zentraleuropa wende. Sie widersetze sich daher einer Aenderung der Gren zen ebenso wiederRückkehrderHabsburgerDy- nastie, die unvermeidlich den schwersten Konflikt im Donaubecken Hervorrufen würde. Weiter erklären die drei Außenminister freierlichst, daß die Staaten der Kleinen Entente keinerlei Grund Hätten, ihre Politik irgend wie zu ändern. Die vollkommene Einheitlichkeit der gesam ten Außenpolitik der drei Staaten in allen Fragen wird unterstrichen. Die Staaten der Kleinen Entente werden der Politik des Völkerbundes mit der größten Treue folgen; sie sind Anhänger des Grundsatzes einer wirksamen kollektiven Sicherheit. Die Kleine Entente werde alles tun, um die WM zm deWen NiedensM Aussprache im englischen Oberhaus Nr. 107 Freitag, den 8. Mai 1936 88. Jahrgang Das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt Die,» Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der'gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 45 Rpf-, bei Lieferung frei Haus 50 Rp>. Postbezug monatlich 2.30 RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen Hai der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises. — Anzeigenpreise und Nachlaßsätze bet Wieder holungen nach Preisliste Nr. 3 (in unseren Geschäftsstellen erhältlich). 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