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Nr. 22 PAPIER-ZEITUNG 799 Fettdlohtes Papier 4216 Frage: Wir bitten um gütige Beurteilung der einliegen den beiden Papierproben, dahingehend, ob und welchen Unterschied in Bezug auf Qualität und Fettdichtigkeit zwischen Muster A und N Sie konstatiren. Antwort: Das wolkig aussehende Muster N gibt, wenn man ihm ein brennendes Streichholz nähert, keine Blasen, sondern verkohlt an der von der Flamme getroffenen Stelle. Muster A mit klarer Durchsiebt wirft bei gleicher Behandlung dichte kleine Blasen, zeigt also, wie man im Handel sagt, gute Blasenprobe. Nach Erfahrung der Verwender solcher Papiere steht die Fettdichtigkeit mit der Blasenprobe in bestimmtem Zusammenhang, demnach dürfte Muster A an Fettdichtigkeit das Muster N weit hinter sich lassen. Fragesteller können aber selbst einen praktischen Vergleich anstellen, indem sie auf beide Papiere Olivenöl streichen und beobachten, ob und wann das Oel auf die andere Seite durchschlägt. Schadensersatz wegen Niohteinsendung von Vorlagen 4217. Frage: Ich überreiche Ihnen eine erledigte Klage der Firma K. gegen mich und bemerke, dass ich durch Versäumnis meines Rechtsbeistandes keinen Anwalt zu meiner Vertretung im Termin hatte, und die Klage ohne weiteres zu meinen Ungunsten ent schieden wurde. Da Ihnen Streitfälle häufig zur Entscheidung vor liegen, so bitte ich um Ihre Ansicht über diesen Fall und Angabe, ob bei geschickter Vertretung durch einen Anwalt ich Abweisung der Klage erzielt hätte. Ferner ob die Forderung vom 20. Januar auf Einsendung von 5 M. für Kosten gerechtfertigt ist. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Im Schein vom 10. April 1902 bestellte Fragesteller bei K. 1000 Gruss Alben für 170 M. und verpflichtete sich zur baldigen Lieferung der Vorlagen. Es heisst hierüber im Bestellschein: Vorlagen liefert Herr (Fragesteller), Angaben bezüglich des Textes folgen in .. Tagen. Die Einsendung war also in nahe Aussicht gestellt. Am 27. Mai 1902 und auch später mahnte K. Am 18. August erklärte er, er werde, wenn die Vorlagen bis 25. August nicht eingingen, vom Vertrage zurücktreten und die Sache seinem Anwalt übergeben. Dieser erklärte am 23. Oktober, K. werde, wenn binnen 3 Tagen brauchbare Vor lagen nicht eingingen, die Annahme der Leistung ablehnen und Ersatz des entgangenen Gewinns fordern, welchen K. mit 170 M. abzüglich 70 M. 60 Pf. Herstellungskosten = 99 M. 40 Pf. berechnet. Da die Vorlagen auch dann ausblieben, so hat K. die 99 M. 40 Pf. eingeklagt und durch Versäumnisurteil zu erkannt erhalten. Die Forderung ist nach § 326 BGB gerecht fertigt. Was Fragesteller erst nach Ablauf der Nachfrist ein wandte, ist verspätet, auch unerheblich. Er meint, die Ein sendung der Vorlagen sei ganz in sein Belieben gesetzt ge wesen ; dem widerspricht der Inhalt des Bestellscheins und die Wahrscheinlichkeit. Es ist anzunehmen, dass der Reisende, welcher die Bestellung entgegengenommen, zeugeneidlich den Einwand bestritten hätte. Dem Fragesteller ist zuzugeben, dass die Beschaffung der Vorlagen schwierig und zeitraubend war; unmöglich war sie nicht, in der langen Zeit vom 10. April bis 26. Oktober wäre die Beschaffung tunlich gewesen. Im Briefe vom 18. August drohte K. nicht einfachen Rücktritt an, sondern diesen verbunden mit Verfolgung seiner Rechte. Die Herstellungskosten sind anscheinend richtig berechnet, Kläger hat dafür Beweis angetreten. Er fordert Erstattung von 5 M. Gerichtskosten. Diese betragen nur 4 M. 60 Pf., die übrigen 40 Pf. sind anscheinend Porti. Zur Erstattung der Gerichts- kosten ist Fragesteller verpflichtet. Einseitig glattes Packpapier 4218. Frage: Inliegend übersenden wir Ihnen zwei Muster, mit »Vorlage« und »Ausfall« bezeichnet. Wir bitten um Nachricht, ob beide Papiere in Festigkeit, Stoffzusammensetzung usw. übereinstimmen? Wir können uns hierüber mit unserem Geschäftsfreunde nicht einigen. Antwort: Die Papiere weichen in Festigkeit und Stof- zasammensetzung unseres Erachtens erheblich von einander ab. Die Vorlage besteht anscheinend aus kräftigem zähem Zellstoff, während der zum Ausfall benützte Zellstoff verhältnis mässig mürbe ist. Auch wurde der Zellstoff zur Vorlage reiner musgemahlen, wodurch das Papier bessere Verfilzung erhielt. Der Ausfall enthält auch bedeutend mehr grobe Zellstoffsplitter als die Vorlage. Obwohl beide Papiere aus Abfall - Zellstoff pergestellt wurden, und dieser Rohstoff schwer in gleichmässiger Beschaffenheit zu erlangen ist, übersteigt doch der Festigkeits- Unterschied die zulässige Grenze, da es bei diesen Papieren hauptsächlich auf die Festigkeit ankommt. Der Wert - Unter- schied beträgt etwa 71/2 pCt. Papiermacher-Ausbildung 4219. Frage: Nachdem ich 61/ Jahre das Gymnasium besuchte, absolvirte ich in einer Brauerei eine 3jährige kaufmännische Lehr zeit und war dort noch 1 Jahr als zweiter Buchhalter tätig. Seit 2 Jahren bin ich in der hiesigen Papierfabrik als Expedient beschäftigt und stehe kurz vor dem Entschlusse, zum technischen Dienste der Papierfabrikation überzutreten. Da ich kein Vermögen besitze, welches es mir ermöglichen würde, längere Zeit zu praktiziren oder eine papiertechnische Schule zu besuchen, bin ich darauf angewiesen, von der untersten Stufe des Arbeiters meine neue Laufbahn zu beginnen. Der Zweck dieses ist, Sie um Rat zu bitten, ob ich von diesem neuen Berufe, ohne auf Glück und Zufall bauen zu müssen, das er hoffen darf, was ich, unter Berücksichtigung meiner Vorbildung und in Erwägung der Beschwerlichkeiten, mit welchen ich in meiner An fangsposition als Arbeiter zu kämpfen habe, voraussetzen muss. Oder sollte es eine papiertechnische Schule geben, deren Lehrplan es ge stattet, das zum Unterhalte Nötige noch nebenbei verdienen zu können? Werden überhaupt die aus der Praxis hervorgegangenen Papiermacher dem theoretisch gebildeten bevorzugt? Ich habe Lust und Liebe und mehr Vertrauen zu meinem neuen als zu meinem jetzigen durch die immer stärker werdende Konkurrenz beinahe aussichtslosen Berufe. Antwort: Fragesteller irrt, wenn er glaubt, der Wett bewerb auf technischem Gebiet sei geringer und leichter zu überwinden als auf kaufmännischem. In jedem Fach winkt der Erfolg nur den Tüchtigsten, gleichviel was und wo sie gelernt haben. Es gibt Arbeiter, die sich ohne jede Vor bildung aus eigener Kraft zu Direktoren und Reichtum auf- schwingen, und Handlungebeflissene, die Milliardäre werden,, sind bekanntlich nicht selten. Da dem Fragesteller Vorbildung und Mittel zur technischen Ausbildung fehlen, so empfiehlt es sich, dass er sich seinem Gesohäftsherrn anvertraut und ihn um Gelegenheit zum praktischen Erlernen der Papiermacherei bittet, wenn damit auch eine Verminderung seiner Einnahme ver knüpft sein sollte. Jeder Kaufmann sollte Erzeugung und Eigen schaften der von ihm vertriebenen Waren gründlich kennen, und der Papierhändler, welcher sachverständig über Herstellung des Papiers mit den Abnehmern sprechen kann, gewinnt rasch deren Vertrauen. Wenn Fragesteller dies zustande bringt, wird er so hoch über den meisten Papierkaufleuten stehen, dass ihm bei sonstiger Tüchtigkeit und Fleiss der Erfolg nicht fehlen kann. Teilhaber-Vertrag 4220. Frage: Bin stiller Teilhaber einer Papier Warenfabrik mit 11000 M. und meine beiden tätigen Associe’s mit je 5000 M. Im Vertrag heisst es: vom Reingewinn erhält der stille Teilhaber 20 pCt., die beiden tätigen je 40 pCt. Nun sollen 8000 M. verteilt werden, und man will mir nur 600 M. Anteil geben. Ich bin der Ansicht, dass der Reingewinn entsprechend der Einlage verteilt werden muss! Wenn ich so viel Kapital beigebracht habe als die beiden andern zusammen, so sollten mich auf 20 pCt. etwa 1000 M. treffen. Ich bitte um Ihren geschätzten Rat. Antwort: Bei Auslegung des Vertrags kommt es darauf an, wie der Reingewinn festgestellt wird, besonders ob Kapital- Zinsen vorweg abgezogen werden. Wenn der Vertrag darüber nichts bestimmt, so ist er nach § 157 des BGB. so auszulegen wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Nach dem Aktien-Gesetz müssen die Aktionäre, d. h. die Teilhaber aus dem Ueberschuss 4 pCt. des Kapitals er halten, und nur von dem darüber hinaus erzielten Gewinn soll der Aufsichtsrat Tantieme, d. h. Gewinnanteil bekommen. Die Gesetzgeber scheinen hiernach angenommen zu haben, dass als Reingewinn nur das gelten soll, was über 4 pCt. Zinsen, Abschreibungen usw. erzielt wird. Fragesteller hätte demnach, wenn der Vertrag darüber nichts besimmt, aus dem zur Verteilung gelangenden Ueberschuss 4 X 110 = 440 M. und die beiden tätigen Teilhaber je 200 M. zu erhalten, sodass nur 2160 M. als Reingewinn bleiben. Aus diesem würden ihm 20 pCt., d. h. 432 M. zufallen, sodass auf seinen Anteil im Ganzen 872 M, kommen. Selbsteinschätzung 4221. Frage: Darf ich von meinem Gesehäftsgewinn einen an gemessenen Prozentsatz als Reservefonds für unvorhergesehene Not fälle — Hochwasserschäden, Maschinen udgl. — zurückstellen, und ist dieser Reservefonds steuerpflichtig? Antwort: Aktien-Gesellschaften dürfen steuerfreie Reserve fonds anlegen, in Privatbesitz befindliche Unternehmungen jedoch nicht. Wenn der Besitzer über die gesetzlich zulässigen Abschreibungen hinaus einen solchen Reservefond schafft, so muss derjenige Teil des Einkommens, der zu diesem Zweck verwandt wird, ebenso versteuert werden wie das sonstige