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Nr. 17 590 Buchgewerbe I Buchbinderei * * Buchdruck *** *** Buchhandel * * * Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Mitarbeiter und Berichteratattex erhalten angemessene Bezahlung Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme Katatypie In Nummer 7 wurde bereits von dem neuen Verfahren Mitteilung gemacht mit dessen Hilfe es möglich ist, Kopien ohne Licht herzustellen. Die Erfindung, deren Tragweite sich zur Zeit nur unvollkommen übersehen lässt, wurde fälschlich als Fotografie ohne Licht bezeichnet, denn es handelt sich bei der Katatypie nicht um Fotografie, sondern um ein Verfahren, dass sich der chemigrafischen Drucktechnik anschliesst, nur dass es keine kostspieligen Rohstoffe oder Maschinen erfordert. Nach den Ausführungen, welche die Erfinder, Geheimrat Professor Ostwald und Dr. Gross bei ihrem Experimental vortrage über die Katatypie machten, beruht dasVerfahren auf der Katalyse. Man versteht darunter die Wirkungen, welche gewisse Stoffe bei bestimmten chemischen Vorgängen nur durch ihreGegen- wart hervorrufen; mit anderen Worten: Die Katatypie ist ein Vorgang, bei dem die Geschwindigkeit der Reaktion durch Gegenwart eines als Katalysator dienenden Stoffes beschleunigt wird, welcher sich an der Reaktion selbst nicht beteiligt, selbst nicht in nachweisbarer Menge verbraucht wird. Geheimrat Ostwald erläuterte diesen Vorgang durch ein Experiment, indem er eine Mischung der Lösungen von Jodkalium, brom saurem Kalium und Stärkeabkochung in verdünntem Zustande mit etwas Essigsäure versetzte. Diese Lösung würde mit der Zeit durch Freiwerden von Jod und durch Bildung von Jod stärke blau werden. Sie wird es aber sofort, wenn man Kalium chromat, das als Katalysator wirkt, hinzusetzt. Die Aus scheidung von Jod wird aber nicht nur durch die oxydirende Wirkung des Chromats erzielt, die Wirkung tritt auch ein durch einen reduzirenden Körper, z. B. Eisenvitriol. Tränkt man mit der angegebenen Mischung ein Filtrirpapier und schreibt darauf mit Eisenvitriollösung, so erscheinen die Schriftzüge in blauer Farbe, ja selbst wenn man einen gebogenen Eisendraht darauf legt, bildet sich seine Form in blauer Farbe ab. Von der Ueberzeugung ausgehend, dass die wissenschaftliche Kenntnis und Beherrschung der katalytischen Erscheinungen von un gleich grösserer Bedeutung für die Technik ist, als die früher nur zufällige Anwendung dieses Verfahrens, kamen die Erfinder zu dem Verfahren der Katatypie. Dieses ermöglicht, in über raschend kurzer Zeit von einem Original Kopien herzustellen. Dabei kann eine Zeichnung, ein Platin- oder Silberbild ebenso gut benutzt werden, wie ein fotografirtes Glasnegativ, da für die katalytischen Wirkungen nur die Oberfläche des Bildes in Betracht kommt. Von den zahllosen Wegen, welche die Katatypie ermöglicht, seien hier nur einige erwähnt, die von Dr. Gross vorgeführt wurden. Nimmt man ein Negativ und übergiesst es mit einer ätherischen Lösung von Wasserstoffsuperoxyd (Ha O a ), so wird letzteres an den Bildstellen zerstört, während es im übrigen erhalten bleibt, es entsteht also sofort ein unsichtbares Bild von Wasserstoffsuperoxyd. Nach dem Verdunsten des Aethers, was sehr schnell geschieht, wird das Negativ mit gewöhnlichem mit Gelatine überzogenem Papier auf etwa 10 Sekunden in Kontakt gebracht. Während dieser kurzen Zeit überträgt sieh das Bild auf die Gelatine, und man erhält ein unsichtbares positives Bild von Wasserstoffsuperoxyd. Uebergiesst man nun mit einer Lösung von Eisenvitriol, so entsteht ein schwach gelbes Bild, das in allen denkbaren Farben getont werden kann. Mit Gallussäure übergossen, wird das Bild violett, durch Blutlaugensalz blau, durch Bronzkatechin grünschwarz. Wird das unsichtbare Bild mit alkalischer Silberlösung überzogen, so reduzirt das Wasserstoffsuperoxyd daraus das Silber, und man erhält ein schwarzes Bild von metallischem Silber. Ueber- zieht man das unsichtbare Bild mit alkalischer Bleilösung, so oxydirt das Wasserstoffsuperoxyd das Blei zu braunem Blei superoxyd, und es resultirt ein Bild in brauner Farbe. Wenn man eine geeignete Manganlösung verwendet, so erhält man in etwa 50 Sekunden ein braunes Bild, das aus Mangansuper oxyd besteht und durch eine Lösung von Anilin verstärkt werden kann. Wasserstoffsuperoxyd wirkt auf Bromsilber ähnlich dem Licht. Uebergiesst man also ein Silberpositiv mit ätherischem Wasserstoffsuperoxyd und presst es nach dem Trocknen im Dunkeln auf eine fotografische Trockenplatte, so kann man auf dieser ein Negativ entwickeln. Zum Kopiren von Zeichnungen und Plänen macht man die Zeichnung mit einer Tusche, die aus Braunstein, dem Katalysator, besteht. Wird nun das Original mit Wasserstoffsuperoxyd übergossen, so erhält man ein Wasserbild auf einem Grunde von Wasser stoffsuperoxyd, das durch Aufpoliren auf Gelatinepapier über tragen und hier mit alkalischer Silber- oder Manganlösung hervorgerufen werden kann. Man erhält so einen schwarzen oder braunen Grund, auf dem die Zeichnung in weissen Linien verkehrt erscheint. Wenn man nun diese erste Kopie als Original benutzt, so erzielt man davon bei gleicher Behandlung ein Bild in schwarzen oder braunen Linien auf weissem Grunde in richtiger Lage. Besonders wertvoll ist die Anwendung der Katatypie für den Pigment- und Gummidruck, d. h. für diejenigen fotografischen Verfahren, welche auf dem Verhalten der Gelatine, des Leimes usw. gerbenaen Einflüssen gegenüber beruhen. Der Vorgang bei Erzeugung eines Gummidruckes ist folgender: Das Negativ wird mit der Wasserstoffsuperoxydlösung übergossen und dann während 30 Sekunden mit Höchheimer’schen nicht sensibi- lisirtem Gummidruckpapier im Kopirrahmen zusammengepresst Hierauf wird das unsichtbare Bild mit Ferrosalz übergossen, wodurch Ferrisalz entsteht, wodurch das Gummi in gleicher Weise gegerbt wird, wie durch Licht in Gegenwart von Bichromat. Das Bild wird dann in der bekannten Weise mit Sägemehlbrei entwickelt. Der ganze Vorgang dauert nur etwa 2 Minuten. Aber auch auf die fotomechanischen Verfahren, in welchen jetzt mit Chromatgelatine gearbeitet wird, lässt sich die Katatypie anwenden, denn die Gelatine verliert bei diesem Verfahren ebenso wie die Chromatgelatine durch die Belichtung ihre Quellfähigkeit, dagegen hat sie die Fähigkeit, Fettfarben zu halten. Es wurden bereits Flachdrucke vorgelegt, die in ähn licher Weise auf Stein übertragen waren, wie es beim Pigment druck geschieht. Es ist daher durchaus keine Fantasterei, wenn die Hoffnung ausgesprochen wird, dass sich mit Hilfe der Katatypie künstle rische, wissenschaftliche, technische Darstellungen in einer Grösse und in einer Billigkeit herstellen lassen werden, an welche die bisherige Technik nicht denken konnte. Auch der Dreifarbendruck kann durch dieses Verfahren eine ungeahnte Förderung erhalten. F. H. Deutscher Buchgewerbeverein. Die 16. ordentliche Hauptversamm lung findet am Freitag, 27. Februar 1908, abends 6 Uhr, im Sachsen zimmer des Deutschen Buchgewerbehauses zu Leipzig statt. Auf der Tagesordnung stehen: 1. Jahresbericht des Vorstehers. 2. Bericht des Schatzmeisters und der Rechnungsprüfer für das Jahr 1902. 8. Bericht des Schatzmeisters über den Haushaltplan für das Jahr 1903. Der Abschluss der Jahresrechnung 1902 nebst dem Entwurf des Voranschlages für 1908 wurde zugleich mit der Einladung zu dieser Versammlung versandt. Wir entnehmen daraus folgendes: Die Ausgaben des Vereins betrugen i. J. 1902 102 681 M. 76 Pf. Die Einnahmen waren um 8128 M. 72 Pf. niedriger als die Ausgaben. Zum Ausgleich wurde in der Bilanz der Wert der Immobilien um diesen Betrag verringert. Unter den Einnahmen sind u A. aufgeführt: Beiträge der Mitglieder 14 646 M. 86 Pf., von Behörden und Vereinen 14 800 M. und ein ausserordentlicher Beitrag des Rats der Stadt Leipzig von 10000 M. Unter den Ausgaben betrugen die Unkosten der Geschäftsstelle 11591 M. 24 Pf., die Museums-Unkosten 16 760 M. 66 Pf., Hypotheken und Anteilscheine erforderten 83 184 M. 67 Pf. Zinsen, und der durch Garantiefonds gedeckte Verlust bei der Leipziger Bank beträgt 14 602 M. 21 Pf. Das Konto der Vereinszeitschrift »Archiv für Buch gewerbe« schliesst mit einem Verlust von 3927 M. 67 Pf. ab, von denen aber 2888 M. 17 Pf. als Schuldenvortrag aus 1901 übernommen sind. Das Ausstellungskonto hat einen Gewinn von 1616 M. 22 Pf. aus den Platzmieten gezogen, ebenso können auf Gebäude-Konto 26 026 M. 84 Pf. - als Mieterträgnis aufgeführt werden.