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Flecke Im Löschpapier 4109. Frage: Der Ausfall eines mir gelieferten Löschpapiers weicht in mehrfacher Hinsicht meiner Meinung nach von dem Kauf- muster ab, ich will jedoch von allen anderen Mängeln, wie geringeres Gewicht, ordinärere Aufsicht, geringere Löschfähigkeit usw., bei meiner Anfrage absehen und nur die weissen Flecke auf der Innen seite der beifolgenden mit meinem Firmenstempel versehenen zehn Musterbogen ins Auge fassen. Ich bitte um Ihr Urteil, ob ich den Löechkarton übernehmen muss trotz dieser auffallenden weissen Flecke, die das Kaufmuster nicht im geringsten zeigt, wenn von den mit diesen Flecken versehenen Bogen mindestens 10 pCt. in dem Ausfall enthalten sind (in Wirklichkeit sind es 30—40 pCt., es genügt mir aber, wenn Sie Ihr Urteil abgeben unter der Voraussetzung, dass es mindestens 10 pCt. sind). Diese fehlerhaften Bogen sind leider ganz gleichmässig in der ganzen Ladung verteilt, sodass nicht ein einziges Ries in der Ladung enthalten ist, in dem nicht mindestens 60 Bogen (in allen bis jetzt geöffneten Riesen sind es mindestens 200 Bogen) vorkommen. An ein Aussuchen ist unter diesen Umständen nicht zu denken, da sonst die ganze Ladung sortirt werden müsste, wozu ich aller dings auch bereit bin, wenn mir meine baren Auslagen für Sortir- lohn vergütet würden. Der Preis für diesen Löschkarton ist nicht etwa besonders billig, wie die Fabrik vielleicht sagen wird. Ich habe vorgestern bei einer anderen Firma angefragt, zu welchem Preise diese mir die Ersatzladung, deren Lieferung die Fabrik A. ablehnt, liefern würde, und darauf das beif. Telegramm und beif. Muster B. erhalten. Ich werde heute in Z. Ersatz bestellen. Antwort: Die uns übersandten Bogen sind auf einer Seite ziemlich dicht mit weissen Fleckchen von unregelmässiger Gestalt übersät. Diese stammen wahrscheinlich von Schaum blasen, die mit dem Stoff auf das Langsieb gelangten, bei der Entwässerung platzten und auf der oberen Seite der Papier bahn Erdeklümpchen ablagerten. Das dadurch entstandene fleckige Aussehen der einen Papierseite ist ein Fehler, der zur Annahme-Weigerung berechtigt. Mag auch die Löschfähigkeit durch die Flecke nicht gelitten haben, so wird doch jeder Lehrer und Schüler Schulhefte bevorzugen, die solche Flecke nicht aufweisen, und Löschpapier solchen Aussehens kann nicht als Handelsware üblicher Beschaffenheit angesehen werden. Wenn die so aussehenden Bogen 10 pCt. der Ladung ausmachen, und die Papierfabrik die Kosten des vom Käufer angebotenen Ausscheidens nicht tragen will, so ist Fragesteller befugt, die Annahme der Ware zu verweigern. Agenten-Provision 4110. Frage: Im Laufe des Jahres 1902 vertrat ich als Provisions- Reisender die Firma X. erst in Ansichtskarten später in Künstlerkarten ; für Abschlüsse in Ansichtskarten wurden mir 10 pCt. Provision und die Ueberpreise, für Künstlerkarten aber 15 pCt. Provision zugesichert. Das Verlangen der Firma, das ganze »Delcredere« zu übernehmen, lehnte ich ab, höchstens 15 pCt. wollte ich übernehmen, doch dies lehnte die Firma ab, währenddessen legte ich aus verschiedenen Gründen die Vertretung nieder. Auf mein wiederholtes Verlangen sandte mir nachher die Firma einen Buchauszug über die von mir gemachten Ordres, der aber kläglich ausgefallen war, ganze Posten vermittelter Ordres fehlten, und mein abermaliger Wunsch um einen korrekten Buchauszug wurde wie folgt beantwortet: »Meine Abrechnung ist in Ihrem Besitze und habe ich nicht Zeit Ihnen fortwährend neue Abrechnung zu machen«. Ein kleiner Teil Kunden mit grösseren Ordres hat bis jetzt noch nicht regulirt, doch hält die Firma meine Provision auch für jene Kunden zurück, die schon längst bezahlt haben. Ist dies nach § 88 HGB. zulässig? Ich kann nicht glauben, dass der Verdienst mir so lange vorenthalten werden darf, bis der letzte Kunde bezahlt hat. Meinen wiederholten Aufforderungen zur Zahlung der fälligen Provision setzt die Firma beharrliche Weigerungen entgegen, die wie der Schluss satz eines derartigen Briefes lauten: »Es macht mir Vergnügen, wenn Sie Ihre verm. Forderung einen Rechtsanwalt übergeben und sehe das Ergebnis mit Ruhe entgegen.« Was kann ich dagegen tun? Antwort: Nach § 88 des HGB. findet die Abrechnung der Provision, wenn nicht anders vereinbart, am Schluss jedes Kalenderhalbjahres statt. Die Provision für die bis Ende 1902 bezahlten Lieferungen wurde also Ende 1902 fällig. Der Ge- schäflsherr ist nicht berechtigt sie hinzuhalten, bis alle ver mittelten Geschäfte abgewickelt sind. Wenn Fragesteller im Guten nichts erreichen kann, wird er den Rat des Geschäfts herrn X. befolgen, d. h. klagen müssen. Nichtzahlung fälliger Vergleichssummen hebt den Vergleich nicht auf 4111. Frage: Ein Kunde von Uns, M. in E., bot im April 1902 seinen Gläubigern einen Vergleich von 50 pCt. an, dem auch wir zu stimmten und zwar telefonisch, zahlbar 25 pCt. am 31. Juli, 25 pCt. am 15. November 1902. Auf unsere mehrfachen Mahnungen schrieb M., dass er in Kürze zahlen würde, was aber nicht geschah. Anfang November meldete M. Konkurs an. Unsere voll angemeldete Forderung wird zur Hälfte vom Verwalter bestritten mit der Begründung, wir wären s. Z. dem Vergleich mit 50 pCt. beigetreten, wodurch unsere Forderung ja auf 50 pCt. herabgesetzt sei. Der Umstand, dass M.. nicht die vollen Akkordsummen bezahlt habe (er hat überhaupt noch nichts bezahlt), könnte nicht dahin führen, dass unsere Forderung wieder in der ursprünglichen Höhe zur Entstehung gelange, da wir die pünktliche Bezahlung der Akkord-Raten nicht zur Bedingung ge macht hätten. Uns erscheint die Auslegung des Konkurs-Verwalters doch etwas sehr sonderbar, da der Konkurs angemeldet wurde, bevor die zweiten 25 pCt. fällig waren. Nach dieser Auffassung geht also einer einen Vergleich von 60 pCt. ein, zahlt aber nicht, macht dann Konkurs, wo dann vielleicht 6 pCt. herauskommen, sodass er schliesslich die 60 pCt. rein verdient. Können wir mit Erfolg dagegen klagen? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Nein. Der Vergleich ist nach seinem wörtlichen Inhalt auszulegen; es ist aber nicht vereinbart worden, dass, wenn eine Vergleichssumme am Fälligkeitstage nicht eingehe, der Vergleich erlösche. Selbstverständlich ist das nicht; man müsste sonst, wenn eine Rate um einen Tag zu spät eingeht, den Ver gleich für erloschen erklären, was gewiss nicht beim Vergleichs- abschlusse ins Auge gefasst war. Ferner ist die Besonderheit des Falles zu berücksichtigen: M. war im April 1902 zahlungs unfähig, hoffte aber, am 31. Juli 25 pCt. zahlen zu können, sicher war indess die Hoffnung nicht, ein Bürge oder ein Pfand war nicht bestellt, Fragesteller musste daher mit der Wahrscheinlichkeit unpünktlicher Zahlung rechnen, er hat aber für diesen Fall das Wiederaufleben seiner vollen Forderung nicht vorbedungen. Anonymer Brief 4112. Frage: Es handelt sich um einen anonymen Brief und einige als Schreiber desselben verdächtige Personen. Kann bei Ein sendung des Briefes und der Handschriften jener Personen ein Gra fologe zweifellos sicher und ausschlaggebend feststellen, ob eine der Handschriften mit dem Briefe identisch sei ? Nur wenn es festgestellt werden könnte, dass die Schrift wirklich von derselben Person wie der Brief herrührt, würde es lohnen, sich an einen Grafologen zu wenden. Antwort: Der Handschriftkenner kann nur in Ausnahme fällen mit Sicherheit feststellen, ob ein anonymer Brief von einem bestimmten Schreiber herrührt, da anonyme Briefe meist mit verstellter Schrift geschrieben sind. Im allgemeinen kann er nur eine mehr oder minder grosse Wahrscheinlichkeit fest stellen. Kündigung des Agenten in Oesterreich 4113. Frage: Ich wurde von der Firma X. als Provisions-Ver treter im Mai 1901 bestellt Es heisst im Anstellungs-Brief, dass voll ständige Abrechnung jedes Vierteljahr erfolgt Ausserdem wurde mir eine Jahresumsatz-Prämie, zahlbar am Schlüsse jeden Jahres zugesagt, jedoch wurde keine Kündigungsfrist vereinbart. Da das Geschäft in den letzten drei Monaten nicht nach Wunsch der Firma ausfiel, schreibt mir diese am 81. Dezember 1902, sie entziehe mir die Vertretung mit der Begründung, dass ich andere Vertretungen habe. Da letzteres nicht der Fall ist, frage ich, ob ich Anspruch auf vierteljährliche Kün digung habe. Antwort eines österreichischen Rechtsanwalts: Der Provisions-Vertreter hat, wenn der Provisions-Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, auf Kündigung keinen Anspruch, auch dann nicht, wenn periodisch abgerechnet wird, sondern beide Teile können jederzeit von dem Vertrage zurück- treten. Als berechtigter Rücktrittsgrund ist insbesondere anzu sehen, wenn die Auflösung erfolgt wegen der Unmöglichkeit lohnenden Weiterbetriebes des Geschäfts oder wegen Ueber- nahme der Vertretung einer Konkurrenzfirma seitens des Agenten. Nur eine willkürliche Aufhebung des Agentur-Ver trages könnte zur Entschädigung verpflichten. I Zahlungsweise 5 164114. Fraget'Können wir“bei einem neuen Kunden, mit welchem wir über Zahlungsbedingungen bei der Auftrag - Erteilung nichts ver handelt haben, die Berechnung auf einem Rechnungsformular vor nehmen, auf welchem steht »netto in bar«? Oder müssen wir ein Formular mit der allgemein üblichen Zahlungs-Bedingung nehmen: »Ziel 3 Monate netto oder gegen sofortige Barzahlung mit 2 pCt. Skonto«. Wir haben nämlich über den Kunden nachträglich eine weniger günstige Auskunft erhalten und möchten ihm deshalb kein längeres Ziel einräumen. Antwort: Der Käufer muss mangels anderer Verein barungen die Ware Zug um Zug, d. h. sofort nach Empfang, bar bezahlen. Der Aufdruck auf der Rechnung ist gleichgiltig, er ändert nichts an den ursprünglichen Vertrags-Bedingungen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin BW, Zimmer-Strasse 29. Papier von Sieler & Vogel, Berlin, Leipzig und Hamburg