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ERICH WILD 1895 — 1964 Am 27. Oktober 1964 schloß Erich Wild nach kurzem schwerem Krankenlager für immer die Augen. Betroffen sehen wir, daß er die Feder aus der Hand legen mußte, ehe er seine reiche Materialsammlung ausgewertet hatte, ehe er in der ihm eigenen Gründlichkeit an die vorliegenden Manuskripte letzten Schliff ge legt hatte, ehe die Drucklegung seines wohl umfangreichsten Werkes, der Monographie über die Geleitsrechnungen, erfolgte. Bewundernd mustern wir seine Arbeiten, die in ihrer Vielseitigkeit ihresgleichen suchen, und erkennen trotz des jähen Endes, das der Tod dem Schaffen Erich Wilds setzte, ein rei ches, in gewissem Sinne erfülltes Lebenswerk. Wenn der Außenstehende dieses Leben betrachtet, das in Markneukirchen be gann und in Markneukirchen endete, dessen Bindung an die Heimatstadt nur durch die Teilnahme an beiden Weltkriegen und die Strafversetzung nach Wilkau-Haßlau unterbrochen war, so könnte der äußere Ablauf verleiten, auf ein ruhiges, auf engem Raum gestaltetes, der Heimat ergebenes Dasein zu schließen. Das ist weit gefehlt. Gerade in diesem äußeren Rahmen erfüllte sich ein Leben voller Höhen und Tiefen mit dem Blick für die Weite und prägte sich der von zielstrebigem Willen getragene Arbeitsvorsatz, die Geschichte der Heimat in den allseitigen Zusammenhang des Ganzen zu stellen. Wenn wir Erich Wild würdigen wollen, dürfen wir als Ur- und Frühgeschichtler nicht einseitig von seinen archäologischen Arbeiten ausgehen, mit denen er das bis in die dreißiger Jahre vernachlässigte Gebirgsland in das Blickfeld der sächsi schen archäologischen Frühgeschichtsforschung rückte, sondern müssen seine Persönlichkeit als Heimatforscher betrachten, der er war im umfassendsten und höchsten Sinne des Wortes. Die Heimat war ihm Ausgangspunkt und in der bewußten Erkenntnis des historischen Prozesses in der Gegenwart zugleich Ziel seiner Forschungsarbeit. In der Untersuchung der Verflechtung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Elemente der heimatlichen Lebens einheit war sie ihm Darstellungs- und Anwendungsprinzip allgemeiner historischer Erkenntnis. So holte er in seinen Forschungen teilweise weit aus, sammelte eine Fülle, teilweise eine Überfülle von Fakten, um sie am Ende in einen ihm wesentlichen folgernden Zusammenhang zu stellen und zu gleich allgemeine wie regionale Fragen zu beleuchten.