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mit einer Reihe von Variationen aus der slawischen Keramik entwickelten, was Formenbeeinflussung durch westliche Kulturkreise nicht ausschließt. Dagegen fehlt in dieser Abfolge der Lippenrand. Infolgedessen ist die Annahme berech tigt, daß die Lippenränder erst durch die von Nordwesten vorgetragenen Wölbebodengefäße 9 ) älterer Herstellungstechnik Aufnahme fanden. Voraus setzung der Abschätzung ihres Einflusses ist wiederum, daß die Entwicklung der Lippenprofile und ihre Verbreitung genauer dargestellt wird; denn auch die kugelförmigen Wölbebodengefäße haben verschiedenartige Mündungs randformen, die zum Teil bereits mit der Aufnahme von Stürzen rechnen, ohne schon innen gekehlt zu sein. Nun sind zwar am Ranstädter Steinweg Wölbe bodengefäße der älteren Herstellungstechnik gefunden worden, aber sie stam men doch nur aus ihrer jüngeren Phase und stellen bereits das Ergebnis eines Ausleseverfahrens dar, das der Weiterentwicklung des Kragenrandes parallel läuft. Die Ähnlichkeit dieser Lippengefäße weist trotz ihrer beträchtlichen Größenunterschiede auf eine rasch einsetzende Vereinfachung durch konse quenten Gebrauch in Verbindung mit Topfstürzen hin. Erst größere Mengen von gefundenen Töpfen werden erkennen lassen, ob kleinere feststellbare Ab weichungen zeitlich bedingt sind. Als ältester der gefundenen Standbodentöpfe mit Lippenrand mag der ver- scherbte Gefäßoberteil des Henkeltopfes Abbildung 18, i mit innen gekehltem Lippenrand gelten. Der Lippenrand ist bereits typisch ausgeprägt, aber die Ornamentierung läßt eine ältere Phase der blaugrauen Irdenware vermuten. Die Gurtung beginnt unterhalb des gekehlt aufsteigenden Halses; in dieser Zone laufen zwei Wellenlinien übereinander, die etwas flüchtig in unterschied licher Breite nur wenig eingetieft sind. Einer jüngeren Zeit gehörte sicherlich der Topf mit Lippenrand Abbildung 26 an, in dessen Schulter eine plastische Welle mit breitem Spatel eingedrückt war, und nicht genug damit — darüber läuft in der ausgeprägten Halskehlung ein Rollstempelmuster. Es fällt übrigens auf, daß im Fundmaterial Lippenränder, die mit Schulterschmuck gekoppelt sind, viel weniger vorkommen als Kragen in Verbindung mit Schulterschmuck. An die Töpfe mit Kragenrand und schmalem Standboden erinnert in der Gesamtform der henkellose Topf Abbildung 18,2. Er könnte als Ziergefäß gedeu- 9) Da in der kommenden Zeit die Bearbeitung mittelalterlicher Keramik zunehmen wird, hält der Verfasser es nach zahlreichen Gesprächen mit Fachkollegen für gerechtfertigt, daß neue Erwägun gen und Vorschläge zur Terminologie gemacht werden. So reicht z. B. die Bezeichnung ,,Bomben- topf“ heute nicht mehr aus. Es wird deshalb in der vorliegenden Arbeit dem Flachboden der ,,Wölbeboden“ gegenübergestellt, abgeleitet von dem Stammwort ,,wölbe“ aus wölben und Ge wölbe. Dem Standbodentopf entspricht deshalb der Wölbetopf und Wölbekrug, die durch Zusätze wie kugelförmig, beutelförmig, tropfenförmig genauer bezeichnet werden. Weiterhin sucht der Verfasser mit einigen neuen Bezeichnungen wie Kelchrand, Kompositrand, Kehlenrand die weitere Differenzierung in der Beschreibung der mittelalterlichen Gefäßtypen zu fördern.