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Ein internationaler Taschendieb, der er besonders auf die Beraubung Reisender in O-Zngm abgesehen zu haben scheint, ist durch Aanonsbeamte aus dem Hauptbahnhofe in Köln festgenommen worden. Der Spitzbube batte in dem 6 Uhr abends nach Herbestha! Ehrenden V-Zuge einem Herrn im engen Flur des Durchgangswagens die Brieftasche aus dem -ssoa gezogen, was der Bestohlene bemerkte, n meldete sofort dem Stationsvorsteber den Aonall, und dieser nahm den Taschendieb, einen -aussen namens Wiener, fest und übergab ihn der Kriminalpolizei. Verhaftung eines Defraudanten. Der Deutsche Hekel, der aus Elberfeld nach Ent- sdendung von 40 000 Mk. geflüchtet war, wurde m Brüssel verhaftet. Eine Familie vom Blitze erschlagen, an Gerardmer bei Straßburg wurde durch Men Blitzschlag di» aus vier Köpfen bestehende vamilie des Landwirts Valentin getötet und M Arbeiterviertel in Brand gesetzt. Der Sach- Mdcn ist sehr bedeutend. Reklame-Glatzen. Der schon so oft angeregte «edanle, die Glatzen für Reklamezwecke zu ver enden, ist endlich auf den Pariser Boulevards zur Mache geworden. In den heißen Nachmittags- aundm sicht man einen Herrn, der mit etwas Madiger Eleganz gekleidet ist, mit grauem, zer- aulterien Schoßrock, leicht abgetretenen Lackschuhen aud einem etwas widerhaarigen Zylinderhut, würdig die Boulevards entlang schreiten und sich in gc- Dlisen Zwischenräumen auf den Terrassen von »Mz niederlassen. Während man ihm einen .Boch" serviert, nimmt er den Hut ab, als wollte " sich den Schweiß abwischen, und dann erblickt "sau ein kahlgeschorenes Haupt, aus dem in Rund- Mist eine Aufforderung prangt, am Abend ein Mel-Tangcl ansznsuchen. Leider ist die Polizei hinter diesem Reklameträger sehr bös hinterher und M ihn nie lange seinen Kahlkopf der Neugierde aussetzen- ein rauhes „Gehen Sie werterI" schreckt M aus seiner Tätigkeit auf und er muß weiter- Mdern, um seinen Trick einige hundert Meter Ater zu wiederholen. Jedenfalls in der Hitze eine ßhr erfrischende Tätigkeit. japanische Geschäftsanzetgen teilt das Pariser.Journal* mit; alle zeichnen sich durch Men bilderreichen Stil aus. Ein Warenhaus annonciert: „Unsere Waren werden mit der Schnelligkeit eines Kanonenschusses verschickt.* ^dkr, „Unsere Seidenwaren sind so zart, wie Wangen eines hübschen Mädchens, so bunt- Eg, wie der Regenbogen.* Man findet Mer Waren, die fo „lieblich find, wie der Ge- !°ng einer Junfrau", „Papier, so fest wie Ele- Menhaut" rc. Ein Geschft zeigt an, daß es leine Pakete so ost und so sorgfältig verpackt, «wie die junge Gattin die Koffer ihres ver- klsenden Gotten verschnürt*. Mehr kann man W verlangen. Mit der Einschieneu-Bahn (System Ahr) scheint eS noch gute Weile zu haben. Am Erfinder war bekanntlich schon vor drei Dren die Konzession zum Ban der 04 eng- "lche Meilen langen Bahn Manchester-Liverpool °Mt worden und man sprach sogar schon von ber Inangriffnahme deS Baues. Diese Mel- Dg bewahrheitet sich jedoch nicht, noch heute haben die Unternehmer das erforderliche Kapital 56 Mill. Rik. — nicht auszubringen ver acht. Bei der letzten Zeichnung wurde nur , Million geboten. Als Grund des Miß- chvlges wird nicht die finanzielle Unsicherheit U Unternehmens angesehen, sondern die er- AMerenden Bedingungen, die her Board of Mde (Aufsichtsbehörde) gestellt hat. Danach M erst der Nachweis erbracht werden, daß A Bahn sich in inländischen Bezirken be ehrt hat. Wie man „echte Wurmstiche" herstellt. We merkwürdige Anwendung der Wissenschaft 'Hs die Industrie teilt ein englisches Fachblatt HM Bekanntlich gibt man Möbeln dqs Ansehen M antiken Stücken, indem man sie künstlich Wurmstichig macht. Früher bohrte man zu Alew Zweck mit einem Bohrer Löcher hinein; M aber hat man ein feineres Verfahren. Die Zeichen, die Löcher ins Holz bohren, werden Mi Kartoffeln kultiviert und dann in die Deinen Imitationen hineingerieben. Sie Mm sich in das Holz ein. Wenn das Holz '"tt zu wurmstichig wird, vermodert es und Amütsverstimmung nach Hause. Der nächste All führte ihn mit Berko zusammen, und diesem 'Miete er sein übervolles Herz aus. „Nun rate, nun hilf mir!* schloß Hoff seinen EM. „Nie, nie hätte ich gedacht, daß die mauenliebe noch einmal in mein Leben so tief Dreisen würde. Nun ist es geschehen und weiß nicht, wie ich mich aus dem Labyrinth Deien soll. Wenn ich meine Verlobung mit Mia auflöse, dann muß ich daraus verzichten, Mna zu sehen; das kann ich aber nicht, denn Unruhe, bei dem Gedanken an den Kom- Dzienrat und seine Bewerbungen um Hanna Mden mich aufreiben. Glaubst du überhaupt, M sie ihn erhören könne? Oder glaubst du, D sie mich liebt, daß ich hoffen kann, sie A erringen, mit ihr glücklich zu werden, trotz Ml Bedenken?" . »Wie kann ich das wissen, Hans!* ent- Dnete Berko. „Zunächst kann ich dir über» Mi nur raten, dich zu fassen, zu sammeln W dein Denken in etwas ruhigere Bahnen tu lenken. Bedenke, Hquna Delio ist blutarm, W ihrem Gehalt bei Bergs unterstützt sie noch ZA Geschwister. Du hast auch kein Vermögen, n D Praxis als Rechtsanwalt bringt auch . H keine großen Einnahmen, und was heut- AD ein einigermaßen anständiger Hausstand °qs weiß ich am besten; außerdem bist »ich, der Mann, der sich gern Ent- °°Mgen auflegt.* Geld und wieder Geld! Hängt denn dw diesem schnöden Worte ab? Ist nicht laui 2° höhere Macht?* schrie Hoff fast ' und ärgerlich aus. zerfällt zu Staub. Sobald also dieser Vorgang weit genug vorgeschritten ist, so daß das eben hergestellte „antike" Möbel in seiner Wurm stichigkeit genügend ehrwürdig aussteht, aber doch noch haltbar ist, müssen die Tierchen, die so gute Dienste geleistet, getötet werden. Das geschieht jetzt durch Anwendung der Röntgen- Strahlen. Cholera in Sicht? In Petersburg ist man nicht ohne Besorgnis, daß durch den Krieg die Cholera nach Europa eingeschleppt werden könnte. DerMashdanin' macht darauf aufmerksam, daß die Gefahr von zwei Seiten drohe, aus dem fernen Osten und aus Persien, und durch den Nischni-Nowgoroder Jahrmarkt leicht über Moskau nach Petersburg verschleppt guter Dinge das Huhn unter den Arm und pilgerte nach der Stadt. An der Kontrolle aber wurde er angehalten. Man holte zwei Gen darmeriewachtmeister, die den Mann nach einem hochnotpeinlichen Verhör ins Gefängnis schleppten und das unschuldige Huhn in Beschlag nahmen. Jetzt hat der Mann wegen „eigenmächtiger Frachtaneignung" noch einen großen Prozeß zu erwarten. Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich abermals in den Ver. Staaten ereignet. Bei Glenwood, so meldet eine Depesche aus Chicago, stieß ein Zug der Chicago and Äastern Illinois- Bahn, auf dem Mitglieder einer Kirchengemeinde von ihrem Jahresausflug nach demMomencepark nach Chicago zurückkehrten, auf einen Güterzug. karre rum feläLUge äer Cnglänäer in ^iber. Während die Ruffen zur großen Befriedigung der Engländer in Ostasien fcstsitzm, sind die letzteren eifrigst bemüht, diese für sie äußerst günstige Situation nach Kräften auszunutzen. Besonders sind sie bestrebt, ihren Einfluß in Tibet, jenem ge waltigen Berglande, zu befestigen und das russische Ansehen dort zu schmälern. Allerdings scheinen sich die Engländer in der Widerstandskraft jener Berg völker gewaltig verrechnet zu haben. Das ganze Land befindet sich in großer Gärung, so daß Eng land nunmehr vor die Aufgabe gestellt ist, einen regelrechten Feldzug gegen diese Berg völker zu unternehmen. Wie auf unsrer Karte ersichtlich, sind die Engländer über Darjiling und Chumbi bis Gyangtse vorge drungen. Neuerdings war ein Waffenstillstand zu- standegekommen, der den Engländern, die sich in keiner gerade rosigen Lage befanden, wohl fehr gelegen kam. Die inzwischen geführten Verhand lungen haben sich zerschlagen, so daß die Feind seligkeiten von neuem begonnen haben. Die Haupt- stellung der Tibetaner befand sich bei Gyangtse. Die Engländer haben diese Stellung erstürmt und befinden sich jetzt auf dem Vormarsch gegen die Stadt des Dalai-Lama, das „heilige" Lhassa. werden könnte. Die Petersburger Kranken häuser befinden sich leider nicht in so gutem Zustande, daß fie dem gefährlichen Gast energi schen Widerstand leisten könnten, und die übrigen sanitären Verhältnisse in Moskau sowohl wie an der Newa lassen ebenfalls recht viel zu wünschen übrig. Eine kuriose Szene spielte sich jüngst auf der Riga-Pskower Eisenbahn ab. Auf einer Bahnstation erschien ein Mann, der den Per sonenzug versäumt hatte, und fragte, ob er viel leicht mit dem Güterzuge nach Pskow fahren könnte. „Nein!" brüllte ihn her Schalterbeamte an; „zu diesem Zuge werden keine Fahrkarten verkauft!" Dqrauf ging der Vianu hin und kaufte ein junges Huhn, das er als Frachtgut nach Pskow aufgab. Es wurde ihm ordnungs gemäß ein Frachtschein ausgestellt; da aber „lebende Ware* nicht ohne Begleiter die Bahn benutzen darf, löste der Mann für 54 Kopeken eine Begleiterkarte und fuhr mit seinem Huhn in einem eigens angeschlossenen Spezialwagen nach Pskow. In Pskow augekommen, dachte er nicht daran, daß er seine Fahrkarte „ordnungs gemäß" im Güterbahnhof vorzulegen hatte, um wieder in den rechtmäßigen Besitz seines Huhnes zu gelangen. Er nahm vielmehr heiter und 18 der Ausflügler wurden getötet und 68 verletzt. — In Amerika zu reisen, ist wahrlich ein eigen artiges Vergnügen! Der bereits totgesagte Kapitän Voft, der in seinem offenen Kanoe „Tilikum" bereits den Stillen Ozean durchquerte, hat nach einer äußerst gefahrvollen Reise von 123 Tagen glücklich die Fahrt von der Nordspitze Australiens Nach Afrika vollendet und ist in Durban ge landet, Am 13. April hat Kapitän Voß Kap stadt verlassen, um in seinem ausgehöhlten Baumstamme die Reise um die Erde fortzusetzen. Ein heftiger Zyklon hat San Jaan del Monte (Philippinen) zerstört; 200 Personen sollen umgekommen sein. Der Schaden wird auf 2 Millionen Dollar geschätzt. Der Regen, der sich nach dem Zyklon einstellle, dauerte ununterbrochen 27 Stunden. GericktskaUe. Ulm. Das hiesige Schöffengericht hatte den früheren Redakteur Schönselde der ,Ulmer Zeitung' zu 20 Mk. Geldstrafe verurteilt, weil er in einem Artikel des genannten Blattes den Obersten a. D. Hügler, der über seine Erlebnisse beim Militär ein Buch schrieb, einen „U mer Brise" und des weiteren eine „Querulantenseele" genannt hatte. Auf Berufung HügerS erkannte die Strafkammer als Berufungsinstanz auf 100 Mk. Geldstrafe. Die Strafkammer ging gleich wie das Schöffengericht von der Ansicht aus, daß die Vergfiichung mit Bilse eine Beleidigung sei, zumal Hügcr seine An klagen mit seinem vollen Namen deckte, Bilse da gegen ein Pseudonym wählte. Weimar. Wegen fahrlässiger Tötung wurde der Schiffer Ludwig Baumüller in Jena von der hiesigen Strafkammer zu insgesamt neun Monat Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte hatte am 5. Juni d. beim Gondelfahren auf der Saale bei Jena zwei Damen zu nahe an den Schleusenstrom gerudert, wodurch das Boot umschlug und die beiden Insassen durch Ertrinken ihren Tod sanden. Badet nicht mit vollem Magen! Aus Basel schreibt die ,Franks. Ztg.': In der jetzigen Badezeit vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht liest, daß da und dort einer beim Baden im offenen Fluß oder See er trunken sei. In den seltensten Fällen find es des Schwimmens unkundige Leute, in den meisten junge Menschen vom Jünglings- bis ins beste Mannesalter, von denen cs heißt, daß sie Plötzlich im Wasser versunken seien, und daß vermuilich ein Herzschlag ihrem Leben ein Ende gemacht habe. Die Geschichte mit dem Herz schlag wollte mir nie recht glaubhaft erscheinen. Denn wie gesagt: es find zumeist junge, kräf tige Menschen von 14—30 Jahren, deren Herz bis dahin immer recht gesund funktioniert hat. Ein Schweizer Arzt, mit dem ich anläßlich eines solchen Falles über den Gegenstand sprach, teilte mir denn auch als seine Meinung über die wahre Ursache des Todes folgendes mit: „Wenn Sie die meist von Augenzeugen wieder- gegebenen Berichte der Lokalblätter lesen, heißt es selten, daß der junge Mann kurz, nachdem er ins Wasser gestiegen, untergegangen sei, sondern in der Regel wird berichtet, daß er ein beträchtliches Stück in den freien Fluß oder See hinausschwamm und dann lautlos versank. „Wahrscheinlich ist, daß ein Herzschlag seinem Leben ein Ende gemacht hat." Das ist in 96 von 100 Fällen ein Irrtum. Wahrscheinlich rst vielmehr, daß der junge Mann mit vollem Magen ms Wasser ging, daß der gegen den Unterleib gerichtete Wellenschlag eine momentane Übelkeit verursachte, deren Ursachen und Folgen dieselben find, wie bei der Seekrankheit, daß Erbrechen und Schwindel eintcat, der Betreffende für einen Augenblick die Besinnung und die Herrschaft über seinen Körper verlor, nicht mehr die Kraft harte, den heraufkommenden Speise drei anszuspeien, vielleicht auch noch Wasser aufnahm und einfach erstickte. EL ist keine Frage, daß selbst geringer Wellenschlag auf einen vollen Magen höchst ungünstig einwirkt. Ich habe schon derartige Erfahrungen an mir selbst gemacht und kann nur jedermann raten, nach einer größeren Mahlzeit mindestens drei oder vier Stunden bis zu einem Fluß- oder Seebad verstreichen zu lassen. Es kann ihm passieren, daß er in unmittelbarer Nähe andrer, dre ihn retten könnten, ertrinkt: denn er wird in der Regel garnicht zum Schreien kommen, oder, wenn er ein Mensch ist, der sich etwas Zu trauen zu dürfen glaubt, die ersten Merkzeichen von leichter Übelkeit viel zu gering anschlagen, um sofort Hilfe zu alarmieren. Daher: Badet nicht mit vollem Magen!* — Da die An schauungen recht plausibel erscheinen, dürfte der Rat wohl zu beherzigen sein. kunres Allerlei. Der „neue Orden" des Reichskanzlers. In der ,Bad. Landpost' in Karlsruhe liest man folgendes heitere Zeitgeschichten: Kürzlich er zählte ein Schulmädchen, es habe ein Bild vom Reichskanzler Grafen Bülow gesehen, er habe auch schöne Orden angehabt. Als es gefragt wurde: „Was für Orden?" sagte es: „Ei, den Schwarzen Adlerorden und den — Jesuiten orden." * * * Erklärt. „Dieser Offizier muß seinen Dienst q ntt-eren." — „Weshalb denn?" — „Wegen seiner nicht quittierten Rechnungen." „Blicke doch um dich! Welche Macht schwingt denn das Zepter überall und leitet die Ent schlüsse und Handlungen der Menschen?" „Nun, mich treibt dann ausnahmsweise eine andre Macht," erwiderte Hoff mit einem et was erzwungenen Lächeln. „Sie siieb mich auch dazu, in stillen Nachtstunden, wie einst in jenen Frühlingstagen, zur Feder zu greisen, in dem Glaubest, daß die Liebe den schlafenden Genius wieher erwecken müsse. Ich wollte meiner großen Liebe ein großes unvergängliches Denkmal setzen; aber es war ein eitles Be ginnen. Die Unruhe und quälenden Zweifel jagten meine Gedanken im wilden Chaos hin und her. Ein Dichter bedarf vor qllem heitere Seelenruhe." „Oft ist es auch die tragische Ruhe des Schwerzes, welche die besten Werke zeitigt," nzeinte Berko ernst. Hoff sah den Freund düster an Md sagte: „Das wahre Genie mag sich wohl aus Schmerz und Trübsal strahlend emporringen, aber wo das nicht vorhanden, da geht eben das Beste von Ms zugrunde in solchen Tagen des Schmerzes und der Qual. Ich habe das an mir erfahren.* „Was du damals beklagtest, war doch nur eine Jugendtorheit ohne jeden tieferen Gehalt." „Ja allerdings, jetzt stehen die Sachen aber anders, Hanna Delio ist nicht die Dame, die man je verachten könnte, wie jene. Die Liebe zu ihr erscheint mir wie der ideale Inhalt meines Lebens, und wenn mir der genommen wird, dann weiß ich nicht, ob es sich lohnte, noch weiter zu leben." „Dann wird sein Genius die Schwingen entfalten," sagte sich still Berko, als er in das strahlende geistig belebte Gesicht des Freundes sah. Sie waren auf einem der freien Plätze der Stadt auf und ab gegangen und standen jetzt in dem Hellen Licht eines Gaskandelabers. Drüben, über dem Platz weg lag das Theater gebäude, es war hell erleuchtet, und die Be sucher strömten ausnahmsweise heute ziemlich zahlreich herein. Eine berühmte Sängerin aus dec Residenz übte die Zugkraft heute aus. Hoff trennte sich jetzt von Berko. „Er habe Dienst bei seiner Braut," sagte er beim Abschied voll Bitterkeit. Hoffs Weg führte ihn an dem Theater gebäude vorüber. Ein Wagen kam herangerollt, er kannte die großen, stolzen Rappen vor dem Wagen sehr genau, es waren diejenigen des Kommerzienrats Berg. „Also doch," murmelte Hoff ingrimmig zwischen den Zähnen, als er den Kommerzien rat mit fast jugendlicher Elastizität aus dem Wagen springen, und dann Hanna und Lilly, die älteste ihrer Zöglinge, von dem Herrn Kommerzienrat galant herausgehoben wurden. Es gibt Momente im Erdendasein, wo der Mensch einzig und allein von seinem leiden schaftlichen Empfinden geleitet, ohne alle Über legung zu handeln pflegt. So erging es jetzt Hoff, der eben blindlings in das Theater stürmte. Er löste sich ein Billet und saß nun in einer der noch leeren Proszeniumslogen, ganz in eine dunkle Ecke gedrückt. Wohl durchzuckte ihn einen Augenblick lang der Gedanke an Elvira, die ihn jetzt erwartete. Ihm graute vor dec schwülen Luft im Bergschsn Hause. Den Abend sollte er dort zubringen in Gesellschaft des naseweisen Backfisches, der Nanny, und seiner zärtlichen Braut, wäh rend Hanna mit dem Kommerzienrat hier im Theater saß? Nein, das war unmög lich! Das Orchester begann jetzt gar lustige Weisen zu spielen, dann rollte der Vorhang in die Höhe. Gesang ertönte, aber Hoff schien nicht daran zu denken, daß er im Theater war, und daß er für sein Geld allerlei Kurzweil zu hören und zu sehen bekommen sollte. Er hatte keinen Zettel und überhaupt keine blasse Idee, was für ein Stück gegeben wurde. Er warf auch keinen Blick auf die Bühne, unverwandt waren seine Augen auf Hanna Delio gerichtet. Sie lachte, das Stück mußte also wohl ein heiteres sein, und jetzt erinnerte er sich auch, irgendwo gehört zu haben, daß eine Operette von Millöcker heute gegeben wurde. Hinter ihm wurde jetzt die Logentür leise geöffnet, eine Dame schwebte herein, aber Hoff hielt es nicht der Mühe wert, den Kopf nach der Eintretenden umzuwenden. Wie reizend Hanna das fröh liche Lachen kleidete! Auch der Kommerzienrat lachte, daß ihm die Tränen über die Backen und in den graublonden Bart rollten, nur Lilly verzog keine Miene und starrte mit weit aus gerissenen Augen verständnislos nach der Bühne hin. - Der erste Akt schien jetzt vorüber, wenigstens verstummte die Musik und der Vorhang rollte herunter. ! (Fortsetzung folgt.)