Volltext Seite (XML)
wenn Alle Dich verlassen — verlaß Dich selber nicht! Dann kann Dein Stern erblassen, Doch nie verlöscht sein Licht. Lin niutges Selbsterfassen Ist, was zumeist gebricht — Menn Alle Dich verlassen, verlaß Dich selber nicht! wer wird sich werfen lassen von jedem Schicksalsschlag? Empfang ihn fest, gelassen Nach Nacht wird wieder Tag. lFoNsctzimg.I —>1 Um der Liebe willen. Roman von Reinhold Ortmann. lRachdruck verböte».! Wagenhoff hatte bereits ans einem Schubfachc seines Schreib tisches eines der bekannten länglichen Papiere entnommen. „Sagen wir also: ans drei Monate. Das ist ja die übliche Frist. Natürlich ist es kein Unglück, wenn Sie etwa verhindert sein sollten, mir den Betrag alsdann schon zurück zu geben," — „Davon kann nicht die Rede sein," versicherte der Assessor eifrig. „Hoffentlich haben wir bis dahin unseren Prozeß gegen die Versiche rungs-Gesellschaft längst, ge wonnen." Er schämte sich der Lüge, sobald er sie ausgesprochen hatte; aber er fühlte sich geradezu vernichtet, als der andere, ohne im Schreiben inne zu halten, sagte: „Auf Ihren Prozeß werden Sie ja leider allzu große Hoff nungen nicht mehr setzen dürfen, Herr Baron! Wer konnte auch erwarten, daß die alte Frau ihre Aussage wirklich beschwören würde!" „Wie? So wissen Sie be reits —" stammelte Viktor, sich verratend, und Wagen hofs neigte zum Zeichen der Bejahung den Kopf. „Ich bin mit Ihrem Rechtsanwalt befreundet, und da er weiß, daß ich mich für Ihre Angelegenheit ^l»ikenkin<ter. Noch dn» interessiere, als ob es meine eigene wäre, teilte er mir gestern abend gesprächsweise das Ergebnis deS letzten Termines mit. Er hofft ja auf die zweite Instanz; aber bei dieser Sachlage wage ich nicht mehr, seine Hoffnungen zu teilen. So, mein lieber Herr Baron; da ist der Wechsel. Sie haben wohl die Freundlichkeit, ihn mit Ihrem Accept zu versehen." Die Buchstaben tanzten dem Assessor vor den Augen. Die Be schämung, welche ihm da zu teil geworden war, peinigte ihn um so mehr, je deutlicher er sie als eine wohlverdiente empfand. Und wie großmütig war dieser fremde Mann, der ihn ans der Verlegenheit befreite, ohne auch nur eine einzige demütigende Frage zu tun, obwohl er doch besser als irgend ein anderer seine hoffnungslose Lage kannte! Wahrhaftig, er verdiente im höchsten Sinne den Na men eines echten Freundes! Als Viktor die Feder zurückgab, lagen die neun Tausendmarkscheine bereits auf dem Tische. Der Assessor wagte es kaum, den Blick vom Boden zu erheben, wäh rend er sie in seiner Brief tasche barg. Jnr Uebermatz seiner Dankbarkeit hätte er Wagen hoff umarmen können, als dieser zu allem anderen nun auch noch zartfühlend genug war, das Gespräch sofort ganz unbefangen auf eiueu anderen Gegenstand zu leu- ken. „Ihre verehrten Ange hörigen befinden sich hoffent lich alle in erwünschtem Wohlsein. Ich hatte neulich Gemälde veu lv. Schwär. das Vergnügen, die Damen auf der Straße zu sehen. Aber sie waren von etwas anderem so in Anspruch genommen, daß sie meinen Gruß nicht bemerkten. War es übrigens nicht der junge Graf Aprarin, in dessen Gesellschaft sie sich befanden?" „Da Graf Arkadi Apraxin ein Freund meiner Familie ist, darf ich wohl annehmen, daß er es gewesen sei. Auch Sie kennen 3'»