Volltext Seite (XML)
Jahrgang 1932 * Nr. 5 Berlin, den 4. Februar 1932 stciMMKK/E Vk5 VMMM 1^/40-- VM!.Ü6: 6LK7^8P!5M8 Vkk 1.^65-L858».tz8K!_!^ H/V SS Was uns die Russen von ihrem Obstbau erzählen! Sind das Märchen oder ist es Wahrheit? Dr. Wilhelm-E t l l i n g, Berlin M SMerkWllnktur aus dem Diebelmartt Die Prei^benchtstelle des Deutschen Landwirischaflsrales vcröstenttichk in der mit uns gemeinschaftlich herausgegebenen „Marktrundschau für den Deutschen Gartenbau": Während der Absatz der meisten Wintergcmnfe- Vrvdukte in den letzten Monaten außergewöhnliche Schwierigkeiten bereitere und vielfach größere Flä chen überhaupt nicht abgecrntct werden konnten, da die zu erzielenden Preise völlig unbefriedigend wa ren, hat sich auf dein Zwicbelmarkt eine svrung- bafte Steigerung der Preise durchsetzen können. Es ist in der lernen Zeil in den PerbranchSgebieten zu Großhandelspreisen von etwa 10—13 Nm. für fortieric Ware gekommen, sa zum Teil erreichten sogar die Kreise in den Erzengcrgcbieten einen Stand von 10 Rm. je Ztr. Verglichen mit den Preisen der letzren Jahre stellen diese Preise eine .Ausnahme dar. Sowohl Ende Januar 1031 als auch in der gleichen Zeit des Jahres 1030 lagen die Großhandelspreise im allgemeinen zwischen 3 und S Rm. je 50 Kilogramm. Diese hohen Preise könnten dazu Anlaß geben, eine beträchtliche Aus- dehnung des Anbaues in Deutschland im kommen den Frühjahr vorzunehmen. Wenn man jedoch den Ursachen für die Preisentwicklung in diesem Jahre nachgeht, so wird inan zu dem Schluß kommen, daß diese hohen Preise nur durch das Zusammentreffen von außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Welt markt für Zwiebeln cintreten konnten. . In Preußen, wo seit einigen Jahren regelmäßige Erhebungen - über den feldmäßigcn Anbau von Zwiebeln durchgcführt werden, ergaben sich folgende Anbauflächen für Zwiebeln in den letzten Jahren: 1929: 3478 Im, 1930: 3766 Im, 1931: 3365 Im. Hinsichtlich der Ernten ergeben sich folgende Vcr- gleichSziffern: 1929: 630 264 ckr, 1930: 966 904 ckr, 1931: 790 521 ckr Daraus geht hervor, daß im Jahre 1929 bei einer noch wesentlich günstigeren Wirtschaftslage trotz der bedeutend niedrigeren Ernte noch nicht halb so hohe Preise erzielt werden konnten als in diesem Jabre. Der ausschließliche Grund hierfür liegt darin, daß im. Winter 1929/30 und auch 1930/31 das Ausland bereits zu Preisen von 5 Rm. je Ztr. im Großhandel als Abgcber auf den deutschen Märkten austrat. Selbst die unbefriedigenden Er träge des Jahres 1929 konnten also nicht eine ent sprechende Preissteigerung hepbciführen, da die oberste Preisgrenze in T^lschland weitgehend hc- stimmk Knr4 durch Hie anÄnndischen Angebote, die, bedingt durch den niedrigen Zollsatz und die nie drigen Produktionskosten im Nuslande, im allge meinen sehr niedrig liegen können. In diesem 'Jahre sind in den deutschen Produktionsgcbieten im allgemeinen mittlere Ernteerträge erreicht wor den, trotzdem konnten sogar außergewöhnlich hohe Preise erzielt werden, da das Ausland der deut schen Erzeugung nicht die Konkurrenz wie in den früheren Jahren machen konnte. Insbesondere fie len, die billigen ungarischen Angebote bisher völlig aus, da der ungarische Anbau im letzten Jahre stark zurückgegangen ist, und die Preise hier viel fach sogar wesentlich über den deutschen Preisen lagen. Ebenso hat die holländische Ernte nur mitt lere Erträge gebracht und sand zu hohen Preisen Absatz auf dem englischen Markt, der außerdem zu einem sehr erheblichen Teil von Spanien beliefert wird. Allein die Entwicklung des Weltmarktes für Zwiebeln hat also zu den hohen Preisen auf den inländischen Märkten geführt. Für den Zwiebelanbau ini kommenden Frühjahr ergibt sich daraus, daß keinesfalls mit Sicherheit dannl zu rechnen ist, daß auch ein größerer Anbau zu befriedigenden Preisen in Deutschland Absatz sinken kann. Lie günstigen Vcrkaufsergebnisse in den ausländischen Produktionsgcbieten werden zweifellos dort wieder, zu einer bei-rächtlichen Aus dehnung des Anbaues führen und dementsprechend im nächsten Jahr sogar einen noch stärkeren Wett bewerb durch das Ausland auf den deutschen Märkten Hervorrufen als in früheren Jahren, llm. so mehr, als im Auslande vielfach die Produktionskosten weiter gesenkt sind und ins besondere durch die Äährungsemwcrtung in Ungarn, Spanien und England die Preise im Vergleich zu den deutschen Preisen gedrückt werden. Dementivrechend muß zunächst die Mög lichkeit einer Anbauausdchnung in Deutschland abgelehnt werden, da bei normalen Ernten im Auslände selbst bei einer geringeren Ernte als im letzten Jahre Absatzschwierigkeiten aufgetreten sind. Sofern allerdings die deutsche Wirtschaftslage es notwendig macht, die Einfuhr aus dem Auslände an den Produkten, die als entbehrlich anzuschcn sind, 'weitgehend einzuschränken, würde eine Aus dehnung des Anbaues für Zwiebeln auch im volks wirtschaftlichen Interesse liegen. Zunächst wird sich jedoch der Anbau darauf einstcllcn müssen, daß er mit dem ausländischen Wettbewerb auf den Gc- müsemärktcu weiter zu rechnen hat. psektlung p§sr«!s«!ung Xu»Z«Iung un«! g«miL«ktvn vung in vsstsr tJualitäl unck jeckei ^«tvünsckten Alonso Ostern SsrIIne« V. Ssrlin S 17, PSi-s uaLtr. 10-15 bsiepbon ^nckres-. 1503'09 Was da die amtlichen Stellen berichten, klingt wie ein Märchen aus 1001 Nacht. In den europäischen Staaten, in Lenen der Obst bau heute die größte Verbreitung hat, wird in normalen Jahren soviel Obst erzeugt, daß auf je den Bewohner des Landes 30 bis höchstens 90 k/f kommen. In R zlaud waren cs bisher-nur 10 lest. Das Volkskommissariat für den Ackerbau und die Lenin-Akademie für das Studium der Landwirt schaft erklären nun, daß sie bis zum Jähre 1937 weitere sechs Millionen Hektar mit Obst bepflanzen werden und sobald diese Pflanzungen ihre volle Tragfähigleit erreicht hoben werden, kann das rus sische Reich auf insgesamt 6 709 690 Hektar soviel Obst erzeugen, daß auf jeden Russen iin Jahr,/also auf jeden der 170 Millionen Menschen, die dort wohnen, 200 Obst kommen! — „Obst ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel" erklärt die Sowjci- regierung, „und darum haben mir zwei Zcntrpl- institnte für Obstbau eingerichtet, und diese zwei Zentralinstitute haben in allen Obstbaugebieten unseres Reiches ihre Zweiginstilute, deren Aufgabe es ist, das ihnen anvertraute Territorium Mit Obst zu bepflanzen." Von diesen beiden Zentralinsti- tuten hat das Zrntralinstitut für den sUdliche» Obst bau die klimatisch beste Lage. Es befindet sich in Kiew und hat Zweigstellen in der Krim, l-er Ukraine, dem Kaukasus, in Kazakstan, in Mittel asien, Azerbeidschan usw.; diese weiten Gebiete ha ben Klima und Boden, die sich für den Obstbau vorzüglich eignen. Ganz anders sind die Verhältnisse in den Ge bieten, in denen dos zweite Zentralinstitut arbeitet, nämlich im nördlichen Rußland' lind in Sibirien, wo die Winter 40 Grad Kälte bringen und sehr späte Nachtsröstc bei einem nur kurzen, heißen Som mer bisher den Gedanken an Obstbau gar uickn änf- kommen ließen. In Sibirien gibt es allerdings wildwachsende Obstsorten,, die srostwiderslandsfähig und sehr fruchtbar sind, aber nur kleine, nnanfehn- liche Früchte hervorbringen. Gs ist nnn dem russi schen Forscher Iwan Wladimirowitsch Mit schu lt i »Hi jahÄehillekaiigeltHoycheMtiglLitcgelangen, durch Krei^üng dieser. fMrischew Obstsorten mit den großfrüchtigen südländischen Sorten und durch stän dige Auslese der Kreuzungen schließlich zn groß früchtigen und völlig frostharten Sorten zn gelan gen, die bis in hohe Nardgebiete gedeihen und selbst den Winter 1928/29 leicht ertragen haben! Zu die- en Sorte» gehören: Mitschurins „Arktische Wein rebe", seine Aprikosen, Mandeln, Pfirsiche, Acpfel und Birnen, seine Krenzungen von aureum mit ttikes xrossulsris, von Traubenkirschen mit Waldkirschen, ferner Mitschurins neue Fctinickm- Formen und seine neuen warten von 8orbu8 mit ganz großen, süßen Früchten. Man hat Mitschurins Sorten in Nordamerila mit dem gleichen Erfolg angepflanzt, und die Sowjet-Union hat ihm den Leninorden verliehen. Mitschurin arbeitet in Kos low, dem Zentralgebiet der sogenannten Schwarzen Erde, und hier hat man auch das Zontralinstitut für den nördlichen Obstbau eingerichtet. Mau gab diesem Institut einen Stab von 80 Spezialisten nnd 2ö wissenschaftlichen Aspiranten: es wird hier na türlich auf allen Gebieten des Obstbaus wissenschaft lich gearbeitet, und hier befindet sich auch eine Obst bauzentralbibliothek mit 50 000 Bänden und eine Sonderstelle, die sich über alles zu informieren hat, was in der ganzen Welt auf dem Gebiete der Obst bauforschung geschieht. Allein im Schwarzerdegebiet hat das Zeutralinstitnt 16000 Hektar Obstbauversuchsfelder angelegt! Der Fünsjahrespkan hatte für den Herbst 1931 16 Millionen Stück Lbstbäume zur Pslanzung vor gesehen, es wurde» aber 20 Millionen Stück! In den Baumschulen wurden im Sommer 1931 nicht weniger als 50 Millionen Wildling« veredelt, und im Herbst 1931 und Frühjahr 1932 sollen wei tere 100 Millionen Stück veredelt werden! Da die Leitung den Sowjet-Union erkannt bat, daß die Amerikaner gerade durch ihre Maschinen mich in der Landwirtschaft.ganz gewaltige Erfolge erzielten,-hat sic in Moskau, ein Institut für Mc- chauisieruug der Landwirtschaft eingerichtet und ans Amerika für ganz gewaltige Summen landwirt schaftliche. Maschinen bezogen. Dieses Institut in Moskau hat nun dem Koslower Obstbauinstitut eine Sonderabtcilnng sür Mechanisierung des Obst baues angeglicdert. Lie Russen behaupten, daß sic . mit ihren-auf diese Weise- ausgewählten Maschinen -bei Pflanzarheilen, BerehlungsarbeAen, Schädlingsbekämpfmtg . und Bodenbearbeitung ge rade ans-dem Gebiete.des Obstbaus gläuzeude Er fahrungen gemacht haben. Und nun das Fachschulwesen sür den Obstbau! In allen Obstbaugebictcn werden Fachschulen für Obstbausvezialistcn eingerichtet. Zu Schülern be stimmt man die hierfür befähigsten Arbeiter der Kollektiv- ünd Staatsbetriebe. Diese werden sür die Dauer ihrer Studien mit ihren Familien völlig votü Skäa ie erhallen.- Für' Neuanpftanzungen wird in der Regel ein- nnd zweijähriges Material genommen, doch pflanz! man verhältnismäßig sehr weit, nm die maschinelle Bodenbcarbcitnng zn erleichtern. Wie hier, so ist Mtzh der amerikanische Lehrmeister das Vorbild bei der Uronenvildnng. Auch hier läßt man, ganz nach amerikanischem System, von jeder Astserie immer nur einen Ast stehen, damit der Abstand der Neste von einander so groß wird, daß die Behandlung der Bäume erleichtert wird. Die Bekämpfung der Schädlinge geschieht nur auf maschinellem Wege, nnd znm Teil sind sogar schon örtliche Spritzanlagen .vorhanden. Die Kosten für die Bodenbearbeitung iü den Baumfchulen und Obstgärten sind sehr gering; weil es gelungen ist, hierfür bcsoüdere Gcräic zn konstruieren. Auch alle Anpflanzüngen werden maschinell vorgcnommen. Zur Zeit'ist man mit der Konstrnttion von Ver ed,ftustis- und Enttemaschiuen beschäftigt, -nnd es -.sind Mo» Apparate znr Ernte des Becrcnobstes iin -BänstWenü diese Apparate fcrtiggcstellt sind, kön nen erst die riesigen Beerenobslgärtcn richlig auL- geiiutzt werde». Man. muß. sa nun abwazlen, was von all diesen wunderbaren Dingen Wirtlichkeit werden wird und ob cs in Wnhrbcil dein menschlichen Geiste gelungen ist, das sibirische ^ilima so zn meistern, daß dort das herrlichste Obst gedeih!, wie dies die Lowjet- rcgictung verheißt. Auf alle Fälle beweisen aber diese amtlichen Angaben der Sowjctregicrnng, wel che Bedeutung sie dem Gartenban und besonders dem Obstbau beilegt. R ußlaud ist m e h r als f ü n s u n d v i e r- zigmal so g ro ß w i e. D e u t s ch l a n d, und es ist klar, daß aus diesem Riesenge biet bei richtiger Durchführung der h i e r.d a r g e l e g t e n Pläne in absetzba rer Zeit derartige Obstmengen her an s z irh ölen sind, daß eine gewaltige Ansfu-H r, besonders a nch nach Dentsch- l an d, mH glich w ä re. Ter Grundgedanke der russischen Maßnatzmcn ist alleHings der, das eigene Volk in reichlichstem Maße mit ausgezeichnetem Obst aus heimischer Erde zu versorgen nnd dadurch seine Gesundheit zu fördern. Welche Bedeutung diese Frage gerade für Deutsch land hat, beweist die Tatsache, daß wir im Jahre 1930 an Obst einen Einfuhrüberschuß im Werte vou !95 Millionen Rm. nnd an Südfrüchten sogar von äst 254 Millionen Rm. hatten! Es muß daher alles mögliche geschehen, um den Gartenbau und vor allem den Obstban im Volke „populär" zu machen; es muß mehr Interesse da für im. ganzen Volke erweckt werden. Wir fordern einen vernünftig aufgebaulen Binnenmarkt! Unser Leitartikel in Nr. 4 „Ter Moloch Export und seine Opfer" zeigte uns, daß daS heutige Wirtschaftssystem zu einem völligen Zusammenbruch der Weltwirtschaft und damit mich unserer eigenen Wirtschaft geführt hat. Welche Folgerungen haben wir mm daran-S zn ziehend DaS heutige Wirtschaftssystem stellt obenan, daß cs oberstes Ziel jeder Wirtschaftspolitik sein müsse, die G e- w i n n in ö g l i ch k e i t der Wirt schaft zu sichern. Diesem Ziel habe sich alle-S zn unterwerfen. Wir, die wir in diesen Ge- dankengängen erzogen sind, lönnen uns. non diesem scheinbar so vernünftigen Denken nur- schwer frei'wachen. Wir übersehen aber eins: Der „Gewinn" ist nicht, Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Wir leben nicht, um zu wirtschaften nnd Gold zn besitzen, sondern wir wirtschaften nnd schassen uns damit Geld, um leben zn können. Das „Leben können", der Mensch ist also das, was voranznstehen hat. Damit der Mensch leben kann, brauchen wir zuerst Nahrungsmittel, also die Landwirtschaft und den Gartenban, die Nahrungsmittel bauen. Die Nahrungsmiltei nützen aber dem, der sie nicht anbancn kann, nichts, wenn er sic nicht kaufen kann. Der Gärtner nnd Landwirt braucht seinerseits vielerlei Hilfsmittel, z. P. Spaten nnd Pflug, Egge und Rechen, nm Nahrungsmittel erzeugen zu können; er braucht weiter Kleidung, Wohnung, Bedarfsartikel usw. All das kann er aber nur beschaffe», wenn er für seine überschüssigen Erzeugnisse Käufer findet. Also muß der Teil der Mmischcn, dcr nicht das Laud bebaut, daS einzige, über daS er verfügen kann, seine Arbeitskraft, in Werte nmmünzen, die er z. B. dem Gärtner oder Landwirt verkaufen kann, nm mit dem Erlös daraus Nahrungsmittel kaufen zn können. Der Mensch mit seiner Arbeitskraft und der nutzbare Gruud nud Boden müssen mithin aik die Csntzc aller wirtschaftspolitischen Betrach-' ttingen gestellt werden. Auf ihnen bank sich daS Leben eines Volkes auf. Die Lebcusmöglichkeit eines Volkes hängt — auf weite Sicht gesehen — davon ab, ob es auf dem ihm zur Ver- ügung stehenden Grund nnd Boden seine Bolksangehörigen so zusammenhalten kann, daß ein "gesunder Ausgleich zwischen dem Nah rung schaffenden Teil nnd dem Teil, der nur eine Arbeitskraft iu Kaufkraft umwcrtcu kann, erhalten bleibt. Die Regierung eines Staates muß daher, wie wir iu Nr. 4 schon sagten, die Bevölkerungspolitik an die erste Stelle setzen. Sie hat dafür zn sorgen, daß die grundlegenden Lebensvoranssetznngen ihrem Volk so stark ge schert bleiben, daß sie nicht durch andere Staaten ernsthaft gefährdet werden können. ES kommt deshalb in erster Linie auch nicht dar auf an, möglichst viele und billige Güler zn erzeugen, sondern die Kanfkraft der Volksan gehörigen gesund zu erhalten. Ucbertrirbene Rationalisierung, die nnr den augenblicklichen „Gewinn" im Äuge hat, gleichzeitig aber Tau sende von Menschen arbeitslos macht, d. h. ihnen die Kaufkraft uimmt, ist unsinnig, denn eine solche Wirtschaftspolitik führt zwangs läufig, wie cS die Gegenwart schroff genug zeigt, dahin, daß die Arbeits- und Kaufkraft losen mit Steucrgeldern der „Wirtschaft" er halten werden müssen, die durch Ausschaltung der Arbeits- und Kaufkraft deu Ast absägt, auf dem sic sitzt. Die Sicherung der volkszngehörigen Men schen eines Staates vor der Gefährdung durch audere Staaten und Völker ist gebunden an einen starken Binnenmarkt, der seinerseits nur durch eineu starken nnd damit selbst kaufkräfti gen Landbau erhalten werden kann. Der Bin nenmarkt wird nmso stärker sein, je mehr Men schen er in seinen Arbeitsprozeß einschaltet und zwar sowohl auf Seiten des Landbaues als Ab- uehmer vou handwerklichen und industriellen Erzeugnissen, wie auf Seiten des Handwerks, der Industrie und des Handels als Ümmünzer der Arbeitskraft in Kanfkraft. Solange die Ansicht bestehen bleibt, daß Po litik von den „Wirtschaftsfnhrern" betrieben werden müsse, und man unter „Wirtschafts führern" nur die vollkommen individualistisch iu „Gewinnen" denkenden Führer der Banken, der Industrie und des Handels nnd der diesen Gedankengängen nahestehenden Gewerkschaften versteht, Landwirtschaft nnd Gartenbau des eigenen Landes aber nnr als lästige, weil zn wenig „rentable" Wirtschaftszweige, betrachtet, wird die gegenwärtige Krise nie eine Dauer- Heilung finden. Das "geschieht auch daun nicht, wenn man vielleicht zwangsläufig versuchen wollte, unter den bisherigen individualistischen und kapitalistischen Gcdankengängen den Bin« nenmarkt „anzulurbeln". " Or. L. Oie Konjunktur für Blumenzwiebeln vielleicht jede» Verdienst muK- ncnnenswerten, Lurch die neue» englischen Blumeirzolle wird die holländische Schnittblumenausfuhr in ganz be sonderem Maße getroffen. Während nämlich die Zollsätze auf die Einfuhr von Anemonen, Nelken, Marguerite», (Httmosa), Narzissen, Veilchen, Erikakraut und blühende Pflanzen, also von solchen Blumen, die vorwiegend aus dem Süden nach England kommen, „nur" auf rund 24 Pfg. (nach dem heurigen PfundkurZ) je Kilogramm festge setzt wurden, werden sie für Flieder, Trcibroscii, Lathyrus, Tulpen u. a. rund 1,20 Rm. (nach dem heutigen Pfundkurs) je Kilogramm betragen. Daraus ergibr sich, daß die englischen Zölle sich hauptsächlich gegen die auch den englischen Gärt nern unangenehmstc holländische Konkurrenz richten. Tie englischen Gärtner haben geradeso Ivie ihre, deutschen Kollegen stets darunter besonders ge litten, daß sie zum Treiben von Tulpen und ähn lichen Zwicbelblumen den Holländern ihre „Bollen" abnahmen, in der Saison aber einer starken Ein fuhr von holländischen Schnittulpen gegenübcrstan- den. Tas dürfte jenr aufhöre.n. Tic Holländer habcn schon ausgerechnci, daß jetzt eine Kiste Schnittnlpcn mit einem Jnhalr von rnnd 20- Dtzd. eine Zollbelastung von rund 3,90 Rm. erfahren, wird, das sind etwa äo Pfg. je Dutzend, eine Be lastung also, die bei den' heutigen Preisen einen nennenswerten, vielleicht jeden Verdienst ans- ländischer Sckmittulpe» und anderer holländischer schließt. Auf Lem Höhepunkt der Saison, wenn HNf/Schnfttbttrurcn. Or. Lkr. Tulpen schwerer und, die Preise niedriger sind, wird das- Verhältnis noch Ungünstiger. Die Aus sichten für die Ausfuhr von Schnittulpen nach England' sind demnach sehr ungünstig geworden. Ob die Befreiung bzw. Entlastung des englischen Markles von der starken Schnittblumeneinfuhr die Tulpenireiberei der englischen Gärtner rentabler machen wird, braucht nicht erst gefragt zu werden, das ist Wohl selbstverständlich und Sinn der Sache. Ob aber der Absatz der holländischen Tulpenzwie beln dadurch so gesteigert wird, daß der unvermeid liche Rückgang des holländischen Eigenbedarfs wengcmacht wird, ist zum mindesten sehr zweifel hast. lind wen4 die wichtigsten holländischen Blu- mcnzwicbelversteigerungcn in Beverwijk und t'Cen- irnm schon seit 1929 einen erheblichen Einnahme rückgang — 1929: 1 979 211,38 kkl., 1930: 1 472 314,95 tzkl., 1931: 788 858,01 kkl. — zu verzeichnen hatte», so ist bei Fortbestehen der jetzi gen Verbälmissc mit einem noch weiteren Nbsin- ken dtr Umsätze zn rechnen. Für Sie deutschen Gärtner, die auch 1931 ihre Blumenzwiebeln wieder zu teuer bezahlt haben, ergibt sich daraus: Größte Vorsicht beim Einkauf voit Blumenzwiebeln auch in Zukunft und unab lässige Forderung ausreichenden Schutzes gegen die zn erwartende preis-drückende Mehreinfnhr bol-