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Die Be-euiung des Kn'edhofswesens für den deutschen Gartenbau Verkürzte Wiedergabe des Vortrages von K. Wcinhauscu, Berlin-Tempelhof, ans der Tagung der Friedhofsgärtner in Wiesbaden In den letzten Jahrzehnten vor dein großen Weltkriege genoß in Deutschland die Industrie eine Vorrangstellung. Landwirtschaft und Gartenbau spielten daneben eine verhältnismäßig bescheidene Rolle. Im Kriege, als cs darauf ankam, ein vov den übrigen Ländern der Welt abgeschlossenes deutsches Volk ans ocr eigenen Wirtschaft mit Lebensmitteln zu versehen, kam die Landwirtschaft und der nahrungsmittelschaffende Teil des deutschen Gartenbaues wieder zu Ehren, weil man ihrer bedurfte. Wir deutschen Gärtner haben so lange ein wenig beachtetes Dasein geführt, unser Schaffen ist so selten als Faktor in der deut schen Volkswirtschaft gewertet worden, daß wir uns alle darüber freuen, wenigstens den Obst- und Gemüsebau als Wcripostcn in der großen' Bilanz anfgeführt zu finden. Die Genugtnnng über diese reichlich späte Anerkennung darf uns aber nicht davon abhalten, den übrigen Zweigen des Gartenbaues die Beachtung zu erkämpfen, die ihnen unbedingt gebührt. Bei aller Anerkennung des Grund satzes, daß cs zu den wichtigsten Aufgaben, eines Staates gehört, eine ausreichende Ernährung des Volkes sicherzustcllen, ist es doch unverständlich, daß, wo immer vom Gartenbau die Rede ist, fast imnier nur vom Obst- und Gemüsebau gesprochen wird. Dabei wird doch vollkommen übersehen, daß wir nicht mir Nahrungsmittel, sondern auch Arbeit gebrauchen. Arbeit, nicht nur um wieder Nahrungsmittel zu schaffen sondern Arbeit um ihrer selbst willen. Nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt krankt ja heute an der Arbeitslosigkeit. Vom Standpunkt der Arbeitsbeschaffung ver dient aber der Zierpflanzenbau mit seinen beiden großen Neben zweigen, Gartenausführnng und Friedhofsgärtnerei, die größte Beachtung, weil nirgends im Gartenbau so viel Menschen auf der Flächeneinheit Arbeit und damit Lebensunterhalt finden wie hier. Viel zu wenig finden innerhalb der deutschen Volkswirtschaft die Summen Beachtung, die alljährlich für ausländische Erzeugnisse des Zierpflanzcnbaues verausgabt werden. Die Tatsache, daß der Absatz von Blumen und Zierpflanzen trotz der Not der Zeit nicht mehr zurückgegangcn ist als z. B. der Absatz von Obst und Gemüse, beweist, daß wir Deutschen der Blumen und Zierpflanzen ebenso bedürfen wie der Nahrungsmittel. Oeffentliche und private Grünanlagen, vor allem als liebevolle Ehrung unserer Toten; auch Blumen im Heim sind kein Luxus, sondern sie gehören zu den Erfordernissen, die das Leben erst wert machen, gelebt zu werden. Glauben Sie nicht, daß manche Blumen von Groschen gekauft werden, die sich der Käufer oder die Käuferin vom Munde abgespart haben? Glauben Sie, daß gerade wir Deutschen auch nur vorüber gehend allein von leiblicher Nahrung leben können? Sicherlich nicht, und ebensowenig können wir auf Blumen und Zierpflanzen, aus Grünflächen und Gärten und auf den Blumenschmuck der Ruhe stätten unserer Heimgegangenen verzichten. Auch diese Dinge ge hören wie Kunst und Literatur zur geistigen Volksnahrung. Ich habe mehr über die Bedeutung des Zierpflanzcnbaues und über Blumen und Zierpflanzen im Leben des Volkes gesprochen, als der Wortlaut des Themas erwarten lieh. Diese Ausführungen schienen mir aber erwünscht, um Ihnen auf diesem Hintergründe die Bedeutung des Friedhofstvesens für den deutschen Gartenbau in schärferem Licht zeigen zu können, ist doch das Friedhofswesen unserer Zeit ohne Blumen und Zierpflanzen gar nicht mehr denkbar. Es war nicht immer so, erst verhältnismäßig spät, etwa gegen Ende des 1v. Jahrhunderts, bürgerte sich der schöne Brauch ein, di» Friedhöfe zu einem Garten der Toten zu machen. Mancherlei Wandlungen hat die Friedhofskunst durchgemacht,*) doch die Blumen und Pflanzen sind niemals mehr vom Friedhof verschwunden. In dem Maße, in dem das Verständnis für Pflanzenlcbcn nnd Blnmen- schönheit in unserem Volke zunahm, hat auch der Blumenschmuck im Totenkult mehr Verwendung gefunden und damit hat die Be deutung des Friedhofswesens für den deutschen Gartenbau zuge- nommen. Wie stark die Anlage von Friedhöfen, die Gestaltung und Bepflanzung von Grabstcllen, die Schmückung der Gräber mit Blumen und die Verwendung von Blumen zu Kränzen nnd anderen Trauergcwinden de» deutschen Gartenbau beeinflußt und ihn, Absatz für seine Erzeugnisse schafft, will ich mit einigen Zahlen belegen. Auf Grund der Erhebungen, wie sic in dem statistischen Jahrbuch deutscher Städte von 93 Städten, und zwar solchen mit mehr als 50 000 Einwohnern aufgezeichnet wurden, betragen die städtischen Grünflächen einschließlich der Stadtwaldungen 108 325 da, das sind 17 YL der Gesamtfläche dieser 93 Städte, die zur Zeit der Erhebung (1927) 640 937 tia betrug. Inzwischen wird der Pro zentsatz an Grünflächen gestiegen sein. In den 93 Städten wurden 1927 1161 im Betriebe befindliche Friedhöfe gezählt, die eine Fläche von rund 6390 Im einnahmen, das ist etwas mehr als 1 YL des Gesamtgebietes der 93 Städte und 6 YL aller Grünflächen einschließlich der Stadtwaldungcn. Sie sehen daraus, daß den Friedhöfe», die ja heute durchweg reich mit Baum-, Strauch- und Blttmenpflauzungc» ausgestattet sind, auch bei dem Bestreben, die Städte mit Grünflächen zu umgeben und zu durchsetzen, eine Be deutung zukommt. Unsere neuzeitlichen Friedhöfe sind also als Grünflächen zu werten und haben hygienische Bedeutung. *) Diesen Ausführungen ging ein Vorlrag von Gariendireklor N. Schimpf, Freiburg i. B., voraus, in dem ein Ileberblick über die Entwicklung der Friedhofs- und Grabgestallung gegeben wurde. Der Dortrag erscheint in der nächsten Nummer dieser Beilage. Mehr noch interessiert uns aber als Gärtner der Aufwand an gartcntechmscher Arbeit, nnd gärtnerischen! Pflanzmaterial für die Friedhöfe. Ans Grund des Materials, das ich durch eine Rundfrage bei einer Anzahl Friedhofsverwaltmigen erhielt, habe ich errechnet, daß von 100 im Friedhofsfläche 17,5 Im Schmuckanlagcn nnd Wege sind. Von den vorerwähnten 6390 lm großen Flächen, die in 93 Städten als Friedhöfe benutzt werden, würden also rund 1120 da auf Wege und Schmuckplätze entfallen. Mit diesen Zahlen ist aber nur ein Bruchteil der Friedhofsfläche erfaßt, da es sich ja nur um 93 Städte handelt. Wir haben zur Zeit allein 45 Großstädte, 47 Städte mit einer Einwohnerzahl von 50—100 000 Einwohnern, 167 Städte mit einer Einwohnerzahl von 20—50 000 Einwohnern und 292 Städte mit einer Einwohnerzahl von 10—20 000 Ein wohnern. In all diesen Städten dürfen wir gärtnerisch angelegte Friedhöfe ohne weiteres annehmen. Ich greife daher sicherlich nicht zu hoch, wenn ich in den statistisch nicht erfaßten Städten die drei fache Friedhofsfläche, also dabei auch die dreifache Fläche an Schmuck- und Wcgcanlagen, in Rechnung stelle. Tue ich dies, so komme ich auf 4480 Im Schmuck- uud Wegeflächen auf den deutschen Friedhöfen. Für diese Fläche setze ich als Kosten für die erstmalige Anlage den sicherlich nicht zu hoch gegriffenen Betrag von 3,— NM. für den m? ein und komme dann zu dem Ergebnis, daß die Gesamt summe der erstmaligen Anlagckosten für die gärtnerischen Arheiteir auf den Friedhöfen rnnd 134 Millionen Mark beträgt. Ich bin überzeugt, daß diese Summe eher zu niedrig als zu hoch ist. Die Städte legen natürlich nicht jedes Jahr neue Friedhöfe an, man kann aber unter Berücksichtigung der Sterbeziffern und der Schonzeit für die Gräber sehr wohl den Versuch machen, zu er rechnen, wieviel neue Fricdhofsflächc gemittelt alljährlich geschaffen werden mutz. Mein Material reicht für diese Ermittlung nicht aus. Ich kann daher nur eine durch Berechnung gestützte Schätzung ein setzen und komme dabei zn dem Ergebnis, daß mindestens 200 Im Fciedhofsfläche in jedem Jahr gemittelt angelegt werden müssen, um für die zunehmende Anzahl Gräber Raum zu schaffen. Wenn wir hiervon wiederum 17,5 YL für Schmuckanlagen und Wege rechnen, so ergibt sich, dätz alljährlich 35 Im Schmuckanlagcn und Wege durch das Fricdhofswesen neu geschaffen werden, was bei Zugrundelegung von 8,— NM. für den eine jährlich sich wieder holende Aufwendung von 1 050 000 NM. ausmacht. So weit über die Ncuaulage von Friedhöfen. Wenn ich auch meine Zuflucht zur Schätzung nehmen mutzte, so kann man doch Wohl als erwiesen betrachten, daß eine große Anzahl Gartenbau betriebe, insbesondere Baumschnlen, Lieferanten der Friedhöfe sein müssen, und daß für die Nenanlage von Friedhöfen recht beachtliche Lohnsummn alljährlich verausgabt werden. Dabei habe ich absicht lich nur das Gärtnerische berücksichtigt, also auch nicht die Erd- arbeitcn für die Herrichtung der Gräberfelder. Von noch größerer Bedeutung sind vom gärtnerischen Standpunkt die Unterhaltungsarbciten, die Pflanzen zur Nachpflanzung und die Materialien zur Unterhaltung der Wege. Je nach den Etatsvcr« hältnissen wird man bald mehr bald weniger für die Unterhaltung der eigentlichen Anlage auf den Friedhöfen anfwcndcn. Im Durch schnitt wird man aber für die Schmuckanlagcn und Wege ans den Friedhöfen denselben Pflegcbetrag rechnen müssen wie bei sonstigen öffentlichen Grünanlagen. Nach den Angaben, die mir von ver schiedenen Stadtverwaltungen mitgeteilt wurden, kann man für die Unterhaltungskosten, Nachpflanzungen, Wegeausbesserungen usw. 50,— NM. für den Ar rechnen. Für die vorabgehend ermittelten 448 000 ar Grünflächen und Wege auf deutschen Friedhöfen würde das also eine Ausgabe von jährlich rund 22 Millionen sein. Ich komme nun zur Grabbcpflanzuiig. Um zu ermitteln, wie hoch die Aufwendungen für Arbeit und Pflanzmaterial sind, habe ich folgende Berechnung cmgcstcllt. Die mittlere Sterblichkcitsziffer im Reiche beträgt zur Zeit 10,6 vom Tausend. Von rnnd 64,3 Millionen Einwohnern sterben also im Jahre 681 580 Menschen. Berücksichtigt man, daß auch Urnen ohne gärtnerische Bepflanzung ausgestellt werden, so kann man mit jährlich 680 000 neuen Gräbern rechnen. Von diesen 680 000 Grabstcllen sind sowohl größere kost bare Grabanlagen, als auch Kinder-, Urnen- und Armengräber, die einen geringeren Aufwand erfordern. Berücksichtigt man dies, so dürste man die Kosten der erstmaligen Anlage und Bepflanzung Wohl mit 20,— NM. je Grab nicht zu hoch annehmen. Es fließen also dem Gartenbau durch die Beerdigung der Toten jährlich rund 13,6 Millionen NM. zu. Daß ich mit der Schätzung von 20,— RM. je Grab der Wirklichkeit sehr nahe gekommen bin, zeigten mir eine Anzahl Beispiele aus der Praxis. Um nur zwei davon zu erwähnen: In Halle (Saale )werden jährlich 3400 Gräber neu angelegt, wo für ein Betrag von 70 000 RM. ausgcgebc» wurde. Auf dem Parkfriedhof Lichterfelde wurden für 445 Gräber 8735 RM. ge zahlt, also in beiden Fällen rund 20,— RM. für die Grabstclle. Was die Pflege der Gräber betrifft, so ist der Prozentsatz der Gräber, die regelmäßig gärtnerisch gepflegt werden, in den Städten außerordentlich verschieden. Freiburg (Brsg.) gibt z. B. an, daß von den Familiengräbern, die anf dem dortigen Friedhof vor herrschend sind, 60 von Gärtnern gepflegt werden, während nur 40 YL von den Angehörige» der Verstorbene» oder deren Personal unterhalten werden. Bei den Reihen- und Einzclgräbern werden 30 YL von Gärtnern nnd 50 YL durch die Angehörigen gepflegt, und da für diese Gruppe der Gräber keine Unterhaltungspslicht be steht, bleiben etwa 20 YL ungepflegt, die dann von der Friedhofs- Verwaltung mit Rasen bedeckt werden. Vergleicht man damit die Zahlen von einem Berliner Friedhof, auf Lem viel mehr wohl habende Leute als Arme zur Ruhe bestattet werden, so muß man feststellen, datz in Süddeutschland für die gärtnerische Pflege der Grabstcllen viel mehr aufgewendet wird. Auf dem Lichtcrfcldcr Parkfricdhof wurden 30 YL der Grabstcllen von Gärtnern gepflegt, 40 YL durch die Angehörigen und 30 YL bleiben ungepflegt. Nach den Zahlen, die mir borliegen, kann man im Durchschnitt damit rechnen, datz 80 YL der neuangelegten Gräber von Gärtnern gepflegt werden. Die Kosten hierfür sind sehr verschieden hoch. Es gibt in Nord- nnd Mitteldeutschland Städte, wo man nur 4,— RM. pro Grab und Jahr für die Grabpflege bezahlt, während in vielen anderen Städten der Betrag bis zu dem Fünffachen auf steigt. Ich bin gemittelt auf 10,— NM. pro Grab und Jahr ge kommen, dabei handelt es sich nur um die Pflcgcarbeit, nicht um das Material. Von 680 000 Grabstellen, die im Jahr zuvor an gelegt wurden, werden im darauf folgenden Jahr nach meinen Be rechnungen noch 28 Yb, das sind 190 400 Gräber, gärtnerisch ge pflegt, wofür also 1 904 000 RM. jährlich gezahlt werden. Dazu kommen aber noch die Materialkosten, wobei wir auch die Gräber zu berücksichtigen haben, die nicht gärtnerisch, sondern von den An gehörigen gepflegt werden. Ungepflegt bleiben in den ersten zwei Jahren höchstens 10 YL. Ziehen wir diese von der Zahl der all jährlich neu entstehenden Gräber ab, so werden im zweiten Jahre nach der Anlage der Gräber »och 612 000 Gräber bepflanzt. Davon erhalten im ersten Jahre schätzungsweise 60 YL eine Dauerbepflan zung, die alljährlich nur geringer Ergänzungen bedürfen, so daß 40 YL von 612 000 Grabstellen verbleiben, die gemittelt zweimal im Jahre neu bepflanzt werden, es sind das 244 800 Grabstcllen. Bei der Ermittlung des Wertes des Pflanzmaterials kam ich im Durchschnitt auf 6,— RM. Pro Jahr und Grab. Lege ich diese Zahlen hier zu Grunde, so ergibt sich also ein Betrag von 1 468 800 NM. für Pflanzmaterial zur Bepflanzung der neuen Gräber im zweiten Jahr. Bisher habe ich der Uebersichtlichkcit halber nur die neuen Gräber berücksichtigt. Wir hätten also auch die älteren Grabstcllen noch in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen. Nach Angaben, die sich allerdings allein auf Berlin beziehen, nimmt die Grabpflcge wie folgt ab: Nach einem Jahr werden 90 YL, nach zwei Jahren 80 YL, nach drei Jahren 76 YL, nach 5 Jahren 50 YL, nach 10 Jahren 25 YL, nach 16 Jahren 20 YL und nach 20 Jahren 10 YL der Grabstcllen noch gepflegt. Im Mittel von 20 Jahren kann ich also rechnen, datz 25 YL der ältere» Gräber alljährlich nen bepflanzt und gepflegt werden. Da in 20 Jahren 13 600 000 Gräber entstehen, habe ich von dieser Zahl die schon berechneten 680 000 Grabstcllen des ersten Jahres in Abzug zu bringen, so datz ich also mit 25 YL von 12 920 000 Grabstellen zu rechnen habe. Es sind das 3 230 000 Grabstcllen. Rechnen wir hierfür einen Aufwand an Pflanzmaterial mit 6.— RM. je Grab- ftclle und Jahr, so ergibt sich ein Betrag von 19 380 000 RM. Auch der Prozentsatz der Grabstellcn, die durch Gärtner gepflegt werden, nimmt mit den Jahren ab. Es dürfte aber immer noch die Hälfte dcr überhaupt gepflegten Gräber in gärtnerischer Obhut bleiben. Wir hätten also, um die Arbeitslasten für die Pflege der älteren Gräber zu ermitteln, die Hälfte von 8 230 000, das sind 1 615 000 Grabstellen, zu rechnen, wofür an Arbeitslasten alljährlich wiederum 10,— NM. in Ansatz gebracht werden, so datz sich ein Betrag von 16 160 000 RM. ergibt. Ich komme nun zu dem Wert der Blumcnspcndcn und gehe wiederum von der Voraussetzung aus, daß alljährlich in Deutsch land 680 000 neue Grabstellen geschaffen werden. Bei den meisten Begräbnissen werden Kränze und Blumen Verwendung finden. Den Wert hiervon richtig zu schätzen, ist in Ermangelung von Zah len außerordentlich schwierig. Während bei einem kleinen Teil der Begräbnisse die Blumenspcnden oft einen Wert von 1000,— RM. und mehr erreiche», gibt cö natürlich auch Begräbnisse ohne Blumen. Um das entworfene Zahlengcbäude zu vervollständigen, will ich den Blumenvcrbrauch je Begräbnis ganz vorsichtig mit 10,— RM. schätzen. Es ergibt sich daraus eine weitere Einnahme von 6 800 000 RM. jährlich, die dem deutschen Gartenbau zufließcm Aus den Angaben der Fricdhofsverlvaltung in Freiburg (Brsg.) konnte ich ersehen, daß dort rund 60 000 RM. im Jahr für Blumenspendcn anf den Fricdhöfcn ausgegcben werden. Da Freiburg ca. 100 000 Einwohner hat, ergibt das pro Kopf dcr Einwohnerzahl 0,60 RM. Wenn man diese Zahlen als Maßstab für ganz Deutschland be nutzen kann, so ergäbe das einen Kostenaufwand von 38 580 000 RM. für Blumenspenden (bei 64,3 Millionen Einwohnern). Es war nicht meine Absicht, rechnerisch genau nachzuweisc», wie viel Einnahmen dem deutschen Gartenbau durch das Fricdhofswesen zufließen. Abgesehen davon, daß ein genauer rechnerischer Nachweis auf Grund des bisher erhältlichen Materials noch nicht möglich ist, müssen ja auch »och andere als die von mir genannten Aufwendun gen, so z. B. die Dekoration in den Kapellen usw., berücksichtigt werden. Gar nicht zu schätzen sind natürlich die Älumcngaben, die von den Angehörigen beim Besuch der Grabstellen ini Laufe der Jahre immer wieder niedergclegt werden. Znsammenfasfend komme ich zu dem Ergebnis, daß ohne die Blumcnspcndcn bcini Begräbnis durch das Fricdhofswcsc» in Deutschland dem Gartenbau alljähr lich 82000000 RM. zusließen. Ich glaube daher, daß cs mir ge lungen ist, Ihnen durch die Zahlen, die ich Ihnen nennen konnte, zu zeigen, daß das gesamte Fricdhofswesen in Deutschland für den Gartenbau von einer Bcdcntnng ist, die Wohl'nur wenige in ihrem ganzen Umfange erkannt haben. Für die erwerbstätigen Friedhofsgärtner und für den Ncichsver- band des deutschen Gartenbaues, dem sie angehören, ist cs von größter Wichtigkeit, in diesen Fragen Klarheit zu schaffen.. Eingangs meiner Ausführungen habe ich darauf hingewicscn, daß jeder Beruf nach Anerkennung, Beachtung und Unterstützung strebt, und daß ihm diese gewöhnlich in dem Matze zuteil wird, wie man seine Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft einschätzt. Da man die Bedeutung der Friedhofsgärtnerei bislang zweifellos viel zu niedrig eingeschätzt hat, war es nötig, einmal mit dem, was heute allein imponiert, nämlich mit Zahlen, die Bedeutung Les Fricdhofs- wesens und damit die Bedeutung der Friedhofsgärtnerei nachzu weisen. Ich bin mir vollkommen bewutzt, datz dieser Nachweis noch sehr lückenhaft war, es würde mich freuen, wenn daran recht leb hafte Kritik geübt wird, damit wir allmählich zu einem besseren Material kommen. Zum Schlutz sei noch hervorgehoben, daß ich in meinen Aus führungen bewußt keinen Unterschied gemacht habe zwischen der Tätigkeit der Regiebetriebe und dcr erwerbstätigen Fricdhofs- gärtner. Wer aber aus meinen Ausführungen erkannt hat, wie bedeutungsvoll das Friedhofswesen für den Gartenbau ist, der wird sich darüber klar sein, daß wir alles daran setzen müssen, um dem deutschen Erwerbsgartcnbau die Absatzmöglichkeit an den Fried höfen zu erhalten. Nicht nur die Friedhofsgärtner, sondern auch die Baumschulen, Stauden- und Schnittblumengärtnercicn sind an dieser Frage sehr interessiert. Aus der Entwicklungsgeschichte des Friedhofwesens Fortsetzung vom 4. 8. 32. Alle Kunstüußcrungen, die bisher dem Totenkult entwachsen waren, wurden jetzt von dein Geiste dcr Griechen zu Klarheit und Harmonie gebracht, zu einer derartigen Vervollkommnung, die ohne die vorangegangcnen Kunstbetätigungen der afrikanischen und asiatischen Völler nicht zu verstehen wäre. Schon in den ältesten Zeiten des pelasgischen Altertums entstanden die gewaltigen myke- nischcn Grabbauten, Kuppclgräbcr, die meist in den Felsen ein gehauen wurden. Das bekannteste ist das „Grab des Atreus" in Mykenä, jetzt „Schatzhaus des Atreus" genannt. Durch eine präch tige Tür, an die sich ein langer Gang anschließt, gelangt man in einen spitz zugewölbten Raum mit kreisförmiger Grundfläche, der dem Totenkult diente, während die Grabkammer aus einem niedri gen, viereckigen Steingcmach besteht. Auch in späterer Zeit wird der Rundbau bei Gräbern beibehalten. Die Feuerbestattung war ein Vorrecht der Reichen, und ihr hygienischer Wert wurde schon von den Athcnern frühzeitig er- kmmt. Ein Steingrab nahm die Urne mit den Ascheresten auf, über wölbt mit einem Erdhügel (Tumulus). Daneben bestand auch, meist nur für die Minderbemittelten und Sklaven, die Erdbestat tung. Wurde der Tote ursprünglich auf eigenem Grnnd und Boden bestattet, so entstanden mit fortschreitender Entwicklung rc^lrecht angelegte Gräberstraßen vor den Toren der Stadt. Die attische Grabmalform herrschte vor, eine hohe, reichgeschmückte, nach oben verjüngte Platte mit der Inschrift des Verstorbenen, die sogenannte Stele. Hervorragenden Ehrenbürgern und Kriegern schuf man in Gestalt der Kenotaphe, einem Grabmal, das mitten in der Stadt aufgestellt wurde, ein bleibendes Gedächtnis. Griechenland zerfiel. Nicht länger konnte es seine staatliche Selbständigkeit vor dem tatkräftigen Volk der Latiner behaupten. Gleichzeitig begann mich dcr Verfall der griechischen Kunst. Obwohl dieRömer jetzt die Weltherrschaft antraten, so wurden sie doch in künstlerischer Beziehung Knechte des überwundenen Volkes, dessen - Ideen auch in der römischen Grabmalkunst wetterlebten. Die römischen Erdgräber ähneln denen der unterworfenen Stämme; alle Formen sind vertreten. Die Feuerbestattung, die neben der Erdbestattung bestand, gestaltete sich ost sehr luxuriös. Die Landstraßen außerhalb der Stadt waren mit Grabdenkmälern be setzt, wie die Via Appia und die Via Latina, die man als die ersten ordnungsgemäß angelegten Friedhöfe bezeichnen kann. Prächtige Grabbautcn entstanden in Rom, wie das Grabmal Kaiser Hadrians, später „Engelsburg" genannt und das Rnndgrab der Cäcilia Me- tella. Die Plastik jedoch bleibt hinter der Architektur zurück. Kaiser Augustus errichtete für seine Freigelassenen ein großes Colum barium, ein Gebäude, in dem die Urnen aufgestellt wurden. Sonst kommen Grabbauten als Massengräber selten vor. Bei den Etruskern, den ältesten Beherrschern Toskanas, war der Totenkult hoch entwickelt, eine Folge ihres ausgeprägten Unsterblichkeitsglaubens, der später von dem griechischen phantasie- vollen Götterglauben verdrängt wurde. (Fortsetzung folgt.)! Für den Inhalt verantwortlich: K. Weinhausen, Berlin-Tempelhof. Die nächste Nummer erscheint am 8. Oktober 1932.