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^ 82, 15. Mürz 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 3367 hinaus ausreichend sind: zehn allen Anforderungen der Schule und der Hygiene entsprechende Klassenzimmer und einen Lehrsaal für die gelegentliche Vereinigung zweier Klassen, sowie für die öffentlichen Prüfungen, zwei Büchereizimmer, ein Direktorial-, ein Lehrer- und ein Lehrmittelzimmer und die weiteren benötigten Zubehörräume. Die getroffenen Ein richtungen bewähren sich aufs beste, nur die Beleuchtung läßt vorläufig noch zu wünschen übrig. Die Schülerschaft erreichte im Berichtsjahre mit 383 Schülern ihreHöchstzahl; sie wurden, einschließlich der Extraner- Abteilung, in vierzehn Klassen von einem Direktor, vier Haupt- und dreizehn nebenamtlichen Lehrern in 185 Wochen stunden unterrichtet. Außerdem empfingen in den Fort bildungskursen, die im September vorigen Jahres begannen und bis in den März hinein währen, Ilg Gehilfen und Gehilfinnen aus dem Buchhandel wöchentlich in vier zwei stündigen Vorlesungen berufliche Förderung und An regung in Buchgewerbekunde, Kunstgeschichle, National literatur und Geschichte des deutschen Buchhandels. Die Zahl derer, die im vergangenen Jahre in der Fachschule des Vereins unterrichtet wurden, beläuft sich mithin insgesamt auf 482. Bedauerlicherweise mußten viele Schüler und ebenso zwei Lehrer infolge Erkrankung dem Unterricht auf längere Zeit fern bleiben. Leider hat sich der Vorsitzende des Schulaus schusses, Herr Johannes Hirschfeld, nicht abhalten lassen, nach achtjähriger segensreicher Wirksamkeit im Dienste der Schule mit Ablauf des Jahres 1911 aus seinem Amte zu scheiden, das er in einer Zeit übernommen hat, als der Fortbestand der Schule ernstlich in Frage gestellt schien. Mit großer Liebe zu seinem Amte, mit durchdringendem Ver ständnis für die Aufgaben einer buchhändlerischen Fachschule und nicht selten mit persönlicher Aufopferung hat er die Lehr anstalt zielbewußt und kraftvoll verwaltet und sich dadurch den begründeten Anspruch auf den uneingeschränkten Dank nicht nur unserer Vereinsmitglieder, sondern des ge samten deutschen Buchhandels und der obersten Verwaltungs behörde erworben. Unter seiner Amtsführung ist die Lehr anstalt eine öffentliche Fachschule geworden, die seit zwei Jahren zu den höheren sächsischen Handelsschulen zählt. Der Lehrplan trägt seit Ostern 1906 wie nie zuvor den Er fordernissen des Buchhandels Rechnung; die Schülerschaft hat sich in den wenigen Jahren nahezu verdoppelt, die Zahl der Klassen ist von 5 auf 14 gestiegen; das Lehrerkollegium be steht nicht mehr bloß aus einer Reihe von nebenamtlichen Lehrkräften, sondern hat auch mehrere hauptamtlich ange- stellte, akademisch vorgebildete Herren, die dem Schulbetrieb festen Halt verleihen; die Lehrmittelsammlung umfaßt mit dem neu hinzugekauften Lichtbilderapparat ein kostbares, einzig dastehendes Anschauungsmaterial; ein wertvolles Piano dient zur Veranschaulichung in Musikgeschichte; die Schul bücherei ist neu begründet und auf ungefähr 4000 Bände gebracht worden, und zu Ostern wird der Lehrplan durch Einführung von Bürgerkunde und Kunstgeschichte noch eine willkommene Verbesserung erhalten. Diese Erfolge knüpfen sich an den Namen Hirschfeld und verbürgen ihm ein dauerndes Andenken in der Geschichte der Lehranstalt unseres Vereins. Nachdrücklich machen wir abermals auf die Extraner- (Vollschüler-) Abteilung aufmerksam, die sich in eine Unter- und eine Oberstufe mit ganztägigem Unterricht gliedert. Schon der einjährige Besuch der Unterstufe be freit von der seit Ostern 1911 aus drei Jahre aus gedehnten Fortbildungsschulpflicht und bereitet vor aus die praktische Lehre, was für die dem Lehrherrn zusallende Ausbildung der Lehrlinge in der Berufspraxis von greifbarem Vorteil ist. Für junge Leute, die die Lehrzeit bereits beendigt haben, oder die im Besitze einer befielen Schul bildung sind, empfiehlt es sich, ein Jahr lang an dem Unter richt auf der Oberstufe der Extraner-Abteilung teil zunehmen, und ebenso sollten alle Buchhandlungslehrlinge mit dem Einjährig-Freiwilligen-Zeugnis von ihren Lehrherren angehalten werden, in den geschästsruhigen Morgenstunden wenigstens dem Fachunterricht auf der Oberstufe beizuwohnen, und zwar in den folgenden außerordentlich wichtigen Fächern: Buchgewerbekunde, doppelter Buchhaltung, Wechselrecht, Ge setzeskunde, kaufmännischem Rechnen, Enzyklopädie, National- und Weltliteratur und — je nach Bedarf — Musik- oder Kunstgeschichte. Der aufrichtige Dank des Vereins gebührt allen denen, die ihn in der Erfüllung seiner Ausgaben der Lehr anstalt gegenüber unterstützt haben: dem hohen Königlichen Ministerium des Innern, dem Rate der Stadt Leipzig und dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Die Bestellanstalt hat den Zwischenzustand während des Neubaues von nicht ganz 10 Monaten (28. Mai 1910 bis 25. März 1911) gut überwunden und fühlt sich nun in den neuen, Hellen, luftig und praktisch eingerichteten Räumen sehr wohl. Der Fahrradbetrieb hat sich bewährt und die beschleunigte Zustellung gefördert, dagegen ist nach wie vor über die zweimalige Einlieferung der »Empfohlenen Zettel» zu klagen; es gibt leider Firmen, die nicht mitmachen oder regelmäßig nachhinken: den Nachteil haben sie nur selbst. An den Weihnachts-Sonntagen, dem 17. und 24. Dezember, war die Bestellanstalt von 9—12 Uhr vormittags geöffnet; Gebrauch ist davon ganz wenig gemacht worden, weil man »zum Abholen fertig machen« oder »mitgeben« als sicherer vorzog. Bittere Klage lassen die Sortierer laut werden über die schwer erkennbare Tintenstift - Adressierung, so daß Verzögerungen direkt auf diesen Übelstand zurück- geführt werden können; auch ist bei Massen-Einlieferungen, z. B. von Ostermcß-Abrechnungsfakturen, Abschlußzetteln, die Annahme-Verweigerung solcher mangelhaften Geschäftspapiere in Erwägung zu ziehen. Durch das Heimarbeiter-Schutz- gesetz sind die Hilfsarbeiter als verficherungspflichtige An gestellte des Vereins hecangezogen worden; dieser Sachlage sollen die Einrichtungen der Adressier- und Falz-Abteilung für Geschäflspapiere angepaßt werden. Der Verlag hat sich trotz der im allgemeinen wenig günstigen wirtschaftlichen Lage in seiner Produktion keine Beschränkung auferlegt. Die Klagen der Sortimente über ungenügenden Rabatt — ob begründet oder unbegründet, soll an dieser Stelle nicht untersucht werden — dauern fort. Mit Bedauern nehmen wir davon Kenntnis, daß zwei größere Vcrlagshäuser im Laufe dieses Jahres von Leipzig fortziehen werden. Sortiment. In diesem Jahre noch mehr als in den früheren standen die Bücher des modernen Antiquariats im Vordergründe. Eine Folge des Warenhausbuchhandels, dem viele Sortimenter nur durch stärkere Aufnahme des modernen Antiquariats begegnen zu können glauben. Es gibt nur wenige Firmen, die dieser Praxis noch nicht huldigen und die die neuen Erscheinungen sowie das alte Bewährte in ihrem Betriebe bevorzugen. In dem Weihnachtsgeschäft war eine Zunahme des Absatzes der Bücher in dem Preise bis zu 5^ zu bemerken. Werke im Werte von 5 bis 30 ^ wurden selren begehrt und Bücher in noch höheren Preislagen so gut wie gar nicht verlangt. Sehr beeinträchtigt wurde das Weih nachtsgeschäft durch die Anzeigen der Warenhäuser in hiesigen Zeitungen, nach denen die besten neuen Erschei nungen im Warenhaus billiger zu haben waren, als es dem Sortiment nach den gültigen Verlaufsbestimmungen zu liefern möglich ist. Die Umsätze im Laufe des Jahres 4SS»