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üvl nehmen, daü Ansehen der souverainen Familien zu ehren und in gewisser Beziehung ihrer Macht tributair zu werden. Indem Erstere große Reiche in Besitz nahm, trennte sie die Verwaltung des Landes ganz von den Interessen des Handels. Lie Anderen dachten nur an ihr unmittelbares Interesse — die Ausbeutung des Augen blicks. AuS dieser Verschiedenheit ihrer Stellung schreibt sich großcn- theils die Verschiedenheit der Ergebnisse sür beide Compagnieen. Gegen Ende des I8ten Jahrhunderts steigen die Einkünfte der Britischen Compagnie im Durchschnitt auf mehr als 100 Millionen Franken jährlich, während die Holländische, in Schulden verwickelt, von ihrer eigenen Last zu Boden gedrückt ward. Um so viel Kredit, als möglich, zu erhalten, zahlte sie ihre» Actionairen nach wie vor eine ansehnliche Dividende und verbarg die Lücken in ihrem Bau, so gut eS gehen wollte. Aber ein unvorhergesehenes Unglück verrieth ihr Geheimniß und offenbarte der Welt den tiefen Abgrund, an dessen Rande sie sich befand. Im Jahre 1780 nahmen die Engländer mehrere Schiffe weg, die mit reicher Befrachtung aus Indien heimkehrten. Die Niederländische Compagnie, der diese Schiffe «»gehörten, hatte sie mit Ungeduld erwartet, um ihre Ladung eiligst zu verkaufen und ihre leeren Koffer zu füllen. Da sie jetzt dieser HülfSquelle beraubt und außer Stande war, die Interessen von ihren Kapitalien zu zahlen, sah sie sich gezwungen, um eine Frist zur Tilgung ihrer dringendsten Schulden anzuhalten. Die Generalstaaten bewilligten dieses Gesuch, verlangten aber zugleich, daß die Compagnie von dem wahren Stand ihrer Finanzen genaue Rechenschaft ablegen solle. Man ernannte eine Spezial-Kommiffion, um an Ort und Stelle die Ursachen des Verfalles der einst so blühenden Handelsgesellschaft zu unterfuchen und aus Mittel zu denken, wie man das Unheil abwenden könne. Die Kommtssarien reisten 1791 nach Java ab, und das Ergebniß ihrer Nachforschungen setzte Holland in große Bestür zung. Schon feit 1094 batten die Ausgaben der Compagnie ihre Einnahmen um mehrere Millionen überstiegen, und das Defizit stieg alle Jahr höher. Im Jahre 1779 war die Schuldenlast schon auf mehr denn 84 Millionen Gulden angewachscn. Während des Krieges zwischen England und Holland nahmen die Schulden in weit rascherer Progression zu, und 1791 hatten die Kommiffarien in den Finanzen der Compagnie ein Passivum von 119,Obb,673 Gulden zu konstatiren. Die großen Ereignisse, welche bald darauf in Europa vor sich gingen, die Eroberung Hollands, die verschiedenen Verfassungen, weiche das Land der Reihe nach erhielt, die Kriege im Norden und Süden, das Konsulat und das Kaiserreich zogen die öffentliche Aufmerksamkeit von der Bilanz der Handelsgesellschaft ab. Sie bestand noch bis 1808; dann aber löste sie sich auf. Das Holländische Gouvernement übernahm selbst die Verwaltung der Kolomeen und vertrante sie dem General Daendel, der sofort abreiste, mit dem lebhaften Wunsche, alle Mißbräuche abzuschaffen. Ehe wir von den Wirkungen seines Systemes sprechen, müssen wir de» damaligen Zustand von Java ins Auge fassen. Die ganze in ihren Dörfern zerstreut lebende Bevölkerung der Insel war in Tiatia'S oder Familien vertheilt. Jede dieser Familien bestand aus einem Chef und mehrere» Verwandte», Freunden, Arbeitern, die von ihm abhingen. Die Zahl der zu einem solLen Verein gehörenden Individuen war sehr verschieden; in einigen Di strikten 1b bis 18, in anderen 20 bis 22. Alle Glieder einer Tiatia arbeiteten unter dem unmittelbaren Befehle des Chefs, dem sie, je nach dem größeren oder geringerin Ertrag der Acrndte, die Hälfte oder zwei Fünftheile des geärndteten Reises zustellen mußten. Die Fürsten der Insel hatten in allen ihrer Autorität unter worfenen Ländern ein Recht auf ein Fünftheil des Ertrages. Sic konnten diesen Tribut mit Frohnarbeiteu vertauschen; in diesem Fall bestimmte daS Haupt der Tiatia diejenigen seiner Untergebenen, die für den Fürsten arbeiten mußten, und überhob sie ihrer Verpflichtun gen gegen ihn selber. Als die Holländische Compagnie der Souverainetät über Java stch bemcisterte, nahm sic die jährliche Abgabe, welche die Javaner den Abkömmlingen ihrer Könige zahlten, für sich. Die Beamten jedes Distriktes mußten das Quotum in jeder Tiatia bestimmen und rinnehmcn. Bei diesem jährlich wiederkehrendcn Geschäfte begingen sie ost schwere Ungerechtigkeiten und handelten mit einer barbarischen Strenge, die man der Compagnie zum Vorwurf machte. Die Com pagnie ersetzte den unregelmäßigen Frohndienst, auf welchen die Fürsten ein Recht hatten, durch eine jeder Tiatia auserlegte Ver pflichtung, jährlich tausend Kaffcebäume zu pflanzen, die Bohnen zu dörren und dann abzuliefern. Eine solche Arbeit erforderte 60 Tage Zeit. Unter dieser Bedingung hatte die Familie ganz freie Benutzung ihrer Reisfelder; nur mußte sie dem Beamten des Distriktes ein Zehntheil lassen. Uebrigens hatte die Compagnie, wie schon bemerkt, in ihren Besitzungen das Monopol des Handels gegründet. General Dacndel war ein Mann von großem Verstände und seltener Festigkeit, einer von den Männern, wie Holland sie in großer Zahl hervorgebracht, die ihr Ziel auS der Ferne sehen, einer be stimmten Idee mit ganzer Seele sich hingebcn und sie durch alle Hindernisse hartnäckig verfolgen. Er kam unter den bedenklichsten Umständen nach Java. Sein Vaterland, an Menschen und Geld er schöpft, von England bedroht, bedurfte der Hülse seiner Koloniecn und konnte ihnen selber nicht helfen. Die Fürsten von Java erkannten die Schwäche Hollands und gedachten nun, ihre alte Souverainetät wieder zu erobern. In solcher Verwirrung und Gefahr sah Daendcl ein, daß halbe Maßregeln die Lage Hollands noch kritischer machen würden, und daß er nothwcndig Energie zeigcn müßte. Man hat ihn eines harten Verfahrens beschuldigt; diese Härte that sehr Noth, um die von der Compagnie geduldeten Mißbräuche abzuschaffcn. Er fing damit an, daß er den Bewohnern von Java die Freiheit des Handels zurückgab. Indem er sie von den Fesseln des Mono pols befreite, legte er ihnen härtere Arbeiten und häufigere Frohn- dienste auf. Er zwang sie nicht bloß, den Kaffee zu bauen, sondern auch, Gebäude und Forts zu errichten und Straßen anzulegcn. Ein Theil der Einkünfte des Landes war an Chinefen verpachtet, die aus ihren Pachtgütern bedeutende Einkünfte zogen und gehässige Er pressungen sich erlaubten. General Dacndel annullirte ihre Kontrakte und legte die unmittelbare Einnahme der Steuern wieder in die Hände der Regierung. Er wies den Beamten ein ihrer Stellung angemessenes Gehalt an und verbot ihnen unter den strengsten Stra fen jede Handlung der Willkür. Die seit Jahren vernachlässigten und der Plünderung überlassenen Wälder und Salzwerke wurden ganz neu organisirt. Batavia wurde der eigentliche Sitz der Re gierung, der Mittelpunkt, aus dem General Daendel seine Befehle ergehen ließ, und wo er die Berichte seiner Subalternen annahm. Während General Daendel so mit allen Einzelheiten der Verwaltung sich befaßte, traf er auch Vorkehrungen zu einer Vertheidigung gegen England für den Fall eines Angriffs. Er vermehrte die Zahl der Truppen, baute Wälle und Festungen und eröffnete hin und wieder neue CommunicationSlinien im Innern. Sein richtiger Blick, seine moralische Kraft und strenge Rcchcschaffenhcit wirkten so viel, daß er in wenigen Jahren große Reformen bewerkstelligte. Daendel glaubte sich seinem Ziele nahe: er batte sein Budget entworfen und wollte, daß die Kvlonicen dem Mutterlande nicht nur keine Kosten verursachen, sondern zehn Millionen jährlich ein- bringcn sollten. Allein die Umstände machten einen starken Strich durch seine Rechnung. Java's Verbindung mit Holland wurde durch die Engländer verhindert. England unterhielt in den Indischen Meeren eine mächtige Flctte, und das an Macht tief gesunkene Holland besaß nur wenige Kriegsschiffe. In Folge dessen brachten die Kolo nial-Produkte viel weniger ein, als Dacndel angenommen hatte, und die Ausgaben des Landes stiegen höher. So ergab sich statt des »erhofften Uebcrschuffcs im Jahre 1808 ein Defizit von mehr als 8 Millionen, 1809 eines von 2 und 1810 eines von Zj Millionen. Um das Unglück voll zu machen, bewies Dacndel den fürstlichen Familien von Java nicht diejenige Schonung, deren sie bis dahin von Seiten der Compagnie genossen. Zwei Fürsten empörten sich, und es erfolgte ein langer, blutiger und kostbarer Krieg. Unterdcß wurde Daendel nach Holland zurückbcrufcn. Viele beschuldigten ihn, seine Mission schlecht verstanden zu haben; allein er fand neben hart näckigen Widersachern auch eifrige Anhänger. Jedenfalls verdient er mehr Lob als Tadel. Sein Nachfolger, General Janssen, hielt sich so kurze Zeit in Java aus, daß er nichts resormiren konnte. Einige Monate nach seiner Ankunft nahmen die Engländer die Kolonie in Besitz. ES schien, als wäre der neue Statthalter nur gekommen, um die Feinde zu empfangen. Die Erpedition, welche England 1811 gegen Java schickte, war von Lord Minto befehligt, der so sicher auf seinen Erfolg rechnete, daß er schon eine Anzahl Beamte sür die zu besetzenden Stellen mit- brachtc. Und wirklich gelang eS ihm, fast ohne Blutvergießen Herr vo» Java zu werden, als dessen Statthalter er den wegen seines Werkes über Lage, Hülfsquellcn und Verwaltung des Landes be rühmte», aber zu parteiisch gegen Holland eingenommenen RafsleS cinsetzte. Dieser neue Statthalter fübrte in Java cin ähnliches System der Verwaltung ein, wie cS Lord Cornwallis in Bengalen begründet hatte. (Schluß folgt.) Griechenland. Die jährliche Zusammenkunft der archäologischen Gesell schaft zu Athen. Den 29. Mai 1840 sand auf der Akropolis im Parthenon die vierte Versammlung der archäologischen Gescllschaft zu Athen statt. Diese Gesellschaft hat sich durch das Zusammeutreten von Männern gebildet, welche voll Liebe für die Kunst und das Alterthum von dem alten Hauptsitze der schönen Künste aus sür die Auffindung, Samm lung und Erklärung der Kunstschätze zu wirke« bemüht sind, die auS der reichen Erbschaft des alten Griechenlands auf uns gekommen sind. Die Erfolge dieser Gesellschaft, die ursprünglich nur gering waren, haben sich schon im zweiten und dritten Jahre ihres Bestehens bedeutend gesteigert. Die Anzahl ihrer Mitglieder, welche bei der Gründung derselben sich auf 26 beschränkte, ist auf 300 gestiegen, und außerdem haben mehrere berühmte Männer fremder Nationen für die Aufsuchung dieser wichtigen Kunstdcnkmälcr mitzuwirkcn ge wünscht, deren Namen eine Bürgschaft mehr für den glücklichen Er folg ihrer Bestrebungen sind. Die diesjährige Versammlung war zahlreicher, als die der frü heren Jahre; fast 60 Mitglieder waren anwesend (im vergangenen Jahre nur 36), und außer ihnen eine zahllose Menge von Zuhörcrn, unter denen man mit Vergnügen auch das schöne Geschlecht wahr genommen. Der Anblick war höchst erfreulich. Ein ehrfurchts volle« Schweigen herrschte im Saale; wenn einer der Zuhörer dem anderen etwas mitzutheilen hatte, so flüsterte er vielmehr, als er sprach, als ob er sich in dem Heiligthum eines Gottes befände. Die abendlichen Strahlen vergoldeten das Meer, dessen Wogen feierlich dumpf herüberrauschten. Herr Jakob Rizo, der Präsident der Gesellschaft, erhob sich und hielt eine Rede, die von all' der Gluth eines jugendlichen Herzens und von all' dem Talente zeugte, das ihm seit längerer Zeit einen Platz unter Griechenlands besten Schriftstellern gesichert hat; er sprach: „Meine Herren, um die Vergangenheit einer Familie aufzu. Hellen, die mit Ehren und Rechten begabt ist, werden die mühevoll sten Untersuchungen und die größten Summen Geldes nicht gefpart.