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179 Deckel schön polirt ist und leicht abgehoben werden kann, auf die Erde (?) gestellt; rings umher wachsen wilde Blumen und rankende Wanzen. In den meisten Häusern der Insel, die wir betraten, waren Särge (versteht sich, leere) der erste Gegenstand, auf den im Vorzimmer unser Auge fiel. °) In solchen Gräbern, die wir aus Neugier öffneten, fanden wir die Leichname wie bei ihren Lebzeiten angekleidet: auf der Brust lag eine gestopfte Tabackspfeife und zu Häupten einiger Vorrath an Lebensmitteln!" — Also nicht einmal den todten Chinesen hat man Ruhe gegönnt! — — — — „Die Häuser waren alle von ihren Bewohnern verlassen, eines ausgenommen, das dem Vorsteher des Distriktes anzugehörcn schien. Dieses Haus lag in einem dichten Haine von Palmen, Citronen-Bäume» und anderen Stauden oder Büschen, die wir nicht kannten. Ein dasselbe umziehender Garten war mit Jasmin vom Kap und anderen süß duftenden Blumen bewachsen. Aus einem großen hölzernen Eingang trat mass in einen inneren Hof, den an zwei Seiten verschiedene Nebengebäude umgaben, die als Scheunen und Lokale zum Trocknen der Früchte bienten. An den übrigen Seiten befanden sich die Gemächer der Familie und der Ahne»-Saal, dessen Fronte auf polirten und zierlich geschnitz ten Säulen ruhte. An die Wände lehnten sich Divans, mit Malten belegt, und kleine Tische mit Thee-Taffen und Tabakspfeifen standen in der Mitte. Unter dem vorragenden Dache saß ein ehrwürdiger Greis mit langem weißem Barte, der ihn als den Großvater der Familie kund gab; denn nur in diesem weit vorgerückten Alter lassen die Chinesen den Bart am Kinn wachsen. Seine Kinder und Enkel schienen entflohen zu sepn. Der arme Alte sah so einsam und ver lassen aus, und seine Thränen flossen so reichlich über das verwitterte Gesicht, daß wir es nicht übers Herz bringen konnten, ihn gefangen fortzuführen, obschon wir aus seinem eigenen Munde vernahmen, daß er gehört hatte, man habe den Compcaoor am vergangenen Morgen' fortgeschleppt." „Unsere Detaschcments durchzogen die Insel mehrere Tage lang in allen Richtungen, mußten aber endlich ohne den Comprador heim- kehrcn. Die Flotte fuhr nun nach der Mündung des Pei-Ho (Pe-Ho), und Capitain Elliot hatte eine Konferenz mit Kia-sch in." — „Wir hatten eine Brücke aus Böten über die sumpfige Fläche gebaut; ein schmaler Pfad, der einige Hundert Jard's von der Küste landeinwärts führte, brachte uns zu einem Lager, das zur Aufnahme der Mission geschlagen war. Am Eingang entzog eine blaue Spanische Wand das Innere den Blicken neugieriger Gaffer. Viele Würdenträger nahmen uns hier im Empfang und geleiteten uns zu Kia-schin, der bei unserem Eintritt aufstand und uns mit großer Höflichkeit empfing. Er ersuchte uns, die Hüte wieder aufzu- sctzen, und drückte seinen Wunsch auS, daß das Geschwader die nöthi- gen Vorräthe schon empfangen haben möchte. Er entschuldigte sich, daß er die ehrwürdigen Gäste unter Zelten aufnehmen müsse, be merkte aber, der Ort Torkou (?) sep nur in geringer Entfernung vom Landungsplätze. Kia-schin ist ungefähr »0 Jahr alt; seine Per sönlichkeit und sein ganzes Benehmen verkündeten einen Staatsmann von großer Einsicht und Klugheit. Sein Kostüm bestand aus einer blauen seidenen Robe, die cm gestickter Gürtel zusammenhielt, aus weißen Atlas-Stiefeln und einer Sommermütze von feinem Stroh. Die Mütze schmückte eine dunkelrothe Koralle, das Emblem seines hohen Ranges. Dieser Anzug war jedoch sein gewöhnlicher; denn ihr äußerst kostbares Cercmonien-Kleid tragen die hohen Würden träger nur, wann große Cour ist, und bei anderen feierlichen Gele genheiten. ' Das Lager umgab eine Einfriedigung aus Segeltuch, denen ähnlich, welche die innere Zeltwohnung hoher Personen und Radscha's auf ihren Wanderungen durch Indien umziehen. Inner halb dieser Einfriedigung standen acht kleine Zelte, in jedem Zelte aber Tische und Bänke. Diese Zelte bildeten ein Oval, und im Mittelpunkte stand eine Hütte aus Segeltuch von sehr sinnreicher Form, während am oberen Ende, von einem zweiten mit Segeltuch bekleideten Pfahlwerk umzogen, das Zelt der Konferenzen sich erhob. Dieses war mit gelber Seide verbrämt und mit dem Wappen des Reichs bestickt. Die Dolmetscher und Capitain Elliot blieben bei der Kommission, während die übrigen Offiziere und Gentlemcn in die verschiedenen umherstchenden Zelte sich begaben, in welchen die niede ren Würdenträger ein Frühstück für die Gesellschaft bereiteten. — Alles wurde hier durch Mandarinen abgethan, selbst die mechanischen Ge schäfte. DaS Mahl bestand aus vielen kleinen über einander gc- thürmten Schüsseln, welche Suppe von Vogelnestern, Meer-Schnecken, Haifisch-Flossen, hart gebackene Eier und Fische enthielten. Auf derjenigen Tafel, an der ich die Ehre hatte, zu sitzen, wurden nicht weniger als dreißig dieser kleinen Gerichte servirt." Das Ergebniß oder, besser gesagt, das Nicht-Ergebniß dieser Konferenzen kennt Jedermann. Die einzigen politischen Fakta von Erheblichkeit, die man aus diesem sonst recht interessanten Büchlein entnehmen kann, sind, daß Vie Chinesen zu diesem Kriege gar nicht vorbereitet waren, und daß man sehr bezweifeln muß, ob sie wirk same Vorbereitungen treffen konnten. Aus jeden Fall haben sie zwei mächtige Alliirte gehabt — Zögerung und Krankheiten. Dänemark. ^hlcnschläger's Bearbeitungen altnordischer Sagen sür's Volk. . eine hat sich jetzt einer Thätigkeit zugcwandt, die man DssssUch^ nennen kann, und die vielleicht jedem Dichter in seinen Bchauiu^s/ühabcnde Chinesen lassen sich gern sckwn bei Lebieilen ihre lepte ist, in ihre», üellen das rragische Model, wenn cs recht kostbar " Prachtzimmer jur Schau. alten Tagen zu empfehlen sepn dürste: der Uebersetzung nämlich aus ländischer Meisterwerke in seine Muttersprache und der Bearbeitung von älteren Dichtungen, die er, nach heutigen Anforderungen, auch für das größere Publikum genießbar zu machen sucht. Die hin reißende Macht der Phantasie ist etwas, was mit dem Alter schwin det. Die Herrschaft über die Form aber, einmal gewonnen, ist mehr etwas Bleibendes. Wer sich sein ganzes Leben darin geübt hat, der muß wohl vor jedem Anderen bei der Uebertragung von Dichtungen aus fremden Sprachen den Sieg bavontragcn. Die Uebersetzung von seinem 2tcn Theil .Tiekscher Gedichte (Blaubart, Genofefa, K- Octavianus) aus dem Jahre 1840 haben wir nicht gelesen, da gegen die von Goethe'S Herrmann und Dorothea (1841); diese liest sich mit einer Leichtigkeit, daß, wer das Original nicht kennt, sie für ein solches halten muß. Hiervon lassen sich freilich den mit der Dänischen Sprache so unbekannten Deutschen Lesern keine Proben mittheilcn; wohl aber aus der zweiten Gattung von Oehlenschläger's Thätigkeit, der Bearbeitung älterer Werke. Der Berichterstatter ist selbst gegenwärtig ziemlich weit mit der Arbeit vorgerückt, die „Kämpeviser" in einer Form Deutsch herauszugeben, die vor nehmlich zum Lesen derselben in der Ursprache anregen soll; er nimmt sich dabei die von Oehlenschlägcr ebenfalls erst in diesem Jahr er schienene Sammlung von Kämpeviser theilweise zum Vorbild. Ich sage theilweise; denn dies wird sich fast nur auf die Abkürzungen beziehen. Jene Lieder besangen zu den Zeiten, wo sie entstanden, vor SM—VVO Jahren, die Begebenheiten des Tages; sie wurden bei der Tafel gesungen. Ihre Länge von oft 2(>o und mehr Strophen war ein Verdienst mehr, für Ort und Zweck angepaßt. Jetzt sollen sie als Gedicht in einem Buche stehen. Wenn sie da auch nur ein schwaches Abbild von dem lebendigen Eindruck wicdergeben sollen, den sie ursprünglich hervorbracktcn, so müssen sie bedeutend kürzer sepn. Darin hat Oehlenschlägcr Recht, obschon er sehr viele poetische Stellen hat fortschneiden müssen. Zu einer größeren Verbreitung wird seine Ausgabe' beitragen; sonst aber könnte man über Vieles gar sehr mit ihm rechten. Wenn er z. B. sagt, einen Kämpen (schon das Wort bedeutet im Dänischen einen Riesen, und nur figürlich einen Helden) könne man keine Eiche ausreißen lassen, cS wäre mit dem Umbrechen eines großen Zweiges genug; oder ein Page könne nicht schneller reiten, als der Falke fliegt u. s. w, so muß man erstaunen, wie ein großer Dichter solche echt poetische Metaphern, deren sich das Volk ja noch heute im Leben immerwährend bedient, nicht im Gesänge gelten lassen will. Es ist nur dadurch erklärlich, daß Oehlenschlägcr in seinem Alter reiner Verstandesmensch gewor den ist, und seine Vorlesungen, selbst über seine eigenen Dichtungen, tragen auch jetzt durchaus nur einen philosophirendcn Charakter. Weit treuer hat sich der Dichter des Helge in der Bearbeitung der alten Sagen fürs Volk bewährt, und zwar vornehmlich dadurch^ daß er so wenig als möglich geändert und sich nur an eine richtige Aus wahl der Stellen gehalten. Hiervon will ich einige Proben geben. Jedoch muß ich meine Ueberzeugung aussprcchen, daß immer nicht viel dabci herauskömmt, wenn man die Dichtungen der Skandina vischen Vorzeit ins Deutsche übersetzt. ES fehlen alle bezeichnende Ausdrücke, welche allein erst die Gemälde lebendig machen. Es wird Einem immer gehen, wie cs Oehlenschlägcr nicht bloß mit Helge, sondern auch mit der Hroars-Sage und seinen Schauspielen der Vorzeit gegangen ist; es wird todt und herzlich matt. Deshalb be schränke ich mich auch auf ein paar, kurze und leichter gehaltene Sagen, die zum Theil sich noch durch ihren Inhalt an uns bekannte Umstände anknüpfcn, wie die von Hamlet oder Amlcth, die Shake speare mit so großer Freiheit in Bezug auf Ort und Handlung be nutzt hat. Hier folgt sie in ihrer ursprünglichen Gestalt. Was thut doch nicht eine Autorität, wie Shakespeare! Wer jetzt den Sund hinausschifft, phantasirt von Hamlet, wenn er Helsingöer erblickt. War er wirklich eine geschichtliche Person, so werden wir sehen, daß seine Handlungen auf den Küsten JütlandS zu Hause waren. — Herausgcgcben hat Oehlenschlägcr diese Sagen ebenfalls erst im vorigen Jahre. Man sieht, er ist noch ungemein thätig. S n i e. An einen lustigen Zug aus der Vorzeit knüpft Saro hier die Sage von der Auswanderung der Langobarden, über welche die Gelehrten aber verschiedener Meinung sind. Ein alter Geschichts schreiber, Paulus Diakonus, erzählt den Ursprung des Namens der Longobarden auf folgende Weise. Die Vandalen, ihre Feinde, riefen einst Odin um Sieg über jene an. Odin antwortete, daß dasjenige Volk den Sieg erhalten solle, welches er beim Aufgang der Sonne zuerst erblicken würde. Gambara (oder Gambaruk), die Mutier der Helden Ebbe, und Aage, ging zu Freia und bat um den Sieg für ihre Landsleute. Freia rjeth ihr, alle Frauen und Mädchen möchten ihr Haar über ihre Gesichter Herabkämmen, wie Bärte, und aeradc- über vor dcm Fenster, wo Odin zuerst nach Osten hinauSzuschaucn pflege, zeitig zur Stelle sepn. Als Odin nun die Morgensonne auf alle die schönen Goldhaarc flammen sah, rief er verwundert: „Wer sind diese Langbärtc?" und davon erhielten sie den Namen. In Snie'S Zeit traf die große HungerSnoth ein, von der man noch bis auf diesen Tag zu erzählen weiß. Die Erde lieferte wegen langanhaltcnder schlimmer Witterung nicht mehr die gewöhnlichen Früchte. Der König gebot deshalb im ganzen Reiche, daß Niemand Bier von Getraide brauen solle, so lange der Mißwachs anhielt, und ließ einen Jeden hart bestrafen, der sich der Trunkenheit hingab. Ein Trinker fiel auf einen leichtfertigen Gedanken. Da cS ihm verboten war, zu trinken, so suppte er das Bier mit einem Löffel, so lange, bis er nicht mehr stehen und gehen konnte. Als der König