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zahl der übrigen auf Serbien, Italien und den Ver einigten Staaten von Nordamerika entfallen. Von den deutschen Zeitungen erscheinen drei in Sachsen. Vom Streik im Teplitzer und Pilsener Revier ist die Lage unverändert. In Teplitz beschloß eine Ver sammlung der Gewerke des Brüx-Duxer Reviers, ein Einigungsamt zu beschicken unter der Bedingung, daß die entlassenen Arbeiter nicht in dasselbe gewählt werden. Im Brüxer Revier ist bisher die Ruhe nirgends gestört worden. Da unter den Maschinisten und Heizern der dortigen Werke die Neigung vorherrscht, Eigenmächtig die Arbeit einzustellen, und in einzelnen Werken die» auch teilweise bereits geschehen ist, wurde gegen Vie Schuldigen eine strafgerichtliche Untersuchung eingeleitet. Im Falle dieselben bestraft werden, wird ihnen das Be fähigungszeugnis entzogen. Spanien. Außer der Umwandlung der Bagno, strafe für Anarchisten in Barcelona in Ausweisung, unterzeichnete der Ministerrat eine allgemeine Amnestie für Preßvergehen. Portugal. Angesichts der Unmöglichkeit, die Ausgaben zu vermindern und die indirekten Steuern und die Zölle zu ändem, hat die Regierung eine Er höhung der Stempelsteuer beschlossen. Auch sollen künftig alle Zahlungen des Schatzamtes und alle Handels geschäfte zwischen Privatpersonen stempelpflichtig sein. Griechenland. Wie aus Athen verlautet, willigte die deutsche Regierung darein, daß ein höherer deutscher Offizier die Leitung des großen Generalstabes der griechischen Armee übernehme. Oertliches und Sächsisches. Naunhof, den 28. Januar 1900. Naunhof. Die Feier des Geburtstages unseres deutschen Kaisers hat auch hierorts in würdiger Weise stattgefunden. Bereits am Vorabend veranstaltete der Kgl. Sächs. Militärverein einen Familien-Abend, in welchem neben dem recht gelungenen Programm der Ver einsvorsteher eine zündende Ansprache hielt. Dieselbe gipfelte in einem geschichtlichen Rückblick in das ver flossene Jahrhundert, dessen großen Männern, Kaiser Wilhelm I., Bismarck und all' den Helden bewundernd gedacht, und die Regierungsepoche unseres jetzigen Kaisers gewidmet war. An den Familienabend schloß sich ein Ball. — Am Morgen des heutigen Tage- Hatten beide Militärvereine zum ersten Male gemein schaftlich Reveille, die öffentlichen und eine Anzahl Pri vatgebäude hatten Flaggenschmuck angelegt. Der Abend vereinigt den Militärverein Kameradschaft zu einem Festball. Naunhof. Ein verhältnismäßig junges Unter nehmen genossenschaftlichen Charakters zum Schutze der Landwirtschaft ist die PferdeversicherungSgesellschast Erdmannshain. Dieselbe zeigt aber durch Ihren Ge schäftsgang, wie notwendig eine solche Vereinigung zur Selbsthilfe ist, und wie unendlich wertvoll sie gerade für den kleinen Landwirt ist, für den seine Pferde einen erheblichen Teil seines Betriebskapitals ausmachen. Im Jahre 1899 waren in der genannten Gesellschaft von 418 Mitgliedern ouS 53 Ortschaften 1037 Pferde ver sichert und zur Entschädigung gelangten 32 Pferde, für den Verlust durch die bornaische Pferdekrankheit waren 12 Pferde zu entschädigen. In der letzten General versammlung, die am Sonntag in Grimma stattfand, gelangte außer dem Jahresbericht und der Rechnungs- oblage eine ganze Reihe wichtiger Punkte zur Erledigung. RlMNhof. Die gute alte Zeit nennen unsere Väter und Großväter selbst !noch die mittelsten Dezennien des 19. Jahrhunderts, obwohl mit diesen Worten in der Hauptsache das Mittelalter und die spätere Zeit einschließlich des 18. Jahrhunderts gemeint ist. Damals durchkreuzten noch nicht Eisenbahnen da- Land, die Technik der Beförderung war die denkbar einfachste, denn sie bestand in der nichts weniger als bequemen Kutsche und der Wanderung auf Schuster» Rappen. Wohl aber galt eS damals noch mehr al» heut für eine Ehre, rin gut Stück Erde gesehen zu haben; vor nehmlich das Handwerk darf für sich das Verdienst in Anspruch zu nehmen, seine junge Generation, die Ge sellen, fleißig zur „Wandrung in die Fremde" ange halten zu haben, damit die jungen Leute ihren Geist bilden, gewerbliche Erfahrungen sammeln und als gereifte Männer zurückkehren sollten. Heute wird das Wandern der Handwerksgesellen wohl vielfach belächelt, es ist „unmodern" geworden, seit man stolz per Eisenbahn oder gar, was noch zeitgemäßer ist, per Rad in die Welt hinaus kutschiert. Zu seiner Zeit indes ist das Wandern der Handwerksgesellen von großem Einflüsse gewesen und trug nicht wenig dazu bei, dem Gewerbe zu „einem goldnen Boden" zu verhelfen. Einen Einblick in die damaligen Gebräuche des Wanderns, ein gut Stück deutscher Entwickel» ngSgeschichte. ein Thema von fesselnder Wirkung ist der am kommenden Dieastag^vom Gewerbe- Verein veranstaltete Vortrag, auf den wir hier noch besonders aufmerksam machen. Der Gewerbeverein bietet unter Aufwendung vieler Geldkosten dergleichen Ver anstaltungen, möchten aber auch seine Mitglieder und Freunde dies recht anerkennen, und durch zahlreichen Besuch ihr Interesse bekunden. Naunhof. Vom Königlichen Amtsgericht Grimma wurde dieser Tage ein aus Bernsdorf bei Chemnitz stammende Kupferschmied, der sich am 20. d. M. her- vorragend an einer Schlägerei in einem hiesigen Restaurant beteiligt hatte und verhaftet werden mußte, zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt. Borna. Um vor Beginn des Baues der neuen dritten Kaserne für das Karabinier-Regiment eine gewisse Sicherheit über das Verbleiben des Reiterregiments in der alten Garnison zu gewinnen, hatte sich die Stadt vertretung mit einer Anfrage an das Kriegsministerium gewandt. Es ist daraufhin ein Schreiben aus Dresden eingegangen, in dem eine 30jährige Zeit-Garantie für die neue Kaserne genehmigt wird. Ein Verfahren wegen Beleidigung des Kaiser« schwebt zur Zeit gegen den ersten Lehrer eines Dorfes bei Döbeln. Die betr. Schulgemeinde hat sich vergeb lich für den beliebten Lehrer verwendet und ist über den Denunzianten einen Kollegen des Lehrers, sehr aufgebracht. Am vergangenen Sonnabend Nachmittag wurde in der landwirtschaftlichen Lehranstalt in Pegau wieder ein Buchführungskursus eröffnet und zwar der dritte seit Bestehen der Schule. Wie bekannt, ist diese Ein richtung mit Unterstützung durch den landwirtschaftlichen Kreditoerein in Dresden nur für ältere wirklich schon wirtschaftende kleinere und mittlere Landwirte getroffen worden. Der diesjährige Kursus zählt 15 Teilnehmer und ist damit voll besetzt. Weitere Anmeldungen werden für nächsten Herbst oorgemerkt. Diese 15 Kursisten stehen m einem Alter von 22 bis 54 Jahren und kommen allsonnabendlich aus folgenden Ortschaiten herbei: Auligk, Bennewitz, CarSdorf, Dreiskall bei Mölbis, Gatzen, Großdalzig, Kleinpösna bei Liebertwolkwitz, Kobschütz, Löbschütz, Predel, Quesitz bei Markranstädt, Sehlis bei Taucha, Wyhra bei Borna, Zeschwitz bei Zwenkau. Frankenberg. Eine recht nachahmenswerte Neu einrichtung gelangt jetzt an unserer Bürgerschule zur Einführung. Bei der in diesen Tagen erfolgenden An meldung der Ostern 1900 schulpflichtig werdenden Kleinen gelangt nämlich in die Hände der Eltern ein Formular mit der Ueberschrift: „Vertrauliche Mitteilungen" Nach diesem Formular erbittet sich die Schule in einer Reihe von Fragen Auskunft über die leibliche Entwick lung, das BorstellungS-, Gefühls- und Willensleben der Kleinen. Diese Fragebogen tragen als Motto am Kopfe die Sätze: „Es gilt, nicht das Kind zu richten, sondern zu verstehen." „Will der Lehrer sein Erziehungswerk recht beginnen, muß er die Eigenart des Kindes kennen und wissen, wie es bisher erzogen wurde." „Jede Er. innerung, jeder Wink von den Eltern ist der Schule wertvoll, denn dem Hause ist der Geisteszustand der Seinigen immer om durchsichtigsten." Die Schule will also durch die Fragebogen notwendige Fühlung ge winnen mit dem Elternhause. Der Lehrer wird, wenn die gestellten Fragen gewissenhaft beantwortet werden, beim Eintritte der Kleinen manchen wertvollen Wink für die rechte Behandlung derselben bekommen. Die Fragebogen sind bei der Aufnahme der Kinder an den Klassenlehrer abzugeben. Die Fragen lauten u. a.: 1. Lernte das Kind zeitig oder spät gehen? 2. Lernte da» Kind zeitig oder spät sprechen? 3. Sind jetzt noch Störungen der Sprache zu bemerken ? 4. Welche Krank heiten hat da» Kind überstanden? 5 Sind Spuren dieser Krankheit zurückgeblieben? 6. Leidet das Kind zur Zeit noch unter den Nachwirkungen einerjvor Kurzem überstandenen Krankheit? 7. Wie schläft das Kind? 8. Ist eS blutarm oder bleichsüchtig ? 9. Ist es nervös oder nervenleidend? 10. Ist eS lungen- oder herzkrank? 11. Ist eS kurz oder weitsichtig? 12. Ist es schwer hörig? 13. Ist es nasenkrank? 14. Leidet es an Verdauungsstörungen? 15. Ißt es Alles oder ist es wählerisch? 16. Liegt Schwäche der Blase oder des Darmes vor? 17. Liegt eine Verbiegung der Wirbel, säule vor? 18. Leiden oder litten Vater und Mutter u. an Lungenkrankheiten? d. an Geistes-oder Nerven krankheiten? v. an Kurzsichtigkeit? Dem Lohnkellner Julius Otto Barthel aus Chemnitz ist vom Ministerium des Innern die Genehmigung er teilt worden, die Büsten des Königs und der Königin, aus Servietten gefaltet, im deutschen Ausstellungsge- bäude der Pariser Weltausstellung anzu bringen. WaS.man im Aerger thut! Am Donnerstag Abend schlug ein Garnmacher in Chemnitz, der wegen des Essens mit seiner Ehefrau in Wortwechsel gekommen war, mit der geballten Faust auf eine Kaffee-Obertasse, daß von letzterer die Stücke umherflogen. Dabei hat sich der Erregte die Pulsader sowie die Sehnen des rechten Handgelenkes durchschnitten. Dresden. Ein in Radebeul wohnender Apotheker und Fabrikant v. P. hatte in einem Abteil 2. Klasse von Coswig nach Dresden eine Dame fortgesetzt be lästigt, sodaß diese den Vorfall zur Anzeige brachte, v. P. wurde deshalb vom Landgericht Dresden zu 5 Monaten 2 Wochen Gefängnis und drei Jahren Ehren- rechtsvrrlust verurteilt, -sowie auch sofort in Haft ge nommen. (Recht, so!) Vermischtes. * Zwischen Himmel und Erde. Der bekannte englische Luftschiffer Eoxwell ist gestorben. Sein Tod erinnert an die berühmte Auffahrt, die er am 5. Sep tember 1862 zusammen mit dem Meteorologen James Glaisher von Wolaerhampton auS unternahm, bis sie die größte Höhe erreichten, zu der je kühne Luftschiffer gelangt sind. Ueber die Fahrt und die Empfindungen während ihres Aufenthalts in der Höhe berichtet Glais her: Unsere durch ungünstiges Wetter verzögerte Auf fahrt begann um 1 Uhr 3 Min. Nachmittags. Nach kurzer Zeit kamen wir in 1000 Fuß dicke Wolken, die ich aber nicht photographieren konnte, da der Bullon zu schnell stieg. 49 Minuten nach 1 Uhr waren wir schon fünf englische Meilen hoch und hatten eine Lufttempe ratur von—5 Grad. Bis dahin hatte ich keine Unbe quemlichkeit gespürt. Als wir jedoch eine Höhe von 26 000 Fuß erreichten, konnte ich die Quecksilbersäule und Scala des Instruments nicht mehr sehen, es wurde mir sogar schwer, Coxwell zu sehen. Nachdem ich fand, daß meine Sehkraft gelitten hatte, verlor ich auch die Macht über meine Arme und Beine und konnte nur meinen Körper bewegen. Dann fiel auch mein Kopf auf die Schulter, und endlich fiel ich rückwärts, sodaß der Rücken gegen die Gondel lehnte und der Kopf auf dem Rand lag. Ganz undeutlich unterschied ich Coxwell im Ring und versuchte zu sprechen aber es ging nicht und dann umfing mich völlige Dunkelheit; meine Seh kraft war ganz verloren, obgleich mein Gehirn thätig war und ich das Bewußtsein behielt. Ich hielt mich für scheintot. Ueber das Gehör kann ich nichts sagen denn in dieser Höhe erreicht kein Ton das Ohr. Um 3 Uhr Z54 Minuten machte ich in einer Höhe von 29000 Fuß die letzte Beobachtung, nach 2 bis 3 Minuten verließ mich das Bewußtsein. Dann aber hörte ich die Worte „Temperatur" und „Beobachtung" und wußte, daß Coxwell in der Gondel wor, zu mir sprach lind sich bemühte mich zu erwecken. Kurz nachher sah ich alles deutlich. Ich stand von meinem Sitz auf sah um mich, als wenn ich vom Schlaf erwachte, und sagte: „Ich hatte kein Gefühl mehr". Coxwell antwortete: „Ja, und mir ging es beinahe so". Dann zog ich meine Beine an die ausgestreckt vor mir lagen und nahm einen Bleistift zur Hand um meine Beobachtung zu notieren. Coxwell teilte mir mit daß er den Ge brauch seiner Hände verloren hatte, sie sahen schwarz aus, und ich goß Brandy darüber. 7 Minuten nach 2 Uhr nahm ich meine Beobachtung wieder auf, Coxwell sagte mir, daß auch bei ihm die Empfindung'zu schwinden drohte. Er hatte nur den einen Wunsch, das Ventil zu öffnen, konnte es aber nicht thun, da er den Gebrauch seiner Hände verloren hatte. Schließlich ge lang es ihm dadurch daß er das Tau mit den Zähnen ergriff und zwei bis drei Mal den Kopf senkte. Unserer Bewußtlosigkeit folgte keine weitere Beschwerlichkeit. Als wir niedergingen, ergab sich daß wir wenigstens eine Höhe von 36 000 bis 37 000 Fuß erreicht hatten. * DaS Trauerspiel auf dem Meere. Aus Edinburg wird berichtet; Kürzlich sank an der Ostküste Schottlands ein Fischerboot, wobei vier Menscher er tranken. Bei diesem Unglück spielte sich nach Aussage des einzigen Ueberlebenden eine furchtbare Scene ab. Die Bemannung des Bootes wurde gebildet aus einem fünfzigjährigen Fischer und seinen vier erwachsenen Söhnen. Die Männer wurden von einem heftigen Sturme überrascht und vermochten trotz aller Anstreng ungen die Küste nicht mehr zu erreichen. Das kleine Fahrzeug, das die aufgeregten Wogen verschiedene Male gegen die Klippen schleuderten, mußte wohl ein Leck erhalten haben, denn es füllte sich plötzlich mit Wasser und sank. Der ältere Mann, dem es gelang, sich aus dem Strudel zu retten, mußte es zu seinem Entsetzen mit ansehen, wie drei seiner Söhne in die Tiefe ver schwanden, um nicht wieder zum Vorscheine zu kommen. Er selbst hatte das Glück, ein Ruder zu erfassen. Nach wenigen Sekunden tauchte sein jüngster Sohn, ein 17 jähriger Jüngling, neben ihm auf und hielt sich eine Weile schwimmend an der Oberfläche. Schließlich ver ließen ihn seine Kräfte und da er wußte, daß das Ruder nur eine Person über Wasser zu halten vermochte, rief er seinem Vater ein Lebewohl zu und versank. Der unglückliche Alte wurde eine halbe Stunde später in bewußtlosem Zustande aus den tobenden Fluten gefischt. * Jener alte Chausseegelder. Einnehmer, der IN der Dahlen-Eilenburger Gegend während des Ein marsches preußischer Truppen 1866 stationirt war, soll neulich verstorben sein. Ueber den nach seiner Mei nung ungehörigen Einmarsch hatte sich der gute Alte ganz entrüstet geäußert: „Nee, so enne Unverfchämtheet fe fragten nich emal, was je schuldig wärn. Wie jeder anständgeMensch „Guten Morgen, mei Herr" zu sagen nee, das fieln garnich im Trome ein. Mit der Pistole da hantirtcn se rum wie nich gescheite, und was globn se denn, die konnte doch ooch geladen sinn." Ii.MÜK 8 äsr basta Xallaa-Ausats kür ckaäarmavv, äar sink gute ^assa ^88KNr LaKa trinkan v^ill,