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138 wo der Pomp und der irdische Triumph des Pritster-AmleS nicht ltiit- dringen tonnen. "Man konnte diese stille Congregation nicht ohne ein Gefühl von kbrsurchl und Demulhigung betrachten. Wir, die wir eben die äußere Wcll von Saus und Braus verlassen und uns plötzlich mitten in dieses ruhige, bchre Schauspiel versetzt sanken, nns mußte das Leben der gotl- ergedrncn Schwestern als ein Lebe» voll der höchstrn Reinheit Und Stube erscheinen, durchaus frei und unerreichdar für alle Gefahr der Vcrkcrbniß. Hier, adgewandt von all den Sorgen, de» Lerslichungc», den unreinen Vergnügungen und dcn stederhaslen Genüssen dcr Gesell- schasi, wohnen diese Frommen. Gebel war ihr Geschält, Gott preisen ihre Lust! Mil ihren Blicken auf eine höhere Welt gerichtet, dringen ste ihre einsamen Stunden, die durch keine Mißgunst, durch keine unglückliche Pläne oder kleinliche Interessen getrübt werden, in Buße und frommen Betrachtungen hin; ihre Tage widmen ste, durch feierliche Entschlüsse und Gelübde gebun den, den schönen Handlungen ter christlichen Liebe — wie segensreich muß doch ihr sündenloses Leben in die Ewigkeit binübergleiten. Einige Nonnen batten durch eine sorglose Bewegung, indem sie anssiande» oder sich umdreble», für eine Minute den Anblick ihres Gesichts ver- göimt; sic wußten nicht, wie viel Augen, vielleicht nur mit zu viel Neu gierde, aus eine solche Gelegenheit lauerten. Bou diesen Nonnen waren einige außerordentlich schön, voller Sanslmuth und himmlischer Milde. Ihre blaffen Marmorzüge, und ihre heilere, unbesaiigene Miene kon- lrastiricn gar sehr mil dem, was wir so eben draußen in der Well ver lassen und was wir bald i» wenigen Minuten Wiedersehen sollten. Diese sich selbst ausopserttden Wesen, welche gewiß sür die schönsten Sympaihieeu, für die lrenestc Zärtlichkeit, sür die tiefste Liebe empfäng lich waren, hallen freiwillig die lockenden Scene» ihrer Jugend ver lassen, gerade als kiese erst zu blühen anfing, hallen sich von aller Gc. meinschasl mil dem Lebcn loSgcriffen und vollsübren nun i» dieser stil len Zurnckgezogenbeil fortwährend ganz dieselben heiligen Dienste Tag und Nacht hinter einander — während die, welche in drr Welt zurück geblieben, sich ihren Neigungen und Leidcnschaflen übcrlasscn, Herz und Seele quälen, ihre ganze Kraft und ihren Verstand vergeuden und ver gänglichen Lüsten und Glücks-Phantomen nachjagen, welche vor der gierig haschende» Hand wie spellend zerstießen. In dcr Nähe des Altais trippelten einige alte Nonnen, welche über die klebrigen eine Art Vorrang zu besitzen schienen, mit kleincn Laternen, die aus ihren Händen schimmerten, verstohlen hin und ber: sie sammelten Almosen von de» Fremden und blieben zuweilen stehen, um schnell ein paar Paternoster herzubelen, oder vor einigc» von dcn zahlrcichcn Kreuze» und Reliquien, welche die Nische» und Winkel zierten, eine ehrfurchtsvolle Knicbeugung zu machen: dann schlüpften sie hinaus. Endlich war der Gotlesti »st vorüber, die Schwester» er hoben sich eine nach der ankeren geräuschlos von ihren Plätzen und ver schwanden — man hörte die leisen Tritte nicht — durch die vcrschit- kenen Thure», die in dcr Richtung nach ihren Zellen führten. Nur wenige verweilten »och, als die übrige» schon fort waren, uni noch ihre Gebete zu vollenden oder sich der Gluth ihrer Andacht noch inniger hinzugeben. Bald folgte» auch diese, und in wenigen Augcnblickcn war die ganze Kapelle leer. Die Rube, mil welcher die Menge verschwand, der gespenstcrartige Ebarakicr ibrer langen Schleier und das Hin- und Herzittern derselben in de» Lichtstrahlen, welche durch die dunkele» bbor- gänge quer berabfirlen, — das Alles trug dazu bei, dem Ganzen das Ansehen einer Geisterencheinunz zu geben. Nur ungern trat ich in die freie Lust hinaus; noch sab man einigc Nonnen, wie sic, gleich einzcl- nrn Bögcln, die in ihre Nester büpscn, schnell in ihre Schlaszcmächer schlüpften. Wenige schwache Lichter warfen ibrcii Schein bcrab von den oberen Fenstern, und an einem ihrer Gebäude sab ich im Vorüber- geben durch die balbgeschloffenen Vorhänge hindurch eine bejahrte Schwester allein vor emcm Kruzifir knicen.' Im nächsten Moment be fand ich mich in der Sladl. Da snnkcltcn noch die Lädrn in reicher Erleuchtung — da drängtcn sich die Fußgänger ans den Slraßcn — zahlreiche Wagen und Kutschen sichren hin und ber, von einem Platze zum anderen — gellendes Geschrei und lustige Lieder ertönten in meine» Ohren — die offenen Fensterflügel der bunten EstaminetS und Billard- stnben zeigten ganze Gruppen von trägen, verschwenderischen Tagedieb«, im Innern —'und lükerliche Soldaten, welche einzeln die Straße her unter kamen, brüllten im trunkenen Chor abgebrochene Stücke aus der Marseillaise. (kr. liev.) Bibliographie. — Zn Brüssel erschienene Originalwerke: Onsto» mililair»» ckv I» kelgiezu«, starre» le s^slönn- ste linzron. 4 Fr. Oictinnnaioo stp« Iinmmoü «In lottves clr. <le la I>el^!<z»o. 8 Fr. Lsizoiüse Historien« sie I'ancien ile I-iöxo — Bon Pölain. Fr. Frankreich. Die Hagd ins Blaue. lForlsetznng.) Beim Frühstück setzte sich Ehav bin u»b entwarf sein Konzert-Pro gramm wie folgt: Nr. I. Serenade aus „Montano und Stephanie". Nr. ll. Das Jäger-Finale auS „Heinrich s IV. Jugendfahre". Nr. III. Die Schalastcr, ein »»iturnn, freies Thema mit Variationen. Nr. IV Lied: ..Huarul NN s»t tnujouc» verluonx", von Berton. Nr. V. Größe Aric: „Umsonst wirk Pharao !k." »ns Zvseph in Aegvvten, von Mchul. Nr. VI. Abschied an Nizza (üiico mi, ^jir« asicüo) den Freunden dibfer Sucht «swidUi« von EhW. „ Der Wirth empfing den Kittel aus seläfst Händsn Und frägti: „Gedenken Ew. lssnaben längte Krk in Niz^a za derwnlcnf" — „Das nicht; ich wünschle sogar bald nach dem Konzerte abzureisen." — „Ew. Gnaden haben also alle Dero Geschäsie ,» dieser Gegend becudigt?" — „So ziemlich alle; wie komm' ich am kürzeste» »ach Marseille zurück?" — „Da finke» Ew. Gnaden glcich übermorgen die schönste Gelegenheit; e» geht ein Schiss nach Toulon ab, eine nette Brigg, Vi-rg» ste8 8oz>t Douleurs"; da könne» Sic mit, das ist eine Spazicrsabrt." - „Mcincr Treu, Ihr Rath ist gut; haben Sie die Güte und bestelle» Sie mir cinen Platz auf der.Brigg. Wan» komm' ich dann nach Toulon?" — „Abends bei guter Zeit, »och vor Nacht; um diese Jahreszeit hat cs immer günstige» Wind dort hin." — „Ei wahrbastig, das ist mir lieb; bei dieser Gelegenheit bekomm' ich Toulon zu sebcn, wo ich noch nie gewesen bin." — „Kommen Ew. Gnaden denn nicht von Toulon?" — „Ach nein, jch kam die Krcuz und die Quer über Feld; ich lies mit der Flinte ciuem vcrmale- dcilcii Vogel »ach bis hierher; daran werke ich kcnkcn." Dec Abend des folgenden Tages kam; das Konzert ging an und ging zu Enke; es war zwar etwas einförmig, aber es brachte unserem Künstler doch 20V Franken. Ach was, dachte cr, das ist zweimal so viel, als ich zur Heimreise brauche; — und somit veribeilie cr bunkert Franken unter die Dienerschaft des Hotels, die ibn dafür mit Lob- und SegcnSsprüchcn überschüttete. Am andere» Morgen zur bestimmten Stunde ging die Brigg, mit unserem Freunde am Bord, nach Toulon unter Segel. Es ging ihm, wie fast allen Reisenden: er batte zur Ausfahrt daS vortrefflichste Wetter. Vor seine» entzückten Ange» breitete sich das Meer und kräuselte sich auf in unzähligen kleinen Schau,»wellen, lind mit jedem Tropfen, in jeder Welle gleitete ein Sonncnstrabl in fröhli chem Farbcnspicl aus und nieder. Die Segel bläbeien sich wollüstig unter dem Winke; die kleine» Wellen brachen und thrilien sich unter der gewölbte» Brust des Fahrzeuges und rauschten und murmelten da bei manch' süßen Jlaliänischcu Monolog. Unser Freund zog mit weit geschwellter Brust de» frische» Dust der Seegräser, den Hauch drr Brandung von der Küste drüben, de» Duft der Muschelbänkc und den kräftige» Thecrgcruch ter Schisssplankc» in sich. , Er spazierte ans dem Verdeck bin und her, innerlich glücklich, scclcnvergttügt, stolz aufgerich» icl, mit jauchzende,! Sinne», — er warf der glatte» See schmeichelnde Grüße zu: wie schön ist's hier! dachte er, — gcscgnci sepe» die Scha lastcr und mein Schntzgeist, daß sie mich hierher geführt. Der Capilain saß am Fuße de» Mastbaumes bei seinem Frühstück; Cbav trat zu ihm heran: „Herrliches Weiler, Eapiiain, was wir heulc haben; nicht wahr?" — „Landwind!" brummle der Sceman». — „Nun ja doch, und dann ...— „Na, was meinen Sic? dann .. .." — „Ich meine, ich meine", saglc Ebay und meinte wcilcr nichts, sondern guckte in den Himmel hinaus, pfiff rin Liedchcn und ging zum Steuer» wann: —„Wir haben Landwind, Aller, be?"— Der Steuermann gab keine Anlworl, und unser redseliger Freund machte sich wieder an den Eapitain. „Heun Abend, Eapiiain", sprach cr bändercibend, „sind Sie in Toulon mein Gast bei einer Bowle Punsch." Dcr Eapiiain schüt telte dcn Kopf. — „Was wir da unten sehen, Eapitain, ist Cap Siriö, nicht wahr?" Jetzi ließ dcr Eapitain sich vernehmen: „Krenz Mil lionen Donncrwclicc", fluchte cr und warf sei» Frühstück ins Wasser, „schon wieder Engländer!" Chah fuhr vor Schreck drei Schrille zurück, „Engländer", schrie er, „um GolleSwillen, wirklich Engländer? w» denn, wo?" Der Capilai» siampsle ingrimmig mil dem Fuße: „Vier, fünf, sechs, sieben Fregatte», Höllen-Element!" — Der arme MusikuS wurde lodlenblcich. „Werden sic uns gesangcn nebmrn?" fragte cr kleinlaut. „Bei Leibe nicht, aus Ebrc nicht!" ruf dec grimmige See mann, „eher soll mich...." — „Was, was?" sragtc der .idünstlcr unter Zähncklappern. „Eber stecke ich die brennende Pfeife ins Pul verfaß und sprenge die Brigg mit Man» und Maus in die Lusi." Das Neber,naß de» Schreckens brachte unseren Frcund wieder zu sich, daß er eine Summe zum Rede» sand: „Hören Sie, Herr Eapiiain, höre» Sie", Platzle er heraus, „so bören Sie doch nur." — „Ra, ich böre, nur was Gescheidles! bcda, wo steckt meine Pfeife?" — „Hören Sie, Herr Capilain! Bedenke» Eie, Sic habe» Familicnväler an Bold, mich zum Brjspiel; ich, schcn Sie, hören Sic, ich habe cinc Frau und sicbcn Kinder zu ernähren. Nebmrn Sie'S zu Herzen, Herr Eapitain, Ihre Fran, bedcnkcn Sie, Ihre Frau Gemahlin." — „Ach, zum Hen ker mil Eurem Bedenken! ich bin Jungq-scll." — „Schön, schön! aber bedenke» Sie nur ... ." — „Was schnattert Ihr da, Herr Ko- mödiaitt? 's ,st AllrS längst bcdachl; ich bad' krine Lust, bei den schus- ligeu Engländern aus die Pontons z» komme» und mir dir Serie aus dem Leibe zu rudern; verfiel» Ihr mich?" — „Schön, schön, Herr Eapitain, ich vrrstcbe; nichts für ungut, gute Freunde...." — „Basta, Herr Komödiant, lbul uns dic Liebe, laßt uns hier manövriren, schert Euch ruiilrr in Eure Koje und belrt. Weg da!" Der Morgennkbrl balle sich verzogen, und das Geschwader Sir Hudson Lowe's lag sitzt unscrcu Rcisendcn deutlich vor Augen. Sieben Fregatten und mehrere kleinere Fahrzeuge im Halbkrrisc schlossen eine so wohlverwahrte Kelle vor dcr Rhede von Toulon, daß keine Nuß schale binkurchschlürscu konnle. Unser Freund lehnte mil schlotternden Knieen und lbränrnden Auge» am Hinlcrkeck: „Die Schalastcr, die Schalaster!" seufzte er lief in sich. Dcr Capilain kommandirie Ma növer über Manöver, eines schrecklicher als das ankere. Eine Scha luppe stieß vom Englische» Flagginschiff ad und schoß aus die Brigg los, wie ei» Krokodil aus seine Beute. „Ilm Gotteswillen", bat und ries Cbav mit gefasteten Händen, „Herr Eapiiain, lassen Eie umkehren, nach Nizza zurück." — „Saorosti-u, Herr Komödiant!" wetterte ter Capilai», „wenn Ihr »och ein Wort muckst, jag» ich Euch eine Kugil durch dcn Kops." In diesem Augeublickc läniele plötzlich die große Schiffsglocke nnb wär auf einmal abgerissen. „Wer läulcl denn?" schrie dcr Capilain. „Niemand", antworteten die Matrosen. Der Ea pitain drehte sich um: „Ab, so!" — „Wer Hai kenn gclänlel?" sraqle Chay leisc den Steuermann. „Wer wirk'» gewcscn schn", lachte der Aste,