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Die sommerüber als Hirten oder in der Landwirth- schäft Beschäftigten ziehen im Winter als Zimmerleute, Holzspalter oder als Kaminfeger nach Oberitalien, woselbst man auch die Mädchen aus dem Redena- thale als verlässliche, brauchbare Kinderwärterinnen und Dienstboten schätzt. Die Industrie ist gering und beschränkt sich auf die Bearbeitung des Birkenholzes zu Spindeln und des Buchen- und Erlenholzes zu Spinnrädern. Von einer eigentlichen Hausindustrie, ähnlich jener im Grödner Thale oder im Ampezzanischen, kann nicht gesprochen werden. Das einzige grössere industrielle Unternehmen, eine schon 1810 gegründete Glasfabrik von Garutti (Mailand) bei Carisolo, ist, weil es mit den modernen Erfahrungen und Anforderungen nicht Schritt hielt, eingegangen. Das bischen Seide des Thales wird nach Rovereto, Riva und Ala verkauft. Für die maassgebenden und leitenden Persönlich keiten der Bevölkerung wäre es wohl eine schöne und sich gewiss auch lohnende Aufgabe die so reiche Wasserkraft des Thales — Cavour nannte sie die weisse Kohle der Italiener, — auszunützen, den Unter- nehmungs- und Arbeitssinn zu wecken und dem Bei spiele der benachbarten Schweiz zu folgen. Dem Grundstöcke nach sind die Bewohner von Rendena den Ureinwohnern zugemischte Rhaeto-Ro- marren,"wozu sicherlich noch ein gewisser* Einschlag germanischer Stämme gekommen ist. Der judikarische 1 ) 1) „Zu Gartners Bestimmung (Gartner, Die judikarische Mundart. Wiener Sitzungs-Berichte, Bd. 106. p. 803), wonach das judikarische ein Mischdialect ist, bestehend aus Lombardisch und Venetianisch „mit kaum nennenswerthen rätischen Resten“, verdient noch Ascolis Bemerkung zu demselben Gegenstände eine besondere Erwähnung. Er führt aus, dass in der uns angehenden Gegend das Ostlombardische mit Bergamo als Centrum vorherrscht (H. Saberski). Die „Laude“ der Geissler von Rendena gelten als das älteste Denkmal der italienischen mundartlichen Posie Wälschtirols.