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217 Eines Nachmittags saßen die beiden Fcengcstaltcn im kühlen Pavillon des duftenden Gartens und Sclima, dem Zuge ihres mittheilenden Herzens folgend, erzählte der neuen Freun din von ihrer unbegrenzten Liebe zu James, von den Erlebnissen der letzten Zeit, von den Widerwärtigkeiten, die sic während ihrer Gefangenschaft zu ertragen hatte, und endlich von ihrer Befreiung durch den Heißgeliebten. Sclima war von dcm Stoffe ihrer Rede schwärmerisch er griffen. Jedes Wort kam ihr aus dcm inncrstcn Hcrzen, jeder Satz war ein Erguß schöner, edler Gefühle — kein Wunder daher, wenn die begeisterte Erzählung auf das Gcmüth der em pfänglichen Fatimc einen so lebhaften Eindruck machte, wenn die Orientalin mit ihrer zügellosen Phantasie von der herzergrei fenden Erzählung Selima's hingerissen wurde und sie gegen ihre Freundin nicht weniger mitthcilcnd warb. Fatimc erzählte nun auch von ihrer Liebe, die zwar unrecht mäßig , weil sic schon cincm Mannc vcrlobt war, abcr nichts- dcstowcnigcr innig und allmächtig wärc. Sic licbte cincn jungen Türken, Abdul genannt, der sich erst seit kurzer Zeit als Ab gesandter eines Groß - K aufmannes aus Bagdad an Schamyl's Hofe befinde und der auf den ersten Anblick ihr Herz gewonnen hatte. Sie habe nun seitdem mit dcm Gclicbten auch schon ge sprochen und ihre Leidenschaft sei nur noch mehr entflammt worden. Sclima sagte zwar ein undeutliches Gefühl, daß zwischen dieser und ihrer Liebe ein großer Unterschied sei; nichtsdestowe niger war sie von den Leiden dieser unerlaubten Liebe gerührt — und sie tröstete die in Thränen Aufgelöste. Abdul war wirklich ein liebenswürdiger junger Mann: