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8 Frankreich unterhielt hier 26, allerdings nur kleine, Schiffe, welche Bai und Flüsse im Auge halten mußten, und ihnen bot die gegründete Station eine sichre Rhede und die erforderlichen Magazine. Auch jetzt, wo sich der Handelsverkehr mehr ausgedehnt hat, besteht der Hauptwerth der Station in ihrer maritimen Bedeutung. Wurde nun auch die französische Besitzergreifung der sämtlichen umliegenden Flußgebiete um die Gabonbai durch Verträge besiegelt, so war sie doch selbstverständlich mehr eine nominelle, und nur die Bai selbst als die eigentlich occupirte Stelle zu bezeichnen. Jndeß gerade sie ist eben der Verkehrsmittelpunkt der Bevölkerung. An dieser Bai liegt die fr anzös. Niederlassung mit ihren Bureaus und Magazinen, sodann (seit 1844) die Niederlassung der franzö sischen (kathol.) Mission von der Congregation des Heil. Geistes und des unbefleckten Herzens Mariä (von Paris), mit der ein apostolisches Vikariat verbunden ist; die Nonnen der unbefleckten Empfängniß von Castres haben ein nicht unbedeutendes Erziehungs haus, dazu kommen noch einige Faktoreien, endlich der kleine Ort Libreville, der 1849 mit Kongonegern gegründet wurde, die von einem abgefangenen Sklavenschiffe stammten. Nächst diesen franzö sischen Ansiedelungen findet sich an der Bai eine Mission des amerikan. Board (von 1843), die von Kap Palmas kam, und die mit englischen Kaufleuten beträchtliche Handelsgeschäfte macht; ihre erste Station war King Glass's town (jetzt Baraka), die nächste jetzt wieder auf gegebene Olandebenk, eine dritte Nenge-nenge, die jetzt nur Außen station ist. Schließlich finden wir hier noch den äußersten Vorposten der evangelischen Mission in Westafrika. — Bei alledem aber findet man hier wenig Leben, nur die Natur entzückt durch ihre Reize. Denn während im übrigen die afrikanische Küste sprichwörtlich steril ist, tritt in der Gabonbai die Waldveg'etation bis ans Gestade des Meeres heran, sodaß die Ortschaften im Grün der herrlichsten Bäume versteckt liegen. Am nördlichen, rechten Ufer ragt der Berg Bouet empor, am südlichen unterbrechen einige Hügel die Einförmigkeit des Horizontes; aus der Mitte der Bai tauchen ein paar grün bebuschte kleine Inseln auf, die schon erwähnte Coniquet-Jnsel und die Papagei-Insel. An den Seiten aber und im Grunde verrathen lange Wände von Mangrovebäumen am Ufer die Brakwaffersümpfe an den Flußmündungen. So schön sich die Natur an der Gabonbai entfalten mag, so wenig kann uns das dortige Klima zusagen! Da wechselt eine un erträgliche Hitze mit Regengüssen ab, die an die Noachische Flut erinnern. Im ganzen dauern die Regenzeiten sieben Monate (vom 15. September bis Anfang Januar, und von Mitte Februar bis Mitte Juni), und ist die Pause im Januar wenn auch nicht regnerisch doch unangenehm feucht und reich an Fiebern; und die von Mitte Juni beginnende dreimonatliche, eigentliche trockne Jahres zeit dörrt bei Sonnenglut alle Sümpfe bis auf den letzten Wasser tropfen aus. Die Wärme wirkt besonders dadurch so erschlaffend, daß sie so beständig ist, im Mittel 28«; selten werden 33» überstiegen, selten fällt sie aber auch unter 23« C. herunter. Daß unter solchen Umständen der Mensch, wenn er überhaupt gesund bleibt, keine rechte Spannkraft behalten, keine Arbeitslust entwickeln kann, ist wohl erklärlich und wenn sich die Missionäre vielleicht wohl befinden mögen, so liegt das wohl mehr in ihrer weniger von den Einflüssen der Witterung behelligten Lebensweise. Nachdem der für die Eingeborenen an der Gabonbai höchst einträgliche Menschenhandel, der wie erwähnt hauptsächlich durch die Portugiesen betrieben wurde, unter französischem und englischem Einflüsse den Todesstoß erhalten, hätten die Franzosen in der Frucht barkeit ihres Landes einen reichen Ersatz zum Betreiben von Handelsgeschäften finden können, namentlich bei dem Reichthum des Innern an Santelholz und Ebenholz, wie an Elefantenzähnen, aber man trieb hiemit einen solchen Raubbau, daß heutzutage die Fluß ufer ihrer werthvollsten Schätze entkleidet sind und man schon weit ins Innere Vordringen muß, um die kostbaren Hölzer zu finden, wie auch die Elefanten dünnzähliger wurden. Da fingen die Franzosen, um dem erschöpften Lande aufzu helfen, in den fünfziger Jahren ein neues Geschäft an, den Handel mit Kautschuk, der von 3 oder 4 Arten Lianen stammt („N'dambo", wahrscheinlich Lurpoäinus, eine Apocynee), doch abermals ging die Gier der Ausbeutenden so verschwenderisch mit dem Naturschätze um, daß auch dieser Erwerbszweig bald erschöpft sein wird. Von den herrlichen Oelgewächsen, von denen weiter unten die Rede sein wird, Gebrauch zu machen, sind die Eingeborenen zu ungeschickt und zu träge. So läßt sich denn dem Lande Gabon in Bezug auf seinen Handel keine günstige Zukunft vorhersagen, wohl aber muß es in hohem Grade das Interesse des Pflanzenkundigen beanspruchen, und ebenso des Thierkundigen — und das namentlich seit der Senegal'sche Kreole Bellonie du Chaillu, ein Bewohner der franzö sischen Niederlassung am Gabon, seine kühnen Jagdgeschichten er zählte, und zumal da er den Gorilla fand. Dieser merkwürdige Affe aber, und die seine Heimat theilendeu menschlichen Naturvölker machen Gabon auch dem Menschenforscher interessant, wie der Menschenfreund dein allmählichen Schwinden der Barbarei nnd dem gedeihlichen Wirken der Mission seine Theilnahme schenkt. Wenden wir uns jetzt zu der Bevölkerung Gabons, von welcher vor allen der französische Marinearzt vr. Griffon du Bellay aus führlicher berichtet hat. Die Bevölkerung ist aus mehrern Stämmen zusammengesetzt, die verschiedene Sprachen sprechen. An der Küste und den Fluß mündungen wohnen die M'Pongwe oder eigentlichen Gabonesen, weiter im Innern, in den bewaldeten Landstrichen die Schekiani (Schikani) oder, wie sie von den M'Pongwe genannt werden, die Bulu (d. h. Waldmenschen), dann die Bakali (Bakalai, Bakele) und endlich die Pahuin (Pangwe, Fan). Alle vier Stämme sind von Osten her eingewandert; die Pahnin erst vor kaum zwanzig Jahren und die Bakali vor sich hertreibend, um sich immer mehr auszubreiten. Es hat dieses Wandern nichts Befremdendes, wenn man es sich mit dem Wunsche der Völkerschaften erklärt, den bisher nur durch Zwischenhändler betriebenen Handel mit den Europäern an der Küste mit größerem Bortheile unmittelbarer zu betreiben. Es ist gewiß interessant diese Völkerschaften in ihrem Treiben zu beobachten, wir wollen ihnen also einen Besuch abstatten, selbst auf die Gefahr hin, in das Lager gefährlicher Menschenfresser zu gerathen. Die ersten, die uns beim Landen begegnen, die uns auf Kähnen Landesprodukte entgegen bringen, und die wir allerhand schwere Arbeit verrichten sehen, sind Neger, die Kru oder Kru-Leute (Crowmen), die Packträger der afrikanischen Küste, unermüdliche und wirklich brauchbare Arbeiter, die hundert Meilen weiter nördlich hergeholt wurden. Der M'Pongwe ist faul, und beim Ansinnen ernster Arbeit wird er uns antworten: „Arbeit für Kruman" oder „Arbeit für Weiße". Wir müssen den M'Pongwe in seinem Dorf aufsuchen oder ihn beobachten, wie er an der Küste den spitz bübischen Zwischenhändler spielt. Die M'Pongwe sind große, schöne Leute, von muskulösem Körperbau, ihre Beine sind schöner, als die anderer Schwarzen, ihre Hand ist klein, der Vorderarm verhältniß- mäßig lang, die Augen sind schon nnd ausdrucksvoll, die Nase kaum abgestumpft, der Mund mittelgroß, die Unterlippe dick ohne herab zuhängen, meist haben sie schöne Zähne. Ihre Hautfarbe geht mehr ins Bronzene als ins Schwarze, die Meisten scheren das Haar theilweis, viele sind ganz bartlos. Die Weiber sind im allgemeinen klein, von zartem Gliederbau und besonders zierlichen Händen, t Beide Geschlechter tragen die Brust nackt, die Weiber behängen sie mit Perlenketten, an die gewöhnlich Fetische gebunden sind, und die Hausherrin hängt die Kofferschlüssel daran; denn Koffer und abermals Koffer, wären sie auch leer, bilden das hauptsächliche Mobiliar ihrer Hütte. Sie tragen ungeheure Ohrringe, kupferne Spangen an den nackten Armen und Beinen, an letzteren so viele, daß der Gang dadurch schleppend wird, und Ringe haben sie nicht bloß an den Fingern, sondern auch an der großen Zehe. Diese Schmucksachen bilden außer dem um die Hüften geschlungenen Baum wollenschurz die einzige Bekleidung. Nur bei besonderen Gelegen heiten wird noch ein Tuch um die Schulter gelegt. Besuchen wir den M'Pongwe in seiner Häuslichkeit. Er hat deren zwei. Die eigentliche Wohnung hat er in seinem Dorfe oder wie man nun die Reihen von Palmenhütten nennen will, die eine breite Straße bilden, und hinter denen der Urwald durch Axt und Feuer ein Stück gelichtet ist, um üppigtreibenden Bananen und Manioks Raum zu schaffen, deren saftiges Grün uns schon von weitem die Ortschaft verräth. Aus Ananasfasern gefertigte Fischernetze sind zum Trocknen aufgehängt, und Haufen von Rothholz und Ebenholz liegen anfge- schichtet, um auf den jetzt ans Land gezogenen Kähnen verschifft zu werden, sobald sich ein Handelsschiff an der Küste sehen läßt. Mitten im Walde, mehr als vier Kilometer vom Dorfe entfernt, haben sie ihre eigentlichen Pflanzungen mit einer zweiten Wohnung zu zeit weiligem Aufenthalt. Sehen wir uns aber im Dorfe etwas Näher um, und treten wir von der von magerem Federvieh belebten Straße in eine der Hütten. Von außen sauberer, als man das in afri kanischen Dörfern gewöhnt ist, zeigt uns ihr Inneres die ganze