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68 — Huayna-Putina im Thal von Moquehna, ein Vulkan, der noch thätig ist. Die heftigsten Erdbeben fanden 1582, 1784, 1831 und 1845 statt. Von kleineren Erdbeben hat man in einem Zeiträume von 35 Jahren, nehmlich in der Zeit von 1811 bis 1845 nicht weniger als 825 beobachtet, sodaß also das reizende Thal von Arequipa, überhaupt eines der lieh- lichsten in ganz Peru, sich keiner Ruhe erfreuen kann. Bei der ersten und gewaltigsten Erderschütterung im Jahre 1582 wurde selbst das ganze Hochgebirge ringsumher dermaßen bewegt, daß die Huanucus und Viennas aus ihrer wilden Einsamkeit er schreckt in die Thäler herabkamen bis zu den Ansiedlungen. Bäche veränderten ihren Lauf, die Grenzen des Grundbesitzes wurden verschoben. Die Stadt wurde in einen Schutthaufen verwandelt; aber man baute sie wieder auf und sie besaß vor 1868 bereits wieder 40,000 Einwohner. Tausende haben im vorigen Jahre ihr Grab unter den einbrechcnden Trümmern gefunden; dennoch wird die Fruchtbarkeit und großartige Na tur des Thales die Ueberlebenden fesseln, und Arequipa wird zum dritten Male sich über dem tückischen Boden erheben. Werfen wir noch einen Blick auf die einheimische Bevölke- rung.des Thales, so finden wir zwei Typen indianischer Rasse; ! düstern, verschlossenen Charakter, der sich eben sowohl in ihrem ganzen Benehmen als in ihren Liedern und ihrer Tracht zu er kennen gibt, findet man unter den Indianern in Arequipa weniger oder gar nicht. Die stete Berührung und das Zu sammenleben mit den Europäern oder den Kreolen hat ihre ! Sitten nnd Trachten vielfach modifizirt. In ihrer wahren Natur trifft man sie nur in den einsameren Thälern des Hochgebirges oder auf den weitgedehnten Weideslächen der Punaregion. Außer den Indianern ist noch eine andere zahlreiche Menschenklasse zu erwähnen, welche durch ihren Einfluß in der neueren Geschichte des Landes eine bedeutende Rolle spielt. Das j sind die Mischlinge, die Mestizen, hier Cho los genannt. Das Urtheil über sie ist verschieden, doch meist zu ihren Ungunsteu I gefällt, da bekanntlich Mischlinge in der Regel die schlechten Eigenschaften ihrer ungleichartigen Eltern erben. Während Tschudi, in feinem vortrefflichen Werke über Pern, sie als sanft, mitleidig und leicht erregbar bezeichnet, als gute Freunde in der Noth, wenn es auf augenblickliche Hilfe ankomme, sonst ! aber wankelmüthig und nicht tapfer, meint Markham: die Cholos von Arequipa hätten sich schon seit langer Zeit durch ihr aufrührerisches Wesen, sowie durch den Eifer hervorgethan, Charakteristische Bilder von Gucchua-Lcuucu ans Arequipa. die Küstenbewohner und die eigentlichen Quechua. Die erste hat ein rundes Gesicht, ^platte Nase, wulstige Lippen, schmale Augen, die an den Außenwinkeln emporgezogen sind wie bei den Chinesen. Die Quechua dagegen haben ein ovales Ge sicht, vorspringende Backenknochen, Adlernase, schön geschlitzte, aber schiefe Äugen, reiches, schwarzes Haar. Die Trachten dieser Eingeborenen sind stets lebhaft und erinnern an die spa nische Mode des 17. Jahrhunderts, wie an den Geschmack der Inkas. Die Männer tragen einen Rock mit drei viereckigen Schößen, eine lange Weste und Kniehosen, dazu fallen die Haare in zwei Flechten auf beide Schultern herab oder sind nach altägyptischer Weise geflochten. Ein fliegender Mantel und Sandalen von rohem Leder vollenden den Anzug. Die Frauen fügen zu dem faltenreichen Rock und der runden oder dreieckigen spanischen Montera die Lliclla, ein Stück Wollen stoff von 2 Quadratfuß, welches sie wie das „Pschent" der Sphinxe über den Kopf legen, oder womit sie sich die Schultern bedecken, indem sie es auf der Brust mit dem Tupu befestigen, einer Nadel in Gestalt eines Suppenlöffels. Aus der Ferne macht die Mischung der lebhaften, unaufhörlich sich bewegenden Farben der Kleidungsstücke einen sonderbaren Eindruck. Den womit sie sich, aus bloßer Begierde nach Aufregung, jedem Re volutionsversuche anschlössen. Der übermäßige Genuß der Tschitscha, meint er, habe die Cholos von Ärequipa in den Verruf gebracht, den eigentlichen Mittelpunkt der peruanischen Revolutionen zu bilden. Als Soldaten feien sie unbrauchbar. Mit Verachtung behandeln sie den Indianer und zählen sich zu den Weißen; sie fühlen sich geschmeichelt, wenn sie für Spanier gehalten werden. Sinnlich und leidenschaftlich von Natur, scheut der Cholo selbst vor großen Verbrechen nicht zurück, um zu seinem Ziele zu gelangen. Er kleidet sich als Städter na türlich ganz wie die Spanier des Landes, aber er treibt einen geschmacklosen Luxus dabei. Trotz seiner Unruhe und seines Ehr geizes, sich emporzuschwingen, hat er der geringern Zahl der Weißen das Heft der Regierung nicht aus den Händen winden können; dazu fehlt die Begabung und ausdauernde Energie. Dir Strapazen eines Feldzugs können sie nicht ertragen. Darin unter scheiden sie sich zu ihrem Nachtheil von den Indianern des Innern, die mit ihren Lamas, welche mit Vicunawolle beladen sind, in den Straßen von Arequipa erscheinen. Das such geduldige, aus dauernde Leute, welche als Soldaten uns Europäern geradezu unglaublich scheinende Märsche zurücklegen können. (Schluß folgt.)