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13. Wöchentlich eine Nummer. 29. 2czclllÜel 1869. Vierteljährlich 18 Sgr. I. Zu beziehen durch Rcdigirt von Der Jahrgang »lle Buchhandlungen des In-».Auslandes vr. ^tto Dklitsch, (52 Nnnnnern oder 12 Monatshefte) sowie Postämter. Privat-Docent und Nealschul-Oberlehrcr. läuft von Oktober zu Oktober. Oie Nheinschiffahrt. II. Von Adolph von Harnap. In dem Vertrage vom 31. Dezember 1861 ließ Holland Schiffahrtsgebühren und Zölle auf dem Rheine ganz fallen, und durch das Gesetz vom 24. Dezember 1866 wurden die- jEen schließlich auch iu den sämmtlichen deutschen Rheinnfer- Mateu aufgehoben. Ter Rhein ist demnach ganz frei bis an das Meer, und nur die Territorialzölle für Waaren sind ebenso wie auf allen andern Transportwegen, geblieben. Was vor 29 bis 30 Jahren mit besonderer Freude und Ge- "ugthuung von den deutschen Rheinuferstaaten begrüßt worden wäre, in jenen Jahren, wo der direkte Seeverkehr zwischen den östlichen und westlichen Provinzen des preußischen Staates w lebhaft gewünscht wurde, das hat auch heute noch nicht seinen Werth verloren, nnr daß jetzt dasselbe Verlangen sich nicht allein auf einige Provinzen des Staates, sondern auf alle Gewässer der Erde ausdehnt. Das Verlangen, an der Seeschiffahrt direkten Antheil zu nehmen, ist am Rheine lebendig. In der «tadt Duisbnrg besitzt das Haus Arnold Bönniuger gegen wärtig drei Schiffe von zusammen 2275 Lasten. Diese Schiffe berühren freilich den Rhein nicht, indem sie ihrer Größe wegen und in Rücksicht auf die dermalen in Holland ungünstigen Schif- fahrtsverhältnisse ihre Station in Bremen genommen haben. Ebenso, besaß die Firma Jost in Köln viele Jahre hindurch Schiffe, die vou Antwerpen aus fuhren. Der Rhein ist jetzt vollkommen frei, nnd mahnt daher die alte Hansestadt Agrippina an vergangene ruhmvolle Zeiten. Ter direkte Seeverkehr, den die Stadt Köln zur Zeit des Mittelalters betrieben hatte, war allerdings unendlich ver schieden in Bezug auf die Anforderungen, die das 49. Jahr hundert an ein gleiches Unternehmen stellt. Kühne Seefahrer hatten große Entdeckungen gemacht; Kolumbus fand ein bis- her ganz unbekanntes Land und ein großer Weltverkehr hatte sich nach Westen entwickelt. Bartholomäus Diaz entdeckte 1487 das Kap der guten Hoffnung, und Vasco de Gama umschiffte es. Die Portugiesen fanden den billiger» Weg nach Ostindien, die Holläuder dagegen nutzten ihn besser aus; sie gründeten G02 die Ostindische Kompagnie und verdrängten die Portu giesen. Die Schätze Vorder- und Hinterindiens fanden ihren ! Eingang in Europa nicht mehr über Konstantinopel und die Marmorpaläste Venedigs; sie nahmen fortan ihren Weg über die Dünen Hollands. Die alte Dogenstadt sank herab von der Höhe ihrer Bedeutung; die Niederlande dagegen blühten mäch tig ans; um die Mitte des 17. Jahrhunderts waren sie die ! Herren der Meere, war Holland der erste Handelsstaat und die erste Seemacht der Erde. Ungeachtet der drückenden Gebühren, mit denen die direkte Rheinseeschiffahrt belastet war, faßte noch Friedrich"Harkort aus Wetter an der Ruhr 1836 den Plan, dieselbe in Gemein schaft mit mehreren Interessenten in Köln wieder in's Leben zn rnfcn. Die geringe Wassertiefe des Rheines, deren Rcgu- ! lirung besonders innerhalb der holländischen Ufer sehr vernach lässigt worden war, erlaubte einen Tiefgang, wie ihn die üblichen Seeschiffe mit kielförmigem Boden verlangen, in diesem ! Falle nicht. Es mußte daher zu einer Konstruktion von Schiffen geschritten werden, die bei flacher Bodenform die Eigenschaften eines Seeschiffes nicht entbehrten. Die Ever von Blankenese gaben hierzu ein passendes Modell, indem die dem flachen Boden ! sich anschließende konkave Form der Krümmung die Eigen schaften des Kiels gewissermaßen vertrat. Von diesen in Duis burg am Rhein gebauten Schiffen warf das erste am 3. August 1837 unter großem Enthusiasmus der Bewohner Kölns vor den Manern der Stadt Anker. Dieses Schiff hatte bei einem Tiefgange von 2>/zw. eine Tragfähigkeit von 100 Lasten, war als Schonerbrigg getakelt und führte den Namen „Rhein". Die erste Reise dieses Schiffes ging mit Gütern von Köln nach London. Bei der Fahrt desselben durch das holländische Ge biet wurde es durch Formalitäten und Vexationeu jeder Art mehrere Wochen anfgehalten, bevor es endlich in See stechen konnte. Späterhin sollte das Schiff eine Reise nach Nord amerika machen, kam jedoch nur bis Holland, wurde daselbst uach Antwerpen verkauft und fuhr von dort ans nach Brasilien und dem La-Plata. Ein zweites Schiff von derselben Größe und Bauart, „Der Verein" genannt, machte im Sommer 1838 seine erste Reise von Köln nach Stettin, sodann eine zweite Reise von Köln nach Amerika und zurück, fand hierauf einen 13