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95 Zukunft. Noch eb' er geboren ist, gehören ihm schon die Keime zu eigen, ans denen seine Grohe werden soll, und die Einflüsse, die er vcr- breilct, gehören ihm über Tod und Zeit hinaus. Der große Gedanke bat weder Grab noch Wiege. Lange Zeil schon lebendig, bricht er plötz lich aus der Schale hervor und erscheint in sterblicher Gestalt. Nach einem Leben , voll Elend oft, sinkt die Gestalt in Staub — aber Ler Gedanke bleibt, thätig, fruchtbar, allgegenwärtig,, daß oft, nachdem das gebrechliche Wesen verschwunden ist, dem der kostbare Schatz vertraut war, Kronen zertrümmern wie Glas, wenn er sie aurührt, Religionen stürzen oder sich erheben, Völker und Institutionen sich bilden auf den Ruf dieses Phantoms — eines Phantoms, das lebendiger ist als die Lebende» und mächtiger als sie! Philarüte Ehaslcs. Bibliographie. Likstiothöguo sie Vroik ek sie llllri8z>ruäcncv, ou lies «zuoslioim jucliciniros, ot ckölinitiuus sie toi ine» clo zontigue, Avee los lnis et stecisiuns »»ningnes- — Bon G. Decamps. 8^ Fr. ^oste ckes Ooäos, coutonant: I» li,e tüosto eonskitutiunnol; 2» Oe t-oäe eivil avec les loi« gui rnttaehent ete., nvec «les Notes, anal^ses, comuientnires etc Oliaguv inatiere zioöcöstöe «l un exz»ose »les zirincizres et sie I'hislon'e sie la lögislatian, est suivie lies lociuules st «etes gui colresziunstent. — Bon Cremieur und Balson. Erster Bd. Erste Lfg. Pr. ZO Cent. (Kas Ganze soll aus Z Bdcn. dcMicn.) 's,alte stu Aauveruomont rezireseatatis. — Bon Th. Descubts. »r Fr. Rußland. Die Entdeckung von Amerika. (Sendschreiben des Gouverncmcnts-Sccretairs P -tu schk° sf (H ä h nch enf an Sen Admiral in Spanischen Diensten uns Ritter Cb ri fl op b C ol u m du Sj Ew. Ercellcnz! Die völlig entgegengesetzten Lebens-Bestimmungen, die Ihnen und mir vom Schicksal vorgczcichnet wurden, veranlaßten mich, nach dem Gesetz, welches alle Ertrcme einander nähert, Sic zu meinem Helden zu erwählen, und mich Ihnen mit Leib und Seele anzuschlicßcu. Entschul digen Sie die Kühnheit, daß ich, ohne die Ehre zu haben, Sie persönlich zu kennen, cs wage, Ihnen zu schreiben. Ich lebe aber in einer Zeil, wo die Jugend das menschliche Geschlecht leiten will; in einer Zeit, wo man dahin strebt, durch Dreistigkeit Kenntnisse und Bcrdicnstc zu er setzen. Dem Einflüsse des Geistes meiner Zeil unterliegend, werde ich namentlich mit Ihnen über Gegenstände sprechen, die ich nur dem Na men nach kenne, und damit beginnen, von mir selbst zu sprechen, öder Sic mit mir zu vergleichen, weil Sie unbestreitbar ein großer Mann find, und ich Anspruch auf Größe mache, was nach der moralischen Arithmetik unserer Zeit ein und dasselbe ist. < , Sic befuhren Ihr ganzes Leben hindurch die Meere, ohne daß Sie Schiffbruch litten; ich bewege mich aus festem Lande und stolpere dabei bisweilen. Sic verkündeten der Welt zwei wichtige Wahrheiten, näm lich; daß man ein Ei auf seiner Spitze nicht anders auf einen Teller stellen kann, als wenn man cs zerschlägt, und daß, wenn man beständig vorwärts geht, gerade der Nase nach, man unvermeidlich zuletzt mit der Nase (oder dem Schnabel» des Schisses irgendwo auf festes Land sto ßen muß. Auch ich verkündete zwei, vielleicht noch wichtigere Wahr heiten, nämlich: Laß Geld besser ist als Beistand, und daß ein ruhiges Leben nur die Apanage der Dummheit ist. Sic entdeckten eine neue Welt; ich entdeckte Stiehls, was. nach dem Svstem neuer Drutscher Phi losophen, eins und dasselbe ist, indem, ihrer Meinung nach, etwas „Un aussprechlich Großes" und etwas „Unaussprechlich Kleines" gleich Null — 0 ist, und 2 Nullen sich einander ähnlich sind. Sic hatten mit wilden, unwissenden und rohen Bölkcrn zu lhun; ich Halle Geschäfte mit feinen Buchhändlern und Schreibern. Sie halten einen Prozeß mit dem Ralh von Castilicn, gewannen ihn und erhielten die von Ih nen aus Amerika gebrachten Reichthümcr zurück; ich Halle einen Prozeß mit der Gouvernements - Berwaltung, gewann ihn znm Bollen und er hielt nicht nur nichts, sondern mußte noch, für gesetzliche Prozeßkosten, aus meiner Tasche Geld zuzahlen. Sie führten Ihre Angelegenheit selbst und vergossen, als sic zu Ihrem Gunsten endigte, Thräncn der Theilnahme über Ihre Neider; ich halte einen Anwalt genommen, der mir in's Gesicht lachte, als ich mich wunderte, daß der gewonnene Prozeß mir nichts einbrachlc, indem er mir sagte, daß ich schon damit zufrieden scvn müsse, den Prozeß loSgcwordcn zu sepn. Die Matrosen Ihres Schisses wollten Eje ermorden, weil sie an dem glücklichen Erfolg Ihrer Unternehmung verzweifelten; mich machte» die Zeitungs-Schrei ber und Dichter wegen meiner Schriften und Kritiken herunter. Die von Ihnen entdeckte Welt ward nach einem andere» Namen benannt; ick, im Gegcntheil, mache nicht nur meine, sondern auch die Albernhei- tc» Anderer unter meinem Namen durch den Druck der Welt bekannt. Sie hauen Neider; ich habe deren auch, nur mit dem Unterschiede, daß Admirale und Gelehrte Sie beneideten, mich aber Umvissqndc, weil ein Halsband von Juwelen so gut wie der Kessel des Bettlers ihre Neider haben. ES-ist indessen Zeit, die Parallel! zu schließen. Ich bin ein abgesagter Feind von langen Rechnungen, langen Auseinandersetzungen, taugen Reden und hauptsächlich von langen Artikeln mit kurzem Sinn. Erlaube» Sie, daß ick mit, Ihnen von Amerika spreche, wo ich niemals war, das aber in meinem Kabinet hängt. Aus meinem mische, von rotkem Holz, steht eine Taffe bho- colade. Neben derselben befindet sich ein kleines Körbchen mit Brust- kuchcn aus Ipccacuanba. Aus meiner Brus! glänzt als Hcmdcn- knopf ein Brasilianischer Diamant; mcincn Finger ziert ein Ring von Peruanischem Gold. Der Bogen uicincr Violine ist von Sandelholz; mein Scmdfaß von cinerKokusnußschalc. Indigo lieferte die Farbe meines Rockes; Cochenille die meiner Weste. In Baumwolle bin ich von Kopf bis zu Füßen cingepuppt, wie eine Raupe. Mein Pelz, mit dem ich in die Stadt fahre, wegen meiner Asiatischen und Europäische» Angelegenheiten, ist von Amcrikaniscken Fellen. Alles dieses ist dermaßen von H a v a n »a h- Z iga rre n durch- räuchcrt, daß ich weder Schönheit noch Liebenswürdigkeit braucht, um durch mein Erscheinen ganzen Dutzenden von reizenden Mode-Damen die Köpfe zu verwirren In meiner Börse befindet sich cin Dollar, den unsere höchst spekulativen Wechsler nebst eincr Menge fremder Münzsonen aller Art, des süßen Genusses des Agio wegen, auf Russi schen Boden verpflanzten. Am Fenster sitzend und in Gedanken vertieft auf das Stadt- Krankenhaus blickend, frage ich mich, ob ich glücklicher, gcschcidtcr und besser bin, weil ich Chocolate trinke, Taback rauche, Amerikanische Far ben und Amerikanische Felle auf dem Leibe trage, und dabei aus einem Sessel von rolhcm Holze sitze? Ich zweifle daran! Um mir selbst deutlicher zu werden, stelle ich mir die Frage in gelehrter Sprache: Ist das menschliche Geschlecht durch Vermehrung der Bedürfnisse, und in Folge dessen durch Erweckung neuer Bedürfnisse und Wünsche, glück licher, gcschcidier und besser geworden? Nach reiflicher Ueberlkgung antworte ich, mit Erlaubniß Ew. Ercellcnz, ganz entschieden: Nein! Zu Ihrer Zeil gab es noch keine Staats-Oekonomen, die, wie jetzt, die Welt »ach der Landkarte regiere». Nicht im Stande, ihre eigenen 2ü Rubel cinzulheilen und ihre Zimmer in Ordnung zu halte», verfilzen sie über die Kapitalien der ganzen Welt, und bilden König reiche, versteht sich, aus dem. Papier. Diese Herren versichern, daß, st größer Bedürfnisse und Wünsche scvm, auch uni so großer Bewegung, Gcwcrbflciß, Rcichthum, Ausklärung und allgemeines Wohl sep» müßte». Der Himmel gebe, daß cs wahr scvn möge! Niemals war'die alte Welt so bewegt, als seit der Feit, daß Ew. Ercellcnz Amerika zu entdecken geruhten. Welcher Nutzen aber ging daraus für Amerika und die alte Welt hervor? Amerika war damals von seinen eingeborenen Stämmen bewohnt. Wo sind diese jetzt? Anstalt sic durch lleberrcdung sür die Wahrheiten der christlichen Religion zu gewinnen, sic durch Religion und Wissen schaften auszuklärc», ihnen zu zeigen, wie ma» Reiche verwaltet, erhiel ten sic von den geschäftigen Kanflcutcn Unterricht im Brannlwcintrin- kcn, liiid Letztere lernten dagegen von ibnc» das Tabackrauchcn. An statt ihre Thätigkeil auf allgemeine Ausbildung zu leiten, ließe» sic sic in die Erde nach kostbaren Metallen und Steinen graben, und erklär ten diejenigen Urbewohner, die sich in Berge und Wälder zurückzogcn, für ihre Feinde. Um sie auszurotten, sandte man ihnen die Inquisition und starke Getränke. Kriege, Branntwein und übermäßige Kraft-An strengung veranlaßten Elend und Krankheiten, und in Folge dessen den Untergang ganzer Völkerschaften. Auf den von Ew. Ercellcnz entdeck te» Insel» lebt schon kein einziger Urbewohner mehr. An der Küste des festen Landes gicbt es kcjn einziges von Eingeborenen bewohntes Dörfchen. Sie irre» umher in den Bergen, in den Wälder», in den Morästen, mitten in unzngänglickni Gegenden; sie kämpfen unter sich, sind Götzendiener, wie zu Zeiten Ew. Ercellcnz, saufen Branntwein und kommen um. Mir, der ich Ew. Erccllenz mit ganzer Seele verehre, ist cs in dcr Tbat cinc großcBcrnhigung, daß jene Wilden Ihren Namen nicht keimen! Auf den von Ihnen entdeckten Inseln und Küsten des feste» Landes siedelten sich Europäer an. Sie" erbauten Städte und Häsen; schusen Flotten, Fabriken, Manufakturen und Druckereien; führten Ackerbau ein; pflanzten Kaffee, verarbeiteten das Zuckerrohr und vergrößerten den Anbau des Tabacks. Da cs aber leichter ist, zu spekulircii, als zu arbeiten, und die Eingeborenen nicht genug Arbeiter lieferten, so tauschten die Spekulanten gegen Branntwein Neger ei» und führten sic nach Amcrika über, nm nach Metallen zu graben und Taback und Zuckerrohr anzubanen. In dcr Geschichte dcr Menschheit spielt die Entdeckung des Brannt weins eine wichtigere Rolle, als die Entdeckung des Kompasses, des Pulvers und dcr Buchdruckerkimst. Die Märkte Europa s füllten sich mit den Erzeugnissen Amerika'?. Dcr Handel mit Kolonial-Waarcn lies alle» anderen Speculatioum den Rang ab. Die Preise der Metalle und Edelsteine sanken, aber das Arbeitslohn stieg, obgleich die arbeitende Klasse sich dabei nicht berei cherte, und zwar, namentlich deshalb, weil in derselbe» sowohl, als hfi denen, von welchen sie Arbeit erhielt, neue Bedürfnisse entstanden, zu deren Befriedigung cS immer neuer Mittel und Wege bedurfte. Ange nehm ist cs indessen nicht, im Schweiß seines Angesichtes zu arbeiten, und da die Kopfarbeit, oder das Nachdenken mehr Gewinn bringt, als Händearbcit, so erschien die würdigste und nützlichste aller Beschästigun- gen, der Ackerbau, dcr einst von heidnischen Bölkcrn so hoch verehrt ward, den Leuten bald als etwas Erniedrigendes. Die Menschen ström teil den Städten zu, uni das zu ihren Bedürfnissen nötbige Gold leich ter zu gewinnen. Ma» erfand tausend neue Mittel, sich auf die höf lichste und anständigste Weise einander bas Geld aus den Händen zw spiele». Vor Allem käme» die Sporteln an die Tagesordnung. Die Schni tzer fingen an, Tatzack zu rauchen, aus goldene» Dosen Tatzack zu schnupsc» und Punsch zu trinken — Alles Amcrikanhche brzeugtstffc. Ihre Frauen wollten Juwelen haben, Papagepen, liiid mit Indigo odrr Cochenille gefärbte Stoffe. Ihre Kinder leckte» an Duckerwerk und Cbocolade, anstatt, wie früher, an Kohlstrünkcn und Honigkucheu. Was blieb den Bittstellern, die alle diese Lüste befriedigen mußten, zu thun übrig? Sie ließen sich auch auf Spcculalioncn ei». Zu Ew. Ercellcnz Zeilen spielte man nur mit Würfeln; dann erfand man das Karten spiel, mit allen seinen Variationen und Teufelskünften, und die öffent lichen Lonenccn. Später tnistandeii Privatbankm, mit ihren Escoutos und Discvnwe und Bankerotten. Ihnen folgte Lus Wechsclgeschäst, zur Beschleunigung des Umsatzes des allgemeinen Welthandels, und zur