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Agiolirung, von welcher der Gewinn nur in die Taschen der Wechsler fiel. Die Hansa hörte auf. Man mußte Zoll-Acmter anlegen, und diese riefen den Schleichhandel hervor. SS erhoben sich aus dem Staube ganze Völkerschaften von Mäklern und Faktoren, die sich, ohne die Ge fahren des Handels zu laufe», auf Kosten von Käufern und Verkäufern bereicherten. Die Gastfreundschaft verschwand. Lie Leute begannen, mit Feuer, Wasser, Luft und Zeit zu bandeln. Es traten ganze Le gionen von Aerztcn auf; die Stabte füllten sich mit Apotheken, um Kolonial-Waaren nach den Fakturen der Aerzlc los zu werden. Lange Seereisen, häufiger Wechsel von Lebensart und Klima und sonstige Umstände erzeugten neue Krankheiten, epidemische, svoradischc, spezifische u. s. w. u. s. w. So lange der Städte nicht so viele waren, als jetzt, und so lange sie nicht so bevölkert waren, als jetzt, gab es viele Leute, die nicht wuß ten, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollten. Mit der Zunahme des Luxus mußten Mittel ausgesucht werden, um diese Leere auszufüllcn. Da entstanden die Fabriken alberner Liicher und später die Massen nichts sagender Zeitungen. Seichte Kopse hielten sich für geschcidte Männer, weil sie fiir ihre Albernheiten auch Käufer und Leser fanden. Der Ver stand verlor 80 Procent an Werth, weil es mühsam ist, ein verständi ges, — Zeitvertreib aber, ein oberflächliches Werk zu lesen. Früher lachten die Leute von selbst, später aber mußte man sie gewalt sam zum Lachen bringen, da sie immer in Speculationen, Punsch, Taback, epidemische, sporadische und spezifische Krankheiten, und in ihre Berechnungen mit Banquiers, Mäklern, Faktoren, Aerzlen und Apothekern verliest waren. Narren und Spaßmacher gewannen den gescheiten Leuten den Rang ab. Thorheit und frivoler Scherz wurden systematisch ausgebildet und erlangten in allen geselligen Ver bindungen das Bürgerrecht. Armutb ward das LooS derer, die eine Menge von Zeit versäumten, um Müßiggänger zu belustigen und ihren Launen zu schmeicheln.... Entschuldigen Ew. Ehcellenz, es ist mir nicht möglich, länger sorlzufabren" Das Herz ist mir schwer geworden. Ich werde eine Taffe Ehocolade zu mir nehmen. Welches wahre Gute brachte uns die Entdeckung Amerikas) Keiner.... verzeihen Ew. Ercellenz! Zum Leben des Menschen reichen Licht hin, Wärme, Nahrung und Kleidung. Zum Glücklichsryn braucht man nur Religion, Liebe für die Menschheit, Mäßigkeit in seinen Wünschen und geistige Ge nüsse für den Verstand. Dies Ailes ward nicht in Amerika entdeckt.... Ew. Ercellenz werden entschuldigen. Wäre die Entdeckung Amerika'S nur dazu nöthig gewesen, um de» Ucberfluß der Bevölkerung Europa'S los zu werden, wie cS von den Staats-Oekonomen — der Himmel vergebe cs ihnen — behauptet wird, so habe ich die Ehre, denselben unser südliches Sibirien zu em pfehlen, unsere übrigen südlichen Provinzen, unsere Steppen an der Wolga, unsere Krimm, unsere Länder jenseits des Kaukasus. Der Him mel bewahre Rußland vor aller sremden Industrie, die mit halbem Wissen, Thorbeiten, Narrenspäßcn, Bankerotten u. s. w. u. s. w. han delt! Recht sehr aber laden wir alle ehrliche, friedliche, arbeitsame, gesittete Leute zu uns ein. Auch bei uns scheint die Sonne, auch ist eS bei. uns nicht kälter als in Kanada, und geräumig wohnen und satt werden kann man bei uns auch. Und daß man auch bei uns sich glücklich fühlen kann, darauf gebe ich Ew. Ercellenz mein Wort, und habe die Ehre, mit tiefstem Respekt zu seyn: Für den GouvernementS-Secretair Petuschkoff (Hähnchen), Thaddeus Bulgarin. Bibliographie. Unscou. Pabiesn stitistigue, Koograzililgne, tnpaAraphiczno et historlcinn lie l« ViUe et llu Aonvornemont sie co ncnn. Par Ä. ff. II. 8chnitrlcr. Mannigfaltiges. — Illuminations-Patriotismus. Ein König von Spanien genas einst von einer gefährlichen Krankheit. Zur Feier seiner Wie- dergenesung wurde in der Residenz eine Illumination angeordnet, die Seine Majestät selbst in Augenschein nahm. Der König bewunderte die Ehrenpforten, die geschmackvollen Gruppen von Lämpchen und die geistreichen Inschriften. Eine der letzteren, die in besonders schönem Lichte prangte, srappirte den Monarchen am meisten. Sie lautete also: Viva «l ES lebe der Köniz! Au seiner Disvostlion Steht bei mir et» Million Der König wollte den großmülhigen Unicrlban aus der Stelle kennen lernen. Er schickte nach ihm in das Haus, und bald erschien ein ehrcn- werther wohlgenährter Kaufmann vor der Thür, der sich ganz unbc. sangen also vernehmen ließ: „Ich beiße Serapio Millon (Million), und mein Sohn heißt Sancho Millon; dieser Millon ficht Eurer Ma jestät zu Diensten, und zwar als Soldat im Regiment Numancia." — „„Nur immer weiter!"" sagte der Fürst — nämlich zu seinem Ge folge. (liov. ksz>.) — Wohlfeile Prachtausgabe Französischer und ande rer Klassiker. In Paris wird in diesem Augenblick eine Reibe von pittoresken Ausgaben der Französischen und ausländischen Klas siker angekündigt, die sich durch Schönheit deS PapicrcS und' des Drucks und besonders durch prächtige Ausstattung auSzcichncn sollen. „Wir haben", sagt das Journal des DöbatS, „die erste Liefe- rung des Gil BlaS vor uns liegen, und bald werden wir auch den Molicre erhalten, dem in wenigen Tagen der Don QuixotS folgen wird. Jedes dieser Werke soll mit einer unzähligen Menge von Holz schnitten, Vignetten, Arabesken, Finalstöcken und verzierten Anfangs- Buchstaben nach Zeichnungen der geschicktesten Künstler ausgeschmückt werden. England, dessen literarische Meisterwerke auf diese Weise ver schönert erschienen sind, wird nichts geschmackvolleres aufzuweiscn und die Französische Presse ihrer Nebenbuhlerin nichts zu beneiden haben. ES wird sich auch bald zeigen, ob der Geschmack unseres Publikums diese glänzenden Ausgabe» eben so aufnimmt, wie unsere Nachbarn ähnliche Unternehmungen, bei denen zum Beispiel der auf diese Weise ausgestattete Shakespeare einen Absatz von mehr als 300,000 Exempla ren "hatte. Wir wünschen es, wäre, es auch nur, um jene bcwundcrns- würdigen Werke wieder zu Ehren zu bringcn, die man in unserer Zeit viel zu wenig liest, oder, wenn man sic liest, doch ungenutzt läßt. Nächst der Pracht dieser Ausgaben ist das empsehlciiSwcrthcste ihre große Wohlfeilheit, denn sie werden nicht mehr als die gewöhnlichsten kosten." — Die Eitelkeit Knellers. Der berühmte Portraitmaler Sir G. Kneller verband mit seiner Kunst einen so hohen Grad von Eitelkeit, daß er zur Zielscheibe des Witzes aller seiner Freunde und Bekannten ward. Er war ein Deutscher von Geburt, aus Lübeck, und trotz seines langen Aufenthalts in England, brachte er cs doch nicht dahin, das Englische rein und ohne fremdartigen Accent anszusprechc». Wie der jüngere Richardson berichtet, las Gay eines Tages unserem Sir Godfrey ^Kneller Verse vor, in denen der Dichter die Schmcicheici so auf die Spitze getrieben, daß er jeden Augenblick fürchtete, Jener könnte es übel nehmen. Allein Kneller hörte Alles bis zu Ende aufmerksam zu und sagte endlich in seinem ausländischen Style: „Ah! Mr. Gay, was Sie mir da sagen, ist Alles sehr schön und wahr; aber Sie haben »och Etwas vergesse», mein lieber Freund; bei Gott! ich hätte auch sehr gut zum General einer großen Armee gepaßt; als ich in Venedig war, sand daselbst einmal ein Feuerwerk statt, in Folge dessen der ganze St. Markus-Platz in einem Pulvcrrauche stand, und diesen Geruch, mein lieber Gay, vertrug ich damals mit wahrer Tapferkeit —; wahr haftig, ich hätte ein großer General werden können, mein guter Gay!" In gleicher Weise erzählt Pope von unserem Maler, der sich seiner Eitelkeit sp ziemlich selbst bewußt war, Folgendes: — „Ich saß eines Tages bei Sir Kneller, als er eben an einem Portrait beschäftigt war, da stand er mit einem Male auf, und sagte zu mir: „„Ich kann gar nicht so gut arbeiten, wenn ich nicht dabei ei» wenig geschmeichelt werde! Sie wissen eS, lieber Pope, ich habe es gern, wenn man mir schmeichelt." " „Da",erzählt Pope, nahm ich mir vor, zu sehen, wie weil es eigentlich mit seiner Eitelkeit gehe; zu dem Zwecke richtete ich mein Auge auf ein Portrait, das er eben vollendet hatte, und betrachtete es eine gute Weile mit großer Aufmerksamkeit: bieranf wandte ich mich an Kneller, und sagte zu ihm aus Französisch (denn dies war feine ConversationS-Sprache während der ersten Zeit seines Aufenthalts in England): „Ori iit üans les Lcritures 8ainles, czue I« bnn Dion iaisait phoimno starre« son imago; inais, se erou», «zne s'il vou- sint en faire nn antre ä znesont, ii I« ferait ci'asrrös I'iinsAe cznc voilä" (ES heißt in der Bibel, daß Goli den Menschen nach seinem Ebenbilde erschaffen, ich glaube aber, daß er, wenn er etwa jetzt ein neues Menschengeschlecht hervorbringe» wollte, dasselbe nach diesem Mu ster hier machen würde). Daraus wandte sich Sir G. Kneller um und sagte in einem sehr ernsten Tone: „Vnus svcr raison, ülnnsieur pnzn-; zmr Diou, j« Io crois aussi (Sie haben recht, lieber Pope, bei Golt, ich glaube eS auch)." — Ursprung des Englischen Wortes tznir. Es giebt wenig Wörter im Englischen, die so sehr im Umlaufe und dabei von so ungewisser Bedeutung sind, als dieser einsilbige Laut. Der Eine denkt sich bei dem Worte dies, der Andere Jenes, und selbst die berühmlesten Englischen Lexikographen, von Bavlcv bis Johnson, waren nicht im Stande, die Ableitung und Bedeutung desselben anzilgcben. Kein Wunder, denn eS hat im Grunde auch gar keine Bedeutung, noch ist eS von irgend einer Sprache in der Well, die man seit der Babyloni sche» Sprachverwirrung bis auf den heukigen Tag je gekannt, irgend wie abgeleitet. Zur Zeit, als Richard Daly in Dublin das Patent auf die Irländischen Theater besaß, brachte er einmal einen Sonüabend Abend in ciner Gesellschaft zu, die aus lauter witzigen und ausgelasse nen Leuten bestand; bei dieser Gelegenheit wurden, »ach der damaligen Sitte, Wetten zur Belustigung eingestellt, und dieser Schauspieldircktor fetzte eine große Summe darauf, daß man, wenn cs ihm beliebte, zu ciner gewissen Stunde des morgenden Tages, nämlich de» Sonntags, in allen Hauptstraßen von Dublin auf einmal ein Wort aussprechen solle, das ohne alle Bedeutung und von keiner bckamucn Sprache ab geleitet seyn würde. — Die Welten waren geschloffen und die Summen dcpoinrl. — Hieraus begab sich Daly nach dem Schauspielhause, und schickte alle seine Zettcllräger und überflüssigen Schanipielcr, die er zu-- sammenfand, mit dem Auftrage aus, daß sic an allen Thüren und La- dcnsenstcrn in der Stadt das Wort „O""- wit Krcidc anszeichncii sollte». Des anderen Morgens, als alle Leute aus dcr Kirche kamen, oder sich dahin bcgabcn, sah Jedermann an den verschlossene» Läden, die des Sonntags wegen nicht geöffnet waren, das «»gestrichene Wort, und überall in ganz Dublin horte man sogleich ans einmal ..(ffuiM laut ausrufen; dcr seltsame Umstand, daß ein Wort ohne Be deutung «» allen Thüren und Fenstern in der Stadt zu lesen war, erregte so viel Erstaunen, daß man seit der Zeit in England, wenn Icmand eine seltsame und auffallende Geschichte erzählt, ihm mit den Worten zu begegnen pflegt: ,,Hi arc guirrinA mc . HV"sgegeden von dcr Redactjou der Allg. Preuß. StaatS-Zeitung. Gedruckt bei A. W. Hayn.