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94 neuen Bendome frei, einige Trophäen seiner Expedition sich auszusu- chcu. Der Französische Chef, wclchcr seine Gendarmen großmüthiger Weise zu Ricgo'S Hinrichtung hergegeben Halle, nahm nun, als Ent schädigung für die 400 Millionen Franken, die im Spanischen Feld züge drauf gegangen waren, bloß einige Reliquien für seine Hauskapellc mit."" „Das Blut muß jedem wackeren Spanier in den Adern kochen, wenn er so lügenhafte und ehrcnschändcrische Ausdrücke hört. Hatte der Chef jenes Französischen Heeres wirklich so ganz vergessen, sich auf andere Weise schadlos zu ballen? Darauf mögen die Kanonen von Cadir, Barcelona und anderen Orten, wo seine Truppen eine Zeitlang verweilten, antworten; darauf wollen wir die Subsidien antworten lassen, die wir zehn Jahre lang unter dem Titel „Stroh- und Gcrstc- Gcbühren"°) den Französischen Truppen liefern mußten, und überhaupt alle die herrliche» Borthcile, die uns daraus erwuchsen, daß jener chren- werlhe Chef seine Gendarmen hergab. Welche ruhmvolle Erinnerungen für das Französische Heer! Kein Wunder, daß man sie immer von Neuem ansrischt!" Bibliographie. Los roholsio« on tiomx>0 <Io Gücios V. (Die Ausrührer aus der Zeil Karl s V.) Nach dem Französischen des Bicomle von Arlin- court. Z Bdc. Manual para ol cullivo sie zellas. (Handbuch für den Seidenbau.) Von D. IozL Garcia Sanz. LI »izio XVI. en h'rancia. (Das lüle Jahrhundert in Frankreich, oder Ulina von Mvnlpensier.) Historischer Original-Roman. Von Don Bernardino Nuüez de Arenas. Lrovo fliälo^n, en <zuo con rolloxiono» inu^ sencillas so tlo- inueslra la ubligaoiuu sie conoiencia, ,zu<! tionon >08 L8j,anolo8, <Io ahollooor al tzuhitN'No clo 8. ÜI. In keina Donn Dahol II. (Neber die Verpflichtung jedes Spaniers, dcr Regierung der Köni gin Isabella II. zu gehorchen.) 4. Pr. 3 Rs. Frankreich. Vorlesungen über Weit-Literatur. (Schluß.) Man könnte mir vielleicht einwerfcu, jene Einflüsse sevcn allerdings politischer und religiöser, aber nichr literarischer Art. Es ist schwierig, in diesem viel verzweigten Gewebe angcben zu können, bis wie weil jede, Einfluß reicht, und wo er aushörl. Calvin zum Beispiel, dieser Mann, dcr iniS zunächst als Reformator entgegen««», ist zugleich einer der großen Schriftsteller feines Jahrhunderts. Die gediegene Festigkeit seines Stils entsprang aus dcr Strenge seines Gcmütbs; sie entspricht dcr Härte seines Systems, nnd diente allen jenen protestantischen Pre digten, in denen bcrbe Strenge dcr Gedanken und Schmucklosigkeit dcr Rede charakteristisch ist, zum Muster. Anderenfalls wird Büchel Mon taigne, dcr weltliche Schriftsteller, dcr sorglose Gascogner, dcr nur die Zeder ergreift, um die Zeit zu töklcn, und seine Erinnerungen zu sam meln, er, dcr wohl nie im entferntesten daran gedacht bat, Sektenhaupt und ein Licht dcr Schule zu werden — wirklich Haupt einer Sekte, vbne daß er cs vcrboffl oder danach gcstrcbl. Alle skeptischen Geister regt ec an; Bavlc gebt aus seiner Schule hervor, Voltaire saugt sich stark an seinen Brüsten, Rousseau ist ihm mchr als einen Satz schuldig, und Hume tbut nichts weiter, als daß er seinen Zweifel in ein Svstem bringt. Wer balle Monlaigne und Calvin aus eine Linie stcllcn mögen — den Edelmann, den Epikuräcr, dcr ganz scinen Neigungen lebt, und den unerbittlichen, rastlos Gütigen Harcsiarchen. Worin berühren sic sich denn? Der eine bat zerstört und ausgcbauci, kraft seines Gcdaukcns, dcr andere bat sich begnügt, dcr Welt seine Gedanken zu hinterlassen, und diese haben für sich selber Früchte getragen. Wer in die mensch liche Gesellschaft einen Gedanken gestreut Hai, zerstörend oder schaf fend, gleichviel, Hal etwas Unsterbliches gclhan. Wer könnte in einer Geschichte der Literatur Luther vergessen, wer in einer Geschichte dcr Politik Calvin? Dic Französische Prosa des sechzehnten, siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts datirt von dem Genfer Reformator; die Deutsche Prosa von dem Wittenberger, das bloß Literarische ist aber ein sehr beschrankter Gesichtspunkt. Die Ge schichte des Geistes ist unser Gegenstand, nicht die Literar-Geschichte. Dje Tbalcn und Werke der Intelligenz wollen wir studiren, bei Calvin und Montaigne, Baco, Lutcher, Shakespeare, Moliürc, Calderon und Voltaire, bei Allen, dic die Bahnen der Civilisalion gebrochen haben; sie mögen Dichter oder Reformatoren, Dramatiker oder Denker heißen, wir scheu in allen nur die Werkmeister cincS und desselben Baues. Wir reden hier von Intelligenz und nicht von Literatur. Was heißt Literatur? Umfaßt dies Wort in seiner weiten Bedeu tung alle schriftliche Hervorbringungen des Geistes? Muhammed s Koran und die Proklamationen Bonaparte s? ein Madrigal vom Marquis von Pözav und Zoroasters Gesetzbuch? Woher kommt dieser bizarre Name, und wie ist diese würdige Beschäftigung mit den höchste» Gedanken zu einem gemeinen Handwerk herabgesunken? In Griechenland, wo das Wort eine so große Gewalt über die Mcusclzcn ausübtc, wo es zu Ehrenstetten, jum Ruhme, zur Herrschaft führte, wurde das Wort zu einer Kunst: Lehrer traten auf und ver sprachen für ei» bestimmtes Hononar reden zu lehren über Allcs und gut. Nun kamen alle jene Regeln der Rhetorik auf, der ganze Wust von künstlichen Svstcmen; der Bildung dcr Phrasen wurde die höchste Wichtigkeit beigelezt, aus ihre Abrundung und schmeichelnden Wohl- ') OtcnxjUui <t« p»ba V cckaqa, Unter uNo-ill,» versteht mm Alle», was dcr Hauswirth seiner Cinquartirunq geben muß. Man sieht «beigen», bie Nranzoien haben es in Spanien gerade so, wie weiland in unsere». Deutsch land gemacht. klang vor Allem gesehen. Als ihr Vaterland zu Grunde gerichtet war — sie selber sind der Ausdruck und die Manifestation dieses Verderbens — gingen die Sophisten nach Rom. Hier schlugen sie nun ihre rhe torischen Lehrstühle auf, unterwiesen in den Wissenschaften, in der Lite ratur die Söhne der Quinten, und je wankender die Organisation des Slaats-KörpcrS wurdc, desto größer wurdc ihre Menge. Sie sind die erbittertsten Feinde des Christcnchums bei seinem ersten Auftreten. Mit ihnen beginnt dic Herrschaft der Kommentare, das sorgfältige Studium dcr Prosodie, das Abwagcn der Wörter und Svlbcn, das Ausarbeilcn dcr Perioden. Am Hose zu Alexandrien finde» sic freien Zutritt und den günstige» Boden ihrer Herrschaft. Groß als Kritiker, ohne irgend eigene Schöpferkraft, von bewundernswürdigem Scharfsinn sind diese Sophisten dic Lehrer des neueren Europa's gewesen. Einzelne Byzan tinische Griechen bringen nach Italien das alte Feuer dcr antiken Bil dung mit Kommentaren und gelehrten Scholien bedeckt und verschüttet. Ihnen haben wir cs zu danken, daß die Schätze des Alterthums nichr verloren gegangen sind; aber mit dem Pedantismus hat das neuere Europa angefangen. Wir sind Pedanten "gewesen, eh wir jung gewesen sind. Unsere er sten Jahre, die Jahre der jugendlichen Frische und enthusiastischen Un schuld, wir haben sie der Gelehrsamkeit und dcr Dialektik gewidmet. So sind die neueren Nationen, und besonders die, welche der Römische Einfluß durchdrungen hat, zugleich jung und alt, mythologisch und chrifllich. Danley dec christlich symbolische Dichter, wühlt zu seinem Führer den Sänger der Aencide. Atte Völker Europa's behaupten, von Hcktvr und Priamus abzustammc». Die Professoren im sechzehnten Jahrhundert auf den Kathedern zu Bologna nnd Venedig sehen das Geschlecht dcr Sophisten fort; in ihren Disputationen leben GorgiaS' und Prodilus Künste wieder auf. Uebcr Allcs sprechen zu können, wurde wieder Gewerbe; besonders bei den Nationen, aus dic sich die Einflüsse des Nordens nicht erstreckten, und die unter dem Gesetze der Römischen und Griechische» Tradition blie ben. Die Literatur^ im eigentlichen Sinne des Wortes, entstand — ein Ding, das weder Philosophie, noch Geschichte, weder recht Gelehr samkeit, noch Kritik ist — ein Unbestimmtes, Schwankendes, das sich nicht ordentlich dcfinircn lüßt. Pico voll Mirandola, einer jener ju»- gc» hervorleuchtenken Sophisten, die die Explosion zu Ende des Mit- iclalters yerbeisühric», charakierisirte dieses Gewerbe, oder, wenn man will, diese Kunst, sehr gut, indem er sie das Talent ncumtc, AllcS aus einander zu sehen, zu erklären, und ohne Ende und Rast zu streiten und zu sprechen <l>- oninitiu» robu» et >ie <zuibus<Iam alii» über Alles und noch etwas. Wir haben uns nur mit der Macht und Allgewalt des Gedankens zu beschäftigen: er spricht, und die Kritik steht da — er erzählt, und das ist die Geschichte. Die Geschichte der Gedanken zu verfolgen, das ist unsere Ausgabe. Aber nicht etwa i» Form eines strengen SvstcmS wollen wir sic zu lösen versuchen. ES ist nichts leichter, als Eisttheilungcn, Haupt- und Unter-Abschnitte mit X nnd II zu machen, und dann alles Belie bige darunter zn bringen. Unser Weg soll ein Lustwandeln scvn, ein anscheinend zufälliger Spaziergang. Vom sechzehnten Jahrhundert ge hen wir aus, dieser vcrbüngnißvottcn und fruchtbaren Epoche, wo das Recht dcr freien Untersuchung zum ersten Male sich geltend machte — überall werden wir verweilen, wo sich uns ein Stück blauer Himmel, eine umgrünle Bucht, eine klare Quelle zeigt, da werden wir unser Zelt ausschlagcn, auSruhcn, nnd Blumen und Boden uud Bäume studircn, dic Landschaft von allcn Gesichtspunkten ans betrachten, uns mit dem Charakteristischen einer jeden vertraut zu machen, dic Total-Eindrücke uns cinzupräqcn versuchen. So genommen ist das Studium dcr Litc- ralur cin köstliches und herrliches; es besteht dann nicht mehr ans trockenen Daten nnd dürren Bestimmnngen, bült nicht mehr Phrasen gegen Phrasen; cs erforscht, was jeder Schriftsteller von dcr allgemei nen Bildung empfangen nnd was er selber für sic gclhan hat, betrach tet ibn als aktiv und passiv, als Einflüssen unterworfen und als Einflüsse mittheilend, als einen Sohn dcr Vcrgangcnbcit und einen Vater dcr Zukunft, als einen Lichtpunkt in der großen Kette dcr Intelligenz. Es studirt sei» Leben und seine Leidenschaften, nicht um klcmc uunühc Anekdoten aufzufischen, sondern um zu erfahren, auf welchem Heerde dcr Schmerzen und Kümpfe, der Liebe, dcr Neigungen und Schwächen dcr große Geist geglüht und gehärtet worden. Man nehme dic origi. ncllsten Autoren, die vor Allcn am mciflen jede Nachahmung verschmäht haben, und man wird leicht zeigen können, welche Bildung dcr Ver gangenheit zur Erziehung ihres Geistes.beigctragcn habe. — Cervan tes und Shakespeare, deren Originalität Niemand bestreiten wird, haben aus dem Schatz Italien» und der Alten geschöpft. Die Analvsc, dcr wir die großen Schriftsteller unterwerft» wollen, soll nicht dic Elemente ihres Genius auf chemische Weift zersetzen und zerstören. Indem wir sie in ihre Elemente auflösc», werden wir sie zu gleicher Zeit in ihrer Ganzheit berstcllcn — in seiner ganzen Schönheit und Kraft und Iugendsrischc wird jeder große Mann vor unseren Au gen stehen; sev cs Molierc oder Milton, Racine oder Pascal, Ariosi oder Tasso, den inneren Roman seines Lebens, dic Bildung scincS Gci- steS wollen wir u»S zu eigen machen; wir werden ihn Yann noch inni ger lieben, wen» wir mit ihm gelitten baden, jh,, «och lebhafter be wundern, .wenn uns das Warm» unserer Bewunderung in allcn Bezie Hungen klar geworden ist. Anstatt den Strom an einem Punkte zu betrachten, da etwa, wo er eine große Stadt durchströmt uud seine Wogenstrudel j» steinerne Dämme cingczwängt sind, wollen wir sei» Wasser trinken aus der ersten schwachen Quelle seine« Ursprungs, ibn in den Schlangenwindungen seines Pfades, wie er die Bache des Ge birges aufnimmt, verfolgen, sein Wachsen, seine Zuflüsse kennen lerne», die Hindernisse, dic ftmc» Laus gehemmt, und die Stürken und Schwel lungen, dic ib» fortgctricbcn. Ich kenne kein interessanteres Studium. Der große M-nsch erscheint als Zeitgenosse dcr Vergangenheit, wie der