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»Shri «mv den Don Syndikus Innerhalb der deutschen Volksgemeinschaft bildet der selbkSndtge gewerblich« Mittelstand «in« Schicht, die sich vom Proletariat sowohl wie von der Beamten schaft und dem wirtschaftlich besonders hochgestellten Bürger- tum deutlich scheidet. Ihm selbst nicht immer bewußt — man kann sagen: leider! — ist er das konservative Element und retardierende Prinzip in einer Entwicklung, die mit Willen und überlegt nach einer Industrialisierung zielt, nach einer kapitalistischen oder sozialistischen Gemeinwirtschaft, in der „die Organisation" es übernimmt, Verantwortung zu tragen und dem Einzelnen nichts weiter zugesteht al» die Pflicht, lammfromm sich ihren Anordnungen zu fügen. In einer sol chen Wirtschaft«- und Lebensform wirkt der selbständige Hand- werker mitunter wie ein Fremdkörper. Desto bedeutsamer ist die Rolle, die er heute in unserem Volksleben spielt, vergleich. ! bar allein der Wichtigkeit de» Bauerntums, die ja schon lange von allen Seiten anerkannt wirb. Die kulturelle Schöpferkraft des Handwerks im Mittel- olrer wirkt bis in unsere Tage fort. Erzeugnisse der frühen Handwerkskunst sind immer noch edelste Beispiele einer — bei- leibe nicht „Neuen" — Sachlichkeit, die den Zweck eines Gegen standes in seiner Form zur reinsten Darstellung brachte. Wie hätte sich der überall vernehmbare Schrei nach „handwerklicher Arbeit" erheben können, wenn die industrielle Massenerzeu gung den Ansprüchen an Qualität und idealer Sinnfälligkeil genügt hätte? Wie aus den. Handwerksbetrieben die Manu fakturen und Fabriken sich entwickelten, ist auch jetzt noch der Handwerker unentbehrlich in einem wohlgeleiteten Industrie betrieb. Alles läßt sich nicht mit „ungelernten Arbeitern" machen' in der Modelltischlerei, der Dreherei, der mechanischen Werkstatte hat der Handwerker die wichtigste Auf gabe zu erfüllen: mit seiner Hände Geschicklichkeit und seines Geistes Erkenntnis die abstrakten Pläne und Vorlagen des Konstrukteurs zum Leben zu bringen, nach dem ideellen Bild die reale Wirklichkeit zu schaffen. Trotz aller Lehrwerkstätten Unserer Industrie ist es immer noch der selbständige Hand werksbetrieb, aus dem die Mehrzahl.der Fabrikmeistev hervor geht. Das ist auch ganz erklärlich. Nach drei oder gar vier Jahren Lehrlingszeit arbeitet der Geselle eine noch längere Zeit, bis er in seinem Meisterstück die Befähigung offenbart, selbständig zu entscheiden, selbständig zu sein in allen Dingen, die seine Arbeit angehen, selbst die Verantwortung zu tragen nicht nur für sich, sondern auch für di« Erzeugnisse seines Fleißes. Das starke Verantwortungsbewußt- sein ist es, das die ganz« Lebensführung des selbständigen Handwerkers beherrscht. Er hat einzustehen für seine Arbeit, er hat einzustehen für seine Mitarbeiter, und trägt schließlich auch di« Sorge für seine Familie. Er muß selbst die Auf- sichen Meister!" Vr. Karl Grau. - träge heranholen, muß auf Eingang des Geldes «arten, um regelmäßig sein« Gesellen entlohnen zu können — «ndlich er fahren auch sein« Kinder, was e» heißt, Verantwortung für ander« su tragen: oftmals haben sie zurückstehen müssen, wenn di« Eingänge gerade knapp reichten, den dringenden Verpflichtungen nachzukommen. Aber sie taten «» gern, ging ihnen dabei doch auf, daß d« Mensch nicht sür>flch allein lebt, sondern Pflichten für andere hat, die es unter allen Umstän- den zu erfüllen gilt. Die Familie des selbständigen Hand werker» wird darum eine sittliche Kraftquelle für das ganz« Volk. Beklagen wir nicht immer di« Verantwortungslosigkeit, die sich überall so Übel bemerkbar macht? Der Handwerker stünde allein im Wirtschaftskampf, wenn seine Innungen und Verbände ihm nicht Rückhalt gäben. In Einkaufsgenossenschaften vereinigen sie sich, billigste Bezugs- quellen ausfindig zu machen und zum besten aller auszu- nutzem» In Tarifverträgen legen sie einen Mindestlohn fest und stärken so seine Stellung gegenüber unbilligen Forderun- gen der Auftraggeber. In der Einrichtung von Krankenkassen tun sie manchmal sogar des Guten zuviel; denn das Gemein schaftsgefühl kann in Krankenkassen nur betätigt werden, wenn die Mittel des Einzelnen nicht über die Gebühr bean sprucht werden. Das kann aber nicht ausbleiben, wenn — wie es schon häufiger vorgekommen ist — nach kurzer Zeit sich herausstellt, daß di« Zahl der nötig werdenden Unterstützun gen größer ist, als man bei Gründung anzunehmen glaubte. Aus der Ueberspannung des Grundsatzes „Alle für einen", er- geben sich damit Unzuträglichkeiten, unter denen jeder zu lei den hat. Gewisse Jnnungskrankenkassen sind für den Hand werker ein zweischneidiges Schwert: Vorteilen stehen viel schwerer wiegende Nachteile gegenüber. Ihnen zu entgehen ist die größere, die über die Innung stehende Volk s-Gemein- schaft notwendig. So gut sich das Handwerk den Erforder nissen der Zeit immer anzupassen wußte, hierin offenbart sich noch der alte Zunftgeist, der aber nur dort gescholten werden soll, wo er sich einer gesunden Entwicklung entgegenstellt. Und die geht nicht über das Handwerk hinweg. Zu fest ist es im Leben unseres Volkes verankert, als daß die stürmisch fortschreitende Inbustriealisierung ihm den Garaus machen könnt«. Das deutsche Handwerk erfüllt im wirtschaftlichen wie im sittlichen Leben eine Aufgabe, die keinem anderen Volks- teil gestellt ist. Nämlich: Bindeglied zu sein zwischen der alten und neuen Zeit, überkommen« gute Grundsätze zu wah ren und sie traditionsgemäß in neuer Form zur Anwendung zu bringen. In den „Meistersingern" ruft Richard Wagner uns zu: „Ehrt Eure deutschen Meister"; geben wir ihnen alle Anerkennung, die sie so reichlich verdienen. Turnen, Spott und Spiel. D Veztrk« turnfest. Hartnchein h»k alle Vorbereitungen getroffen, um unsevm Be zirk «in schöne» Fest zu bitten. Es liegt nun an den Benin««, zu zeigen, daß sie an der Turnarbeit reg«n Anteil nehmen. Kampfttch« tersitzung und Dearüßunasabend werden am Sonnabend, 17. August, im „Schützenhaue" stattsinden, an dem sich auch der Turnplatz be findet, auf welchem Sonntag vormittag di« Wettkämpfe, nachmittag die Freiübungen der Männer und Frauen, Berelnswetturnen, Mann- schastskämpf«, Spiel, usw. aLgedalten werden. E» werden alle Tur ner und Turnerinnen ausgesordert, die Freiübungen mitzuturnen, ebenso alle Vereine gebeten, an dem Sonntag mittag» 1 Uhr statt findenden ffestzug mit Fahnen teilzunchmen. Die bi» jetzt gemel deten Zahlen an Wettvimpfern, Schwimmern, Mannschaften usw. läßt auf gute Beteiligung schließen. Die Verein», die nicht gemeldet haben, dürfen aber auch nicht fehlen! Selbstverständlich ist am Sonn tag Aüekverbot, so daß alle» für di« Beteiligung in Hartenstein Turnvereiri Schneeberg 1847. . Stellen der Mitglieder zur Teilnahme amPezittsturnfest in Hartenstein Sonntag -«10 U n an der Halle. Bu ungünstiger Wit terung Fahrt 11D5 IHr. * " x--> To. (DT) Nteberschlema. Am vergangenen Sonnabend feierte di« Riege „Frisch auf" ge nannten Vereins im „ParwrÜma" ihr 26jährige» Bestehen. In schlichtester Weise, wie es der Wunsch aller Mitglieder war, sollt» diese Veranstaltung durchgeführt werden. Wenn sie über diesen Rahmen hinausging, darf sich da» Verdienst der Besitzer L. Müller zuschreiben. Die Einleitung erfolgte durch einen gut gesprochenen Prolog von der Turnerin D. Schott. Der Dors. E. Nötzel gab nach Begrüßungsworten noch ein Bild über di« Entwicklung der Riege. Zum Andenken an die beiden im Welttriea gefallenen Riegen- brüder Paul Gerber und Kurt Mehlhorn erhob man sich von den Plätzen. Eine im weiteren Verlauf stattgesirnbene Ehrung wurde den anwesenden vier Gründern Emil Nötzel, Oskar Riedel, Paul Meyer und Paul König zuteil. Der Verlauf des Abends ist als sehr har monischer zu bezeichnen und dürfte jeden Anwesenden wohl gerne in Erinnerung bleiben. VfB Aue-geNe. " Morgen, Sonnabend, den 17. August, sinket abends 8 Uhr in der Stadtbrauerei ein Monnschaftsvergnügen statt, wozu all« Spieler sämtlicher Mannschaften mit ihren Angehörigen heizlichst eingcladen sind. Fernr wird wird auf das Spiel der 1. und 3. Eils am Sonn tag, den 18. August, hingewiesen. die Genehmigung der Satzungen der Dezipks- und Zweck- verbände. Di« angeführten Beispiel« stellen nur einen Teil der Zuständigkeit der Gemeindekammer dar. Am häufigsten wird bi« Gemeinbeikammer angerufen in den Fällen, in denen «s sich um di« Balanciert»« von Haus haltplänen durch neue Steuern und Abgaben handelt. Die Kritik stellt an den Maßnahmen, die in diesen Fällen die Gemeinbekammer trifft, fest, daß sie tn der Bewilligung von Steuerzuschlagen zu wenig auf die überbürdeten Steuerkrckfte der Bürger Rücksicht nimmt und die Ausgaben der Gemeinden einer nicht genügenden Arktik und Streichung unterzieht. Besonders in diesem Jahre, in dem wir in wenig Monaten in Sachsen die neuen Gemeindewcchlen haben, wird die Tätig- keit der Gemeindekmnmer scharf beobachtet. Wir werden vor der Gemeinderatswahl verschiedentlich auf die Tätigkeit -er Gemerndekammer noch zurückkommen. Geschäftliches Vom Büchertisch Auch an dieser Stelle wird auf Seelig's kandier- t«n Kornkaffee aufmerksam gemacht. Aus deutschem Roggen nach einer besonderen Fabrikattonsart hergestellt, wird durch eine wertvolle Kandierung die Vollkommenheit erreicht, wodurch Seelig's Kornkaffee zum besten Ersatz für echten Kaffee wird. Das ärztlich empfohlene Produkt ist für Kinder und Erwachsene für Herz, Magen und Nerven das Gesündeste, was es gibt. Das vor kurzem hier besprochene Buch „Das neue Kirch- eißbuch" (Preis in Leinen 5 M.) ist im Kribe-Derlag, Berlin N. 113, Schivelbeiner Str. 3, erschienen. FE ISIS Lößnitz. Sonntag zum 19. Stiftungsfest spielt der neugegründete FE Sportsfreunde Sosa in Lößnitz. Es spielen X2 Uhr: FL 1010 II— FT Sportssreund« Sofa ll. 3 Uhr: FE 1920 I—FE Sportfreund. st I- , Thalheimer Sportvereinigung „Tanne". Am kommenden Sonntag empstngt die bestens bekannte Damen elf von Tanne Thalheim den Mitteldeutschen Meister Dresdner Sportklub. Wie erinnerlich, standen sich beide Mannschaften imBor- schlußrunden-Spiel um die mitteldeutsche Handball-Frauen-Meister-- schaft gegenüber. Die Elf de« Dresdner Sportklub, die sich unglück lich im Vorschlußrundenspiel der deutschen Meisterschaft vom Ham burger Lehrer-Sportverein schlagen lassen mußte, stellt beste deutsche Klasse im Frauenhandball -ar. Auf das Mschneiden unseres Erz- aebirasmeisters darf man mit Recht gepsannt sem. Es ist zu hoffen, daß den Bemühungen der Thalheimer Elf seitens der Erzgebirgs- Sportler durch Besuch reges Interesse entgcgengebracht wird. 2ur Keis«: Dauerwellen uncl Wssserwellen. — Is ^u8fükrunx im NssrpIIsgsftsus Sskudesr«, -^us, ernst-pspsl-Slrsüs 4. — Die Sandfrau. Eine Thüringer Skizze von Frida Schanz. Das Dorf ist vielleicht eines der ärmsten im Thüringer Lande, aber in mancher Hinsicht für sehende Augen eines der schönsten. Es liegt am Rande der Berg« und aus dem Schatten der Täler gerade so weit in die Eben« hinausgerückt, daß man ans den rückwärtigen Fenstern der letzten und kleinsten Hauser das waldblaue Wellen- gefüge des Gebirges in herrlichster Abstufung der Farben über das klciiMmusterte Flickenwerk -er Häuslekfelder hinweg vor sich sieht. Der lebhafte Farbensinn der Bewohner hat die grünen Blumenbretter vor den Fensterchen noch extra rot, weiß und blau betupft; reizend gruppieren sich in den engen Höfen, in denen gern alt«, hohe Birn- bäirme regieren, die Geräte der bescheidenen Besitzer, Bohnenstangen, Holz- und Reisigsäge, zu einem gemütlichen Ganzen. Holzstapel; Reisighaufen; die kleinen Vogelbauer an der Außenwand der Häus chen, die blendendweißen Herbstgänse mit ihrem schwerfälligen Ge- wntschel; di« rehschlanken, braunen Ziegen — da» ist das Glück und der Reichtum de» Oertchens. Dazu der nah« Wald mit seinen Beeren und Pilzen! Und natürlich kommt jetzt sie an Lie Reihe, die für die Kinder, für ein Altmeiblein im Ort und jetzt für mich die Hauptsache ist: die Sandgrube. Eine Diertelstund« liegt sie vom Dorf entfernt, di« große, tiefe, alte Kuhl«. In ihrem wilden Gestrüpp von Himbeer- und Drummel- beerrankeN bauen Fuchs und Dachs; ja die Kinder wissen ein noch größeres Geheimnis; der Osterhase hat nämlich dort unten sein Nest! Gesagt hat's ihnen neben viel anderem Wunderbaren, was man sonst nirgends erfährt, die Sandfrau. Dieser uralten, runzligen, freundlichen Frau gehört, wie « den Kindern schein«» muß, di« Sandgrube, denn sic ist immer dort, und al« di« Mütter und Väter klein waren und wie jetzt di« Kinder StSdt« und Wälle darin bauten, war sie auch schon immer da. Mit ihrem hölzernen „Maul" zerklopft und zer kleinert fie di« Landbrockn; unermüdlich, tagein, tagaus, denn um den feinen goldhellen Gand, der sich daraus ergibt, Hot fie au» den Porzellanfabriken und aus den großen herrschaftlichen Garten im nahen Tannengrund stet» guten Zugang. Aus SaSd gebaut, aber au» Sand, den Dott zu festem Stein gemacht, hat st« ihr winzige« Hau», ihr L«Len, «iner alten, gelähmten Vas« Leben, di« vor einem halb Dutzend Jahren freundlich lächelnd von ihr ging und danach, so recht im frischen, unverzagten Unternehmungssinn fleißigen, rüstigen Alters, gleich wieder ein anderes Leben. In der Zeit, da wir Frieden bekommen hatten nach hartem Krieg, aber da wir in Deutschland doch mehr oder weniger scharf hungerten, — damal» war'». Di« Frau Landrat hielt durch den Herrn Dorfschulzen Umfrage, wer wohl ein Kriegskindchen zu sich nHmen wolle ,ttn Fürsorgeamt aus der Stadt hatte bei ihr angefragt. Zehn Kinder waren zn ver- geben. Ein bißchen schwerfällig und zögernd meldete sich hier und da und dort jemand. Unter den ersten, die ihre Bereitwilligkeit bekun deten, war die alte Lindnern, die Kordine, die Sandfrau. „Ich möcht's versuchen, ich hoff's recht zu »rächen. Und wenn ich einmal alt werde" — sie zählte damals 72 Jahre —, „dann hab ich doch wenigstens jemand." — Da gab es eine erregt« Sitzung am runden, eichenen Gasthaus tisch, der den Rathaussaal ersetzte. Die Sandfrau? Die Kordine? Der auch schon stark betagte Dorfschulze war beinahe zornschnaubend dagegen, daß man dieser „alten Kachel", die doch bekannterweise nie mals in ihren vier Wänden weilte, ein Kind anvcrtraue. Daß Ver wahrloserei und Nichtsnutzerei auferzogen werde im Dorf, das sei nicht nach seinem Gusto. — Arm zu arm, Las habe „keinen Guck". Nun gerade redeten die anderen der Sandfrau zu Recht. Daß der Dorf schulze die Alte nicht ausstchen konnte, ihr am- Zeuge flickte, was er konnte, war ein auswendig bekanntes Kaplttl im Dorfe. Das sollte nicht hindern, daß das alte brave Weib, die ihnen als Buben in der Sandgrube die durch bunte Eier beglaubigte Geschichte vom Oster hasen erzählt, ihren Willen bekäme. — Da Lie jüngere, bejahende Männergeneration gegen Lie verneinende alte in Ler Mehrzahl war, bekam di« Sandfrau das Kind. Ein miserableres Deschöpfchen, ein elenderes Hieferchcn ließ sich nicht denken! „Viel warme Sonne wird da nottun, Sonne über sonnenwarmem Sand in der Kuhle, Sonn« aus recht geduldig«m alten Frauenherzsn", sagte sich das verständige Altweiblein beim ersten Blick. Es hat an bestem nicht gefehlt Das Kind kam aus entsetzlicher Umgebung. Das wenig«, was Lie Sand- frau sich erzählen ließ, ließ es ihr ratsam erscheine«, nichts mehr davon zu Heren, nicht mehr in dem verwilderten Kinderherzen auf zustöbern. Gute Pflege, gute Behandlung, liebe, lustig« Ordnung in der gemütlichen, säubern Armutei sollten Li« schlimmen Erinnerungen eingraben und zuschütten. Und es wurde rund alle» schön. Der Junge kam in die Schul«, führte sich nicht schlecht. Da beging di« gescheite Alte jene große Dummheit. Ein paar Geldscheine hatten ihr Sanickäufer gebracht; Lie waren aus ihrer Kommode verschwunden, und weil sie auch mit keinem Atem an den schon liebreich unter ihrer Liebe aufblühenden Jungen Lachte, hatte sie ein wenig Lärm darüber im Dorfe geschlagen. Zu gleicher Zeit waren «tn paar seltsam adreffirrte. Briefe noch Berlin auf der Post aufgefallen. Der Postmeister hatt« mit dem Dorkendarmen darüber z-raunt. Di« Bries«, schlecht zugeklebt, öffneten sich wie von selbst. Da« Del-, das der Sandfrau entwendet«, hart verdiente Geld war darin, und di« Adresse, an die die Sendung gerichtet war, war Lie der früheren Pflegeeltern de» vom Schulzen so widerstrebend im altehrsam«» Dorf eingelassenen Jungen. Da» gab kein kleine» Auf sehen. Das ganze Dorf gab jetzt dem Schulzen recht. Der stebenetn- halbjährige Dieb sollte schleunigst in seine Heimat abgeführt und L«n Leuten, für die er mauste, wieder zugeführt werden. Der Dorfbüttek in Person hatte es der Sandfrau nun schon verkündet. — Aber La legte sich doch etwas dazwischen. Der Besuch einer kleinen, alten Frau bei einem kleinen, alten Mann. Ein Besuch, nicht in Sack und Asche, nicht in Ditt- und Bettelhabitus. Nein! Vor fünfzig Jahren oder so herum war einmal ein schönes, stolzes, bildsauberes Mädel in bescheidenster Kleidung, aber in so netter, bewußter Haltung durchs Dorf geschritten, daß ihr jeder junge Bursch nachsah; wie's immer ist — einer noch um etliches mehr als alle anderen. Irgend etwas, ein gewisser Hauch, eine Spur, eine leise Erinne rung an jene feine Schönheit und Würde war jetzt Über Ler alten Frau. Sie ging an den Haustüren vorbei, als wüßte sie u«L-al» wär's ihr doch ganz gleichgültig, daß alle ihr nachblickten, als wüßte sie mich, daß kein Mensch jetzt wagen würde, sie auf ihr Pflegepflänz chen anzureden. Ihr schwarzes, smckeres Sonntagszeug hatte sie an, jetzt mitten» am Werkeltag, die Frau Kordine Lindner. Zum Schulzen ging sie, und der Schulze erschrak so sehr, als sie nach kurzem, festem Klopfen bei ihm eintrat, als läge dieser Augen blick fünfzig Jahve zurück, oder als hätte er fünfzig Jahre vor ihm Angst gehabt. Recht mit Zittern hatte er damals wachen- und monatelang auf so ein plötzliches Anklopfen und Eintreten der schönen, sauberen Kordine gewartet. Er konnte sich heute beruhigen." Don dem, was er damals, nachdem er sich mit der reichen Müllers tochter verlobt, von der Versessenen zu hören gefürchtet, verlautete nicht, Es ging nur um den Jungen. Ganz richtig, ganz fein. — Da» einzige, womit die uralt« Frau unbewußt auf eine uralte Zeit an spielt«, in der ihr das Herz fast gebrochen, war: „Ich hab mein Lebtag keinem Menschen etwas Unrechtes angetan. Was In mir bös war, weil man mir Böse« getan, hab ich mit Gottes Hilfe bezwungen. — Ich hab mich in Ehren Lurchs Leben geschlagen," sprach sie. „In Ehren steh ich im Dorfe da. Wenn'» so um einen bestellt ist, da hat man wohl das Recht, daß man einem Menschen, zumal einem Kind, etwa« vergeben darf. Da möcht ich bitten, daß Ihr im Dorf« da» mit dem Kind mir überlaßt. Was müssen das für Menschen gewesen sein, bei denen der Jung« gewesen ist: Da kann man ihn doch nicht mehr htnlassenl Ich will ihn behalten. Und ich meine, wenn ihn jemand zurecht bringen kann, so bin ich es." Nicht viel Gescheites hat der Schulze auf diese Wort« zu «r- widern gewußt. Die stolze Frau, di« sich solch« Wort« herausge nommen, war ain nächsten Tage wieder die ganz bescheidene, kleine, gebückt« Sandfrau, die Tag für Dag an ihr hartes, mühsames Tage- wett hing, Säcke karrt«, Sandbrocken zerkleinerte mit dem Blaul. Noch statt und rüstig in Kraft! Froh im Herzen! — Denn den Jungen hat sie Lehalten. W«nn fi« vttnmal oft" fein wird, hat fie doch jemanden. Sanz gewiß. Denn mit ganzem Lerzen hängt das Kind an ihr.